Protocol of the Session on July 23, 2015

AKTUELLE STUNDE

„Zukunft läuft“ – Berufs- und Studienorientierung in Rheinland-Pfalz auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 16/5324 –

Es spricht Herr Kollege Alexander Fuhr von der SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, es geht Ihnen allen so: Wenn Sie in den letzten Wochen in Ihren Wahlkreisen unterwegs waren, haben Sie sicherlich an vielen Abschlussfeiern teilgenommen, und zwar an Abschlussfeiern weiterführender Schulen.

Ich will jetzt nicht aufzählen, auf welchen Feiern ich teilgenommen habe und die Kollegin aus dem Wahlkreis nicht, weil ich mich nicht auf dieses Niveau begeben will.

(Carsten Pörksen, SPD: Sehr vernünftig!)

Es hat aber einige davon gegeben.

Bei mir überwiegt die Freude an diesen Abschlussfeiern, weil ich sehe, dass wir in den vergangenen Jahren viele Neuerungen in unseren Schulen umgesetzt haben, die von Eltern, den Kollegien und den Schülerinnen und Schülern positiv aufgenommen werden.

Ich will folgende Beispiele nennen: Ich war an einer IGS, an der erstmals eine 10. Klasse abgeschlossen hat, die jetzt

in die 11. Klasse übergeht und eine Oberstufe bekommt, bei einer Realschule plus, bei der zum ersten Mal die 10. Klasse verabschiedet wurde, in der die Schülerinnen und Schüler durchgängig die Realschule plus besucht haben, und an einer FOS, die Abgänger verabschiedet hat.

Wir können direkt vor Ort in unseren Wahlkreisen an unseren Schulen sehen, dass wir in den vergangenen Jahren unsere Schullandschaft modernisiert, sie behutsam und im Einklang mit den Beteiligten umstrukturiert haben und wir dann ganz bei den Menschen sind.

(Beifall der SPD)

Ich war bei meiner heimatlichen Realschule plus bei der Abschlussfeier. Es waren über 100 Absolventinnen und Absolventen. Sie sind nacheinander in die Halle einmarschiert, und dann konnte man die individuelle Vielfalt dieser Menschen sehen. Diese individuelle Vielfalt drückt sich natürlich auch in den unterschiedlichen Lebenskonzepten und in den Erwartungen für die Zukunft aus. Ich nutze diese Veranstaltungen immer wieder, um die Schülerinnen und Schüler zu fragen: Was macht ihr denn nach der Schule? Wie wollt ihr weitergehen?

Aus diesen Gesprächen kann ich sagen, dass die Frage der Berufsorientierung und die Frage, wie es mit dem Leben der Schülerinnen und Schüler weitergeht und wie sie von der Schule auf das weitere Leben vorbereitet werden, ein Thema ist, das Schülerinnen und Schüler bewegt, weil sie in zunehmendem Maße darauf angewiesen sind, orientiert zu werden, gerade in Zeiten einer sich rasch wandelnden Arbeitswelt.

Wir wissen auch, dass das Thema der Berufsorientierung die Betriebe im Land bewegt, die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die in Zeiten des demografischen Wandels darauf angewiesen sind, dass junge Menschen gut orientiert und kompetent die Wege in die Beschäftigungsmöglichkeiten finden. Deswegen ist Berufsorientierung eine wichtige Aufgabe.

Das Bildungsministerium hat ein Konzept zur Berufsorientierung und Studienorientierung vorgelegt, von dem ich einige Punkte hervorheben will. Es geht darum, das Ziel zu erreichen, mehr Verbindlichkeit im Beratungsangebot zur Berufs- und Studienorientierung an den weiterführenden Schulen in Rheinland-Pfalz zu bekommen.

Die Fachkräftesicherung ist sicherlich ein elementarer Teil, der das Land dazu bewegt, diesen Weg zu gehen; denn es ist ein Teil der Landesstrategie und auch Ziel des Ovalen Tisches.

Ich will aus Zeitgründen nicht aufzählen, was wir in den vergangenen Jahren alles erreicht haben. Wir haben aber eine Basis mit vielen Elementen, auf der wir aufbauen können. Ich will einige Punkte des Konzeptes hervorheben.

Es wird künftig an allen weiterführenden Schulen an mindestens einem Tag ein verbindlicher Tag der Berufs- und Studienorientierung stattfinden. Es geht um eine verbindliche und einheitliche Systematik, die sich an den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler orientiert. Es geht – und das ist wichtig, weil wir das immer wieder politisch

betonen – um die gleichberechtigte und praxisnahe Beratung zur dualen Ausbildung und zur Studienorientierung. Es geht darum, ebenso die Möglichkeiten der dualen Ausbildung wie die des Studiums zu vermitteln. Das ist etwas, was wir politisch immer wieder betonen, weil wir das Ziel verfolgen, Fachkräftesicherung zu betreiben, indem wir jungen Menschen sagen: Ihr braucht nicht nur das Studium, ihr habt auch Möglichkeiten in der dualen Ausbildung, einen ganz hervorragenden Lebensweg zu gehen.

Es ist besonders zu begrüßen, dass es ein nachhaltiger Ansatz ist, dadurch, dass in den weiterführenden Schulen in der Oberstufe ein weiterer Berufs- und Studienorientierungstag stattfindet. Die Kooperationspartner werden in vielfältiger Weise eingebunden, auch so, dass die Schulen Unterstützung finden und es keine zusätzliche Belastung ist.

Ich will ausdrücklich den Partnern dieses Konzepts und den Beteiligten danken, dass sie sich in vielfältiger Weise engagieren, um hier in den Schulen Berufsorientierung zu geben.

Die Nachhaltigkeit ist durch verschiedene Maßnahmen gesichert. Die Eltern werden mit eingebunden, das Bundesinstitut für Berufsbildung wird das wissenschaftlich begleiten, und es erfolgt eine Vor- und Nachbereitung im Unterricht.

Aus diesem Grund will ich ausdrücklich für meine Fraktion sagen,

(Glocke der Präsidentin)

dass wir dieses vorgestellte Konzept unterstützen; denn es unterstreicht das Bekenntnis der Landesregierung zur Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Wir freuen uns, dass damit Elemente eines gemeinsamen Antrags von Rot-Grün im Landtag aus dem letzten Jahr umgesetzt werden. Deswegen wird dieses Programm ausdrücklich unterstützt.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Brandl das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich Dienstag die dpa-Meldung las, dass es nun an den Schulen einen Tag der Berufs- und Studienorientierung geben soll, dachte ich zuerst: Das kann doch eigentlich gar nicht Rheinland-Pfalz sein. Ich habe es dann noch einmal gelesen und stellte ernüchtert fest, es dreht sich tatsächlich um ein Vorhaben der rheinland-pfälzischen Landesregierung.

(Michael Hüttner, SPD: Gute Vorschläge!)

Meine Damen und Herren, warum war ich so erstaunt? – Nicht, weil es eine abwegige Idee wäre oder weil wir es

nicht unterstützen können, im Gegenteil, sondern allein weil es diesen Tag der Berufe eigentlich schon in nahezu allen weiterführenden Schulen in Rheinland-Pfalz gibt. Es gibt diesen Tag schon, und Sie präsentieren am Dienstag ein Konzept, dessen Hauptbestandteil darin besteht, einen Tag einzuführen, den eigentlich nahezu alle weiterführenden Schulen in Rheinland-Pfalz heute schon durchführen, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Deshalb ist es aus meiner Sicht kein großes Novum oder eine bahnbrechende Entwicklung,

(Carsten Pörksen, SPD: Dann können Sie sich jetzt wieder setzen!)

sondern es ist ein dünnes Konzept.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

Frau Ministerin, ich will Ihnen den Willen zur Verbesserung nicht absprechen. Ich will dieses Konzept schon gar nicht ablehnen, weil es inhaltlich richtig ist.

(Carsten Pörksen, SPD: Was wollen Sie eigentlich? – Zuruf des Abg. Thomas Weiner, CDU)

Es ist kein Quantensprung, aber ich hätte mir von Ihrer neu gegründeten Stabsstelle mehr erwartet, als letztendlich schon bestehende Konzepte neu zu verkaufen, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Das ist insbesondere vor dem Hintergrund interessant, da die Zeit der Versäumnisse schon sehr lang ist. Gehen wir einmal zurück zum 6. Oktober 2009. Da hat das Land eine Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit von Schule, Berufsberatung und Wirtschaft im Bereich der Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung in RheinlandPfalz mit der Wirtschaft und mit vielen anderen an diesem Thema beteiligten Partnern abgeschlossen.

Unter anderem wurde also vor knapp sechs Jahren beschlossen – ich zitiere –, „die Berufswahl- und Studienorientierung als festen Bestandteil der schulischen Arbeit zu verankern“. Es wurde beschlossen – erneutes Zitat – „Junge Menschen auf den Übergang in die Berufswelt und Arbeitswelt durch individuelle Diagnose und Förderung vorzubereiten“. Es wurde beschlossen, authentische Informationen aus der beruflichen Praxis gezielt zu nutzen und auch die Eltern intensiv einzubinden.

Heute, also nach ungefähr sechs Jahren, lösen Sie diese Zusage ein und wollen sich dafür loben lassen.

Meine Damen und Herren, das ist doch genau so, als wenn ich in der Schule vier Wochen meine Hausaufgaben nicht mache und dann nach vier Wochen komme und sage, heute dürfen Sie mich loben, heute habe ich meine Hausaufgaben einmal dabei.

(Beifall der CDU)

Das ist nicht das, was wir in diesem Land brauchen, zumal weitere Hausaufgaben auch nicht gemacht sind.

(Zuruf des Abg. Carsten Pörksen, SPD)

Vor sechs Jahren wurde nämlich zum Beispiel auch vereinbart, ein über mehrere Schuljahre angelegtes systematisches Konzept für die Berufsorientierung der Schülerinnen und Schüler zu erstellen und umzusetzen.

(Bettina Brück, SPD: Das gibt es doch!)