Protocol of the Session on December 9, 2009

Durch Beschluss des Landtags vom 4. Februar 2009 (Plenarprotokoll 15/60) ist der Gesetzentwurf an den Sozialpolitischen Ausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss überwiesen worden.

Der Sozialpolitische Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 29. Sitzung am 26. Februar 2009, in seiner 33. Sitzung am 9. Juli 2009,

(Unruhe im Hause)

in seiner 34. Sitzung am 8. September 2009, in seiner 36. Sitzung am 29. Oktober 2009 und in seiner 37. Sitzung am 26. November 2009 beraten.

(Glocke des Präsidenten)

Ich bitte doch um etwas mehr Ruhe.

(Frau Morsblech, FDP: Ich habe den letzten Satz auch nicht mehr verstanden!)

Das ist sehr spannend, deshalb bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit.

In seiner 34. Sitzung am 8. September 2009 hat der Ausschuss ein Anhörverfahren durchgeführt.

Da der federführende Sozialpolitische Ausschuss die Ablehnung des Gesetzentwurfs empfohlen hat, fand eine Beratung in dem mitberatenden Rechtsausschuss gemäß § 83 Abs. 6 Satz 1 der Geschäftsordnung des Landtags nicht statt.

Die Beschlussempfehlung lautet: Der Gesetzentwurf wird abgelehnt. –

Weil es so schön ist, darf ich mit der Beschlussempfehlung des Sozialpolitischen Ausschusses zum Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, „Für ein gestaltende und umfassende Nachfolgeregelung zum Heimgesetz“ – Drucksache 5/3072 – fortfahren.

Der Sozialpolitische Ausschuss hat den Antrag in seiner 29. Sitzung am 26. Februar 2009, in seiner 33. Sitzung am 9. Juli 2009, in seiner 36. Sitzung am 29. Oktober 2009 und in seiner 37. Sitzung am 26. November 2009 beraten. Der Antrag wird angenommen.

Abschließend komme ich zur Beschlussempfehlung des Sozialpolitischen Ausschusses zum Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/3481 –. Nach umfangreichen Beratungen, deren Vortrag ich Ihnen jetzt erspare, kommt es zu folgender Beschlussempfehlung: Der Gesetzentwurf wird mit den Ihnen vorliegenden umfangreichen Änderungen angenommen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei FDP und SPD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Dr. Schmitz, für die Berichterstattung. Ich glaube, Sie haben alle festgestellt, dass es sich hier nicht um ein Grußwort gehandelt hat.

Es ist eine Grundredezeit von zehn Minuten je Fraktion vereinbart. Das Wort hat Frau Kollegin Thelen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Folge der Föderalismusreform des Jahres 2006 ist die Zuständigkeit für das Heimrecht auf die Länder übergegangen.

Das bis zum neuen Landesgesetz geltende Bundesgesetz entspricht zudem auch nicht mehr den Vorstellungen vom Leben älterer, behinderter, pflegebedürftiger Menschen in stationären Einrichtungen. Wir, die CDU, waren daher der Auffassung, dass wir dringend ein Landesgesetz brauchen, das diesen Erwartungen gerecht wird, das den Verbraucherschutz stärkt, Transparenz in Betreuung und Pflege verbessert, Mitwirkung fördert, Vielfalt und Weiterentwicklung flexibel ermöglicht und damit auch Lebensqualität für die betroffenen Menschen gewährleistet.

Die Notwendigkeit eines Landesgesetzes hatte zunächst auch die Landesregierung so gesehen und verschiedentlich die Einbringung eines Landesgesetzes angekündigt. Da diesen Worten keine Taten folgten, hat die CDU-Landtagsfraktion im Januar dieses Jahres ein eigenes Landesgesetz zur Förderung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität in Heimen und anderen Wohnformen eingebracht.

Unser Gesetz orientiert sich am bisherigen Bundesgesetz und entwickelt es dort fort, wo dies zur Sicherung der Qualität und aufgrund veränderter Erwartungen der Verbraucher sowohl hinsichtlich der Transparenz, aber auch der Mitwirkungsmöglichkeiten sinnvoll ist. Es lässt dabei der Entwicklung neuer Betreuungsformen hinreichenden Gestaltungsraum.

Die interne Anhörung, die die CDU-Fraktion zu diesem Gesetz mit Experten von der Liga der Spitzenverbände

der Wohlfahrtspflege, vom Deutschen Pflegeverband und mit Vertretern auch von Verbraucherschützern durchgeführt hat, hat eine sehr positive Resonanz auf dieses Gesetz erbracht. Aufgrund unseres Vorgehens sah sich dann allerdings die Landesregierung ein Stück weit im Zugzwang. Es bestand seitens der Landtagsmehrheit keine Bereitschaft, auf der Grundlage unseres eingebrachten und vorliegenden Gesetzentwurfs weiter zu diskutieren und dann im Verfahren eigene Erwartungen oder eigene Ziele in unser Gesetz mit einzubringen, um daraus dann gegebenenfalls ein gemeinsames Gesetz zu entwickeln.

Man war allerdings bereit, unser Gesetz zumindest nicht abzulehnen und es damit aus dem Verfahren zu nehmen, sondern es zu belassen und die Möglichkeit einzuräumen, es dann mit dem später noch angekündigten Regierungsentwurf mitzuberaten. Dem haben wir gerne zugestimmt, um dann auch die Möglichkeit zu haben, beide Gesetze in einer Anhörung von den Experten bewerten zu lassen und nicht zwei verschiedene Anhörungen durchführen zu müssen.

Die Landesregierung hat ihren Gesetzentwurf im Juni dieses Jahres in den Landtag eingebracht. Der Gesetzentwurf machte im Vergleich zu anderen Landesgesetzen und dem bisherigen Bundesgesetz nicht mehr die Einrichtungsform, sondern den Umfang der nötigen Betreuung zum Anknüpfungspunkt der folgenden heimaufsichtlichen Regelungen, also durchaus ein Paradigmenwechsel, den wir uns auch sehr genau angeschaut haben. Neues ist nicht nur deshalb gut, weil es neu ist. Es muss auch gut gemacht sein. Da haben wir ein Stück weit unsere Zweifel. Unsere erste Bewertung fiel nicht sehr positiv aus.

In der ersten Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung am 25. Juni im Plenum haben mein ehemaliger Kollege Erwin Rüddel und ich kritisch den zwar versprochenen, aber nicht erreichten Bürokratieabbau, den verpflichtenden Einsatz Ehrenamtlicher, schwierige, weil unklare Abgrenzungen der einzelnen Wohnformen, die gesetzliche Festlegung auf Platzzahlen, die unklare Einbeziehung selbstbestimmter Wohngemeinschaften und anderes mehr benannt.

Unsere Skepsis wurde in der Anhörung des Sozialpolitischen Ausschusses nicht nur geteilt, sondern noch übertroffen. Beide Gesetze wurden den Experten zur Stellungnahme vorgelegt. Diese Experten, die sicherlich die Mehrheitsverhältnisse in diesem Haus kennen, bezogen sich in ihren Bewertungen hauptsächlich auf den Regierungsentwurf.

Die Kritik und die geäußerten Befürchtungen bei Inkrafttreten des Gesetzes in der vorgelegten Fassung waren in ihrem Maß so erheblich, wie ich es selten bei einer Anhörung zu einem Regierungsentwurf erlebt habe: Die Fragen der Abgrenzung zwischen unterschiedlichen Betreuungsangeboten, die Sorge, dass viele der bislang entstandenen Angebote in der bisherigen Weise nicht mehr möglich sein werden, weil sie den hiermit verbundenen Anforderungen nicht entsprechen, aber auch weil diese Anforderungen nicht der Lebenswirklichkeit in Rheinland-Pfalz entsprechen, die Anforderungen, die die fast zwangsweise Beglückung von Heimbewohnern

durch Ehrenamtliche vorsahen, Anforderungen, Heimkonzepte transparent zu machen, auch wenn sie im Zweifel von der Konkurrenz dankbar aufgenommen worden wären, Platzbegrenzungen in betreuten Wohnformen, die schwer nachzuvollziehen sind und jeden Spielraum fehlen lassen, deutliche Reduzierung von Wohngruppen, Unterstellung des betreuten Wohnens unter das Heimrecht wegen vertraglicher Verbindungen der Anbieter verschiedener Leistungen, Besuche der Heimaufsicht in selbst organisierten und selbstbestimmten Wohngemeinschaften normaler, gesunder, aber älterer Menschen und vieles mehr, um die wichtigsten Kritikpunkte und Befürchtungen zu nennen.

Auch wir haben aus der Anhörung eine entscheidende Konsequenz für unseren Gesetzentwurf gezogen und einen entsprechenden Änderungsantrag für unseren § 1 Abs. 7 eingebracht, der klarstellt, dass auch das Angebot verschiedener Leistungen aus einer Hand möglich ist, wenn die Betroffenen hierüber informiert und damit einverstanden sind. Es gibt schließlich viele Träger, die neben normalen Einrichtungen auch Formen des betreuten Wohnens anbieten und die im Fall weiterer Betreuungswünsche diese Betreuungswünsche und Dienstleistungen mit anbieten. Oft genug ziehen die Menschen genau aus diesen Gründen in diese Wohnungen, weil sie wissen, das ist ein guter Träger, der bietet gute Leistungen an, ich möchte sie von ihm haben, auch wenn ich später pflegebedürftig bin.

Sehr geehrter Herr Kollege Dröscher, Sie haben für die SPD die schwierige Aufgabe übernommen, wesentliche Kritikpunkte aus der Anhörung in das Gesetz der Landesregierung einzuarbeiten. Ich kann Ihnen heute bestätigen, dass Ihnen das an einigen Stellen durchaus gut gelungen ist.

(Beifall der SPD)

Trotzdem sehen wir uns nicht in der Lage, dem Gesetz der Landesregierung zuzustimmen. Wir sehen in dem Gesetz eine Ausdehnung staatlicher Aufsicht über Wohnformen älterer, pflegebedürftiger und behinderter Menschen, die diese in ihren freien Entscheidungsspielräumen deutlich einschränken. Damit wir nicht falsch verstanden werden, wir wollen Sicherheit für Menschen, die sich in große Abhängigkeit Dritten gegenüber begeben, deren Schutz auch die Rechtfertigung für die besondere Beaufsichtigung dieser Dritter durch den Staat rechtfertigt. Deshalb sind wir auch in diesen Fällen für deutlich ausgedehnte Maßnahmen des Verbraucherschutzes wie die unangemeldeten Besuche der Heimaufsicht, die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Prüfberichte, die Festlegung der Fachkraftquote und anderes mehr.

Je selbstständiger und selbstbestimmter die Menschen leben können und wollen, zum Beispiel in selbst organisierten Wohngemeinschaften, umso mehr muss auch der Staat diese Selbstständigkeit respektieren. Er kann natürlich auf Wunsch beratend zur Seite stehen. Aber unangemeldete Besuche der Heimaufsicht, die Überprüfung der häuslichen Hygiene, die Überprüfung einer ordentlichen Ernährung, wie es Ihr Gesetzentwurf auch nach den Änderungen in § 20 nach wie vor vorsieht,

entsprechen nicht dem Verständnis der CDU von einer vernünftigen und angemessen Heimaufsicht.

(Beifall der CDU)

Sie schießen mit Ihren Regelungen auch hinsichtlich vieler Platzzahlvorgaben weit über das Ziel hinaus. Bei den betreuten Wohngruppen für behinderte Menschen ziehen Sie die Grenze bei acht Plätzen. Bei pflegebedürftigen Erwachsenen können es zwölf sein. Bei mehr Plätzen unterliegen sie allen Vorschriften wie die bisherigen Heime.

Flexibilität, die sich beispielsweise auch an den gegebenen räumlichen Möglichkeiten orientieren muss, fehlt gänzlich. Wir haben daher nach wie vor große Befürchtungen, dass dieses neue Gesetz die Wohnangebote für betreuungsbedürftige, behinderte und pflegebedürftige Menschen in Rheinland-Pfalz in einem Maß reglementiert, das deren Entwicklung hemmt, wenn nicht sogar zurückführt. Mit dieser Wirkung ist das Gesetz für die Lebenssituation vieler Menschen in Rheinland-Pfalz daher eher schädlich als nützlich. Wir brauchen aufgrund der demografischen Entwicklung eher mehr als weniger Freiheit für neue Wohnformen, eher mehr als weniger Vertrauen in die Anbieter.

Wir wollen Verbraucherschutz, aber mit großem Respekt vor den Verbrauchern und nicht deren Bevormundung. Wir werden die Wirkung des Gesetzes sehr genau beobachten, um möglichst korrigierend eingreifen zu können.

Unsere Ablehnung bezieht sich konsequenterweise auch auf den Änderungsantrag der FDP, dessen positive Wirkung wir sehr wohl respektieren.

(Glocke des Präsidenten)

Zum Entschließungsantrag der SPD:

(Glocke des Präsidenten)

Der erste ist überflüssig, weil er erledigt ist. Den zweiten tragen wir mit, weil er die Fachkräfte und deren Qualifizierung zum Ziel hat. Auch den Entschließungsantrag der FDP können wir gerne mittragen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Kollegen Dröscher das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir entscheiden heute über zwei Gesetzentwürfe, drei Änderungsanträge und zwei Entschließungsanträge im Zusammenhang mit der Nachfolgeregelung für das Heimgesetz.

Seit fast einem Jahr ist das ein Thema im Parlament und in den Ausschüssen. Wir haben uns alle die Arbeit an der Nachfolgeregelung für das Heimgesetz nicht leicht gemacht. Frau Thelen hat es schon beschrieben.

Mit der Einbringung des Gesetzentwurfs „Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe“ durch die Landesregierung begann dann im Juni eine besonders intensive Gesprächsphase. In diesem Zusammenhang möchte ich mich ganz herzlich bei der Landtagsverwaltung bedanken, beim Wissenschaftlichen Dienst für die ausgezeichnete Synopse, die sowohl die vielen Gemeinsamkeiten als auch die unterschiedlichen Positionen deutlich herausgearbeitet hat. Diese haben letztendlich dazu geführt, dass der Plan, ein gemeinsames Gesetz zu machen, nicht funktioniert hat.