Das will ich in aller Deutlichkeit sagen. Wir wollen den Erfolg des Nürburgrings. Wenn dort das Geld ausgegeben wird, dann wollen wir auch den Erfolg.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Eymael, ich habe mir notiert, dass das ein Punkt für Sie ist, weil Sie es im Ausschuss schon einmal angesprochen haben, dass Sie den Antrag, 60 Jahre soziale Marktwirtschaft betreffend, einbringen, weil Sie sich daran gestört haben, dass die Landesregierung anlässlich dieses Jubiläums keine Festveranstaltung gemacht hat. Wir haben das im Ausschuss damals schon ein bisschen skurril gefunden. Ich kann mir nicht helfen, ich finde es auch jetzt ein bisschen komisch, dass Sie das als Beweggrund für einen Antrag nehmen.
Ich muss Ihnen sagen, wenn Sie die Befürchtung haben, dass die Landesregierung das Thema „Soziale Marktwirtschaft“ nicht im richtigen Rahmen begeht, muss ich Ihnen Folgendes entgegnen: Wenn die Landesregierung jeden Tag gute Politik im Sinne der sozialen Marktwirtschaft, wie sie es jeden Tag macht, gestaltet, dann ist es doch mehr wert als eine Festveranstaltung mit Canapés und Sekt-Orange.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ein Sturm aufzieht, ist man gut beraten, wenn man beizeiten dafür gesorgt hat, dass das Haus, in dem man lebt, auf solidem Grund steht, die Mauern abgesichert sind und das Dach dicht ist.
(Bracht, CDU: Der ist schon länger da! – Baldauf, CDU: Das ist eine ziemliche Unverschämtheit! – Bracht, CDU: Eine dreiste Überheblichkeit! – Licht, CDU: Überlegen Sie einmal, was Sie sagen!)
Das gilt auch für wirtschaftlich stürmische Zeiten. Auch in wirtschaftlich stürmischen Zeiten kommt es darauf an, sich zu wappnen und sich gut aufzustellen und dafür Grundlagen zu schaffen, dass man aus einer solchen Krise stark oder sogar gestärkt wieder herauskommt. Das ist in Rheinland-Pfalz seit Jahren der Fall.
Es ist inzwischen ein anerkanntes Qualitätsmerkmal und ein Markenzeichen rheinland-pfälzischer Wirtschaftspolitik, Schwerpunkte zu setzen, und zwar bei der Entwicklung von Branchen, in denen Rheinland-Pfalz bereits sehr stark ist und noch stärker werden kann, oder aber in Branchen, in denen die Wirtschaft unseres Landes über besondere Potenziale verfügt. Ich nenne beispielhaft die Gesundheitswirtschaft. Hier bildet sich ein wichtiger Zukunftsmarkt heraus mit noch lange nicht vollständig ausgeschöpften Beschäftigungschancen, und zwar Beschäftigungschancen für hochwertige Jobs. Wir unterstützen es deshalb, dass der vorliegende Doppelhaushalt die Grundlage dafür schafft, dass die Initiative Gesundheitswirtschaft in gemeinsamer Trägerschaft des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau und des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie weitergehen kann.
Auch dies ist ein Schwerpunkt mit dem klaren Ziel, eine Leitbranche in Rheinland-Pfalz zu etablieren.
Stichwort Leitbranche: Sie wissen, wir alle wissen, dass der Tourismus in Rheinland-Pfalz in seiner wirtschaftlichen Bedeutung nicht zu unterschätzen ist. Eine Branche, die mit 6,2 Milliarden Euro Umsatz und nahezu 200.000 Beschäftigten im Land unsere Region prägt, unser Land prägt – nicht nur wirtschaftlich –, muss auch weiter unser Hauptaugenmerk finden. Deshalb ist es auch richtig, dass auf der Grundlage eines stimmigen Tourismuskonzepts Schwerpunkte gesetzt werden. Mit dem Bereich „Wandern, Radfahren und Wellness“ und dem Bereich „Wein und Gesundheit“ – Sie wissen, da sind wir spitze und da macht uns keiner etwas vor – setzen wir auf diese Schwerpunkte. Wir wollen, dass das im Doppelhaushalt so auch abgebildet wird.
Wir pflegen unsere touristische Infrastruktur. Wir machen auf unsere vielfältigen Angebote mit insgesamt 8 Millionen Euro jährlich aufmerksam.
Wir wissen vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Landesgartenschauen, dass das gut, richtig und sinnvoll investiertes Geld ist. Die Entwicklung der Wertschöpfung rund um dieses Projekt in Koblenz wird uns recht geben.
Ich habe von Schwerpunktsetzungen bei Branchen und Investitionen in die Infrastruktur gesprochen. Damit sind natürlich auch Rahmenbedingungen gemeint. Wenn man sich die Rahmenbedingungen anschaut, die Politik überhaupt setzen kann, um Investitions- und Standortentscheidungen zu beeinflussen, genießt nur wenig einen so hohen Stellenwert wie die Verkehrsinfrastruk
tur. Deshalb ist es gut, dass dieser Haushalt auch in diesem Bereich wichtige Botschaften in sich trägt.
Wir investieren auch in den Jahren 2009 und 2010 in ein leistungsfähiges Landesstraßennetz. Wir bleiben auf hohem Niveau und stellen hierfür insgesamt 95 Millionen Euro pro Jahr ein. Das sind nahezu 470 Einzelvorhaben. Weitere 42 Bauvorhaben können im Rahmen des Sonderprogramms „Verkehrssicherheit und Radwege“ mit einem Volumen von rund 9 Millionen Euro über die nächsten beiden Jahre hinweg angedacht werden.
Hinzu kommen Mittel aus dem regulären Bauprogramm für die Radwege im Land und Mittel für den kommunalen Straßenbau in Höhe von 67 Millionen Euro. Das ist meiner Meinung nach ein starkes Signal hin in die Bauwirtschaft und in die Wirtschaft, die wissen will, unter welchen Rahmenbedingungen sie in schweren Zeiten in den nächsten Jahren agieren wird.
Diese Tage erreichte uns auch die Nachricht, dass Ministerpräsident Kurt Beck und unser Wirtschaftsminister Hendrik Hering in Berlin ausgehandelt haben, dass im Rahmen des Arbeitsplatzprogramms „Bauen und Verkehr“ des Bundes weitere Mittel und Projekte in Rheinland-Pfalz möglich werden. Das ist ebenfalls ein Grund, sich darüber zu freuen. Das betrifft eher meine Fraktion. Sie müssen sich nicht aufgefordert fühlen.
(Beifall der SPD – Bracht, CDU: Ist der Hochmoselübergang jetzt dabei? – Harald Schweitzer, SPD: Schauen Sie nach!)
Mir ist berichtet worden, dass es ein gängiges Argumentationsprinzip gewesen sei, dass, wenn Sie zu Zeiten von Gerhard Schröder etwas gefordert haben, Sie gesagt haben: Ruft doch mal den Schröder an und appelliert an seine Richtlinienkompetenz. – Herr Bracht, haben Sie Frau Merkel schon angerufen?
Wenn es um Infrastrukturmaßnahmen geht, geht es nicht nur um Verkehrsprojekte, sondern es geht auch um Kommunikationswege, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da erfahren wir, die wir im ländlichen Raum leben und politisch tätig sind, dass gerade auch der Bereich Breitbandentwicklung von elementarer Bedeutung für die Ansiedlung von Unternehmen, aber auch für die Entscheidung von Familien ist, ob sie auf das Dorf ziehen
oder ob sie eher in den städtischen Bereich ziehen. Ich bin sehr froh, dass wir in diesem Bereich in RheinlandPfalz ebenfalls vorangehen und mit einem Gesamtvolumen von rund 10 Millionen Euro die regionale Breitbandansiedlung unterstützen.
Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs spüren wir noch immer die Folgen der Kürzung der Regionalisierungsmittel des Bundes. Deshalb ist besonders hervorzuheben, dass sich diese Landesregierung klar zum bundesweit vorbildhaften ÖPNV auf der Straße und auf der Schiene bekennt. Ich freue mich darüber, dass die Zuweisungen des Landes an die beiden Zweckverbände weiter deutlich über dem liegen, was uns das Nahverkehrsgesetz aufträgt. Die Prioritätensetzung ist also klar.
Gestatten Sie mir zum Abschluss meiner Redezeit noch ein paar Anmerkungen zu den vorliegenden Anträgen, die sich mit dem Thema „60 Jahre soziale Marktwirtschaft“ beschäftigen. Wir haben uns im Ausschuss darauf verständigt, in der Plenardebatte dieser Diskussion ein wenig Raum zu geben.
Ich möchte zunächst eine Vermutung äußern, nämlich die Vermutung, dass dann, als Sie den Antrag formuliert haben – das war wohl im August 2008 –, Sie natürlich noch nicht ahnen konnten, auf welcher gesamtwirtschaftlichen Grundlage wir uns heute in der Debatte bewegen, Herr Eymael. Ich vermute, Sie hätten den einen oder anderen doch etwas nassforschen Satz zur Entwicklung der Staatsquote und zur Rolle der öffentlichen Hand so nicht formuliert. Das ist aber umso schöner, weil damit Unterschiede deutlich werden.
Der entfesselte Markt, die Privatisierung und Liberalisierung aller Wirtschaftsbereiche, auch aller Lebensbereiche, das Geringschätzen einer politischen Gestaltung von Gesellschaft, die komplette Agenda der Neoliberalen oder der Wirtschaftsliberalen – Sie können sich den Begriff aussuchen – ist in den vergangenen Wochen gründlich auf Grund gelaufen, meine Damen und Herren.
Wer sich die aktuellen Geschehnisse der vergangenen Wochen anschaut, sieht eines: Wer wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität in diesem Land will, muss auf einen Wettbewerb setzen. Ja, aber dieser Wettbewerb muss Regeln unterworfen sein, und er muss für sozialen Ausgleich in diesem Land sorgen.
Das ist zumindest unsere Vorstellung von sozialer Marktwirtschaft. Wer es wie die beiden antragstellenden Fraktionen – die CDU ist auf diesen Antrag noch aufgesprungen – schafft, auf vier Seiten eines Antrags, der sich mit sozialer Marktwirtschaft beschäftigt, nicht einmal das Wort „Sozialstaat“ zu verwenden, macht sehr deutlich, wohin die Reise geht.
Ich möchte an der Stelle deutlich machen, wo die Unterschiede liegen, nämlich die Unterschiede im Haus und sicherlich auch – das unterstelle ich – in der Bevölke
rung im Hinblick auf die Wahrnehmung und die Bedeutung eines vernünftigen und gut organisierten sowie gut finanzierten Sozialstaats.
Meine Damen und Herren, Sie haben sich in Ihrem Antrag auch zur Staatsquote geäußert. Herr Eymael, Sie haben das eben noch einmal beschrieben. Ich habe mir angeschaut, wie sich die Staatsquote tatsächlich entwickelt hat. Da bin ich auf Zahlen gestoßen, die nicht so recht zu dem passen, was Sie in dem Antrag aussagen, nämlich dass seit 1998, dem letzten Jahr, in dem die CDU und die FDP im Bund gemeinsam die Regierungsverantwortung hatten, die Staatsquote in Deutschland um fast 5 % zurückgegangen ist. Die Staatsquote ist zurückgegangen.
Mit einer Quote von aktuell 43,7 % liegen wir, so die offiziellen OECD-Zahlen, deutlich unter dem EUDurchschnitt von 46,1 %. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen, wenn wir in diesen Anträgen lesen, die Staatsquote sei immer noch zu hoch. Meine Damen und Herren, manche alte Lebensweisheit entwickelt sich irgendwann zur alten Lebenslüge.
Ich lese in Ihrem Antrag die eine oder andere Passage zur Energiepolitik. Natürlich schreiben Sie etwas Positives zur Atomenergie. Ich glaube, wir müssen an der Stelle die Debatte nicht führen. Wir haben das schon öfter getan. Es gab auch schon genug Gelegenheiten. Sie werden an der Stelle unsere Unterstützung nicht finden.