Ich will auch noch einmal unterstreichen, dass die Entsperrung der 3.200 Stellen kein Selbstläufer war. Das war am Ende ein ganz harter Verhandlungspunkt. Als die Journalistinnen und Journalisten schon unten warteten, haben wir diesen Punkt noch einmal ganz unmissverständlich klargemacht. Herr Kollege Kauder hat am Ende gesagt, jetzt haben wir das vereinbart, und ich als Person stehe dafür, dass das durchgeführt wird, weil wenige Tage vorher die Beratungen des Haushaltsausschusses des Bundestages zu dieser Frage stattfanden, die eine Festlegung gebracht hatten. Das musste dann mit Mehrheit verändert werden. Der Vertreter der FDPFraktion saß mit am Tisch. Das war dann ein Ergebnis, das auch innerhalb der Berliner Koalition getragen wurde.
Auch zu den gesperrten 900 Millionen Euro hat es eine Zusage gegeben. Es war die rheinland-pfälzische Landesregierung, die im letzten Moment bezogen auf eine Entscheidung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, dass alle gestaltbaren Leistungen mit einer 10%igen Haushaltssperre versehen werden, diese Frage auf den Tisch gebracht hat. Wir haben gesagt, wir wollen die politische Zusage, die bis zur Verabschiedung der Änderung des Grundgesetzes eingehalten werden muss, dass die 10%ige Sperre aufgehoben wird. Es geht nicht darum, Geld auszugeben, sondern Vermittlungstätigkeit zu ermöglichen. Auch diese Zusage ist im letzten Moment miteinander vereinbart worden.
Es gibt eine klare Vereinbarung, dass das Gestaltungsgesetz und die Grundgesetzänderung gemeinsam beraten und so vorangetrieben werden – die Grundgesetzänderung ist früher eingebracht worden als das Ausgestaltungsgesetz, weil die Abläufe auf der Bundesebene anders sind –, woraus eine gemeinsame Entscheidungsposition für Bundestag und Bundesrat entsteht, den Gesamtkompromiss zu billigen.
Unmittelbar vor der letzten Verhandlungsrunde in Berlin hat es noch einmal den Versuch gegeben, die sogenannte Zweidrittel-Zustimmungsregelung aufzukündigen. Die Regelung bedeutet – Sie wissen das –, dass eine optierende Gebietskörperschaft mit Zweidrittelmehrheit seiner Entscheidungsgremien einer solchen Option zustimmen muss. Es ist noch einmal versucht worden, das herauszuverhandeln. Dies ging von der Länderebene und nicht von der Bundesebene aus. Auch da haben wir uns darauf verständigt, dass dies ein Essential ist.
Ich gehe davon aus, dass das eingehalten wird, was vereinbart worden ist. Es ist eine Arbeitsgruppe vereinbart worden, die prüft, ob die politischen Vereinbarungen und die Gesetzestexte kompatibel sind, weil zu dem Zeitpunkt der Verhandlungen das Gesetz noch nicht ganz fertig sein konnte. Frau Dreyer hat Ihnen jetzt gesagt, dass sie nach der Prüfung davon ausgeht, dass das so ist. Es ist vereinbart worden, dass wir das bis zum letzten Zug des Gesetzgebungsverfahrens begleiten werden. Unter diesen Bedingungen meine ich, dass das ein guter Kompromiss ist.
Das ist ein Kompromiss. Ganz klar ist da jedem etwas zugemutet worden, aber es ist meiner Meinung nach nicht angemessen, da jetzt solche Geschichten herumzuranken. Die rheinland-pfälzische Landesregierung wird, wenn dieser Kompromiss eingehalten wird, im Bundesrat sowohl der Verfassungsänderung als auch dem Ausgestaltungsgesetz zustimmen.
Bis auf einen kleinen Ärger habe ich versucht, das nüchtern darzustellen. Wenn einem aber Geschichten zu Vorgängen erzählt werden, an denen man selbst mitgewirkt hat, die nichts mit der Realität zu tun haben, kann einem auch einmal die Galle hochgehen. Ich bitte dafür um Verständnis und Entschuldigung. Ansonsten habe ich aber sehr nüchtern und in jedem Punkt anhand der Verhandlungsprotokolle nachvollziehbar dargestellt, wie die Vorgänge waren. Man kann immer politisch unterschiedlicher Meinung sein, aber Fakten kann man nicht ins Gegenteil verdrehen. Ich wäre dankbar, wenn wir gemeinsam den Weg gehen, die ARGE ist die Regel und die Optionskommune ist die Ausnahme.
Im Übrigen sind bei der Regelung mit den 69 Optionen die Optionen genauso wie jetzt mit den 110 Optionen nach einem Länderschlüssel verteilt worden. Danach hätte Rheinland-Pfalz vier Optionen offen gehabt, aber es haben nur zwei Gebietskörperschaften optiert. Die Sehnsucht der rheinland-pfälzischen Kommunen zu optieren, hätte schon nach dem alten Recht um das Doppelte übertroffen werden können. Jetzt werden wir sehen, wie davon Gebrauch gemacht wird. Wir als Lan
desregierung respektieren im Rahmen der Möglichkeiten, die vorhanden sind, jeden dieser beiden Wege, aber es ist klar, was Regel und was Ausnahme ist.
Wenn wir das alles gemeinsam miteinander tragen, werden wir trotz aller Schwierigkeiten ein großes Stück vorankommen.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Aufgrund der Redezeit der Landesregierung haben alle Fraktionen jeweils weitere fünf Minuten Redezeit, die nicht ausgenutzt werden müssen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin, Ihren Appell habe ich im Ohr. Ich will nur noch einmal auf den Gesamtvorgang hinweisen.
Herr Ministerpräsident, ich bin dankbar, dass Sie zumindest zum Ende Ihrer Ausführungen auch die Hand gereicht haben. Das ist das, was eigentlich Intention dieser Aktuellen Stunde sein sollte.
Ich habe überlegt, ob ich mir verkneifen soll, auf eine Situation hinzuweisen, bei der Sie auch sehr stolz waren, mit am Tisch gesessen zu haben. Wir haben das hier eher hektisch und aufgeregt besprochen.
Sie haben uns damals voller Freude dargelegt, dass Sie in Nachtsitzungen mit am Tisch waren und endlich die unerträgliche Honorarsituation der Ärzte beendet haben. Die Entscheidung hat sich dann zu der Situation ausgewachsen, die wir im vorigen Jahr zu beklagen hatten. Das ist nur eine Randbemerkung.
Mir geht es vor allem um die Gesamtbewertung. Ich finde es schon bravourös, wie Sie es schaffen, sich aus einer großen Geschichte einen Teil herauszugreifen, der Ihnen besonders gut schmeckt. Sie haben nichts anderes getan, als nur auf der Verfassungsproblematik herumzureiten. Sie kommen mir vor wie der Konstrukteur eines Autos, das nicht durch den TÜV kommt, und der voller Begeisterung auf andere Dinge hinweist, obwohl er zu den Konstrukteuren zählte.
Es sind fünfeinhalb Jahre her, seit das Gesetz im Dezember 2004 in Kraft trat. Sie tun so, als ob es alle Zwischenfragen, die gestellt wurden, alle Unzulänglichkeiten, die von vielen Seiten beschrieben wurden, die Klageflut, die Tatsachen, dass die geforderten Beiräte nicht überall eingerichtet wurden und die Verwaltungswirklich
keit in den einzelnen Kommunen und ARGEn deutlich unterschiedlich war, die Schwierigkeiten über Jahre, bis die Statistikprogramme liefen, die fehlende Vergleichbarkeit usw. nicht gegeben hätte. Sie spitzen dies auf Ihre gloriose Rolle, die ich Ihnen gar nicht abstreitig machen will, in den letzten Verhandlungen zu. Ich war schließlich nicht dabei.
Herr Ministerpräsident, das ist doch an der Grenze des Schönfärberischen, wenn Sie zum Beispiel darauf hinweisen, dass die BA auf ihre Interessen hingewiesen hat. Dass es diese Interessen der BA gibt, bestreitet niemand.
Glauben Sie denn, wir alle erinnern uns nicht mehr, warum Ihr Minister Florian Gerster damals nach Nürnberg geschickt wurde? Das war doch nicht so, weil die BA so gut war. Wenn ich mich recht erinnere, sprach der damalige Bundeskanzler davon, dass er seinen besten Mann auf seine wichtigste Baustelle schickt. Diese BA galt es zu reformieren. Wir sollten nicht darauf eingehen, ob die Reformen so weit gediehen sind, dass wir in allen Details glücklich sein können.
Herr Ministerpräsident, dann hilft nur noch Polemik. Wenn es Ihrem Gleichgewicht dient, gehe ich gern noch einmal auf die Polemik ein, die Herr Kollege Dröscher ganz wider Erwarten an den Eingang seiner Darlegungen stellte. Das ist etwas, was wir im Ausschuss schon besprochen hatten. Er stellte in der Mutmaßung darauf ab, warum wir dieses Thema aufrufen. Wir rufen das Thema auf, weil wir, wie wir alle beteuert haben, mit dem Kompromiss zufrieden sind.
Warum ging er auf die Aussagen unseres geschätzten Bundesvorsitzenden ein? Das wurde schon im Ausschuss versucht. Ich habe schon im Ausschuss klargestellt, dass ich jedem ehrlichen und jedem ehrenwerten Sozialdemokraten unterstelle, dass er bei der Frage, ob jemand, der unter vergleichbaren Umständen arbeitet, mehr haben soll, als derjenige, der nicht arbeitet, selbstverständlich auf der Seite derer ist, die einfordern, dass derjenige, der arbeitet, mehr haben soll. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit. Ich glaube, es führt nicht weiter, das noch einmal mit Schaum vor dem Mund vorzutragen.
Meine Damen und Herren, insgesamt glaube ich, dass die Landesregierung und wir alle in Zukunft froh sein werden, wenn wir in diesem komplizierten Bereich Lösungswege finden, und zwar auch überall da, worüber wir nicht gesprochen haben.
Zum Abschluss möchte ich noch ein Thema ansprechen. Das ist nicht der Kern dieser Diskussion, aber ein wichtiges Segment. 16 % der Ausländerinnen sind nach wie vor ohne Schulabschluss. Es gibt Menschen, die wahnsinnige Probleme haben, von der Schule in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt überzugehen. Wir antworten immer noch auf junge Menschen ohne Schulabschluss: Du hast neun Jahre nichts gelernt. Wir geben
Das ist überspitzt und trifft nicht jede Schule und jeden zu Fördernden. Aber im Kern liegt sehr viel Wahres. Ich glaube, in all diesen Bereichen ist unser gemeinsamer Einsatz gefordert. Darum ging es mir an sich.
Dass es jetzt so politisch wurde, ist wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass wir in ca. einem Jahr Landtagswahlen haben.
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Schmitz, Sie haben mich gerade dazu gereizt, noch einmal etwas zu dem Thema „Arbeit muss sich lohnen“ zu sagen. Ich bitte Sie ausdrücklich dafür um Entschuldigung, dass ich einmal etwas impulsiver war. Das hatte aber seinen Grund. Ich denke, dass man das Schmücken mit fremden Federn durchaus einmal auf den Tisch legen kann.
Ich komme zu Ihrer Aussage, dass jemand, der arbeitet, mehr haben muss als jemand, der nicht arbeitet. Daran, dass so viele Menschen, die Arbeit haben, wenig haben, sind die Niedriglöhne und nicht die Hartz-IV-Sätze schuld. Wir haben alle zu Beginn gesagt, dass das ein notwendiges Gesetz war. Dass in diesem Gesetz Stellschrauben neu justiert und Verbesserungen umgesetzt werden müssen und wir das, was gut war, erst einmal dadurch notwendig gemacht haben, dass es jetzt zu einer Verfassungsänderung kommt, ist das eine.
Das andere ist, dass jährlich 50 Milliarden Euro ausgegeben werden, davon 12 Milliarden Euro von den Kommunen, um das alles zu finanzieren und denjenigen in dieser Gesellschaft zu helfen, die nicht das Glück haben, einen Arbeitsplatz zu haben. Wir können uns lange darüber streiten, ob das die eigene Schuld war oder nicht. Das ist in unserer Gesellschaft so. Wir haben diese Probleme.
Dieses Geld soll dazu dienen, ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Klar ist, dass das nicht immer gut funktioniert, sondern es auch bürokratische Hindernisse und schwierige Verfahrensweisen gibt. Das wird aber immer wieder einmal verbessert (Schonvermögen).
Was wäre die Alternative zu diesen Gesetzen gewesen? Weiter so wie vorher, denke ich nicht. Ich denke, dass sich alle darüber einig sind und wir heute vielleicht – ich komme auf Ihr Angebot hinsichtlich der Zusammenarbeit
zurück – mit dafür sorgen sollten, dass die Stellschrauben, die noch verstellt werden müssen, gemeinschaftlich entwickelt werden.
In meiner praktischen Arbeit führe ich sehr viele Gespräche mit den ARGEn, weil sich Menschen beschweren und Widersprüche einlegen. Ich bin trotzdem der Überzeugung, dass der Weg, der gegangen wird, richtig ist und wir aufpassen müssen, dass alles auf der gleichen Augenhöhe geschieht und Beratungen stattfinden.
Insgesamt sehe ich das positiv. Ich denke, dass trotz der teilweise sehr emotional geführten Debatte ein gemeinsames Ziel durchaus sichtbar ist.