Protocol of the Session on September 23, 2015

(Wolfgang Reichel, CDU: Ei, ei, ei, ist das schwach!)

Vielleicht bis Meisenheim, wo die Kollegin Dickes sich dazu herabgelassen hat, sich darüber zu beschweren, dass bei einem Zaun um eine Flüchtlingsunterbringung

(Carsten Pörksen, SPD: Bad Kreuznach!)

in Bad Kreuznach – ein Loch drin sei und das vielleicht hineingeschnitten wurde, vielleicht von den Flüchtlingen hineingeschnitten wurde. Die Menschen, die hier als Flüchtlinge bei uns sind, sind freie Menschen. Sie haben Menschenrechte. Das sind keine Strafgefangenen, meine Damen und Herren von der CDU. Die dürfen sich frei hier bewegen. Wir machen keine Stacheldrahtzäune um sie herum. Das ist auch gut so, weil wir die Menschen hier

willkommen heißen wollen und nicht einpferchen. Aber vielleicht ist das, was bei den vielen Menschen in diesem Land an Willkommenskultur angekommen ist, bei der CDU noch nicht einmal in die hinteren Bänke dieser Landtagsfraktion gedrungen. Ich bin froh, dass wir hier eine grundsätzlich andere Haltung zu Menschlichkeit und zu Weltoffenheit in Rheinland-Pfalz haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Carsten Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Wir sind in Rheinland-Pfalz mit einer beispielhaften Herausforderung konfrontiert. Das sind wir in ganz Deutschland und in ganz Europa. Wir haben eine Verantwortung dafür, dass wir die Menschen, die vor Krieg, Folter und Vertreibung zu uns fliehen, aufnehmen und ihnen solidarisch Sicherheit gewähren.

Am Schluss möchte ich auch noch einmal auf etwas Kirchliches zurückgreifen und die evangelischen Kirchen in Deutschland zitieren: „Der Mensch steht im Mittelpunkt aller Bemühungen. Viele Menschen sind weltweit auf der Flucht.

Die große Herausforderung besteht darin, jedem Einzelnen gerecht zu werden. In ihrer Not begeben sich Menschen auf der Flucht in Lebensgefahr. Es ist humanitäre Pflicht, alles zu tun, um Menschen aus Seenot und vor anderen Gefahren zu retten. Gegen menschenverachtende Schlepperbanden und mafiöse Strukturen innerhalb und außerhalb Europas muss mit polizeilichen Mitteln vorgegangen werden. Die wirksamsten Maßnahmen gegen die Gefahren auf der Flucht bestehen in legalen Zugangswegen nach Europa. Wir fordern deshalb legale Wege für Schutzsuchende und begrüßen Diskussionen über ein Einwanderungsgesetz, das neue Zuwanderungsmöglichkeiten für Menschen auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben eröffnet.“

Besser als die evangelischen Bischöfe Deutschlands hätten wir es auch nicht ausdrücken können. Die Kirchen, die Wirtschaft und die Gewerkschaften sind für eine Willkommenskultur, legale Zuwanderungswege und ein Einwanderungsgesetz. Wir sind in Rheinland-Pfalz gefordert, aber nicht überfordert. Wir haben eine tatkräftige Landesregierung.

Ich danke Malu Dreyer für diese Regierungserklärung. Ich danke Irene Alt für ihren alltäglichen Einsatz. Ich danke auch Staatssekretärin Margit Gottstein für die Koordination der Verwaltung. Ich danke Herrn Innenminister Lewentz dafür, dass er mit den Ordnungskräften die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft und auf der Innenministerkonferenz die Position der rot-grünen Landesregierung vertritt, und allen Ministerinnen und Ministern, die in ihrer Ressortverantwortung Wahnsinniges leisten.

Ich danke aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Behörden des Landes und der Kommunen, die in Nachtschichten und mit Überstunden zum Teil bis zum Erschöpfungszustand arbeiten. Ich danke vor allem den vielen ehrenamtlichen Menschen in diesem Land, die uns mit einer beispielhaften Welle der Solidarität und Hilfeleistung in diese Lage versetzt haben, um angemessen und

handlungsstark auf die Herausforderungen reagieren zu können.

Die Rot-Grünen in Rheinland-Pfalz sehen die Herausforderungen und nehmen sie an. Wir haben die Herausforderungen aber auch im Griff, und zwar mit einer gelebten Willkommenskultur in diesem Land, um die vielen Menschen, die zu uns kommen, als Chance und Bereicherung zu empfinden. Wir begegnen den Menschen mit offenem Herzen und dem nötigen Respekt auf Augenhöhe. Das ist das, was dieses Land Rheinland-Pfalz, diese Landesregierung, aber vor allem die Menschen in diesem Land in diesen Tagen ausmacht. Darauf bin ich stolz.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU „Asylrecht konsequent umsetzen – Fehlanreize vermeiden“ – Drucksache 16/5615 –. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Ich rufe die Punkte 5, 6 und 7 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Änderung des Landeshaushaltsgesetzes 2014/2015 (Nachtragshaushaltsgesetz 2015) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5278 – Zweite Beratung

dazu:

Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses – Drucksache 16/5575 –

Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses – Drucksache 16/5576 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/5609 –

Flüchtlingskinder gut auf die Schule vorbereiten – Sprachvorlaufkurse einführen Antrag der Fraktion der CDU – Entschließung – – Drucksache 16/5590 –

Landesgesetz zur Bildung eines Sondervermögens „Kommunales Investitionsprogramm 3.0 – Rheinland-Pfalz (KI 3.0)“ und zur Änderung des Ausführungsgesetzes zu Artikel 117 der Verfassung für Rheinland-Pfalz Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5279 –

Zweite Beratung

dazu:

Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses – Drucksache 16/5602 –

Zustimmung des Landtags zum Entwurf einer Änderung der Landesverordnung über das Verfahren zur Bestimmung der Konjunkturkomponente nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des Ausführungsgesetzes zu Artikel 117 der Verfassung für Rheinland-Pfalz Antrag der Landesregierung – Drucksache 16/5285 –

dazu:

Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses – Drucksache 16/5549 –

Zu Punkt 5 der Tagesordnung erteile ich dem Berichterstatter, Herrn Thomas Wansch, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat den Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes 2015 am 14. Juli 2015 in den Landtag eingebracht. Als Haushaltsbegleitgesetz legte die Landesregierung einen Gesetzentwurf für ein Landesgesetz zur Bildung eines Sondervermögens „Kommunales Investitionsprogramm 3.0 – Rheinland-Pfalz (KI 3.0)“ genannt und ein Gesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes zu Artikel 117 der Verfassung für Rheinland-Pfalz vor.

Darüber hinaus beantragte die Landesregierung die Zustimmung des Landtags zum Entwurf einer Änderung der Landesverordnung über das Verfahren zur Bestimmung der Konjunkturkomponente nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des Ausführungsgesetzes zu Artikel 117 der Verfassung für Rheinland-Pfalz. Die Berichterstattungen hierzu werden wie genannt die Kollegen Dr. Alt und Schreiner vornehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die erste Lesung des Nachtragshaushaltsgesetzes fand am 22. Juli 2015 statt. Das Plenum überwies den Regierungsentwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss. An der außerplanmäßig terminierten Sitzung am 7. September 2015 nahmen auch die Mitglieder des Innenausschusses sowie des Ausschusses für Integration, Familie, Kinder und Jugend teil.

In der 67. Sitzung am 17. September 2015 beriet der Haushalts- und Finanzausschuss über 25 Änderungsanträge der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie sechs Änderungsanträge der Fraktion der CDU.

Der Regierungsentwurf zum Nachtragshaushalt 2015 hat ein Volumen von rund 195 Millionen Euro. Schwerpunkte dabei sind die Bereitstellung der erforderlichen Mittel für die Flüchtlingsaufnahme, die Weiterleitung der entsprechenden Bundesmittel sowie die Unterstützung der Kom

munen bei Investitionen bei Ausbau und Betreuung für unter Dreijährige, U3-Ausbau genannt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der laufende Haushalt wurde im Dezember 2013 verabschiedet. Noch im Mai 2015 rechnete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für das laufende Jahr mit einer Zahl von 450.000 Asylanträgen. Die dramatische Entwicklung der letzten Wochen und Monate führte dazu, dass diese Zahl am 19. August 2015 auf 800.000 korrigiert werden musste. Auch diese Prognose könnte sich am Ende als zu niedrig darstellen.

Auch Rheinland-Pfalz ist gefordert, einen Beitrag zu leisten. Der nachfolgende Nachtragshaushalt schafft die notwendigen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen, um den erheblichen finanziellen Belastungen, die hierdurch auf Land und Kommunen zukommen, Rechnung zu tragen. Der Regierungsentwurf selbst hatte den Stand Juli dieses Jahres und veranschlagte insoweit für die Weiterleitung der Bundesmittel Ausgaben von 138 Millionen Euro. Im Einzelnen sieht er eine Unterstützung der Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme von 71,5 Millionen Euro vor. Die Bundesmittel aus der sogenannten Flüchtlingsmilliarde werden, soweit sie nicht über die Umsatzsteuerverteilung weitergeleitet werden, in Höhe von 19 Millionen Euro an die Kommunen ausgezahlt.

Darüber hinaus werden für Maßnahmen zum Ausbau von Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes sowie für weitere Maßnahmen rund 47,4 Millionen Euro etatisiert. Aufgrund der nach Einbringung des Nachtragshaushalts korrigierten Prognose des Bundesamtes haben die regierungstragenden Fraktionen entsprechende Änderungsanträge eingebracht und den Nachtragshaushalt nochmals um 30 Millionen Euro aufgestockt.

Über die Fraktionsgrenzen hinweg bestand Konsens über die humanitäre Verpflichtung zur Aufnahme und menschenwürdigen Unterbringung der Schutzsuchenden. Konsens bestand auch in der Frage, dass das Land die Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme und Unterbringung unterstützen muss.

Die Fraktion der CDU äußerte im Rahmen der Beratungen Bedenken, ob die pauschale Zuweisung an die Kommunen für Flüchtlingsaufnahme ausreichend sei. Im Übrigen könne die Aufnahme von Flüchtlingen bewältigt werden, ohne neue Schulden aufzunehmen.

Die zur Beschlussfassung im Haushalts- und Finanzausschuss eingebrachten Änderungsanträge der Fraktion der CDU legten insoweit den Schwerpunkt auf die von der Fraktion aufgrund der Steuerschätzung im Mai 2015 erwarteten Mehreinnahmen sowie globalen Minderausgaben.

Die Ministerin der Finanzen verwies im Gegenzug auf die Dimension und Dringlichkeit der Aufgabe und kündigte an, dass im Vollzug gegengespart werde. Dies fand die Unterstützung der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die entsprechenden Änderungsanträge der CDU wurden abgelehnt.

Ein weiterer Schwerpunkt des Nachtragshaushalts ist der Ausbau der Betreuung für die unter Dreijährigen. Insoweit

sind 25 Millionen Euro für die Kommunen etatisiert.

Der dritte Schwerpunkt des Nachtragshaushalt betrifft die Bereitstellung von Landesmitteln für finanzschwache Kommunen. Das Land verstärkt das Bundesprogramm für kommunale Investitionen um weitere 31,7 Millionen Euro aus Landesmitteln. Haushaltstechnisch und haushaltsrechtlich wird das Instrumentarium eines Sondervermögens gewählt.

Der von der Fraktion der CDU vorgelegte entsprechende Änderungsantrag als Gegenvorschlag zur Schaffung eines Sondervermögens, die beantragte Überführung des kommunalen Investitionsprogramms in den Kernhaushalt, wurde mit der Mehrheit den Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Die regierungstragenden Fraktionen haben zur abschließenden Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss Änderungsanträge zum Einzelplan 03 – Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur – eingebracht. Mit diesen Änderungsanträgen sollen die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Einnahmen der Bundesmittel aus den Erlösen der Vergabe Digitale Dividende II sowie der korrespondierenden Ausgaben für den Breitbandausbau etatisiert werden.