Protocol of the Session on July 23, 2015

Nur wenn wir klare Position beziehen – dazu gehört auch das offene Ansprechen des Asylmissbrauchs –, wird es uns gelingen, das große bürgerschaftliche Engagement zu erhalten und rechtsradikalen Stimmungsmachern den Wind aus den Segeln zu nehmen.

(Beifall der CDU)

Es ist absolut verständlich, dass die Menschen im Land auch kritische Fragen stellen, wenn anstatt Flüchtlingen aus Krisenregionen Menschen aus dem Westbalkan Asyl beantragen.

(Zuruf des Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch eines sagen. Zur politischen Fairness in unserer demokratischen Streitkultur gehört auch, nicht immer gleich die rot-grüne Moralkeule zu schwingen, wenn man den Finger in die Wunde legt.

(Beifall der CDU)

Politiker, die sich Gedanken darüber machen, wie das Asylrecht im Sinne der Flüchtlinge und deren Unterbringung besser, gerechter und schneller verwaltet und vollzogen werden soll, als geistige Brandstifter zu diffamieren, ist voll daneben und blanker Populismus.

(Beifall bei der CDU)

Stattdessen gibt es einiges zu tun. Dazu komme ich in der zweiten Runde.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Sahler-Fesel das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU macht es scheinbar nach dem Motto, man nehme die letzten Reden, werfe sie in einen Topf, rühre, um zu schauen, welchen Zettel man herausnimmt. Es sind immer wieder dieselben Vorwürfe.

Es ist eine Aktuelle Stunde. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, zu Beginn meiner Rede ein Beispiel aus meiner

Nähe anzubringen. In Bitburg ist ebenfalls mit großer Unterstützung der Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, insbesondere der Mitarbeiter der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende in Trier (AfA), die sich ganz besonders einbringen, schnell mit Zelten Abhilfe geschaffen und unterstützt worden. Die Bitburger standen dazu. Dazu gehört das DRK mit seiner Leiterin, Monika Fink, unser ehemaligen Kollegin. Die ist allen hier noch gut bekannt. Sie wollten schon einmal aufnehmen und wurden leider durch den Brandschutz daran gehindert. Sie sind mit den Zelten sehr aktiv. Es läuft gut.

Auch von unserer Seite gibt es den Dank an die Ehrenamtlichen, aber auch den Dank an die vielen Hauptamtlichen, die sich über alle Maßen engagieren und ganz klar zeigen, dass die Aufnahmekultur, die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, in Rheinland-Pfalz verstanden wurde, nur offensichtlich nicht von der CDU in diesem Hause.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie erzählen uns gerne, die Flüchtlingskonferenz der Ministerpräsidentin kam ein halbes Jahr zu spät. Sie übersehen, dass am 13. Januar ein Maßnahmenpaket des Landes verabschiedet wurde, das all die anstehenden Punkte von der Integration über Sprache und psychosoziale Maßnahmen für Traumatisierte usw. in den Blick genommen und auf den Weg gebracht hat. Scheinbar haben Sie nur das halbe Jahr geschaut und nicht davor.

Im zweiten Maßnahmenkatalog auf der Flüchtlingskonferenz sind die Sachen bestätigt und einzelne Punkte mit aufgenommen worden. Es wurden die weiteren Schwerpunkte dargestellt. Zu den Schwerpunkten gehört, dass wir die Aufnahmekapazität weiter ausbauen.

Die Zahlen werden vonseiten des Bundes immer wieder herunter- und schöngerechnet. Der Bund rechnet die Anträge, die noch nicht bearbeitet sind, nicht mit dazu. Das können Sie dem Land Rheinland-Pfalz wirklich nicht vorwerfen.

Die Unterstützung der Ausländerbehörden ist uns im Rahmen des Maßnahmenkataloges wichtig. Hier geht die Landesregierung einen innovativen Weg, der auch schon in anderen Bundesländern funktioniert. Es ist nicht allein die Erfindung der Landesregierung. Bereits in Ruhestand befindliche Beamte können auf freiwilliger Basis zur Unterstützung mit eingesetzt werden, sodass im kommunalen Bereich entlastet werden kann.

Gleichzeitig wird das Personal der Clearingstelle aufgestockt, sodass die Ausländerbehörden bei dem zweiten großen Komplex, nämlich bei der Unterstützung beim Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern zu helfen, genügend zusätzliches Personal mit eingespeist wird.

Sie haben den Bund gelobt und auf die schnellen Verfahren hingewiesen. Das hätten wir gerne. Der Bund kündigt an, wir bekommen mehr Personal. Die neu aufgemachte Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende in Ingelheim hat freundlicherweise 20 Personalstellen für Entscheider bekommen. Das sind die Menschen, die die Entscheidung treffen, ob ein Asylantrag angenommen oder abgelehnt

Verehrter Herr Kessel, es ist kein Asylmissbrauch, wenn jemand kommt und einen Antrag stellt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Er macht einen sauberen rechtlichen Weg.

(Staatsminister Roger Lewentz: Christliches Menschenrecht!)

Danke für das christliche Menschenrecht.

Diese Menschen haben ein Recht darauf, hier einen Antrag zu stellen. Direkt Missbrauch zu unterstellen, nur weil Sie der Meinung sind, die haben kein Recht, weil die meisten sowieso abgelehnt werden, ist eine komische, eine seltsame Schlussfolgerung, die wir nicht teilen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Schweitzer, SPD: Genau das ist der Punkt!)

Ich sage noch einmal: Wenn wir die Beschleunigung wollen, brauchen wir das Personal des Bundesamtes für Flüchtlinge. Wenn in Ingelheim von den 20 in den Haushalt eingestellten Stellen der Bundesregierung drei Stellen besetzt werden und zugesagt wird, es werden noch drei Stellen besetzt, dann sieht es so aus, als ob die Bundesregierung rechnet, dass drei plus drei zwanzig ist.

Zudem werden bisher keine weiteren Stellen für Trier vorgesehen, obwohl in Trier auch Entscheiderstellen fehlen. Von den angekündigten 1.000 kommt offensichtlich keiner nach Trier und nach Rheinland-Pfalz. Ich frage mich, wie der Königsteiner Schlüssel bei der Verteilung von Entscheidern auf die Bundesländer berücksichtigt wird.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist eine Frage, die wir zu klären haben.

Ich fasse es noch einmal zusammen. Ganz RheinlandPfalz ist auf einem guten Weg, Hand in Hand mit den Kommunalen, den Ehrenamtlichen, den Verbänden und den Kirchen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, liebe CDU, gehen Sie einmal mit und machen Sie nicht nur, wie es eben Frau Dr. Ganster sagte, einfach nur Oppositionsarbeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut! – Glocke des Präsidenten)

Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Alt das Wort.

Irene Alt, Ministerin für Integration, Familie, Kinder,

Jugend und Frauen:

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Der Zugang von Flüchtlingen hat uns, wie schon Monate zuvor, stark gefordert. Wie schon Monate zuvor haben wir uns alle gemeinsam dieser Herausforderung gestellt. Alle Kräfte im Land arbeiten hervorragend zusammen.

Ich will auf das letzte Wochenende und darauf eingehen, was da für eine großartige Zusammenarbeit und ein großartiges Zusammenspiel zwischen dem Land, dem Landkreis Mainz-Bingen, dem Deutschen Roten Kreuz und dem Technischen Hilfswerk gelaufen ist. Mit Unterstützung von zwei privaten Bauunternehmen ist es gelungen, in einem hervorragenden Einsatz in 72 Stunden – Frau Spiegel hat es gesagt – eine temporäre Zeltunterkunft in Ingelheim zu erstellen. Das war sehr erfolgreich und gelungen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Der Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes hat mir gesagt, dass war der größte humanitäre Einsatz des Landesverbandes seit 50 Jahren. Das ist eine herausragende Leistung. Dafür sage ich Danke schön.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im ganzen Land ist das Engagement sehr groß. Die Menschen engagieren sich, die Menschen spenden ihr Geld, die Menschen spenden ihre Zeit. Ich bin jedes Mal stolz und glücklich, wenn ich sehe, wie toll Rheinland-Pfalz die Willkommenskultur lebt.

Ich sage allen Menschen im Land, in Kommunen, in Kirchen, Verbänden und Vereinen und allen Ehrenamtlichen, allen, die derzeit an dieser wirklich großen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe mitwirken, ein ganz herzliches Dankeschön im Namen der gesamten Landesregierung. Vielen herzlichen Dank!

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Rheinland-Pfalz ist stolz auf seine engagierten Bürgerinnen und Bürger; denn alle Beteiligten bringen mit großem Einsatz die Dinge voran, und sie sind bereit, ungewöhnliche Wege zu gehen, um den Flüchtlingen zu helfen. Wir als Land wissen, welche große Herausforderung die Situation für alle darstellt. Wir als Land stehen allen Beteiligten zur Seite.

Lieber Herr Kessel, wir sind sehr gut aufgestellt, und ich hoffe, es wird Ihnen nicht gelingen, das schlechtzureden. Die Landesregierung hat bereits zu Anfang dieses Jahres einen umfangreichen Maßnahmenplan zur Aufnahme, Unterbringung und Integration von Flüchtlingen beschlossen. Dieser Maßnahmenplan hat etwa mehr Geld für Ehrenamtliche zur Verfügung gestellt, und er hat eine Koordinierungsstelle zur Unterstützung der Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit geschaffen.

Es gibt zahlreiche weitere Erfolge. Das über die ISB aufgelegt Darlehensprogramm von 40 Millionen Euro zur Schaf

fung von Wohnraum für Flüchtlinge wird sehr gut angenommen. Die Migrationsfachdienste und die psychosoziale Versorgung sind ausgebaut worden. Die Plätze in der Erstaufnahme sind vervielfacht worden. In der Erstaufnahme werden in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbei Bildungsbiografien und mitgebrachte Qualifikationen auf freiwilliger Basis erfasst, sodass die Flüchtlinge schneller an den Arbeitsmarkt herangeführt werden können.