Protocol of the Session on September 23, 2015

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Adolf Weiland, CDU: Wo ist Herr Schweitzer und die Ministerpräsidentin?)

Sie hat großen Blödsinn erzählt, dass sie vorgeschlagen hätte, man müsse die Standards absenken. Wir stimmen am Freitag im Bundesrat über eine Initiative ab, die mit von Rheinland-Pfalz gekommen ist. Dabei geht es um das flexiblere Handhaben der Standards bei den Flüchtlingen. Die stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU muss einmal die Tagesordnung des Bundesrates lesen, bevor sie hier so einen Mist erzählt. Das ist doch unsere Initiative gewesen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Carsten Pörksen, SPD: Das ist Mist!)

Jetzt kommt das Thema Deutsch-Vorlaufkurse. Wenn Flüchtlingskinder zu uns kommen, dann ist nichts wichtiger als eine gute Bildung, Sprachförderung und dass sie

Deutsch lernen. Die Kinder müssen Deutsch lernen. Das tun sie in Rheinland-Pfalz in vorbildlicher Art und Weise. Das ist das Problem, wenn man so weit weg von den Menschen ist. Wir wollen, dass die Flüchtlingskinder Deutsch in Intensivkursen lernen.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Sie sollen dort, wo Deutsch gelernt wird, spezielle Angebote bekommen. Das ist auch der Fall. Warum soll ein Flüchtlingskind nicht mit einem Nichtflüchtlingskind zusammen Sport machen, musizieren oder auf dem Pausenhof toben? Können Sie mir einmal erklären, was das bedeuten soll? Wir wollen die Integration, deshalb brauchen wir die gezielte Sprachförderung, aber auch die Integration der Kinder in das gesellschaftliche Leben.

Meine Damen und Herren von der CDU, kommen Sie einmal aus Ihren Schubladen heraus. Die Kinder sind so viel weiter als Sie.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Während Sie hier lamentieren und mit falschen Behauptungen operieren, handeln wir. Wir reden gleich zu vorgerückter Stunde über den Nachtragshaushalt. Die Landesregierung hat einen Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht, auch weil die völlig überforderte Bundesregierung einmal die Prognosen bei den Flüchtlingszahlen um fast 100 % nach oben korrigiert hat. Es sollen 120 Millionen Euro für das Land und die Kommunen für Flüchtlinge bereitgestellt werden. Während der Beratungsphase hat das von der Bundesregierung zu verantwortende Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch einmal seine Prognose um 100 % nach oben korrigiert.

Wie man sich so verrechnen kann, das ist schon ein Hammer. Wir von Rot-Grün sagen, okay, wir geben das jetzt auch in den Nachtragshaushalt und geben noch einmal 30 Millionen Euro obendrauf. Das heißt, wir haben über 150 Millionen Euro zusätzlich für die Flüchtlingsaufnahme vom Land und von den Kommunen bereitgestellt. Wir handeln, und Sie werden nachher gegen diesen Nachtragshaushalt stimmen, weil Sie hier nur herumlamentieren, falsche Behauptungen aufstellen und gegen alles sind, was von Rot-Grün kommt.

(Dr. Adolf Weiland, CDU: Weil ihr nur Murks macht!)

Erzählen Sie hier doch nie wieder von verantwortlicher Politik. Das ist doch alles schon Wahlkampfgetöse. Aber in dieser Situation und bei diesen Herausforderungen zeigt Rot-Grün auch mit dem Nachtragshaushalt mit 150 Millionen Euro mehr für den Bereich Flüchtlinge, wir handeln, und wir schwätzen nicht einfach nur.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Klöckner habe ich nicht nur eben zugehört, im Gegensatz dazu, dass Sie mir nicht zuhört, sondern wir haben ihr auch auf dem Parteitag am vergangenen Wochenende zugehört.

(Staatsminister Roger Lewentz: Da, wo die vielen Delegierten fehlten!)

Ja, das war der Parteitag, wo sehr viele Delegierte nicht anwesend waren.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU – Zuruf des Abg. Wolfgang Reichel, CDU)

Frau Klöckner hat am vergangenen Samstag gesagt, gerade für die Partei mit dem C im Namen sind Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft oberstes Gebot.

(Christian Baldauf, CDU: Elfmeter ohne Torwart!)

Ich frage mich, warum die Damen und Herren von der CDULandtagsfraktion nicht klatschen, wenn ich Frau Klöckner zitiere. Sie kannten das noch gar nicht, weil Sie auch nicht alle beim Parteitag waren. Das war Ihnen auch ein bisschen zu langweilig. Also, Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft sind für die CDU angeblich das oberste Gebot.

(Dr. Adolf Weiland, CDU: Ei, ei, ei!)

Warum lehnen Sie dann eigentlich gegen den Rat aller Fachleute, der Ärzteschaft, der Kirchen und der Hilfsorganisationen die Einführung der Gesundheitskarte in Rheinland-Pfalz ab? Da geht es doch genau um Hilfsbereitschaft und Mitmenschlichkeit, wenn es um die Gesundheitsversorgung geht.

(Hans-Josef Bracht, CDU: Da haben Sie nicht zugehört, Herr Köbler!)

Das passt doch nicht so ganz. Vielleicht gelten ja Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft immer nur für manche oder auch nur auf dem Papier.

(Hans-Josef Bracht, CDU: Null damit zu tun!)

Bezeichnend war, als Ministerpräsidentin Dreyer vorhin Frau Merkel für ihren humanitären Akt gelobt hat, die Grenzen nach Ungarn zu öffnen, dass hier die Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD-Fraktion geklatscht haben, und nicht nur die Abgeordneten der CDU-Fraktion nicht geklatscht haben für diesen humanitären Akt ihrer Bundesvorsitzenden, sondern dass das Handeln von Frau Merkel ihrer Stellvertreterin, Frau Klöckner, in ihrer Rede nicht eine einzige Zeile wert war. Wo sind denn die Hilfsbereitschaft und die Humanität, wenn es ganz konkret ist? Da kommen nur Forderungen. Das wird auch heute in Ihrem Entschließungsantrag deutlich: Schneller Abschieben, mehr abschieben, bestenfalls gar nicht erst reinlassen. Was hat das denn mit Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft zu tun? Sie wollen doch, dass Rheinland-Pfalz zum Abschiebeweltmeister wird. Dann behaupten Sie, das Saarland schickt schon Flüchtlinge aus der Erstaufnahme zurück.

Meine Damen und Herren, auch da wird mangelnde Sachkenntnis durch Lautstärke übertönt. Auch wir führen aus der Erstaufnahmeeinrichtung zurück, und zwar mit dem Instrumentarium der freiwilligen Rückkehr, weil die Menschen bei uns sofort beraten werden. Es wird ihnen gesagt, ob sie eine Bleibeperspektive haben oder nicht. Wenn sie

keine haben, bekommen sie eine Beratung über eine freiwillige Rückkehr, dass sie sich in ihrem Heimatland möglicherweise doch wieder eine Perspektive aufbauen können. Das spart uns Verwaltungskosten, das spart uns Verfahrensdauer, und das gibt vor allem den Menschen wirklich eine Perspektive bei der Rückführung. Das ist unser Weg. Damit sparen wir Steuergelder. Damit machen wir auch eine humanitäre Flüchtlingspolitik in Rheinland-Pfalz. Dann hören Sie doch einmal zu, wenn hier Fakten auf den Tisch gelegt werden, und übertünchen das nicht mit lautstarkem Stammtischgetöse, meine Damen und Herren von der CDU.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Was gar nicht geht, ist, wenn die Bundesregierung uns jetzt aufnötigen will, dass wir die Menschen – die CDU in Rheinland-Pfalz fordert das auch – sechs Monate lang in der Erstaufnahmeeinrichtung belassen. Das ist der blanke Realitätsverlust, den Sie an den Tag legen. Wir haben Anfang der Legislatur 700 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen gehabt. Wir hatten Anfang dieses Jahres gut 2.400 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen. Wir werden in den nächsten Tagen über 9.000 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen haben: Von 700 über 2.400 sind wir auf 9.000 gekommen. – Ministerpräsidentin Dreyer hat gesagt, wir müssen wahrscheinlich bis zu 15.000 Plätze schaffen. Wenn Sie von der CDU jetzt aber fordern, dass wir die Menschen nicht nur drei Monate, sondern sechs Monate in den Erstaufnahmeeinrichtungen haben müssen, dann bräuchten wir 30.000 Plätze für Erstaufnahmeeinrichtungen.

(Zuruf von der CDU: Quatsch!)

Wo ist denn dazu Ihre Finanzierung? Wo ist denn dazu Ihr Deckblatt im Nachtragshaushalt? Wo wollen Sie denn diese Millionen hernehmen? Wo wollen Sie denn die Standorte hernehmen? Wissen Sie eigentlich, was Sie da erzählen? Sie können sich doch hier nicht mokieren, das wir heute nicht ganz ausschließen können, ob wir die Leute nicht auch in winterfesten Zelten unterbringen müssen, und gleichzeitig von uns verlangen, dass wir die Zahl der Plätze auch noch verdoppeln. Das passt doch alles nicht zusammen. Auch hier wird wieder mangelnde Sachkenntnis durch starke Lautstärke übertönt, meine Damen und Herren. Das ist landesfeindliche Politik, die Sie hier vertreten. Damit tun Sie Rheinland-Pfalz einen Bärendienst.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Wolfgang Reichel, CDU: Komm mal runter! – Hans-Josef Bracht, CDU: So viel Stuss habe ich selten auf einem Haufen gehört!)

Wenn Frau Klöckner jetzt verlangt, dass, wenn ihr ein Mann die Hand nicht gibt – ich rege mich auch darüber auf, wenn mir Männer die Hand nicht geben, weil sie sich für irgendetwas anderes halten, übrigens auch, wenn das Frauen nicht tun –,

(Christian Baldauf, CDU: Jetzt sind wir mal gespannt, was jetzt kommt!)

und ich finde das auch nicht in Ordnung, aber wenn Frau

Klöckner jetzt fordert, dass diese Männer per Gesetz dazu verpflichtet werden sollen, ihr die Hand zu geben,

(Vereinzelt Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Carsten Pörksen, SPD: Das ist doch die Wahrheit!)

und eben in Ihrem Redebeitrag sich nicht ziemt zu sagen, dass das Zuhören doch Teil unserer – Achtung! – mitteleuropäischen Kultur wäre – einmal ganz davon abgesehen, wie das in anderen Kulturkreisen ist, ich weiß nicht, wie das in Australien ist oder in anderen Ländern,

(Christian Baldauf, CDU: Da gibt man sich die Hand, dass kann ich dir sagen!)

ob man sich da nicht zuhört –, ja, in China und in Japan, in asiatischen Ländern, ist das schon wieder etwas anderes mit dem Handgeben,

(Dr. Adolf Weiland, CDU: Jetzt sind wir im intellektuellen Tiefflug!)

aber dann gleichzeitig hier, wenn die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ihren Redebeitrag auch aus Replik auf Ihre Aussagen in diesem Plenum hält, nicht anwesend ist,

(Carsten Pörksen, SPD: Die ist wahrscheinlich Sekt trinken!)

dann muss ich wirklich überlegen, ob wir nicht ein Integrationsverpflichtungsgesetz auch für CDU-Bundesvize brauchen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde, das ist abgehoben und menschenfern, hier sozusagen die eigenen moralischen Standards so hoch zu halten und selbst sozusagen nicht einmal die Kinderstube noch zu kennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht ist es dann so, wenn man bei seinem Blick über den Tellerrand nicht weit über Guldental hinausgekommen ist.

(Wolfgang Reichel, CDU: Ei, ei, ei, ist das schwach!)