Der Antrag ist – gestatten Sie mir das – populistisch. Er ist zum Teil unverständlich formuliert. Der Punkt 3 mit der Reduzierung der Klassengrößen, wenn das räumlich oder organisatorisch nicht möglich wäre, ist eine Formulierung, zu der ich sagen muss: Wenn wir uns mit bildungspolitischen Fragen beschäftigen, müssen wir sorgfältiger vorgehen und dies ganz ordentlich formulieren.
Nach meinen Ausführungen wird es Sie nicht verwundern, wenn sich die SPD-Fraktion dazu entschlossen hat, Ihren Antrag heute abzulehnen. Wir sind der Meinung, dass das, was Sie heute vorgetragen haben, nicht ausreichend und nicht durchdacht ist. Kinder erhalten in Rheinland-Pfalz, so wie Sie das in Ihrem Antrag fordern, ein stabiles Fundament von Anfang an. Dies werden wir sorgfältig so fortsetzen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion der CDU greift ein Thema auf, das in jeder bildungspolitischen Debatte große Zustimmung erfahren dürfte. Eine gezielte und frühe Förderung aller Kinder in der Grundschule bildet die Grundlage für die weitere Schullaufbahn und stellt somit die beste Voraussetzung für gelungene Bildungsbiografien dar.
Der Antrag zielt mit seinen Kernforderungen auf wesentliche Bestandteile zur Verbesserung pädagogischer Arbeit und individueller Förderung in Grundschulen. Das sind die Erhöhung der Lehrerwochenstunden, die Reduzierung der Klassenmesszahl und die Weiterbildung der Lehrerfort- und ausbildung. Dass die Erhöhung der Lehrerwochenstunden aber über die Abschaffung der Agentur für Qualitätssicherung (AQS) finanziert werden soll, sieht die FDP-Fraktion kritisch.
In einer Zeit der zunehmenden Eigenverantwortung von Schulen ist eine stringente interne und externe Evaluati
on nicht mehr wegzudenken. Das heißt nicht, dass die jetzige strukturelle Konzeption der AQS diesem Anspruch gerecht wird. Eine wirksame externe Evaluation von Schulen setzt vor allem das Vertrauen der am Schulleben Beteiligten voraus. Wir fordern deshalb nach wie vor eine AQS, die objektiv und vor allem unabhängig von der Schulaufsicht offen und unterstützend wahrgenommen agieren kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, grundsätzlich stellt sich beim vorliegenden Antrag die Frage, ob der Weg über die pauschale Reduzierung der Klassenmesszahl geeignet ist, der sehr heterogenen rheinlandpfälzischen Grundschullandschaft gerecht zu werden.
Das Problem zu großer Klassen gilt insbesondere für die Städte. Hier konzentrieren sich zumeist große Klassen, und die Startbedingungen der Kinder sind häufig schwierig. Besonders die Umsetzung der neuen Grundschulordnung, die individuelle Förderung und verstärkte Elternarbeit vorsieht, stellt in städtischen Grundschulen oftmals eine große Herausforderung dar. Im ländlichen Raum hingegen besteht das Problem darin, Planungssicherheit zu erhalten. Hier muss der Erhalt der Schulstandorte im Vordergrund stehen.
Die Klassen sind in den ländlichen Regionen zwar oftmals kleiner, aber dennoch müssen einzelne Schulen im Zuge ihres Erhalts zwischenzeitlich um jede Lehrkraft bangen. Aufgrund dieser unterschiedlichen Klassenstärken und Lernbedingungen kann man in Rheinland-Pfalz kaum noch von Chancengerechtigkeit beim Start sprechen.
Sehr geehrte Damen und Herren, selbstverständlich begrüßt die FDP-Fraktion, dass auch die Landesregierung dieses Problem erkennt und betont, die mehr als 300 einzügigen Grundschulen im Land erhalten zu wollen.
Es ist weiter zu begrüßen, dass die Landesregierung die Schulaufsicht aufgefordert hat, bei der Bildung neuer erster Klassen darauf zu achten, dass diese nicht zu groß werden.
Den diversen Einzelmaßnahmen muss nun aber auch die Eröffnung neuer Perspektiven folgen. Wie stellen Sie sich die Zukunft der Grundschulen in unserem Land vor? Wie soll den unterschiedlichen Gegebenheiten in den städtischen und ländlichen Regionen Rechnung getragen werden?
Es ist an der Zeit, ein schlüssiges Gesamtkonzept für die künftige Entwicklung der Grundschulen in RheinlandPfalz vorzulegen. Deshalb freue ich mich, wenn im Ausschuss die Gelegenheit besteht, darüber weiter zu diskutieren.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es geht um ein wichtiges Thema. Deshalb kündige ich gleich vorher an, dass ich von meinem Recht Gebrauch machen werde, dazu etwas länger zu reden, weil ich nicht den Eindruck habe, dass in der bisherigen Debatte die Problempunkte, um die es geht, wirklich ausreichend angesprochen worden sind.
Es geht um die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern. Ich sage einmal, ich freue mich, dass Sie sich alle auf die Schulgesetzformulierung bezogen haben; denn sie ist uns ein zentrales Anliegen.
Die individuelle Förderung unserer Schülerinnen und Schüler hat aber ihren Platz nicht erst seit der letzten Schulgesetzänderung, sondern da bin ich wieder bei einem Thema mit Visionen, Frau Dickes, nämlich der Vision, Ende der 90er-Jahre in diesem Land RheinlandPfalz die volle Halbtagsschule in den Grundschulen einzuführen und damit den Grundschulen endlich den Stellenwert zu geben, der ihnen gebührt; damals übrigens wieder einmal gegen Ihren massiven Widerstand. Ich bin aber froh, dass Sie inzwischen die Bedeutung der Grundschule erkannt haben.
Es war aber nicht nur die konzeptionelle Arbeit, sondern es war auch die Veränderung der Lehrerwochenstundenzuweisung. Auch dieses Konzept war damals mit zusätzlichen Ressourcen verbunden, unter anderem in der Form, dass wir in einer Zeit steigender Schülerzahlen gesagt haben, was wir trotz der Anspannung tun können, und dann entschieden haben, dass die Stundenzuweisung in einem starken Maße von der Klassengröße abhängig sein muss, damit auch große Klassen die Möglichkeit haben, mindestens ab und an differenzieren und kleinere Gruppen bilden zu können. Deshalb ist damals ein Schülerfaktor eingeführt worden, der immerhin dazu führt, dass dann, wenn ich 25 Schülerinnen und Schüler in der Klasse habe, über den Pflichtunterricht hinaus drei Stunden zur Verfügung stehen, die ich für Differenzierungs- und Fördermaßnahmen benutzen kann.
Wir haben drittens gesagt, die volle Halbtagsschule ist nur zu realisieren, wenn die Unterrichtsversorgung in der
Grundschule besonders gut ist. Seit vielen Jahren realisieren wir in der Grundschule als einziger Schulart eine Unterrichtsversorgung von über 100 % und machen damit deutlich, wie wichtig uns gerade die Förderung in diesem Bereich ist.
Für mich steht außer Frage, dass unsere Grundschullehrkräfte eine besonders schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe haben. Deswegen legen wir bereits einen Schwerpunkt bei der Fort- und Weiterbildung und hier insbesondere auch bei den Themenbereichen, die in Ihrem Antrag angesprochen worden sind, bei der Diagnostik, beim Umgang mit Heterogenität und bei der individuellen Förderung. Erfreulicherweise werden diese Fort- und Weiterbildungsangebote von den Lehrkräften längst angenommen. Allein im vergangenen Schuljahr fanden 37 Veranstaltungen statt, die sich gerade mit diesen Themen auseinandergesetzt haben.
Nun komme ich zu dem von Ihnen angesprochenen Klassenteiler. Ich sage: Ich habe Verständnis dafür, dass Eltern aus ihrer Sicht froh sind, wenn die Klassen, die ihre Kinder besuchen, möglichst klein sind. Deswegen ist es auch unser Ziel, im Rahmen unserer Möglichkeiten zu Fortschritten zu kommen. Aber das, was Sie, liebe Frau Dickes, liebe Frau Hayn, hier vorlegen, entbehrt wirklich jeder Grundlage. Das werde ich Ihnen jetzt vorrechnen.
Erstens. Ich zitiere Sie, Frau Hayn, aus dem Gedächtnis. Sie haben gerade eben gesagt: Es kann nicht sein, dass es Schulen im Land mit zufällig 12, 13 oder 14 Kindern in einer Klasse gibt. Dann müssen Sie hier auch sagen, dass wir die kleinen Grundschulen schließen sollen. Das sind 300 im Land. Dann haben Sie diese Ehrlichkeit. Dann wären Ihre Anträge auch in irgendeiner Art und Weise glaubwürdig.
Das ist ja noch nicht einmal ein unrealistischer Vorschlag. Ein benachbartes Bundesland, zu diesem Zeitpunkt CDU-regiert, hat genau das gemacht. Dort hat man gesagt: Wir wollen diese Ungleichheiten nicht mehr; wir wollen Gerechtigkeit. Dann hat man – mit den entsprechenden Widerständen – versucht, 100 Grundschulen zu schließen.
Sie müssen sich Ehrlichkeit angewöhnen. Man kann dafür sein, dass alle Klassen gleich groß sind. Dann muss man aber auch sagen: 300 Grundschulen in Rheinland-Pfalz fallen weg. Ich sage: Ich will das nicht. Wenn die Grundschule aus dem Dorf weg ist, dann ist noch viel mehr aus dem Dorf weg. Deswegen haben wir gesagt: Kurze Beine, kurze Wege.
Das mögen Sie als Ungerechtigkeit empfinden; aber dann gehen Sie vor Ort und sagen den Leuten, dass Sie das nicht mehr wollen und welche Konsequenzen das hat.
Jetzt kommt der zweite Punkt. Wir haben gesagt: Wir wollen die Klassengrößen sukzessive reduzieren. Wir haben sehr bewusst in der Realschule plus mit einem Klassenteiler von 25 in der Orientierungsstufe angefangen, weil wir gesagt haben: Hier entsteht eine neue Schulart, die einen differenzierten Förderauftrag hat. Wir können nicht alles gleichzeitig machen; deswegen fangen wir dort an. Was machen Sie seitdem? Sie führen die Ungerechtigkeitsdebatte und sagen, das sei in Relation zum Gymnasium und zur IGS ungerecht. Sie gewähren ja nicht einmal die Möglichkeit, argumentativ irgendwo anzufangen, indem Sie immer irgendwelche Pakete schnüren, von denen Sie wissen, dass man sie überhaupt nicht realisieren kann.
Wir haben angefangen, wir sind glaubwürdig an dieser Stelle. Wir haben den Klassenteiler von 25 an der Realschule plus. Das ist ein Riesenschritt. Das ist bestimmt nicht der Endpunkt, aber damit machen wir glaubwürdig, dass wir etwas tun.
Wir haben zu diesem Schuljahresbeginn – auch nicht als Endpunkt, sondern als Einstieg – gesagt: Wir versuchen, gemeinsam zu erreichen, dass es in der Grundschule keine Eingangsklassen mehr mit mehr als 28 Schülern gibt. Bis auf zwei Fälle, in denen es aus räumlichen Gründen nicht möglich ist, ist uns das an den 1.000 Grundschulen im Land gelungen.
Das mögen Sie als einen kleinen Schritt empfinden. Ich bezeichne es als das Glaubwürdigmachen, dass wir an dieser Stelle arbeiten wollen. Aber wir können den Leuten nur das versprechen, was wir am Ende auch einhalten. Wir haben es dieses Jahr eingehalten, und ich darf Ihnen versprechen: Wir werden uns auch weiterhin bemühen.
Ich bin emotional angerührt. Ich sage Ihnen das. Zwei Stunden lang habe ich mir die Debatte über den Nachtragshaushalt angehört. Es gab einen Vorwurf nach dem anderen an die Landesregierung, wir würden nur Geld ausgeben.