Protocol of the Session on December 10, 2008

Meine sehr geehrten Damen und Herren, niemand von uns weiß, ob die Folgen der Finanzmarktkrise in ihrer ganzen Tragweite heute überhaupt schon abgesehen werden können.

Die jüngsten Wirtschaftsdaten und -prognosen und auch die tägliche Nachrichtenlage geben jedenfalls noch keinen Grund zur Entwarnung.

In den Strudel der Finanzmarktkrise sind nicht nur Automobilhersteller wie z. B. Opel geraten; betroffen sind inzwischen auch die regionalen Zulieferer der Automobilbranche ebenso wie die Chemieindustrie. In einer solchen Situation herrscht natürlich viel Unsicherheit und Zukunftsangst, insbesondere bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die angesichts der Auftragseinbrüche um ihre Arbeitsplätze fürchten.

Die Finanzmarktkrise ist auch – und vor allem – eine Vertrauenskrise. Durch verantwortungsvolles politisches Handeln muss deswegen alles getan und versucht werden, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft zurückzugewinnen. Deswegen ist es völlig richtig und auch unabdingbar, dass Politik Schutz orga

nisiert, Risiken abschirmt und Impulse für Investitionen und Vertrauen in die Zukunftssicherung schafft. Das ist die Aufgabe auch der Haushalts- und Finanzpolitik, die sie zu leisten hat, und dazu gehören Qualitätsmerkmale wie Beständigkeit, Sorgfalt und auch Standpunktfestigkeit, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch Ehrlichkeit; denn Politik ist kein Allheilmittel gegen einen gesamtwirtschaftlichen Abschwung.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat der sich zuspitzenden Situation Rechnung getragen und bereits erste Maßnahmen zur Vorsorge und Stabilisierung für Rheinland-Pfalz getroffen. Nennen möchte ich vor allem die vom Ausschuss einstimmig beschlossene Verdoppelung des Bürgschaftsrahmens von 400 Millionen Euro auf 800 Millionen Euro. Hiermit soll die Liquidität und Investitionsfähigkeit rheinland-pfälzischer Unternehmen gesichert werden. Zur Deckung möglicher Einnahmeausfälle haben wir auch die Ermächtigung zum Forderungsverkauf vorsorglich von 100 Millionen Euro auf 200 Millionen Euro aufgestockt. Natürlich müssen wir uns überlegen, welche weiteren Wege wir noch gehen können und vielleicht auch müssen, um der Krise wirksam und effektiv begegnen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Diskussion, die sich um das Schlagwort „Steuersenkungen“ gerankt hat, möchte ich an dieser Stelle nicht vorweggreifen, aber doch zumindest daran erinnern, dass es in Deutschland seit dem Jahr 2000 in ganz erheblichem Umfang Steuersenkungen gegeben hat, ohne dass die anschließende Rezession dadurch verhindert worden ist.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Herr Creutzmann, massiv belastet wurden allerdings die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb sollten wir uns die Frage stellen, ob es nicht auch wichtig ist, dass wir als Staat finanziell so ausgestattet sind, dass wir gerade in Krisenzeiten handlungsfähig bleiben und notwendige Unterstützung für die Menschen organisieren können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang kurz auf die Erbschaftsteuer zu sprechen kommen, die auch in unseren Haushaltsberatungen eine Rolle gespielt hat. Sie wissen, dass das Bundesverfassungsgericht das bisherige Erbschaftsteuerrecht für verfassungswidrig hielt. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2008 eine Neuregelung zu treffen. Ohne die Reform wäre also die Erbschaftsteuer in einigen Tagen ausgelaufen.

Natürlich kann man die Frage der grundsätzlichen Berechtigung der Erbschaftsteuer stellen und ihre Abschaffung fordern, wie es die CDU-Fraktion in den Beratungen auch ausdrücklich getan hat. Wissen muss man aber dabei, dass im Haushalt Einnahmen aus der Erbschaftsteuer in Höhe von rund 200 Millionen Euro jährlich veranschlagt sind. Deswegen hielt die SPD-Fraktion den Verzicht auf diese Einnahmen nicht nur für ungerechtfertigt, sondern auch für haushaltspolitisch unvertretbar, zumal keine konkreten Vorschläge unterbreitet

wurden, wie diese Einnahmeausfälle hätten kompensiert werden sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich ein weiteres Beispiel aus unseren Haushaltsberatungen nennen. Es geht um das Thema „Energie“, genauer gesagt, um Energieeinsparung sowie um die Steigerung der Energieeffizienz. Dies ist ein hochaktuelles Thema, auch angesichts der Ankündigung der vergangenen Tage, dass die Strompreise erhöht werden.

Nach der Regierungsvorlage sollen die Ausgabenansätze in diesem Bereich insgesamt, beispielsweise für Investitionszuschüsse im Energiebereich oder auch für Maßnahmen zur Stärkung des Bewusstseins für nachhaltigen und effizienten Energieeinsatz, beträchtlich erhöht werden. Die Opposition hatte allerdings Kritik an der Höhe dieser Ansätze geübt, die in dieser Größenordnung nicht nachvollziehbar und letztendlich auch nicht gerechtfertigt seien. Die SPD-Fraktion hat demgegenüber die vorgesehenen Mittel verteidigt und darauf hingewiesen, dass das Land nicht nur aus energie-, sondern gerade auch aus konjunkturpolitischer Sicht Impulse und Anreize für Investitionen setzen müsse, damit die Nutzung von Energiesparmaßnahmen und Energieeffizienzprogrammen auch künftig attraktiv bleibe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe dieses Beispiel ausgewählt, weil es sehr gut die unterschiedliche Beurteilung des Haushaltsentwurfs zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen verdeutlicht, und zwar nach den Maßstäben der notwendigen Konsolidierung einerseits und der Investition in die richtigen Zukunftsaufgaben andererseits sowie die Risikovorsorge für derzeit nur schwer absehbare Entwicklungen.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion kritisierte am Haushaltsentwurf vor allem, dass ein wirklicher Sparwille der Landesregierung nicht erkennbar sei und die Chance vertan werde, den Aufbau des Schuldenbergs zu stoppen.

(Baldauf, CDU: Dazu sage ich gleich noch etwas!)

Andererseits werde aber auch an falscher Stelle gespart, worunter vor allem der Bildungsbereich und die Hochschulen im Besonderen zu leiden hätten.

Auch die Fraktion der FDP bemängelte den fehlenden Sparwillen der Landesregierung und kritisierte, dass der Regierungsentwurf trotz guter Einnahmesituation die Aufnahme weiterer Schulden vorsehe.

Die Fraktion der SPD hob in den Beratungen hingegen hervor, dass der Haushalt die richtigen Schwerpunkte setze; denn trotz Schuldenbegrenzung werde in wichtige Zukunftsprogramme, vor allem im Bereich der Schule und Hochschule, investiert. Dazu zähle vor allem der Ausbau der Ganztagsschulen und der Kindertagesstätten, die Weiterentwicklung der Schulstruktur mit der Realschule plus, eine gute Unterrichtsversorgung und gleichermaßen die Etablierung kostenfreier Bildungsangebote, für die beispielhaft die Einführung der Beitrags

freiheit für Kindergärten stehe. Gerade die Aufstockung der Mittel für das Hochschulsonderprogramm und die vorgesehenen Mittel für den Hochschulbau seien – so jedenfalls die SPD-Fraktion – deutliche Zeichen für die Schwerpunktbildung im Bereich Wissenschaft und Forschung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, so viel zur grundsätzlichen Haltung der Fraktionen. Lassen Sie mich noch kurz ein Wort zur Transparenz des Haushalts sagen, auch vor dem Hintergrund der Entschließung der Fraktion der CDU.

In den Beratungen der Haushaltspläne ist vonseiten der Oppositionsfraktionen immer wieder der Einwand erhoben worden, die Darstellung in den Einzelplänen sei trotz aller Bemühung um Transparenz unübersichtlich und nicht nachvollziehbar. Verantwortlich wurden dafür insbesondere fehlende oder unzureichende Erläuterungen der Ansätze gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Sie klatschen zu früh, Herr Dr. Rosenbauer.

Natürlich werden wir als Parlament Verbesserungen prüfen und dabei abzuwägen haben, ob die Aufnahme umfassender Erläuterungen angesichts des Umfangs der Haushaltspläne tatsächlich in jedem Fall zur besseren Übersichtlichkeit beiträgt. Wir werden dies als Ausschuss gemeinsam mit dem Ministerium der Finanzen beraten, um auch die Haushaltssystematik dabei im Blick zu behalten.

Nicht vergessen möchte ich in diesem Zusammenhang aber auch den Hinweis auf die 16 Leistungsaufträge, die die Landesregierung im Haushalt ausgebracht hat. Herr Kollege Ramsauer, gerade Leistungsaufträge dienen der Transparenz und sind effektive Instrumente parlamentarischer Steuerung; denn die zu erreichenden Ziele sind ebenso klar vorgegeben wie das dafür zur Verfügung stehende Budget.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kritik ist von der Opposition übrigens auch daran geübt worden, dass die einseitige und gegenseitige Deckungsfähigkeit verschiedener Ausgabenbereiche in einem Umfang zugenommen hätten, der die Kontrollmöglichkeit der Legislative insgesamt erschwere. Der Einwand hat mich etwas überrascht; denn dieses Verfahren ist seit langem gesetzlich ausdrücklich zugelassenes Haushaltsinstrument, das nicht nur die notwendige Flexibilität, sondern auch eine bessere Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Haushaltsführung gewährleistet. Darin waren wir uns – jedenfalls bis jetzt – fraktionsübergreifend auch einig.

Überdies kann – auch das wissen Sie – der Haushalt- und Finanzausschuss von der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit im Haushaltsgesetz Gebrauch machen und die Deckungsfähigkeit im Einzelfall begrenzen oder sogar vollständig aufheben. Insoweit möchte ich die Kritik an dieser Stelle ein Stück weit relativieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Kritik der CDU-Fraktion am Anhörverfahren der Hochschulen werden Sie einiges in meinem Bericht, der Ihnen in der

Drucksache 15/2841 vorliegt, finden. Als Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses liegt mir viel an einem konstruktiven Stil, den wir natürlich auch gegenüber den Hochschulpräsidenten pflegen wollen.

Wie in den Vorjahren auch, sind die schriftlichen Stellungnahmen den Mitgliedern des Ausschusses nicht unmittelbar, sondern über das Fachministerium zugeleitet worden. Das ist laut Hochschulgesetz so vorgeschrieben und dürfte an der Objektivität zumindest nach Meinung der Mehrheit des Ausschusses nichts ändern. Wir sollten den Hochschulpräsidenten deshalb nicht unterstellen, sie hätten in ihren Stellungnahmen nicht den Mut gehabt, Kritik zu üben. Aus den Erfahrungen vergangener Haushaltsberatungen weiß ich, dass das Gegenteil richtig ist.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Frau Kohnle-Gros, das gilt selbstverständlich auch, wenn die Landesregierung von den Hochschulen trotz des Wunsches nach höherer Grundausstattung ausdrücklich Lob und Anerkennung für ihr Engagement im Hochschulbereich und vor allem für das etablierte Hochschulsonderprogramm „Wissen schafft Zukunft“ erfährt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der abschließenden Beratung lagen dem Haushalts- und Finanzausschuss insgesamt über 300 Änderungsanträge zur Beratung und Beschlussfassung vor. Und wie immer ist der Haushalt nach den Beratungen des Parlaments – noch – besser geworden.

Von den fraktionsübergreifend eingebrachten Änderungsanträgen möchte ich vor allem die Aufstockung der Zuschüsse an die Fördervereine der Gedenkstätten in Osthofen und Hinzert nennen.

Einstimmig befürwortet hat der Ausschuss auch die von allen Fraktionen beantragte Erhöhung der Zuschüsse zur institutionellen Förderung der Träger der Jugendarbeit.

Darüber hinaus hat jede Fraktion weitere umfangreiche Änderungsanträge eingebracht, die ich an dieser Stelle nur sehr verkürzt darstellen kann:

Ein Teil der von der Fraktion der CDU eingereichten Änderungsanträge zielte – wie bereits im vergangenen Doppelhaushalt – darauf ab, die in der Regierungsvorlage veranschlagten Zuführungen an den Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung komplett zu streichen.

Weitere Einsparungen sollten nach dem Willen der CDU-Fraktion durch Kürzungen der Ansätze für die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung realisiert werden oder den vollständigen Verzicht beispielsweise auf die Standortkampagne für Rheinland-Pfalz oder das Bürgerbüro der Staatskanzlei.

Darüber hinaus beantragte die Fraktion der CDU die Einstellung zusätzlicher Nachwuchskräfte insbesondere für die Polizei und von zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrern, deren Bezüge aus einer Reduzierung der Stellenpläne der Ministerien finanziert werden sollten.

Die Veranschlagung zusätzlicher Investitionen für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur vor allem im Straßenbau haben sowohl CDU- als auch FDP-Fraktion in ähnlicher Weise beantragt.

Die weiteren von der FDP-Fraktion beantragten Änderungen betrafen ebenfalls Kürzungen der Mittel, beispielsweise für die Standortkampagne und im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung.

Für ein Programm zum Ausbau der Netzwerktätigkeiten zwischen Hochschuleinrichtungen, Forschungs- und Technologiezentren und Unternehmen beantragte die FDP-Fraktion die Umschichtung der Mittel des Europäischen Sozialfonds in den Einzelplan 09.

Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, ist das in vergleichbarer Form auch bereits für den vergangenen Doppelhaushalt beantragt worden.

Ein weiterer Teil der Änderungsanträge der FDPFraktion zielte darauf ab, im Bereich der Schulen insgesamt 455 Lehrerstellen zu schaffen, die als feste Personalreserve für Aushilfs- und Vertretungsfälle zur Verfügung stehen sollten.

Im Ausschuss fanden die von den Oppositionsfraktionen eingereichten Änderungsanträge allerdings keine Mehrheit.

Die beschlossenen Änderungen der Haushaltsansätze sind in den Beschlussempfehlungen des Haushalts- und Finanzausschusses ausführlich dargestellt. Insofern verweise ich nochmals auf die Drucksache 15/2840, die Ihnen vorliegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, von den angenommenen Änderungen möchte ich beispielhaft lediglich die folgenden nennen: