Protocol of the Session on July 3, 2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind alarmierende Zahlen, sie müssen uns nachdenklich machen.

(Beifall der CDU)

Das Phänomen dieser Cyberkriminalität nimmt damit in der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung und natürlich auch in der Arbeit der Justizbehörden eine immer größere Rolle ein. Angesichts aufwendiger Ermittlungen, oft mit Auslandsbezug, der Vielschichtigkeit und Komplexität der deliktischen Erscheinungsformen sowie einer zunehmenden Flexibilität und Professionalisierung der Täter müssen die Strafverfolgungsbehörden nicht nur technisch, sondern auch vor allem personell gut aufgestellt sein, sodass sie ihren Aufgaben nachkommen können.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, in Rheinland-Pfalz haben Polizei und Justiz reagiert – ja –, sei es durch Einrichtung entsprechender Fachdezernate beim LKA, durch Bildung

von Unterstützungskommissariaten bei den Kriminaldirektionen der Präsidien oder den Aufbau einer landesweit zuständigen Zentralstelle Cybercrime bei der Generalstaatsanwaltschaft in Koblenz. Erst kürzlich hat unser Arbeitskreis Recht die Zentralstelle besucht. Sie übernimmt zentral größere und kompliziertere Verfahren, die die normalen Staatsanwaltschaften selbst nicht bewältigen können, oder sie hilft ihnen dabei. Wir hatten den Eindruck, dass dort sehr engagierte Mitarbeiter mit hohem Einsatz tätig sind, aber dort sind ganze zwei Staatsanwälte eingesetzt. Beide haben im Übrigen nebenbei noch andere Aufgaben. – Was passiert denn eigentlich, wenn bei einem akuten Hackerangriff einer der beiden im Urlaub ist und der andere eine Fortbildung besucht oder in einer Verhandlung sitzt?

Man könnte schon mit einer einzigen Stelle mehr die Arbeit der Zentralstelle wirklich verbessern, es sei denn, man möchte sie nur als Aushängeschild haben, mit dem man sich ab und an schmücken kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei den ITExperten fordern wir mit unserem Antrag sieben weitere Stellen, die keine neuen Stellen sind. Herr Staatsminister Lewentz hat selbst Ende Januar ein Sicherheitspaket der Landesregierung vorgestellt, und darin enthalten waren diese Stellen. Auf Nachfrage meines Kollegen Lammert sind von den dort angesetzten elf Stellen bisher nur vier besetzt, weshalb unser Antrag auf die weiteren sieben lautet.

Man könnte in dem Zusammenhang sicherlich natürlich auch über die Vorratsdatenspeicherung sprechen, das tun wir aber bewusst in diesem Antrag nicht, um Sie zu bitten, diesem Antrag, der – wie gesagt – lediglich dem entspricht, was auch der Innenminister gefordert hat, und der zumindest die Staatsanwaltschaft operationell so aufstellt, dass sie arbeiten kann, zuzustimmen.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, manchmal steckt der Teufel auch im Detail. Sehr geehrter Herr Justizminister, ich habe noch eine konkrete Frage an Sie. In Polizeikreisen hält sich hartnäckig das Gerücht, dass der jüngste Hackerangriff auf die Kfz-Zulassungsstellen in Hessen besser verfolgt werden könne als in Rheinland-Pfalz. Dort werde, wie in Rheinland-Pfalz, jeder Zugriff auf die Datenbank gespeichert; allerdings würden in Rheinland-Pfalz, anders als in Hessen, die letzten drei Ziffern der IT-Adressen geixt, also der Fingerabdruck undeutlich gemacht. Die IT-Adressen sind aber wichtig, wenn ich feststellen möchte, wer der Absender gewesen ist. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie zu diesem tatsächlich kursierenden Gerücht Stellung nehmen würden, ob dem so ist und, falls ja, wie Sie dies verändern wollen. Schließlich wird in Hessen die komplette IT-Adresse abgebildet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend möchte ich für meine Fraktion allen Bediensteten der Polizei und Justizbehörden danken, die sich mit hohem Engagement der Verfolgung der Cyberkriminalität widmen. Vielen Dank für Ihre Arbeit!

(Beifall der CDU)

Ich darf zunächst Gäste im Landtag begrüßen. Wir können Mitglieder des SPD-Ortsvereins Daadener Land begrüßen. Herzlich willkommen bei uns in Mainz!

(Beifall im Hause)

Des Weiteren heiße ich Schülerinnen und Schüler zum Altenpfleger/zur Altenpflegerin im 2. Ausbildungsjahr der Berufsbildenden Schule II in Mainz bei uns herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Sippel das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, Cybercrime, die Computerkriminalität, hat sich binnen weniger Jahre zu einer echten Herausforderung für die Verbrechensbekämpfung und die Strafverfolgung entwickelt. Gerade im Bereich der Computersabotage, bei der Täuschung im Rechtsverkehr sowie beim Ausspähen und Abfangen von Daten steigen die Fallzahlen kontinuierlich, und der entstandene Schaden ist massiv. Die Zahl stimmt: über 20 % der Deutschen wurden bereits Opfer von digitalem Identitätsdiebstahl, also der unrechtmäßigen Verwendung von Zugangsdaten insbesondere im Bereich des OnlineBanking oder des Cloud-Computing.

Das Tatmittel Internet wird nach dem Bundeslagebild des Bundeskriminalamtes mittlerweile bei der Begehung von etwa 260.000 Straftaten bundesweit eingesetzt. Davon betroffen sind Privatpersonen vor allem durch die Varianten des Phishings, aber auch öffentliche Stellen und zunehmend die Unternehmen im Land. Hackerangriffe legen Fernsehkanäle lahm, spähen Millionen von E-MailAdressen aus oder greifen länderübergreifende Computersoftware an, wie zuletzt bei den Kfz-Zulassungsstellen. Das sind die Dimensionen von Cybercrime, die heute bereits Realität sind.

Meine Damen und Herren, dabei werden die Täter immer einfallsreicher, professioneller, internationaler, vernetzter. Sie nutzen die Anonymität des Internets und die Schwachstellen in der Computersicherheit gnadenlos aus. – Insoweit, Herr Baldauf, stimme ich Ihrer Analyse zu, dass das Phänomen der Cyberkriminalität in der Arbeit von Polizei und Justiz eine immer größere Rolle einnimmt.

Ihre Schlussfolgerung allerdings, die sich auf mehr Personal reduziert, springt zu kurz und verkennt, dass die Landesregierung längst gehandelt hat.

Die Sicherheits- und Justizbehörden müssen der Täterseite mit der zumindest gleichen Professionalität und einer noch besseren Verzahnung entgegentreten. Genau das geschieht in Rheinland-Pfalz. Im Bereich des Landeskriminalamtes wurde mit dem Dezernat 47 die Zentralstelle Cybercrime eingerichtet, die neben der Ermittlung, der Analyse und der Abwehr von Straftaten auch die systematische anlassunabhängige Recherche nach strafbaren

Inhalten im Netz, etwa im Hinblick auf extremistische Umtriebe oder Kinderpornografie, vornimmt. Das Dezernat ist Anlaufstelle und mittlerweile d a s Kompetenzzentrum für öffentliche und private Stellen sowie für die Wirtschaft im Land.

Hinzu kommen die Unterstützungskommissariate – das haben Sie gesagt – bei den Polizeipräsidien und die intensive Vermittlung des Themas Cybercrime bereits in der Ausbildung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten.

Meine Damen und Herren, wichtig ist der Wissenstransfer zwischen der Praxis, der Polizei, der Justiz und den Hochschulen. Deshalb ist die Kooperationsvereinbarung mit der Hochschule Worms sehr zu begrüßen. Auch hier wurde der Wissenstransfer auf eine neue Grundlage gestellt.

Herr Baldauf, das Innenministerium hat mehrfach deutlich gemacht, dass die im Sicherheitspaket vorgesehenen Stellenzuwächse – wie angekündigt – sukzessive vorgenommen werden, und zwar in diesem und darüber hinaus noch im nächsten Jahr. Dies wird auch ohne Ihren Antrag so umgesetzt, der deshalb in diesem Punkt absolut ins Leere greift.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch nicht möglich, alle Neueinstellungen im Handumdrehen vorzunehmen. Wir brauchen nämlich nicht nur IT-Fachkräfte, wir brauchen die besten Spezialisten in diesem Bereich. Diese fallen in einem hart umkämpften Markt in einem anderen Gehaltsgefüge in der freien Wirtschaft nicht vom Himmel.

Meine Damen und Herren, für die Justiz gilt das Gleiche. Mit der eingerichteten Landeszentralstelle Cybercrime bei der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz und entsprechenden Fachstellen in nahezu allen Landesjustizverwaltungen ist auch hier ein hohes Maß an Spezialisierung und Professionalisierung erfolgt. Die Stellenzuweisung mit zwei Dezernenten der Generalstaatsanwaltschaft wird zunächst als angemessen beurteilt. Das hat Herr Minister Professor Dr. Robbers im Rechtsausschuss gesagt. Es werden der zukünftige Geschäftsanfall und der Personalbedarf weiter geprüft und, wenn nötig, auch angepasst. Es gibt also keinen Grund, ohne weitere valide Daten einen Stellenzuwachs zu fordern. Das ist schon ein bisschen Aktionismus und hilft uns in der Sache nicht weiter.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Carsten Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, Ihr Antrag geht auf viele Dinge, die ebenfalls ganz wichtig wären, wie die Steigerung der Medienkompetenz in der Bevölkerung beispielsweise, und auf andere Herausforderungen nicht ein.

(Glocke des Präsidenten)

Deshalb sehen wir den Nachholbedarf eher in Ihrem Antrag und weniger bei der Landesregierung. Dort gibt es keinen Nachholbedarf. Dort wurden die Hausaufgaben gemacht. Deswegen werden wir Ihrem Antrag auch nicht

zustimmen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Raue das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Baldauf, bezüglich Ihrer Anfrage wegen der Zugriffe auf Datenbanken, wegen der gespeicherten IP-Adressen und des dazu natürlich auch erforderlichen Datenschutzes ist, glaube ich, jetzt und hier nicht der richtige Platz und Raum. Das wäre doch eine Initiative für den kommenden Rechtsausschuss. Da würden wir das Thema sehr gerne mit Ihnen debattieren.

(Christian Baldauf: Er ist doch da! Er kann es doch sagen!)

Nun aber zu Ihrem Antrag, dem – mein Vorredner hat es auch schon ausgeführt – nichts mehr hinzuzufügen ist. Sie stellen die Sachlage umfassend dar. Die Anzahl der Delikte im Bereich der Cyperkriminalität ist ständig steigend. Das ist auch nicht wirklich überraschend; denn die Internetund die elektronische Kommunikation beherrschen auch mehr und mehr Lebensbereiche.

Damit bieten sich auch immer mehr Angriffsflächen für IT-spezifische Straftaten. Schadsoftware, Spy-Programme, die Daten ausspähen und abfangen, hat bestimmt jeder schon einmal auf seinem Computer feststellen müssen, der im Internet unterwegs ist.

Der Hacker-Angriff auf das Computersystem des Bundestages ist das letzte, sehr spektakuläre Beispiel für diese Form der Kriminalität. Es ehrt uns, dass die Bundestagsverwaltung den rheinland-pfälzischen Landtag dabei um Unterstützung gebeten hat. Das zeigt, dass wir hier nicht zuletzt durch unseren Landesbetrieb für Daten und Information gut aufgestellt sind. Es zeigt ein Weiteres wieder einmal: Prävention ist mindestens genauso wichtig wie die Strafverfolgung.

Außerdem umfasst der Begriff Cyberkriminalität alle Straftaten, bei denen das Internet als Tatmittel eingesetzt wird. Den Löwenanteil bei diesen Straftaten macht der klassische Betrug aus. Im Internet werden Waren zu Schnäppchenpreisen verkauft oder versteigert, die nicht einmal diesen Schnäppchenpreis wert sind. Käufer oder Ersteigerinnen sind dann die Betrogenen und erstatten Anzeigen, mit denen sich unsere Strafverfolgungsbehörden beschäftigen müssen. Hier wird die Schnäppchenjagd auf dem Rücken unserer Beamtinnen und Beamten ausgetragen, meine Damen und Herren.

Ich kann den Polizisten sehr gut verstehen, der mir sagte, er habe es satt, mit seiner Arbeitskraft den Schaden auszubügeln, den die Geiz-ist-geil-Mentalität verursacht hat. Eines aber kann dieser Landtag nicht feststellen, dass hier in Rheinland-Pfalz Nachholbedarf bestünde. Dieser

Satz in Ihrem Antrag folgt der Devise, besser eine starke Behauptung als ein schwaches Argument.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Eine eigens geschaffene Landeszentrale Cybercrime dient als Ansprechpartnerin für Betriebe und Behörden, für die Staatsanwaltschaften im Land, für das Bundeskriminalamt und alle Landeskriminalämter. Sie dient als Ansprechpartnerin und bündelt Kompetenz in der Informationstechnologie wie auch Rechtskompetenz.

Außerdem hat die Landesregierung beim Landeskriminalamt das Dezernat 47 neu geschaffen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die mit der Fachhochschule Worms eingegangene Kooperation. Auch hier sind die Tätigkeitsfelder Strafverfolgung ebenso wie die wichtige Prävention.

Die Kommissariate IT-Forensik, ebenfalls neu geschaffen, ergänzen die repressiven und präventiven Maßnahmen. Einen Nachholbedarf für Rheinland-Pfalz kann ich angesichts dieser gebündelten Maßnahmen nicht erkennen, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wenn nun Innenminister Lewentz auf die neu geschaffenen Beamtenstellen für IT-Spezialisten verweist, so ist das genau der richtige Weg. Die Damen und Herren von der CDU-Fraktion erhoffen sich mit ihrem Antrag Unterstützung für eine Forderung, die schon längst umgesetzt ist.