Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Baldauf, dem Ruf als „Häuptling gespaltene Zunge“ haben Sie durchaus alle Ehre angetan: ein entschiedenes Sowohl-als-auch,
Wir unterhalten uns über den Nachtragshaushalt und das Begleitgesetz, und Sie haben die Umsetzung des Konjunkturpakets II in Rheinland-Pfalz angegriffen. Ich glaube, dass wir uns dort auf einen schnellen, guten und auch erfolgreichen Weg für Rheinland-Pfalz begeben haben. Das sehen die Partner im Konjunkturpakt im Übrigen auch so. Die kommunalen Spitzenverbände sind früh mit den Vorstellungen der Landesregierung vertraut gemacht worden. Man hat darüber gesprochen, und man hat geschaut, wie man tatsächliche Probleme bei der Umsetzung lösen kann. Das ist hier in dem Begleitgesetz enthalten.
Es ist enthalten, dass die Kommunen keine Nachtragshaushalte machen müssen, also Bürokratie entfällt. Es ist enthalten, dass eine Finanzierung zinslos über einen Fonds erfolgt, also erst eine spätere Rückzahlung erfolgen kann. Ich glaube, das ist praktische Politik der SPDgeführten Landesregierung für die Kommunen, für die Landkreise, für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in diesem Land. Davon haben die, egal welcher Couleur, weil sie alle dem Gemeinwohl verpflichtet sind, viel mehr als von den Versprechungen, die ihnen der Oppositionsführer vorhin gemacht hat, die aber nichts nützen.
Lassen Sie mich eingangs noch beim Konjunkturpaket II und dessen Umsetzung bleiben. Ja, es ist so, dass das Land Rheinland-Pfalz auch bei der Umsetzung dieses Konjunkturpakets vorn ist, wir den Nachtragshaushalt mit als Erste beschließen und auch die entsprechenden Begleitverordnungen genauso wie dieses Begleitgesetz alle auf dem Weg haben. Das zeichnet uns aus, dass wir unbürokratisch so etwas machen.
Ich sage hier ausdrücklich, ich bedanke mich bei den Fraktionen des Parlaments, dass wir es auch parlamentarisch hier zügig behandelt haben bei aller Unterschiedlichkeit der Auffassung über die Details oder über die Frage, ob man diesem Gesetzespaket zustimmen kann oder nicht.
Sie haben die Frage angesprochen, wie ernst wir die Bürgermeister, Landräte und Oberbürgermeister nehmen. Wir nehmen sie so ernst, dass wir mit ihnen entwickeln, wie die Umsetzung erfolgt. Ich glaube, dass unsere Umsetzung intelligenter ist als eine Pro-KopfPauschale, die man über das Land verstreut. Der Innenminister hat gestern gesagt, dass die Gießkanne sicherlich auch ein sinnvolles Instrument ist, wenn man Blumen gießen will. Aber im Konjunkturpaket II sind definierte Ziele enthalten, die man mit dem Paket auch erreichen will. Hauptziel ist eine Belebung der Konjunktur. Wir haben uns vorhin über die Wirtschaftsentwicklung in Rheinland-Pfalz unterhalten. Wir wissen, wie nötig die Begleitung ist.
Wir wissen auch, dass sie nicht das allein Seligmachende ist, um die Konjunktur in den Griff zu bekommen, um zu vermeiden, dass eine Depression kommt. Aber es ist so, dass selbstverständlich die Räte entscheiden, welche Projekte sie für die Mittel durchführen wollen, die für die verschiedenen Kategorien vorgesehen sind. Es sind weitere Mittel, die eben nicht nur direkt in die Bauwirtschaft gehen, sei es im Krankenhausbereich, sei es im Wissenschaftsbereich, die richtig gesetzt sind. Ich kann da den neuen Vorsitzenden des Sachverständigenrates, Herrn Professor Franz, zitieren, der aus meiner Sicht zu Recht sagt: Ja, ihr müsst in die Bildung investieren. Ihr müsst in den Hochschul- und Schulbereich investieren, weil das auch Zukunftsinvestitionen sind, um in der Zukunft konkurrenzfähig zu sein. –
Dies geschieht in diesem Land. Dies setzen wir um. Dies geschieht im Konjunkturpaket II, ohne dass das Geld in alle möglichen Töpfe zertröpfelt.
Lassen Sie mich auf den Nachtragshaushalt eingehen. Ja, die Steuereinnahmen brechen weg, und keiner weiß, in welchem Maße dies in der nächsten Zeit noch geschehen wird. Wir tragen dem mit den Haushaltsansätzen Rechnung, genauso wie wir die Rücklagen gebildet haben, über die man immer streiten kann, wie sie denn haushaltsrechtlich tatsächlich zu rubrizieren sind, aber die in der Praxis von der Landesregierung genau dafür angelegt wurden, dass wir gesagt haben, das, was wir an den Abschlüssen verbessert haben – wir haben uns letzte Woche über diese Fragen ausgetauscht, deshalb will ich es heute gar nicht so vertiefen –, werden wir in kurzer Zeit einsetzen müssen, weil die konjunkturellen Aussichten so sind, wie wir sie im Dezember schon ein Stück abgesehen haben, und leider nicht davon auszugehen ist, dass es nur eine kleine konjunkturelle Delle oder eine übliche Rezession ist, sondern dass insbesondere die Krise an den Finanzmärkten, das Überreizen einer Spekulationsblase, ein Außer-Rand-und-Bandgeraten von vielen Modellen, Geschäftsmodellen, Praktiken, die in der Finanzbranche gang und gäbe waren, dazu geführt haben, dass die reale Wirtschaft erhebliche Schwierigkeiten weltweit hat und weiter haben wird. Unser aller Bestreben muss sein, da herauszukommen.
Diese Mittel sind im Nachtragshaushalt veranschlagt. In der Haushaltsplanung insgesamt ist veranschlagt, dass das, was wir im letzten Jahr auch zugesagt haben, dass der Tarifabschluss der Länder nämlich im Angestelltenbereich auch für die Beamten 1 : 1 umgesetzt werden kann, auch geschieht. Da werden wir selbstverständlich
Wort halten. Die SPD-Fraktion hat mit der Regierung auch darüber gesprochen, dass wir den gesetzlichen Rahmen sehr schnell umsetzen wollen und das auch übernehmen, damit entsprechende Rechtssicherheit geschaffen werden kann. Die SPD-Fraktion wird insoweit diese Gesetze in sehr kurzer Zeit vorlegen, damit entsprechende Verlässlichkeiten bestehen und Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in das haben, was ihnen versprochen wird.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch mit einigen Worten mit der Frage der Verschuldung auseinandersetzen. Natürlich muss eine hohe Verschuldung auch immer Sorge bereiten. Das ist überhaupt keine Frage. Deshalb ist die Landesregierung hingegangen und hat in strukturellen Bereichen auf den verschiedensten Ebenen der Verwaltung Reformen mit dem Ziel auf den Weg gebracht, dass Verwaltung effizient handelt, sie auch bürgernah bleibt, sie ihre Aufgaben gut erfüllt, aber auch Geld eingespart wird.
Ich habe in meiner Rede in der vergangenen Woche die Finanzverwaltung mit einem Personalabbau von über 800 Personen in den vergangenen zehn Jahren genannt. Ich könnte darüber hinaus die Katasterverwaltung nennen. Ich könnte aber auch die Forstverwaltung nennen. Ich könnte viele andere Verwaltungen nennen.
Dann erlebe ich, dass Sie – Ihre Haushälter und andere – sehr oft rufen: Mit der Aufgabenkritik muss man noch sehr viel machen und da abbauen. – Vor Ort wird dann gerufen und werden die Resolutionen geschrieben, dass man bloß nicht das Amt verändert und bloß nicht Personal verschiebt. So viel zur Glaubwürdigkeit der CDU.
Wir hatten gestern bei der Kommunalreform ein weiteres Beispiel für Ihre Doppelzüngigkeit, die Sie an den Tag legen.
Herr Baldauf, wenn Sie dann über die Gemeinden ziehen und sagen, mit uns gibt es das nicht, lässt sich dafür vor Ort Applaus einsammeln, aber mit verantwortlicher und vorausschauender Politik für dieses Land hat das herzlich wenig zu tun. Das macht Ihre Aussage zum Schuldenabbau auch nicht glaubwürdig.
Ja, das ist ein mühseliges Geschäft. Wir werden uns in diesem Parlament sehr intensiv mit den Vorschlägen der Föderalismuskommission II auseinandersetzen. Wir werden uns damit auseinandersetzen, wie die Schuldenbremse auf die Länder wirkt und wie die Länder
damit umgehen. Der Finanzminister hat angekündigt, dass er in der nächsten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses einen Bericht zum Sachstand geben wird. Das Parlament wird sich dann intensiv damit beschäftigen.
Es muss aber immer auch im Auge behalten werden, dass im Interesse der Bürgerinnen und Bürger eines Landes die vorhandenen Aufgaben zukunftsgestaltend erfüllt werden können. Bei allem, was wir machen, höre ich da auch immer die Forderung insbesondere aus den Reihen der CDU: Darf’s ein bisschen mehr sein? Kann es ein bisschen mehr Personal sein? Kann es eine bisschen kleinere Gruppengröße und kleinere Klassenstärke sein?
Ich habe gestern kurz einen Ausschnitt aus der Rede der Frau Kollegin Dickes zum Kita- und Schulbereich gehört. Darin war eine klare Forderung nach mehr Geld enthalten. Scheinbar wird der eine Rock angezogen und das andere Jackett wieder ausgezogen, je nachdem, was man inhaltlich bewegen will.
Ihre Sparvorschläge zum Haushalt – damit komme ich zu dem von Ihnen eingebrachten Antrag „Solide Haushaltspolitik in der Finanz- und Wirtschaftskrise“ – waren in erster Linie die, dass man die Mittel für den Pensionsfonds herausnehmen sollte. Es sind dann ein paar Einsparungsvorschläge zu den Personalkosten in den Ministerien unterbreitet worden – schnell einmal einige Stellen kürzen, obwohl darauf Personen beschäftigt sind, die nicht in Altersteilzeit gehen, Hauptsache, wir haben plakativ etwas gemacht –,
und es ging um die Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung in den verschiedensten Formen inklusive Bürgerbüro des Ministerpräsidenten. Sie haben sich auch nicht „entblödet“ – um es einmal so salopp zu sagen –, dass die notwendigen Mittel für die Durchführung der Ministerpräsidentenkonferenz im Haushalt gestrichen werden sollten.
Dort ist effizientes Handeln und Koordination notwendig, und dort müssen Aufgaben des Landes im Kern erfüllt werden. Das zeigt, dass Sie sich im Tal der Ahnungslosen im Hinblick darauf befinden, wie eine solche Verwaltung tatsächlich funktioniert. Das sind keine geeigneten Vorschläge, um die Verschuldung des Landes kurzfristig herunterzuholen.
Ich habe eben bei Herrn Baldauf nachgefragt, als er die Projekte des Landes angesprochen hatte. Was kam von ihm als einziger konkreter Vorschlag? Das Arp-Museum, der Bahnhof Rolandseck. Bei dem Museum, das, wenn ich mich richtig erinnere – im Untersuchungsausschuss ist das sehr bereit erörtert worden –, mit einer breiten Mehrheit in diesem Parlament auf den Weg gebracht worden ist und über den Bonn-Berlin-Ausgleich auch gefördert wurde, bewegt sich das finanzielle Engagement des Landes für ein solch herausgehobenes Kulturprojekt eher in einem sehr bescheidenen Rahmen, auch wenn man über anderes diskutieren kann. Das ist eine
Zukunftsinvestition in den kulturellen Bereich dieses Landes gewesen, die weit über die Grenzen dieses Landes hinausreicht.
Herr Baldauf, wenn Sie sagen – das war Ihr einziges Beispiel –, Sie wollen das nicht, sagen Sie das auch dort so, und sagen Sie es hier so. Bekennen Sie Farbe, was Sie wollen oder was Sie nicht wollen. Das haben Sie nicht getan. Das ist der „Häuptling gespaltene Zunge“.
Lassen Sie mich abschließend noch einige Anmerkungen dazu machen, was Sie hinsichtlich der Hilfen des Staates gesagt haben. Sie haben eine Anleihe bei dem neuen Wirtschaftsminister genommen, der gesagt hat, Hilfen des Staates dürfe es nur in Systemfragen geben. Das klingt natürlich toll. Das ist so wie das ordnungspolitische Totschlagsargument. Ja, so wenig Staat wie möglich und so viel privat, wie es geht. Wenn sich Privat aber irgendwo „in die Tinte geritten“ hat, stellt sich die Frage, wo wir im Interesse von Strukturen helfen können und wie es gelingen kann, dass Strukturen tatsächlich wieder aufgebaut werden. Das ist ein Geschäft, das früher auch der erzliberale Wirtschaftsminister Brüderle intensiv betrieben hat. Da war ihm bei allen Sonntagsreden keine Subvention zu schade, wenn sie denn effizient war und wenn sie dafür gesorgt hat, dass man vorwärts gekommen ist.
Es zeichnet unsere Landesregierung aus, dass sie den notwendigen Pragmatismus hat – im Übrigen wird sehr oft von den Verantwortlichen Ihrer Partei vor Ort sehr intensiv gefordert, dass die Landesregierung doch bitte helfen möchte –, sodass wir diese Hilfen auch angehen, sei es über Bürgschaften oder sei es über eine Zusammenarbeit.
Eben wurde vom Wirtschaftsminister das Mittelstandsprojekt vorgestellt und erläutert. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung über das Stichwort „Qualifikation“, über Kurzarbeit, über Bürgschaften, über Förderinstrumente des Landes wie ISB und andere, findet man Wege, dass eine wirtschaftliche Entwicklung nicht zusammenbricht, sondern Menschen ihre Arbeitsplätze behalten oder neue geschaffen werden, und wie man eine Abmilderung erreicht, wenn Unvermeidliches wie Insolvenzen und Konkurse geschehen.
Ja, es lässt sich sicherlich insgesamt überlegen, ob Deutschland nicht das Insolvenzrecht noch ein Stück weiterentwickeln muss, damit mehr im Vordergrund steht, wie man Unternehmen weiterführen kann. Meine Damen und Herren, wir sollten uns aber nicht von der Ideologie leiten lassen, wenn es um praktische Hilfen und praktische Politik für die Menschen in diesem Land geht. Das macht die SPD nicht. Deshalb sage ich einmal zu den sogenannten systemischen Fragen: Von den Banken wissen wir, dass man sicherlich nicht alle fallen lassen kann. Kann man überhaupt eine fallen lassen?
Wir sind uns aber wieder einig, dass ein funktionierendes Bankenwesen erforderlich ist, damit Wirtschaften überhaupt möglich ist. Es treiben uns auch andere Fragen um. Kann man beispielsweise eine Gruppe wie die Schaeffler-Gruppe pleite gehen lassen und abwarten, was aus den Unternehmen verwertet wird? In Rheinland-Pfalz befindet sich eines in Rheinböllen und eines in Morbach. Darüber hinaus ist eines im benachbarten Homburg. Dort arbeiten sehr viele Menschen. Soll man die pleite gehen lassen, weil privatwirtschaftlich die falschen Entscheidungen getroffen worden sind? Ich will überhaupt nicht beckmesserisch sein, weil dort wie in vielen anderen Bereichen auch die Entwicklung der Konjunkturkrise falsch eingeschätzt wurde.