Protocol of the Session on February 4, 2009

Zum Schluss sagen Sie aber, gute Rahmenbedingungen bestehen darin, dass die Inflation niedrig ist. Was gilt nun? Ist es das, was Sie in den ersten fünf Minuten oder in den letzten fünf Minuten Ihrer Rede gesagt haben?

(Beifall der SPD)

Sie haben von einer sehr geringen Sparquote in Deutschland gesprochen. Ich gehe davon aus, dass das ein Versprecher war. Die Sparquote in Deutschland ist sehr hoch. Sie ist höher geworden, weil die Menschen für die Not vorsorgen. Natürlich ist es in einem vom Grundsatz her bei allen Unterschieden reichen Land wichtig, dass nicht aus Angst gespart, sondern normal weiter investiert wird, damit die Konjunktur belebt wird, weil wir von dem, was wir erwirtschaften, letztlich auch leben müssen.

Lassen Sie mich eine weitere Sache aufgreifen, die Sie uns als goldenes Beispiel für die Wertschöpfung mit dem Dollar genannt haben. Ich weiß nicht auswendig, wie groß die Umsatzsteuer in den USA ist. Sie haben uns erzählt, es fällt sechsmal Umsatzsteuer an. In Deutschland wären das 19 % im Regelsatz. Selbst bei dem geringen Regelsatz wäre es so, dass das bei 19 % und sechsmal – das ist Ihr Rechenbeispiel – eine Wertschöpfung wie bei den Krediten wäre, die die Amerikaner für diese Häuser gegeben haben. Diese wären immer mehr wert geworden, ohne dass wundersam etwas da war.

(Beifall der SPD)

Sie halten solche Wertschöpfungsketten für ein Konjunkturprogramm. Ich weite das lieber nicht so sehr aus. Ich halte das für nicht schlüssig. Ich glaube, das ist dafür schon eine weite Formulierung.

(Zuruf des Abg. Harald Schweitzer, SPD)

Sie haben auch den Erblastentilgungsfonds angesprochen. Hier hat sich die Regierung – ich nehme den Finanzminister und auch Frau Merkel nicht aus – mit ihren Aussagen nicht mit Ruhm bekleckert. Das ist keine Frage.

(Beifall des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Ich sage ganz offen, dass das passieren kann, wenn man sehr viele Informationen erhält und über komplexe Sachverhalte spricht.

Es ist doch keine Frage, dass zu tilgen ist. Daraus mache ich auch gar keinen Hehl. Unser Finanzminister hat vorgeschlagen, dass man für das Konjunkturprogramm II

einen Sonderfonds auf der Bundesebene bilden sollte, den man tilgt und über den das besser überschaubar ist. Keine Frage, ich hätte das für besser gefunden.

(Beifall der SPD)

Ich will das aber gar nicht in den Vordergrund schieben, weil es gilt zusammenzustehen und zu versuchen, das Feuer zu löschen, wenn es brennt. Das ist vorrangige Aufgabe vor dem ganzen Gemäkel an Kleinigkeiten.

(Beifall der SPD)

Lassen Sie mich noch ein bisschen auf die immer geliebten Steuererleichterungen zu sprechen kommen, Steuererleichterungen, die jetzt auch Frau Merkel verspricht und die natürlich in aller Munde sind. Manche meinen, dass die Konzepte, die sie schon immer hatten und die sie immer schon gefordert hatten, immer wirken würden. Ich vermute, Herr Kollege Mertin wird uns das auch gleich erzählen. Zumindest hat sein Kollege Solms sinngemäß gesagt: Wir sind immer für Steuererleichterungen. Deshalb auch zu Zeiten der Krise. – Sie wirken, wenn man einen Anstieg zu verzeichnen hat, sie wirken aber nicht umgekehrt.

Wir sollten nicht unterschlagen, dass es Steuererleichterungen gibt. Die Regierung hat sie mit ihrem Programm beschlossen. Sie gelten für kleinere Einkommen. Das ist sinnvoll. Das hat den Nachteil, dass die sogenannte kalte Progression in der Gruppe darüber stärker ansteigt als vorher.

Ich sage, ich bin ganz nah bei Ihnen: Man muss schauen, wie man ein Steuersystem vereinfachen kann, wenn die Krise bewältigt ist. Das ist die nächste Sache. Bei den Lasten, die zu tragen sind, wird das auch bei erholter Konjunktur nicht dazu führen, dass man den Menschen versprechen kann, dass sie auf breiter Front viel mehr Geld in die Tasche bekommen. Das wird nicht gehen. Alles auf einmal wird nicht funktionieren. Das gehört zur Wahrheit meiner Meinung nach dazu.

Wenn das insbesondere die CSU immer wieder wiederholt, darf ich aus der „ZEIT“ vom 29. Januar dieses Jahres zitieren, in der so schön steht: „Auch die CSU fordert unablässig niedrigere Steuern, aber natürlich nicht, weil sie wüsste, dass das gegen diese Krise helfen würde. Vielmehr glaubt die Partei immer noch, sie habe die Wahl in Bayern verloren, weil die Kanzlerin ihr seinerzeit verwehrte, Steuersenkungen zu versprechen. Die CSU bekämpft also nicht die Krise von morgen, sie versucht immer noch die Wahlen von gestern zu gewinnen.“

Solche Steuersenkungen wirken also in konjunkturellen Fragen nicht kurzfristig. Deshalb meine ich, dass sie nicht das probate Mittel sind, mit dem man eine Konjunkturkrise jetzt bekämpfen kann.

Meine Damen, meine Herren, schwierige Zeiten sind immer dazu da, dass man einmal nachkramt, was sich die Leute für Gedanken gemacht haben. Die Chinesen verwenden für das Wort „Krise“ zwei Pinselstriche. Sie schreiben das Wort mit zwei Pinselstrichen. Der eine Pinselstrich steht für den Begriff „Gefahr“ und der andere für die Situation „aber erkenne die Gelegenheit“.

Der Marschall unserer Partnerregion Oppeln, der gestern bei uns zum Jubiläumstreffen zu Gast war, also der Ministerpräsident der Woiwodschaft Oppeln, hat gesagt: In jeder Krise steckt eine Chance. –

Ich weiß, dass es für die Menschen, die nicht gut schlafen können, weil sie ein kleines Unternehmen haben und ihnen die Aufträge weggebrochen sind, und für die Menschen, die nicht wissen, ob der Arbeitsplatz, zu dem sie gehen, am nächsten Tag tatsächlich noch existiert, kein Trost ist, wenn man sagt, in jeder Krise steckt eine Chance. Deshalb müssen wir die Krise im Interesse der Menschen bewältigen, aber wir sollten dabei die Chance ergreifen, richtig zu handeln, zukunftsweisend zu handeln.

Dann haben wir meiner Meinung nach in der Tat die Chance, aus dieser Krise gelernt zu haben, dass eine soziale Marktwirtschaft weiterentwickelt werden muss, dass sie einen Rahmen benötigt, den der Staat setzt, dass man manchem Wildwuchs nicht so trauen darf – ihm auch nicht so trauen darf, wie das manchmal in den Medien hochgejubelt wird, indem berichtet wird, wer Manager des Jahres ist, wer für seine tollen Leistungen bewundert wird und nur zwei Jahre später im Orkus verschwunden ist –, dass es sehr wohl auf persönliche Werte ankommt, dass es um die Frage der Glaubwürdigkeit geht und man zielgerichtet den Mut für Entscheidungen haben muss, wie man etwas gestaltet.

Diesen Mut zu Entscheidungen hat meiner Meinung nach die Regierung mit dem Pakt für Rheinland-Pfalz, weil sie Zielgerichtetes umsetzt und weil sie nicht dem vielfältigen Chor, wie man das Geld über das Land verteilen kann, so wahllos folgt, sondern ein einfaches System anbietet, wie die Investitionen in unserem Land für die Menschen wirksam werden können und gleichzeitig die Konjunktur in Rheinland-Pfalz belebt wird. Hierbei wünsche ich uns allen, wünsche ich dem Land „Glückauf und ein gutes Gelingen“.

Vielen Dank.

(Anhaltend Beifall der SPD)

Ich begrüße Gäste im Landtag, und zwar Mitglieder des Pensionärstreffs aus Kottweiler-Schwanden. Seien Sie herzlich willkommen in Mainz!

(Beifall im Hause)

Nun hat Herr Kollege Mertin das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute über die Umsetzung des Konjunkturpakets II, das auf der Bundesebene beschlossen werden soll, auf der Landesebene. Insofern rentiert es sich natürlich, auch einige Worte zum Konjunkturpaket selbst zu verlieren. Das haben meine verehrten Vorredner auch getan.

Ich meine, es gebietet auch die Ehrlichkeit, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass dieses Konjunkturpaket nicht nur ein Konjunkturpaket ist, sondern es, egal wie es sich später auf die Konjunktur auswirkt, auf jeden Fall auch ein Verschuldungspaket ist.

(Beifall der FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist keineswegs so, dass die Verschuldung des Staats an dieser Stelle völlig unbeachtlich sein muss. Wir konnten z. B. im Januar in der „FAZ“ nachlesen, dass die zuständige Bundesagentur, die auf der Bundesebene Staatsanleihen verkauft, am Markt nicht erfolgreich war, weil offensichtlich die Verzinsung nicht ganz so war, wie man sie sich erhoffte. Also scheint das nicht ganz so einfach zu sein.

Wir können heute Morgen im „Handelsblatt“ lesen, dass es für die Bundesländer zu deutlichen Verteuerungen bei den Schuldenfinanzierungen kommen kann, weil die Nachfrage am Markt entsprechend groß ist und der Bund als solventer gilt als die Länder und ein entsprechendes Risiko insofern vorhanden ist. Man darf eben nicht meinen, dass Verschuldung für sich kein Risiko wäre.

Herr Kollege Hartloff, ich gebe Ihnen recht, das, was die Wissenschaft und die Fachleute derzeit von sich geben, ist manchmal schwer nachzuvollziehen. Ich hatte das Vergnügen, bei den „Bitburger Gesprächen“ anwesend zu sein. Dort war ein Wirtschaftswissenschaftler, der der Bundesrepublik Deutschland geraten hat: Wann, wenn nicht jetzt sich verschulden? – Dann hat er andere Länder untersucht, bei denen er zu dem Ergebnis kam: Die USA sind gefährlich. Die sind zu hoch verschuldet. – Irgendwie passt das nicht zusammen. Wenn Verschuldung ein Risiko ist, ist es das in den USA genauso wie in der Bundesrepublik Deutschland, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der FDP)

Insofern ist es aus meiner Sicht und aus der Sicht meiner Fraktion gar nicht falsch gewesen, wenn auf der Bundesebene ein verbindlicher Tilgungsplan ins Gespräch gebracht worden ist, mit dem man verbindlich festlegt, wie die zusätzlichen Schulden künftig zurückgezahlt werden sollen, damit auch künftige Generationen wissen, wie sie belastet werden.

Bedauerlicherweise wird mit diesem Konjunkturpaket der verbindliche Schuldentilgungsplan nicht mitbeschlossen. Es wäre jedenfalls glaubwürdiger, wenn man diesen Tilgungsplan gleich mitbeschließen würde und nicht auf später vertröstet, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der FDP)

Herr Kollege Baldauf, wenn Sie den Erblasttilgungsfonds nicht angesprochen hätten, hätte ich vielleicht nichts dazu gesagt. Aber nachdem Sie ihn selbst angesprochen haben, komme ich nicht umhin, einiges dazu zu sagen, verehrter Herr Kollege.

(Hartloff, SPD: Das Beispiel war eine Vorlage!)

Ich setze gern hinzu, da hat nicht nur Frau Merkel auf dem falschen Pferd gesessen,

(Harald Schweitzer, SPD: So ist es!)

sondern der Vizekanzler auch. Der hat auch auf dem falschen Pferd gesessen.

(Beifall der FDP – Harald Schweitzer, SPD: Nee! Nee!)

Doch, doch, Herr Kollege Schweitzer.

Sie haben nämlich beide erklärt, der Erblasttilgungsfonds sei doch der Beweis dafür, dass man so etwas über Jahre verbindlich festlegen und einhalten kann.

(Hartloff, SPD: Stimmt! Das ist so!)

Herr Staatssekretär Diller hat im Bundestag dann erklärt, die Aussage der Kanzlerin und des Vizekanzlers sei richtig, weil im Buchwerk des Erblasttilgungsfonds die Schulden nicht mehr drinstünden. Natürlich können sie nicht mehr drinstehen, sie haben sie vorher in den normalen Haushalt umgebucht, verehrte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall der FDP – Eymael, FDP: Jawohl! So ist es!)

Das ist nicht unbedingt eine Schuldentilgung. Das wäre so, als wenn ich privat zwei Konten hätte, beide mit 10.000 Euro überzogen, und ich dann das eine Konto um weitere 10.000 Euro überziehe und dann das andere Konto auf null steht. Das stimmt, in diesem Konto ist das Buchwerk auf null, aber die Schulden sind genauso hoch wie vorher, verehrte Kolleginnen und Kollegen.