Protocol of the Session on June 25, 2009

Sie fordern, dass keine Studiengebühren erhoben werden. Das machen wir in Rheinland-Pfalz. Das ist hier schon immer so. Sie richten sich gegen G 8.

Es ist nachzuvollziehen, dass im Bildungsbereich weitere Anstrengungen notwendig sind. Das gilt für Rheinland-Pfalz und, wie wir vorhin gehört haben, für viele andere Bundesländer auch, also für die ganze Bundesrepublik.

Es gibt Engpässe. Wir müssen miteinander schauen, wie wir das verbessern können. Ich denke, wir sollten solche Demonstrationen anderer und Schülerstreiks ernst nehmen. In der Demokratie sollte man diejenigen, die für ihre Rechte streiken, immer ernst nehmen, und zwar egal, ob sie Regelverstöße begehen oder nicht. Das gehört für mich zum demokratischen Selbstverständnis eines Abgeordneten und der SPD.

(Beifall der SPD – Bracht, CDU: Egal, ob sie Regelverstöße vor- nehmen oder nicht, mein lieber Mann!)

Bei dem, was dort passiert ist, ermitteln die Polizei und die Justiz.

(Bracht, CDU: Egal, ob sie Regelverstöße vornehmen oder nicht! Das finde ich bemerkenswert!)

Das wird seinen geordneten Gang gehen. Daran habe ich keine Zweifel. Ich habe auch keine Zweifel daran, dass die Polizei in diesem Land einen vernünftigen und einen besonnenen Job bei der Begleitung der Demonstration gemacht hat. Davon konnte ich mich teilweise selbst überzeugen.

(Beifall der SPD)

Herr Kollege Bracht, wenn Sie mit Herrn Pörksen am Rande einer emotional geführten Debatte im Innenausschuss über so etwas sprechen und er über ein Flugblatt, das unbestritten geschmacklos ist und Leute verunglimpft – diese Auffassung hat jeder von uns –, eine schnelle Bemerkung macht,

(Hörter, CDU: Ohne darüber nachzudenken!)

über die beide möglicherweise schmunzeln und eine falsche Einschätzung haben, und Sie zum Anlass neh

men, es hochzuziehen und den Kollegen zu desavouieren, dann ist das kein parlamentarischer Stil.

(Beifall der SPD – Bracht, CDU: Seine Aussage an anderer Stelle habe ich zum Anlass genommen!)

Das Wort hat Herr Kollege Auler.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, dass die Sache unangemessen entgleist. Wir geben damit all denjenigen, die sich bei der Demonstration nicht korrekt verhalten haben, Auftrieb und Pressemöglichkeit. Das ist genau der Fehler, der in diesem Parlament passiert ist.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Wir sollten uns vor Augen halten, dass eine ordnungsgemäß angemeldete Demonstration stattgefunden hat.

Sie hatte rechtmäßig stattgefunden. Wie bei fast allen Demonstrationen gab es auch hier eine kleine Minderheit, die sich nicht rechtlich korrekt verhalten hat. Das ist bei fast jeder Demonstration so. Dass man ins Abgeordnetenhaus hineinmarschiert ist, ist mit Sicherheit nicht richtig. Wir müssen aber auch einräumen – wir Abgeordnete haben alle nie etwas dagegen gesagt –, die Tür war offen. Ich möchte in diesem Zusammenhang sagen, dass mir keiner auf den Pförtner schimpft, weil die Tür offen war.

(Beifall der FDP und der SPD)

Sie war nämlich offen, weil wir Abgeordnete es seit Jahr und Tag schätzen, dass wir dort ungehindert ein- und ausgehen können.

Jetzt hat man unrechtmäßigerweise unser Haus – so nenne ich es einmal, das Abgeordnetenhaus – betreten. Da muss ich eben Abstriche machen, wenn so etwas offen ist. Es sind Diebstähle und Sachbeschädigungen passiert, vielleicht auch noch andere Straftaten, aber wir haben heute Morgen auch vom Herrn Innenminister gehört, dass die Polizei und auch die Staatsanwaltschaft entsprechende Ermittlungsverfahren eingeleitet haben. Insofern werden keine Straftaten unterdrückt. Man kann auch nicht sagen, „Wir wollen sie nicht verfolgt haben“, sondern sie werden verfolgt.

(Ramsauer, SPD: So ist das!)

Ich denke auch, dass bei einer solchen Demonstration, wie sie hier durchgeführt wurde – der Ausgangspunkt war in der Bauhofstraße –, auch die Polizei vor Ort sehr umsichtig gehandelt hat, als ein Teil der Demonstranten in das Abgeordnetenhaus gegangen oder gelaufen ist.

(Beifall des Abg. Bauckhage, FDP, und bei der SPD)

Die Polizeibeamtinnen und -beamten, die vor Ort waren, haben umsichtig gehandelt. Einen Fehler sehe ich vielleicht bei den Einsatzplanungen oder bei der Einsatzleitung, dass man sich vorher nicht Gedanken gemacht hat, wenn in der Bauhofstraße eine Demonstration – überwiegend dort – stattfinden soll, und man dann sagt: Mensch, dann müssen wir eigentlich noch einige Polizeibeamtinnen und -beamte auch an das Abgeordnetenhaus oder ein Ministerium stellen, wobei natürlich das Abgeordnetenhaus viel eher von Demonstranten ausersehen werden kann, was leider auch geschehen ist. Da sehe ich eher einen Fehler, aber bei den eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten vor Ort ist nie und nimmer ein Fehler festzustellen.

Ansonsten darf ich noch einmal bitten, dass wir das Thema sachlich behandeln. Wir wollen nicht den Leuten, die sich nicht korrekt verhalten haben, jetzt im Nachhinein auch noch die Möglichkeit geben, sich über die Presse groß hervorzutun.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und der SPD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Dann hat jetzt der Herr Innenminister das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir den Einsatzbericht geben lassen, weil vorhin die Rede davon war, wie dieser Einsatz verlaufen ist. Herr Abgeordneter Auler hat darauf hingewiesen, dass möglicherweise die Einsatzleitung unterschätzt haben könnte, dass es dort vom Kräfteeinsatz her nicht genügend Kräfte waren. Ein Kräfteeinsatz richtet sich immer danach, was im Vorfeld in der Aufklärung passiert. Die Aufklärung war so – ich habe darüber berichtet –, dass man nicht damit rechnen konnte, dass sich ein solcher Einsatz dann ins Abgeordnetenhaus verlagert. Im Übrigen war es auch wirklich eine – wie wir erfahren haben – sehr impulsive und nicht geplante Aktion. Ich denke, von daher gesehen war der Einsatz der Kräfte von der Einsatzleitung her auch nicht zu kritisieren. Auch diejenigen, die eingesetzt waren, haben sehr umsichtig gehandelt. Ich will Ihnen das auch vortragen.

Für Mittwoch, den 17. Juni 2009, hatte ein Mitglied des AStA Mainz einen Aufzug mit Kundgebungen durch die Mainzer Innenstadt angemeldet. Nach Angaben des Anmelders sollten bis zu 500 Teilnehmer erwartet werden. Das war der Ausgangspunkt. Nach Einschätzung des Polizeipräsidiums wurde die angegebene Teilnehmerzahl als realistisch bewertet. Hinsichtlich des möglichen Protestpotenzials fand diesbezüglich eine Abstimmung mit dem Landeskriminalamt und dem Verfassungsschutz statt. Sie haben das bestätigt. Von daher gesehen habe ich nicht zu kritisieren, wie viel Kräfte man eingesetzt hat.

Gegen 10:40 Uhr setzte sich der Aufzug, der nach Schätzungen der Polizei aus nunmehr ca. 3.000 Teilnehmern bestand, in Bewegung. Die Teilnehmer des Aufzuges bestanden überwiegend aus Schülerinnen und Schülern ortsansässiger Mainzer Schulen sowie aus Studenten der Universität Mainz. Es wurde auch eine kleine Gruppe der Antifa Nierstein, Mainz-Bingen und der Antifa Mainz festgestellt. Auch das habe ich erwähnt.

Am Hindenburgplatz setzten sich die Teilnehmer für vier Minuten auf die Fahrbahn. Hierdurch kam es zu kurzfristigen Verkehrsbeschränkungen für vier Minuten. Nach einer dreißigminütigen Zwischenkundgebung wurde der Aufzug fortgesetzt.

Von der Versammlungsleiterin wurde die Polizei gebeten, die nächste Kundgebung in der Bauhofstraße abzuhalten, da es am Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur wegen der hohen Teilnehmerzahl zu Platzproblemen käme. Dieser Bitte wurde vonseiten der Polizei in Absprache mit Vertretern der Versammlungsbehörde der Stadt Mainz entsprochen.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Darüber hinaus wurde vereinbart, dass die Abschlusskundgebung trotz der hohen Teilnehmerzahl auf dem Neubrunnenplatz durchzuführen sei und nicht auf dem Ernst-Ludwig-Platz, um ein mögliches Betreten der Bannmeile und eine Ausweitung der Versammlung auf den Deutschhausplatz bzw. Landtag zu verhindern.

Nach Beendigung der Redebeiträge in der Bauhofstraße setzte sich der Aufzug, der sich zu diesem Zeitpunkt in Höhe des Abgeordnetenhauses befand, erneut in Richtung Große Bleiche in Bewegung.

Unmittelbar danach wurde von einer männlichen Person – 27 Jahre, wohnhaft in Mainz, keinerlei polizeiliche Erkenntnisse – mehrmals per Megaphon dazu aufgerufen, sich in den Innenhof des Abgeordnetenhauses zu begeben. Dieser Aufforderung folgten ca. 300 Teilnehmer der Versammlung. Sie liefen durch einen offenen, frei zugänglichen Durchgang in den Innenhof des Abgeordnetenhauses und gingen unverzüglich durch die nicht geschlossene Eingangstür ins Abgeordnetenhaus. Ein kurzfristiges Verschließen der Eingangstür durch den Pförtnerdienst war offensichtlich nicht möglich, da zu diesem Zeitpunkt ein ständiges Kommen und Gehen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsabgeordneten stattfand.

Am Ernst-Ludwig-Platz postierte Einsatzkräfte wurden daraufhin unmittelbar an den Ausgang des Innenhofes zur Kaiser-Friedrich-Straße verlagert, um ein mögliches Eindringen in die Bannmeile Richtung Landtag zu verhindern. Im Gebäude des Abgeordnetenhauses konnte festgestellt werden, dass sich die Personen im Foyer und im Treppenhaus über drei Stockwerke verteilten und durch lautstarkes Rufen und Pfeifen auf ihr Anliegen aufmerksam machten. Darüber hinaus wurde von einem oberen Stockwerk ein größeres Transparent sowie Toilettenpapier ausgerollt.

Durch ein deeskalierendes Vorgehen der dem Abgeordnetenhaus vorgelagerten Einsatzkräfte konnten die

Versammlungsteilnehmer nach ca. zehn Minuten dazu gebracht werden, das Gebäude wieder zu verlassen. Dabei bestand seitens des eingesetzten Polizeiführers ein unmittelbarer Kontakt zu Herrn Landtagspräsident Mertes.

Da die Polizei dem schnellen Verlassen des Abgeordnetenhauses Vorrang gab, wurde aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sowie zur Vermeidung weiterer Beeinträchtigungen im Abgeordnetenhaus auf weitere polizeiliche Maßnahmen verzichtet.

Um das Verhalten strafrechtlich zu überprüfen und gegebenenfalls entsprechende Ermittlungsverfahren einzuleiten, wurde eine Videodokumentation vorgenommen, die derzeit ausgewertet wird. Bei sechs Personen wurden in der Nähe des Gebäudes Personalien festgestellt. Darunter befindet sich auch die Person, die über Megaphon zu Aktionen am Abgeordnetenhaus aufgerufen hatte.

Nachdem die Versammlungsteilnehmer das Gebäude wieder verlassen hatten, setzte sich der Aufzug wie vorher festgelegt in Richtung Neubrunnenplatz in Bewegung. Nach der Abschlusskundgebung auf dem Neubrunnenplatz wurde die Versammlung gegen 13:45 Uhr beendet. Im gesamten Verlauf des Aufzugweges kam es zwangsläufig zu kurzfristigen Verkehrsbeeinträchtigungen. Weitere Störaktionen fanden nicht statt.

Durch die Kriminaldirektion Mainz wurden Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Diebstahls in zwei Fällen eingeleitet. Bei den Eigentumsdelikten liegen als Tatvorwurf die Entwendung eines Bargeldbetrags von 100 Euro aus dem Büro einer Landtagsabgeordneten sowie die Mitnahme einer Schreibmaschine aus einer Ausstellung im Foyer des Abgeordnetenhauses zugrunde. Die Akten werden am heutigen Tag – das war dann zu diesem Zeitpunkt – der Staatsanwaltschaft Mainz vorgelegt.

Am Donnerstag, 17. Juni 2009, wurde ein Flugblatt aufgefunden, in dem die Entwendung der Schreibmaschine thematisiert wurde. Aufgrund der Verwendung einer Kopie des RAF-Sterns und der Diktion des Flugblattes wurde dies seitens des Leiters der Staatsanwaltschaft Mainz als geschmacklos, aber strafrechtlich unbedenklich bewertet.

Zu der Frage, wie das mit dem Aufruf der Antifa war: Wir haben drei Gruppen gehabt, die aufgerufen haben. Im Bereich Worms existiert seit 2004 die Widerstandsgruppe WormsWonnegau, eine anarchistisch ausgerichtete Kleingruppe mit weniger als zehn Mitgliedern, die bislang nicht mit Gewaltdelikten in Erscheinung getreten ist. Sie hat innerhalb des linksextremistischen Spektrums eine geringe Bedeutung und erfährt kaum Akzeptanz.

Ihr Aktionismus bewegt sich eher im Rahmen des sogenannten zivilen Ungehorsams.

Bei „’solid“ handelt es sich um die Jugendorganisation der Partei DIE LINKE. Sie ist im Wesentlichen im Raum Idar-Oberstein/Birkenfeld aufgetreten. Bisher hat sie kaum mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen auf sich

aufmerksam gemacht. Der Landesvorsitzende ist Beisitzer im Landesvorstand der Partei DIE LINKE.

Von dem Verein Linkswärts e. V. aus Mainz sind bisher keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen bekannt geworden oder sichtbar gewesen. Das ist kein Beobachtungsprojekt des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes.