Protocol of the Session on February 4, 2009

(Beifall der SPD)

Darüber hinaus unterstützt die Landesregierung ausdrücklich die Vorschläge der EU-Kommission nach einer Regulierung der Rating-Agenturen. Es kann nicht sein, dass diese an den Gewinnen der Unternehmen, die sie doch prüfen sollen, selbst beteiligt sind. Das ist eine Verkehrung der Aufgabenstellung.

(Beifall der SPD)

So war es fast folgerichtig, dass das bisherige System versagt hat. Rating-Agenturen und Banken müssen auch für finanzielle Schäden haftbar gemacht werden, oder auch individuell muss Verantwortung übernommen werden. Es geht nicht um d i e Banker, es geht auch nicht um d i e Manager, aber es geht um d i e Verantwortung, die ihnen übertragen ist mit einer solchen herausragenden Position.

(Beifall der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir benötigen eine europäische Rating-Agentur.

Ich erinnere mich an unser aller Bedenken dagegen, als vor zwei, drei Jahren diese Diskussion geführt worden ist. Die Bedenken bezogen sich auf das Risiko, dass eine solche Agentur einige hundert Millionen Euro kosten würde. Heute reden wir über Verluste von Hunderten von Milliarden Euro. Ich glaube, das sollte uns eine Lehre sein.

Meine Damen und Herren, es ist eine berechtigte Forderung, dass auf dieser international gewordenen Geldszene Steueroasen keinen Platz mehr haben dürfen.

(Beifall der SPD)

Kurz gesagt: Der Staat muss effizient kontrollieren, und der private Teil des Finanzsektors muss seine originären Aufgaben wahrnehmen. Diese sind, Unternehmen mit Krediten zu versorgen und Privatkunden solide und auf die persönliche Situation zugeschnittene Anlagemöglichkeiten zu bieten. Es zeigt sich jetzt: Das oft kritisierte, aber von mir und anderen auch immer wieder verteidigte dreistufige Bankensystem in Deutschland ist ein Segen in dieser Krise. Es bewahrt unsere Volkswirtschaft vor einem noch größeren Schaden.

In der Finanzkrise ist zwar davon auszugehen, dass einzelne Sparkassen und Volksbanken in RheinlandPfalz Abschreibungen auf Forderungen und Wertpapiere werden vornehmen müssen. Der Abschreibungsbedarf dürfte aus heutiger Sicht jedoch begrenzt sein, sodass keine rheinland-pfälzische Sparkasse oder Volksbank Hilfen nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz wird in Anspruch nehmen müssen.

Meine Damen und Herren, es erweist sich als goldrichtig, dass das Land seine Anteile an der Landesbank

Rheinland-Pfalz bereits vor 16 Jahren veräußert hat. Man darf daran erinnern, dass wir damals, liebe Kolleginnen und Kollegen von FDP und SPD, auch der nicht unbeachtlichen Kritik dafür ausgesetzt waren, aber wir haben noch 750 Millionen DM – damals – erlöst. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie die Situation heute wäre.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle auch den ungeheuren Renditedruck ansprechen, unter dem die Unternehmen heute stehen. Unangemessene Renditen bedeuten höhere Risiken. Der Renditedruck wird auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgetragen. Das ist unzweifelhaft so. Sinkende oder nur mäßig steigende Löhne und zunehmend prekäre Arbeitsverhältnisse stehen explosionsartig steigenden Managergehältern und Prämiensystemen gegenüber. Dies alles wirkt fehlorientierend. Langfristiges und nachhaltiges Wachstum von Unternehmen, Investitionsbereitschaft, Standorttreue, die Sicherung von Arbeitsplätzen, die Weiterbildung in den Betrieben und das ökologische Wirtschaften müssen belohnt werden. Auch Rating-Agenturen sollten verpflichtet werden, diese Maßstäbe nachhaltiger Unternehmensführung stärker in ihre Bewertungen einfließen zu lassen.

Die Krise zeigt uns, die Verknüpfung von wirtschaftlicher Verantwortung und sozialer Gerechtigkeit ist unverzichtbar. Die Landesregierung bekennt sich ausdrücklich zur sozialen Marktwirtschaft. Die Verbindung von privater Initiative und Gemeinwohl sind deren Kern. Dazu gehört auch: Märkte ohne Regeln funktionieren nicht. Alle müssen aus dieser sehr ernsten Lage lernen. Politik, Finanzinstitute und die Wirtschaft sind das den Menschen schuldig.

Soziale Marktwirtschaft verbindet wirtschaftliche Stärke mit Wohlstand für breite Schichten. Globale Finanz- und Kapitalmärkte, die keine Grenzen mehr kennen, stellen diese bewährte Ordnung in Frage. Die ausschließliche Orientierung an kurzfristigen und überzogenen Renditen untergräbt den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg unserer Unternehmen und unserer Volkswirtschaft.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, wir sollten nie übersehen: Diese Fehlleistungen und Fehlleitungen gefährden auch den sozialen Zusammenhalt und damit unsere Gesellschaft im Kern.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, mir bereitet auch große Sorgen, dass die Teilhabe am materiellen Zuwachs dieser Gesellschaft bis in weite Teile der Leistungsträger hinein nicht mehr angemessen gelingt.

Wir befinden uns in einer Situation, die sich mit der Lage eines ins Wasser Gestoßenen vergleichen lässt. Er muss schwimmen, um wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen. Deshalb muss jetzt gehandelt werden, ohne die langfristigen und grundsätzlichen Fragen deshalb außer Acht zu lassen. Diese Herausfor

derungen, von denen ich eben gesprochen habe, müssen angenommen, die Fragen beantwortet und entsprechende Weichenstellungen für eine vernünftigere Zukunft eingeleitet werden.

Die Auswirkungen der Krise kommen bei den Unternehmen im Land unterschiedlich stark an. Ich habe darauf hingewiesen. Das berichten die Firmenleitungen und Betriebsräte. Manche bedürfen der Hilfe, andere nicht. Wie wichtig schnelle und betriebsnahe staatliche Hilfen sind, zeigt der Erfolg unseres Maßnahmenprogramms zur schnellen Hilfe für Unternehmen und Beschäftigte in der aktuellen Finanzkrise. Diese Hilfe haben bereits 425 Unternehmen in Rheinland-Pfalz bei uns angefragt.

Wir helfen kleinen und mittelständischen Betrieben, die durch die Konjunkturkrise unverschuldet in Liquiditätsprobleme geraten sind. Wir haben den Bürgschaftsrahmen von 400 Millionen Euro auf 800 Millionen Euro im Jahr aufgestockt. Ich danke für Ihre Zustimmung. Die Bürgschaftsverfahren sind beschleunigt, eine Koordinierungsstelle zur Soforthilfe im Wirtschaftsministerium eingerichtet und eine regionale sowie unternehmenskonzentrierte Beschäftigungsförderung auf den Weg gebracht worden.

Die Landesregierung hat außerdem entschieden, dass auch mit Hilfe zusätzlicher Bundesmittel 1,1 Milliarden Euro in diesem und im kommenden Jahr in den Straßenbau investiert werden können. Mehr könnte realistischerweise auch nicht verbaut werden. Das Straßenbauprogramm des Landes wird danach für eine Verstetigung der Auftragslage sorgen.

In diesem Zusammenhang will ich anmerken, dass wir in intensiven Kontakten mit der Wirtschaft und allen Verbänden und Kammern in den letzten Tagen gerade darauf besonderen Wert gelegt haben, dass es nicht nach den Sonderprogrammen für 2009 und 2010 einen Absturz der Aufträge gibt, was dazu führen würde, dass man sich hinsichtlich der Beschäftigung und Ausbildung auch zurückhalten würde.

Deshalb sorgen wir mit den Bundesprogrammen, den europäischen Programmen, um die wir uns bemühen, und unseren eigenen Möglichkeiten dafür, dass wir auch über den Stichtag 31. Dezember 2010 hinaus Investitionen auf hohem Niveau tätigen und damit den Unternehmen eine entsprechende Grundlage für ihr Auskommen und ihre Beschäftigungssituation geben.

Wir werden die vorgesehenen Investitionen auch deshalb im Doppelhaushalt 2009/2010 – Sie können sie auch aus der mittelfristigen Finanzplanung erkennen – tätigen und auf hohem Niveau halten.

Wir wissen: Das Land muss gegenwärtig mehr Verantwortung für Projekte mit unternehmerischem Risiko übernehmen. – Ich nenne ausdrücklich den Flughafen Hahn und das Projekt Erlebnispark Nürburgring. In beiden Fällen geht es in strukturschwachen Regionen um Tausende von Arbeitsplätzen.

Meine Damen und Herren, nach solchen Ansätzen, die beispielsweise am Nürburgring mit mehr als

250 Millionen Euro an Bauvolumen derzeit unterwegs sind, suchen wir mit den staatlichen Anreizprogrammen quer durch das Land und die Republik.

(Beifall der SPD)

Die rheinland-pfälzische Landesregierung wird auch dem Konjunkturpaket II im Bundesrat zustimmen. Wir bewerten die Inhalte insgesamt positiv. Natürlich könnte man sich das eine oder andere immer anders vorstellen, aber diese Gesamtbewertung gilt.

Dieses Programm enthält einen Mix von Maßnahmen, wie z. B. das Investitionsprogramm, den Kredit- und Bürgschaftsrahmen, Steuersenkungen, die so genannte Abwrackprämie, die ich im Übrigen kritischer eingeschätzt habe, als sie jetzt von ihren emotionalen Wirkungen her offensichtlich ist, staatliche Zuschüsse zur Krankenversicherung sowie die Erhöhung von kinderbezogenen Leistungen. Gerade Letzteres war der rheinland-pfälzischen Landesregierung besonders wichtig.

Sie alle sollen direkt oder indirekt die Konjunktur ankurbeln. Auch die Beschäftigungssicherung durch die Qualifizierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern während der Kurzarbeit und andere zusätzliche Programme der Bundesagentur für Arbeit seien hier genannt.

Ich will noch einmal betonen, dass man sich aus sozialdemokratischer Sicht etwas andere Schwerpunktgewichtungen hätte vorstellen können, beispielsweise höhere Zahlungen in dem Einmalbereich für Kinder, die Nichtanrechnung der Kindergelderhöhung auf die Hartz-IVEmpfänger

(Beifall der SPD)

und eine stärkere Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge über eine erhöhte Steuerleistung in die Krankenversicherung und damit die Absenkung der Krankenversicherungsbeiträge, was allen zugutegekommen wäre und für die Unternehmen beschäftigungsfördernd und stabilisierend gewirkt hätte.

Ich sage noch einmal: Das ist auch ein Kompromiss, und unter dem Strich ist das Konjunkturprogramm vor dem Hintergrund der Situation ein richtiger Kompromiss.

(Beifall der SPD)

Schwerpunkt des Konjunkturpakets II ist das Zukunftsinvestitionsgesetz. Für den Zeitraum 2009 bis 2011 stellen der Bund aus dem Gesamtpaket des Konjunkturprogramms von 50 Milliarden Euro 10 Milliarden Euro und die Länder und die Kommunen weitere 3,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Direkte Bundesinvestitionen in Höhe von 4 Milliarden Euro in bundeseigene Investments gehören dazu.

Das Investitionsprogramm wird rund 469 Millionen Euro Bundesmittel nach Rheinland-Pfalz bringen. Rund 156 Millionen Euro tragen das Land und die Kommunen dazu bei. Damit stehen für die Jahre 2009 bis 2011 – bis dann sind die letzten Abrechnungen möglich – zusammen rund 625 Millionen Euro im Land zur Verfügung.

Mit diesem Gesamtinvestitionsvolumen wollen wir in Rheinland-Pfalz vor allem vier Ziele erreichen: Arbeitsplätze erhalten und Unternehmen helfen sowie die Infrastruktur modernisieren und nachhaltig investieren. Dabei werden wir insbesondere Bildungsinvestitionen umsetzen, das Energiesparen unterstützen, die Barrierefreiheit ermöglichen und die Zukunftschancen der Dörfer und Städte verbessern.

Unsere Erfahrungen und die gute Zusammenarbeit mit den Kommunen in Rheinland-Pfalz, der Wirtschaft unseres Landes, den Gewerkschaften in unserem Land und den sozialen Einrichtungen und Hochschulen sind wichtige Bausteine zur schnellen und seriösen Umsetzung des Konjunkturpakets II.

Die Vorschläge der Landesregierung sind mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Verbänden der Wirtschaft, den Gewerkschaften und den Kirchen intensiv besprochen worden. Von den Linien her ist Einvernehmen erzielt worden.

Wir werden bei der Umsetzung des Investitionsprogramms folgendermaßen vorgehen: Das Konjunkturpaket II wird voraussichtlich am 13. Februar 2009 im Bundestag und am 20. Februar 2009 im Bundesrat beschlossen werden. Die Finanzierung teilen sich der Bund mit 75% sowie die Länder und die Kommunen mit 25%.

Der Schwerpunkt der Investitionen wird nach dem Gesetz zu 65% in Bildungseinrichtungen wie Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen sowie die Forschung gehen. Das sind bedeutsame Investitionen in die Zukunft. Sie bringen bessere Bedingungen für das Lernen und Studieren.

Ein sparsamer Umgang mit Energie dient dem Klimaschutz und ist am Ende wirtschaftlich. Die Energiesanierung ist ein durchgehender Schwerpunkt dieses gesamten Programms. Bildungsinvestitionen und ein anderer Umgang mit Energie und Rohstoffen sind im Interesse der nachfolgenden Generationen. Insbesondere die Energieeffizienz finanziert sich zu einem erheblichen Teil durch Einsparungen selbst.

35% der Finanzhilfen sollen für die Modernisierung der Infrastruktur eingesetzt werden. Insgesamt werden über beide Investitionsschwerpunkte hinweg über 70% der Mittel für kommunalbezogene Projekte verwandt.

Wir wissen, dass viele Anträge für gute Projekte in den Schubladen liegen, für die bisher die Finanzierung fehlte. Sie sollen uns, soweit noch nicht geschehen – das heißt, die zuständigen Ministerien sind gefragt – bis Anfang April erreichen. Das ist mit den kommunalen Spitzenverbänden so abgesprochen.