Ja, ich war derjenige welcher. Ich glaube nicht, dass es etwas damit zu tun hat, dass die SPD ein Rad zurückdrehen möchte, sondern wir haben einfach die Erkenntnis, dass wir die Kommunen stärken müssen, vor allen Dingen die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen.
Es muss Chancengleichheit herrschen. Es kann uns sowohl als Landespolitiker als auch als Kommunalpolitiker nicht gleichgültig sein, wer diese wichtigen Aufgaben, die zur existenziellen Daseinsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger im Land zählen, erledigt.
Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht, darauf vertrauen zu können, dass sie die Leistungen, die sie benötigen, gut, kostengünstig und vor allen Dingen auch sicher erhalten können. Leider gibt es einige – nicht nur einige, sondern mehrere bzw. viele – Negativbeispiele,
wie die Privatisierung gelaufen ist. Ich nenne nur den Bereich der Wasserversorgung. Dort sind viele Kommunen – ich sage einfach Kiel –, die das gemacht haben, die heute froh wären, wenn sie das Rad wieder zurückdrehen könnten.
Das ist doch egal, das ist doch überall das Gleiche. Um den kommunalen Unternehmen die gleichen Marktchancen zu geben, soll die Gemeindeordnung deshalb so geändert werden, dass die Subsidiaritätsklausel ausdrücklich die Versorgungsbereiche, die ich eben genannt habe, nämlich Wasserversorgung, Energieversorgung, ÖPNV, ausnimmt.
Auch das Örtlichkeitsprinzip wird es in der stringenten Form wie bisher nicht mehr geben. Auch dort werden die Kommunen bzw. die kommunalen Betriebe wesentlich bessere Möglichkeiten haben, im Geschäftsleben zu agieren.
Wir sind als SPD-Fraktion der Auffassung, dass durch diese Änderungen und einige weitere Änderungen, die ich hier nicht noch ausdrücklich aufführen möchte, eine wesentliche Verbesserung der Marktchancen für die kommunalen Unternehmen erfolgt und darüber hinaus auch zukünftig die Privaten eine Chance haben. Ich glaube, dass dies der richtige Weg ist.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gemeindeordnung ist erst vor wenigen Wochen, nämlich Ende 2008, geändert worden. Heute sind es im Wesentlichen drei Punkte, die zu einer Aktualisierung der Gemeindeordnung führen.
1. Nach der geltenden sogenannten Subsidiaritätsklausel darf nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 Gemeindeordnung die Gemeinde wirtschaftliche Unternehmen nur dann errichten, übernehmen oder erweitern, wenn der öffentliche Zweck nicht ebenso gut durch einen privaten Dritten erfüllt werden kann.
Das heißt mit anderen Worten, die Gemeinde darf sich wirtschaftlich nur unter der Voraussetzung betätigen, dass sie besser und wirtschaftlicher als ein privater Dritter arbeitet.
Schon bei der Leistungsparität ist der Gemeinde jede wirtschaftliche Tätigkeit untersagt. Für diese Lösung
hatte sich die FDP-Fraktion seinerzeit sehr stark eingesetzt. Die politische Antwort der Landesregierung auf die Öffnung der Versorgungsmärkte ist die vorgesehene Lockerung der Subsidiaritätsklausel. Sie soll nicht mehr gelten für Energieversorgung, Wasserversorgung und öffentlichen Personennahverkehr.
2. In die gleiche Richtung geht die zweite Regelung mit der Zurücknahme des Örtlichkeitsprinzips. Um wirtschaftlich konkurrenzfähig zu sein, sollen die Gemeinden auch Märkte über das eigene Gemeindegebiet hinaus bedienen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, beide Regelungen begegnen unseren grundsätzlichen Bedenken. Mit engagierter Unterstützung der FDP wurde 1998 mit der Einführung der erwähnten Subsidiaritätsklausel dem Grundsatz „Privat vor Staat“ entsprochen.
Wir sind auch heute noch mindestens so wie damals daran interessiert, der mittelständischen rheinlandpfälzischen Wirtschaft nicht nur keinen Schaden dadurch zuzufügen, indem den Kommunen im Großen und Ganzen ungehemmtes wirtschaftliches und unternehmerisches Agieren zugestanden wird. Unsere Intention ist nach wie vor und mit besonderer Priorität darauf gerichtet, die mittelständischen rheinland-pfälzischen Betriebe zu fördern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, an dieser Regelung des Gesetzentwurfs werden prinzipielle politische Unterschiede zwischen der auf mehr staatliche Kompetenz fixierten SPD und einer mehr der sozialen Marktwirtschaft verpflichteten FDP mit besonderer Hinwendung zur privatwirtschaftlichen Initiative sichtbar.
Ich wiederhole es noch einmal: „und einer mehr der sozialen Marktwirtschaft verpflichteten FDP mit besonderer Hinwendung zu privatwirtschaftlicher Initiative sichtbar“.
Die vorgesehene Aufweichung des Öffentlichkeitsprinzips führt zu einer Einschränkung des Wettbewerbs und damit zu einer Einschränkung des Handlungsspielraums privater Unternehmen. Wir halten dies aus grundsätzlichen Überlegungen für den falschen politischen Ansatz, dem sich unsere Fraktion nicht anschließen wird.
3. Gegen die dritte Bestimmung, nämlich die in dem Gesetzentwurf eröffnete Möglichkeit der Kommunen, ein kommunales Unternehmen in Privatrechtsform zu veräußern, haben wir weniger Bedenken, wohl aber gegen
die vorgesehene Möglichkeit der neuen Errichtung oder Erweiterung eines wirtschaftlichen Unternehmens durch die Kommunen.
Nach dem bisher geltenden § 85 Abs. 4 Satz 1 ist die Errichtung eines Bankunternehmens untersagt. Dabei soll es nach unserer Auffassung auch in Zukunft bleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei summarischer politischer Würdigung des Gesetzentwurfs komme ich zu dem Ergebnis, dass dieses Gesetz einen Rückschritt bedeuten würde, dass es gegen marktwirtschaftliche Grundsätze in seiner fehlgeleiteten Staatsgläubigkeit verstoßen würde und insoweit den Interessen des Landes insgesamt nicht gerecht werden kann. Deswegen wird unsere Fraktion diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein paar Anmerkungen zur Energiewirtschaft in Bezug auf diese Gesetzesänderung machen.
Ich denke, uns allen ist klar, dass für den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz auch in Zukunft eine sichere Energie- und Wasserversorgung zu wettbewerbs- und verbraucherfreundlichen Preisen von hoher Bedeutung ist. Um dieses Ziel zukünftig sicherstellen zu können, brauchen wir mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt. Das sage ich auch der FDP ganz deutlich.
Energieversorgung ist ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Städte und Gemeinden sind demnach nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die Versorgung mit Energie in ihrem Gemeindegebiet zu regeln.
Dazu haben Sie grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die in Rheinland-Pfalz angenommen werden. Das kann entweder durch den Aufbau eines eigenen kommunalen Unternehmens gegebenenfalls auch im Verbund mit anderen Kommunen oder durch Übertragung auf ein größeres Versorgungsunternehmen geschehen. Das haben wir im Norden von Rheinland-Pfalz. Dort ist fast alles in der Hand von RWE.
Durch die sogenannte Liberalisierung, d. h. die Öffnung der Versorgungsmärkte, sind die kommunalen Versorgungsunternehmen besonders im Bereich der Energie in ihrem eigenen ehemaligen Monopolbereich, also in ihrem eigenen kommunalen Gebiet zunehmend einem Konkurrenzdruck durch die Privatwirtschaft ausgesetzt
So hat sich die seit 1998 geänderte Gemeindeordnung mit ihrem strengen Subsidiaritäts- und Örtlichkeitsprinzip zunehmend als Bremsklotz für die gesunde Entwicklung unserer Stadtwerke und kommunalen Energieversorgungsunternehmen entwickelt.
Gerade die Beschränkung der wirtschaftlichen Tätigkeit unserer rheinland-pfälzischen Kommunen bei der Energie- und Wasserversorgung ist vor dem Hintergrund der geänderten Wettbewerbssituation auf den Märkten, die sich in der höheren Wechselbereitschaft der Endkunden, der zunehmenden Beschaffungs- und Verwaltungskosten sowie des härteren Verdrängungswettbewerbs zeigt, nicht mehr zeitgemäß. Das werden wir jetzt ändern.
Bereits heute können und sind kommunale Energieversorger aus anderen Bundesländern in Kommunen in Rheinland-Pfalz tätig, weil sie in ihren Bundesländern andere rechtliche Rahmenbedingungen als wir haben. So haben beispielsweise bei Ausschreibungen mit unglücklichen Losbündelungen, wenn ich das einmal so sagen darf, Versorger aus anderen Bundesländern immer einen Wettbewerbsvorteil sogar gegenüber dem Versorger vor Ort, also den Stadtwerken, weil diese an das Örtlichkeitsprinzip gebunden sind.