Protocol of the Session on September 21, 2006

Herr Engels, fast 40 Jahre haben Sie protokolliert, Sie haben an jeder Sitzung teilgenommen. Die einzige Sitzung, an der Sie nicht teilgenommen haben, war die Konstituierende Sitzung in diesem Jahr, weil Sie erkrankt waren. Ansonsten waren Sie immer dabei.

(Lang anhaltend Beifall im Hause)

Sie wurden am 1. Februar 1967 beim Landtag eingestellt. Seit 1985 waren Sie Vertreter des Leiters des Stenographischen Dienstes und seit dem 1. Dezember 1999 Leiter des Stenographischen Dienstes und gehen mit Ende dieses Monats in Ihren wohlverdienten Ruhestand.

(Zurufe aus dem Hause: Oh!)

Heute ist Ihre letzte Plenarsitzung. Ich darf Ihnen im Namen des ganzen Hauses alles Gute und Gesundheit für Ihren Ruhestand wünschen. Wir dürfen uns bei Ihnen bedanken.

Das ist wirklich eine tolle Leistung. Alles Gute, Herr Engels.

(Lang anhaltend Beifall im Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zu den Punkten 14 und 15 der Tagesordnung:

Bericht der Landesregierung über die regionale Situation der Landwirtschaft und des Weinbaus in Rheinland-Pfalz (Agrarbericht 2005) Besprechung des Berichts der Landesregie- rung (Drucksache 14/4324) gemäß Beschluss des Landtags vom 12. Oktober 1989 zu Drucksache 11/3099

Bericht der Landesregierung über die regionale Situation der Landwirtschaft und des Weinbaus in Rheinland-Pfalz (Agrarbericht 2006) Besprechung des Berichts der Landesregie- rung (Drucksache 15/77, Vorlage 15/144) gemäß Beschluss des Landtags vom 12. Oktober 1989 zu Drucksache 11/3099

Es wurde im Ältestenrat vereinbart, diese beiden Punkte der Tagesordnung zusammen aufzurufen und zu beraten.

Es wurde eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion vereinbart. Ich bitte um Wortmeldungen.

(Zurufe aus dem Hause: Der Minister!)

Herr Minister Hering, bitte schön.

(Heiterkeit im Hause)

Ich nehme an, Sie waren so gerührt über meine Worte für Herrn Engels.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Man muss sich daran gewöhnen, bei drei Fraktionen ist die im Kopf zu behaltende Zeit der Debatten etwas kürzer.

Wir kommen zu den Agrarberichten 2005 und 2006, die zur gemeinsamen Beratung vorliegen. Ich werde die Ausführungen auf den aktuelleren Bericht 2006 konzentrieren. Er beschreibt die Entwicklung des Wirtschaftsjahres 2004 bis 2005.

Wir können in der Tendenz feststellen, dass die Obstbauveredelungsbetriebe, die Milchviehbetriebe und andere Futtermittelbetriebe eine positive Einkommensentwicklung hatten, hingegen einige andere keine positive Entwicklung aufwiesen, wie zum Beispiel Weinbau, Ackerbau und Gartenbau.

Die positive Entwicklung resultiert daraus, dass gute Ernteerträge und günstige Futtermittelkosten dazu beigetragen haben. In den Bereichen, in denen wir zurückgehende Gewinnbilanzen haben, liegen die Ursachen in den Erzeugerpreisen, aber auch in den erhöhten Kosten für Agrardiesel und Dünger. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in dem Agrarbericht wird Ihnen das von den gesamten Entwicklungsszenarien her sehr detailliert dargestellt.

Wir können einen Ausblick auf das aktuelle Wirtschaftsjahr nehmen. Für 2005 und 2006 – hierzu liegen keine abschließenden Zahlen vor – können wir bilanzieren, dass sich die Entwicklung stabil gestaltet, wir insbesondere im Bereich der Schlachtpreise für Schweine, aber auch im Bereich des Rindfleisches stabile Verhältnisse und positive Tendenzen haben.

Negative Tendenzen haben wir im Bereich des Milchviehs. Wir haben ungünstige Preissituationen. Diese müssen sich verbessern.

Wenn wir zur Einkommenssituation, zu den reinen Zahlen kommen, können wir feststellen, dass die Haupterwerbsbetriebe ein durchschnittliches Einkommen von 36.282 Euro als Gewinn haben. Pro Arbeitskraft umgebrochen bedeutet dies eine Zahl von 19.393 Euro. Daraus ergibt sich ein Monatsverdienst von 1.616 Euro.

Das macht deutlich, dass nach wie vor in der Landwirtschaft nicht viel verdient wird und aufgrund des enormen Arbeitseinsatzes, des Engagements in den Betrieben

sowie der hohen Stundenzahl der Landwirte die Einkommenssituation nicht als sehr befriedigend bezeichnet werden kann.

Wir können allerdings bilanzieren, dass wir im Bundesvergleich der westdeutschen Bundesländer Platz 5 einnehmen. Das ist ein sehr guter Platz. Wenn wir berücksichtigen, dass wir in Schleswig-Holstein, in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen ganz andere Agrarstrukturen haben, die ganz andere Einkommenssituationen ermöglichen, als das bezüglich der landwirtschaftlichen Produktion in der von der Natur benachteiligten Gebieten, Mittelgebirgslandschaften wie in Rheinland-Pfalz, Bayern oder Baden-Württemberg, der Fall ist, nehmen wir mit Platz 5 eine gute Stellung ein.

Meine Damen und Herren, ich will das zum Anlass nehmen, auch zu Zielsetzungen und Perspektiven einige Ausführungen zu machen. Ich glaube, wir sind uns in der Zielsetzung einig, dass wir eine flächendeckende wettbewerbsorientierte Landwirtschaft benötigen, und zweitens einig – die Debatten heute Mittag bezüglich des Gammelfleischskandals haben es gezeigt –, dass es wichtig ist, eine Landwirtschaft zu haben, die Nahrungsmittel mit hoher Qualität und hoher Sicherheit produziert. Dass dies in unserer Region stattfindet, ist von hohem Wert.

Drittens sind wir uns in der Zielsetzung einig, dass wir Landwirtschaft brauchen, um die vielfältige Natur- und Kulturlandschaft, die wir haben, zu erhalten. Wir sehen klar, welche Herausforderungen auf Landwirtschaft zukommen. Eine haben wir gestern ausgiebig diskutiert. Das sind die Veränderungen, die die europäische Politik für die Landwirtschaft bedeuten werden. Es wird dort eine konsequente Abkehr von Mengen- und Preisregulierungen erfolgen.

Wir werden nicht nur die Weinmarktordnung erhalten, sondern für unser Bundesland auch eine Neuordnung im Bereich Obst- und Gemüsemarktordnung. Auch hier existiert die klare Tendenz in die Richtung weg von Mengen- und Preisregulierungen hin zu mehr Wettbewerb, die klare Zielsetzung der Europäischen Union, sich dem globalen Wettbewerb zu stellen.

Auch die Herausforderung, der wir uns stellen müssen, ist klar, das bedeutet, knappe Gelder, die wir aufgrund des Rückgangs europäischer Mittel haben, in sinnvolle Strukturen zu investieren. Das ist die klare Zielsetzung unserer Politik, die entsprechenden Strukturen zu schaffen.

Wir werden in vielen Bereichen unsere Landwirtschaft sehr zügig dahin gehend begleiten müssen, noch wettbewerbsfähiger zu werden und diesen Umstellungsprozess zeitnah zu erreichen.

Ich will vier Zielsetzungen klarmachen, die auch Grundlage der Politik sind, auch in Kontinuität vergangener erfolgreicher Landwirtschaftspolitik. Ich will bewusst an erster Stelle Entbürokratisierung nennen.

Wir müssen einen konsequenten Beitrag zur Entbürokratisierung leisten, um insbesondere junge Menschen zu motivieren, diesen Beruf zu ergreifen.

Wir werden mit Nachdruck auf der Agrarministerkonferenz, die nächste Woche in Rheinland-Pfalz stattfinden wird, die Initiative des Bundes zur Stärkung des Agrarstandorts Rheinland-Pfalz durch Innovationsförderung und Entbürokratisierung unterstützen, auch konstruktiv in den Folgemonaten mit eigenen konkreten Initiativen unterstützen. Dazu wird eine klare Festsetzung in unserem Kabinett gehören, EU-Vorgaben in Rheinland-Pfalz nur 1 zu 1 umzusetzen. Wir satteln keine Bürokratie obendrauf.

Eines muss vom strategischen Ansatz her klar sein. Die Kontrollen müssen auf den Flaschenhals konzentriert werden.

Wir müssen Kontrollen darauf konzentrieren, wo die Übergabe der Agrarprodukte an den Verbraucher erfolgt; denn der Gammelfleischskandal hat deutlich gemacht, noch mehr Kontrollen bei der Landwirtschaft, noch mehr Kontrollen der Viehbestände hätten den Gammelfleischskandal nicht verhindert. Es waren andere, die sich kriminell verhalten haben, es waren andere als die Landwirte, die mit krimineller Energie gehandelt haben.

(Beifall der SPD)

Es gilt deutlich zu machen, dass manche Forderungen nach mehr Kontrollen im Ergebnis nicht zu mehr Sicherheit führen. Wichtig ist die Kontrolle dort, wo die Übergabe an den Verbraucher erfolgt.

Dazu gehört auch – da waren wir in Rheinland-Pfalz erfolgreich –, dass wir den Kontrolltourismus eingeschränkt haben, indem eine Behörde in Rheinland-Pfalz, die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, für die Kontrollen zuständig ist und im landwirtschaftlichen Bereich und auch dort, wo Frau Ministerin Conrad verantwortlich ist, in einem Kontrolldienst im Interesse der Landwirtschaft bündelt.

Wir haben gestern Abend beim Abend der Landwirtschaft ausgeführt, dass wir einen klaren Schwerpunkt in den finanziellen Ausstattungen in der nächsten Förderperiode setzen, wenn es darum geht, künftige Strukturen zu stärken, sie wettbewerbsfähig zu machen. Das heißt, wir werden den Investitionsteil auf hohem Niveau erhalten und im konsumtiven Bereich kürzen, das heißt, einzelbetriebliche Förderung auf dem jetzigen Niveau beibehalten.

Wir werden die Junglandwirteförderung stärken. Zukünftig werden Junglandwirte nicht nur einen Betrag von 20.000 Euro, sondern einen erhöhten Betrag von bis zu 30.000 Euro erhalten, als klares Signal dafür, dass wir junge Menschen motivieren wollen, diesen Beruf zu ergreifen. Wir werden auch ein eigenes Programm zur Förderung moderner Agrartechnologie in RheinlandPfalz auflegen und mit entsprechenden Mitteln unterlegen.

Wir wissen aber auch, dass wir die Ausgleichszulage weiterhin benötigen, um die Gebiete zu unterstützen, die benachteiligt sind, um dort auch zukünftig Landwirtschaft zu ermöglichen. Die Politik hat einen Beitrag zu leisten, die Multifunktionalität der Landwirtschaft darzustellen, damit sie hochwertige Nahrungsmittel produziert, gleich

zeitig aber einen enormen Beitrag dazu leisten kann, dass unsere Kulturlandschaft erhalten wird und touristische Wertschöpfung überhaupt ermöglicht wird. Viele Potenziale im ländlichen Bereich können überhaupt erst erschlossen werden, weil wir eine funktionierende Landwirtschaft haben.

Wer einmal an Projekten wie ILE – Integrierte ländliche Entwicklung – teilgenommen hat, weiß, dass die kreativen Projekte, die von Landfrauen und anderen auf den Weg gebracht werden, nur möglich sind, wenn wir eine funktionierende Landwirtschaft haben. Die Multifunktionalität müssen wir deutlich machen; denn wir brauchen auch zukünftig die Akzeptanz, dass es Direktzahlungen an Landwirte gibt. Wir brauchen die Akzeptanz in der Gesellschaft für moderne Produktionsverfahren, die wir einführen müssen, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können.

Meine Damen und Herren, wir werden auch in aller Konsequenz neue Marktchancen erschließen, indem wir ein Netzwerk für nachwachsende Rohstoffe zur energetischen Nutzung auf den Weg bringen. Dieses Netzwerk ist aber auch für einen ganz wichtigen Zukunftsbereich erforderlich. Es stellt sowohl für die chemische als auch für die pharmazeutische Industrie aufgrund der weltweit herrschenden Rohstoffknappheit zunehmend als Ersatz nachwachsender Rohstoffe als Grundstoffe für die pharmazeutische und die chemische Produktion einen wichtigen Zukunftsmarkt dar, den wir für Rheinland-Pfalz erschließen wollen. Wir haben insbesondere mit Boehringer Ingelheim sowie mit der BASF große Partner, die uns auf diesem Weg begleiten und unterstützen.

Meine Damen und Herren, es wird auch weiterhin zum guten Stil in Rheinland-Pfalz gehören, dass wir im engen Dialog mit der Landwirtschaft gestalten, wie die Zukunftsperspektive der Landwirtschaft aussehen soll. So haben wir auch im großen Einvernehmen mit den organisierten Landwirten die Rahmenbedingungen des Programms PAUL erarbeitet, und diesen Weg werden wir fortsetzen, wohl wissend, dass Landwirtschaft und Weinbau für unser Land eine ganz zentrale Bedeutung haben.

Deswegen werden wir auch sehr engagiert wie in der Vergangenheit dafür sorgen, dass es in Rheinland-Pfalz gute Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft gibt. Dies konnten wir in dem Bericht auch deutlich machen. Es hat aufgrund der vorhandenen Grundvoraussetzungen in Rheinland-Pfalz eine sehr gute Entwicklung nicht nur im Weinbau, sondern auch im Gemüseanbau und in der Milchviehwirtschaft gegeben. Wir haben gute Perspektiven geschaffen, und auf diesem Weg werden wir fortfahren.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Vielen Dank. – Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Schäfer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Agrarberichte dienen uns als eine Grundlage, die Situation der Landwirtschaft und des Weinbaus zu analysieren und daraus Schlüsse für die zukünftige Entwicklung zu ziehen.