Protocol of the Session on February 5, 2009

Seit dem Jahre 2006 liegt die Federführung nach der Zuordnung der Abteilung „Frauen“ in das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen bei Staatsministerin Malu Dreyer.

Das 1995 in Kraft getretene Landesgleichstellungsgesetz (LGG) hat die Grundlage für eine erfolgreiche Frauenförderung im öffentlichen Dienst geschaffen und ist ein wichtiges Instrument zeitgemäßer Personalentwicklung.

Ziel des Gesetzes ist es, die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst zu fördern und bestehende Benachteiligungen von Frauen abzubauen.

Im Klartext: Ziel ist es, Frauen die gleiche Teilhabe an allen Ämtern des öffentlichen Dienstes zu ermöglichen.

Die Landesregierung berichtet alle vier Jahre über die Umsetzung des Gesetzes. Der nun seit Mai vorliegende 3. Bericht des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland-Pfalz umfasst den Berichtszeitraum 1. Juli 2003 bis 30. Juni 2007.

Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Sie zeigen eine weiterhin positive Entwicklung. Der Frauenanteil im höheren Dienst sowohl bei den Beamten als auch bei den Beschäftigten in Führungspositionen und in Gremien ist erneut angestiegen. Zum Stichtag 30. Juni 2007 war über die Hälfte der Beschäftigten im gesamten Landesdienst Frauen.

(Pörksen, SPD: Das ist Gleichstellung?)

Ja, Landesgleichstellung. Die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen seit 1995 zeigt den kontinuierlichen Anstieg des Frauenanteils von 42,1 % auf sage und schreibe 51,3 %.

Meine Damen und Herren, ich höre schon das Rumoren von der Männerseite. Mit diesem Ergebnis könnten wir Frauen uns zurücklehnen und feststellen, dass das Ziel erreicht ist. So einfach ist die Welt der Gleichstellung leider nicht.

Erstmalig werden in diesem Bericht der Landesregierung die Beschäftigungsanteile von Männern und Frauen

exemplarisch anhand des Beschäftigungsvolumens ermittelt. Hier zeigt sich, dass ein Zählen nur nach den Köpfen den hohen Anteil von Frauen in Teilzeit nicht berücksichtigt und das Ergebnis relativiert werden muss.

Zur Verdeutlichung nenne ich ein paar Zahlen. Im Jahr 2007 arbeiteten 68 % aller Beschäftigten in Vollzeit und 32 % in Teilzeit. Die Teilzeitquote der Männer hat sich zwar von 19 % auf 22 % erhöht,

(Frau Spurzem, SPD: Doch so viel!)

aber immer noch sind Frauen mit 78 % weitaus häufiger teilzeitbeschäftigt.

Nach wie vor sind es die Frauen, die überwiegend die Sorge um die Kindererziehung und die Familie übernehmen und deshalb die Berufsausübung zurückstellen.

Die Landesregierung hat mit dem „Audit Familie und Beruf“, an dem sich alle Ressorts beteiligt haben, ein deutliches Zeichen im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesetzt. Alle Ressorts haben auch die Zertifizierung erhalten. Meinen herzlichen Glückwunsch zu dieser Zertifizierung! Das soll an dieser Stelle auch gesagt werden.

(Beifall der SPD)

Es ist wichtig, dass das Land auch hier mit gutem Beispiel vorangeht. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Einrichtung von Telearbeitsplätzen für Frauen und Männer, die Unterstützung und Förderung von Elternzeit und Teilzeit für Väter und insbesondere auch die Führungspositionen in Teilzeit; denn gerade Führungspositionen in Teilzeit sind unterrepräsentiert.

Das Projekt der Landesregierung „Führen in Teilzeit (FIT) “ hat genau dieses Defizit aufgegriffen und gezeigt, dass Teilzeitarbeit auch für Führungspositionen geeignet sein kann.

Ein Problembereich zeigt sich in der Fortbildung. Männer nehmen als Vollzeitbeschäftigte doppelt so oft an Fortbildungen teil als Frauen. Bei den teilzeitbeschäftigten Frauen ist der Anteil der Teilnahme von Fortbildungen sogar von 64 % auf 30 % gesunken. Hier besteht Handlungsbedarf im Sinne von Ursachenforschung und passgenauer Abhilfe.

Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor. Auch wenn der Frauenanteil in allen Besoldungsgruppen gestiegen ist, so sind es weiterhin die Frauen, die in den höchsten Entgeltgruppen besonders wenig vertreten sind. Die Prognosen lassen allerdings einen Silberstreif am Horizont zu.

Die Bewerbungsquote der Frauen liegt in den meisten Bereichen über 50 %. Auch die Einstellungsquote entspricht der Bewerbungsquote. Ich bin mir sicher, eines Tages werden die Frauen auch paritätisch in den oberen Entgeltgruppen und in den Führungsgremien vertreten sein.

Der Ministerrat hat im Januar 2008 die Einführung eines Reißverschlussverfahrens bei der Nachbesetzung von

Gremien beschlossen, sodass dann, wenn ein Mann ausscheidet, bis zum Erreichen der Parität eine Frau nachrücken muss. Dieses Verfahren unterstützen wir ausdrücklich, um eine paritätische Besetzung der Gremien zu erreichen.

Meine Damen und Herren, das Landesgleichstellungsgesetz ist ein Baustein in Richtung tatsächlicher Gleichbehandlung von Frauen und Männern in unserer Gesellschaft. Die SPD-Fraktion unterstützt die Maßnahmen und Bemühungen der Landesregierung und bedankt sich ausdrücklich bei den engagierten Gleichstellungsbeauftragten für ihren tagtäglichen und nicht immer einfachen Einsatz.

Meine Damen und Herren, wir sind uns in diesem Hause sicherlich in der Bewertung einig, dass noch ein weiter Weg vor uns liegt. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam fraktionsübergreifend gehen!

(Beifall der SPD)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich die Technikerklassen III und IV des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Eifel. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Wopperer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Im Jahr 1869 schrieb John Stuart Mill: Die Ungleichheit von Mann und Frau ist an und für sich ein Unrecht und gegenwärtig eines der wesentlichsten Hindernisse für eine höhere Vervollkommnung der Menschheit. –

Bereits vor 140 Jahren hat der britische Philosoph, ein Mann, der seiner Zeit weit voraus war, den gesellschaftlichen Mehrwert der geschlechtlichen Gleichstellung für unsere Gemeinschaft erkannt.

Heute, nach fast eineinhalb Jahrhunderten, können wir sagen, dass rechtlich für die Frauen viel bewegt wurde, und zwar sowohl was den Abbau bestehender Benachteiligungen von Frauen betrifft als auch die Durchsetzung der beruflichen Gleichstellung von Frauen und Männern. Gleichwohl gibt es nach wie vor ein geschlechts- und gleichstellungspolitisches Defizit in den Bereichen Führungspositionen, Beförderungen und Gremienbesetzung, wie aus dem 3. Bericht über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes hervorgeht.

Wir alle hier im Raum teilen gewiss nicht die Prognose der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die vor einigen Jahren festgestellt hat, dass die vollständige

Gleichberechtigung erst in etwa 960 Jahren erreicht wäre, wenn die Frauenförderung mit gleichbleibendem Tempo weiter greife. Doch wäre es umgekehrt auch töricht, sich mit dem bisher Erreichten zufrieden zu geben.

Erfreulich ist zunächst die Zahl von 51,3 % Frauenanteil – diese hat auch meine Kollegin erwähnt – der insgesamt in den rheinland-pfälzischen Verwaltungen beschäftigten Personen. Anders sieht es bei den Frauen in Führungspositionen aus. Hier können wir nüchtern feststellen, dass es keinen Grund gibt, in Freudentaumel auszubrechen; denn je höher die Position und die Vergütung, desto niedriger ist der Frauenanteil.

Gegenwärtig sind es in der öffentlichen Verwaltung bei den Referentinnen und stellvertretenden Referats- bzw. Abteilungsleiterinnen um die 20 %, während der Frauenanteil bei den Dienststellenleitungen mit lediglich 12 % am niedrigsten ist. Ergo: Je höher die Position, desto geringer der Frauenanteil. – Hier treten wir seit Jahren auf der Stelle.

Auch bei Beförderungen, Höhergruppierungen und Laufbahnaufstiegen herrscht eine deutliche Disparität. So steht der Quote von über 50 % bei den Beamten in Vollzeit eine von nur 15 % bei vollzeitbeschäftigen Beamtinnen gegenüber. Gänzlich unbefriedigend ist die Situation bei teilzeitbeschäftigten Frauen mit einer Quote von unter 10 %, die ohnehin schon wegen verkürzter Arbeitszeit finanzielle Nachteile – Stichwort Rente – hinnehmen müssen. Hier besteht deutlicher Handlungsbedarf.

(Beifall der CDU)

Unbefriedigend ist auch die Situation im Bereich der Gremien. Hier müssen neue Strategien der Besetzung gefunden werden, um den Anteil von Frauen zu erhöhen. Ein wichtiger Indikator dafür, dass man längst noch nicht von einer tatsächlichen Gleichstellung sprechen kann, ist das erstmals in diesem Bericht ermittelte Beschäftigungsvolumen. Sie haben es bereits gehört.

Setzt man die Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten in Relation, so ergibt sich trotz höherer Beschäftigtenzahlen von Frauen in vielen Bereichen ein Mehr an Beschäftigungsvolumen aufseiten der Männer, und zwar ein erhöhtes und hohes Volumen.

Das hängt natürlich damit zusammen, dass die Teilzeitbeschäftigten bei der Frauendomäne immer noch mit 78 % zu verorten sind. Auch an diesem Punkt gilt es dringend anzusetzen.

Wir müssen die Rechte der Frauen am Arbeitsplatz stärken. Nach wie vor ist zum Beispiel ein Problem die verdeckte Diskriminierung bei Beförderungen, die sogenannte gläserne Decke. In diesem Fall benötigen wir klare Regularien, um den Nachweis der Nichtberücksichtigung transparenter zu machen. So hat jetzt erstmals ein Landesarbeitsgericht verfügt, dass statistische Nachweise berücksichtigungsfähig sind. Wenn man sich vorstellt, dass es Unternehmen gibt, die in der Mehrzahl Frauen beschäftigen und im Aufsichtsrat von 27 Plätzen kein einziger Platz von einer Frau besetzt ist, kann das

nicht der Gesellschaft entsprechen. In diesem Bereich muss man genauer hinschauen.

Eine Gleichberechtigung setzt immer auch eine ernst gemeinte Familienpolitik voraus, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf berücksichtigt. Laut einer Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen hat sich der Einfluss von Ehe und Kindern auf die Arbeitszeiten von Frauen in den vergangenen Jahren weiter verstärkt und nicht vermindert. Verheiratete Frauen und Frauen mit Kindern arbeiten laut der Studie heute deutlich weniger Stunden pro Woche im Erwerbsgeschäft als im Jahr 2001. Wir müssen also aufpassen, dass sich die Schere zwischen den Arbeitszeiten für Geld und denen der Männer mit Kindern nicht weiter öffnet.

Mit Aktions- und PR-Programmen alleine lassen sich Familie und Beruf nicht in Einklang bringen, meine Damen und Herren. Zielführender wäre es, geeignete Rahmenbedingungen und notwendige Voraussetzungen dafür zu schaffen, sprich innovativ zu sein. Richtungweisend ist da ein mit Unterstützung des Landes BadenWürttemberg und mit Europa-Fördermitteln gestartetes Projekt „Zielorientierte Prozessförderung“, genannt Projekt „ZoPF“, mit dem Ziel einer Förderung von innovativen Maßnahmen für Frauen im ländlichen Raum.

Dabei sollen vier Netzwerke installiert werden, nämlich „Bauernhof erleben“, „Betreuung und Pflege von Menschen“ sowie „Tourismus“ und „Dienstleistungen“. Das sind Bereiche, die man nutzbringend mit dem Wirtschaftsfaktor Tourismus verzahnen könnte.

Eine weitere Möglichkeit zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerade in strukturschwachen ländlichen Regionen wäre die verstärkte Nutzung von Telearbeit, bei der Frauen und Männer ohne lästige Anfahrtswege zum Arbeitsplatz von zu Hause aus arbeiten können. Das setzt aber voraus – da knüpfe ich an die Diskussion von gestern Nachmittag an –, dass die ländlichen Regionen flächendeckend mit DSL-Anschlüssen versorgt werden.

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Gleichstellung der Geschlechter ist meines Erachtens deren allgemeine Akzeptanz, aber auch die Erkenntnis ihres gesamtgesellschaftlichen Nutzens im Sinne eines John Stuart Mill; denn damit Gender auch wirklich zum Mainstream wird, muss sich etwas in den Köpfen ändern. Man kann das auch Bewusstseinswandel nennen. Der lässt sich nicht mit Gesetzen allein herbeiführen. Man sieht jetzt gerade auch, dass der eine oder andere dem Thema kein großes Interesse entgegenbringt.

(Beifall der CDU)