Protocol of the Session on August 28, 2008

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns mit einem kurzen Rückblick beginnen, damit wir die Große Anfrage auch in den richtigen Kontext einordnen können. Ende Mai waren „Milch“, „Milchboykott“ und die Proteste der deutschen Landwirte vorherrschende Stichwörter in den Schlagzeilen in den Medien. Ziel der Bauern war es, die Auszahlungspreise des hoch qualitativen Produkts Milch auf über 40 Eurocent anzuheben, nachdem er von einem Zwischenhoch im Jahr 2007 wieder deutlich gesunken war. Die mehr oder weniger einfache Erklärung dazu lautete, es gab einfach zu viel Milch, es wurde zu viel Milch produziert, und infolge dessen sinken am Markt die Preise.

Die Diskussion im Frühjahr war nicht nur durch Argumente geprägt, sondern auch stark mit Emotionen behaftet. Auf dem Höhepunkt des Boykotts gab es endlich Signale der Entspannung vonseiten des Lebensmitteleinzelhandels. Verschiedene Discounter erhöhten sogar die Preise, wobei allerdings wenig bei den Erzeugern ankam. Meine Damen und Herren, auch das ist Marktwirtschaft: Nur 40 % der Milch gehen in den Handel, der Rest geht in die Industrie und vor allem in den Export.

Schließlich war der Druck so groß, dass sich Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer sogar zum Handeln gezwungen sah. Ende Juli trafen sich der Deutsche Bauernverband, der Milchviehhalterverband, die Länder, die Biobauern, die Molkereien und der Einzelhandel zum

Milchgipfel in Berlin. Neben verschiedenen Maßnahmen, die die Milchmenge reduzieren und den Preis anheben sollten, stand dort ein sogenannter Milchfonds im Mittelpunkt, aus dem jährlich 300 Millionen Euro als Ausgleichszahlungen an die Milchbauern fließen sollen. Es wird sich allerdings zeigen, ob sich diese Forderung aufrechterhalten lässt, da die EU-Kommissarin Fischer Boel die Einrichtung eines solchen Fonds bereits abgelehnt hat. In diesem Bereich wird man also, will man erfolgreich sein, hartnäckig bleiben müssen, wenn man diesen Fonds wirklich durchsetzen will. Im Moment ist es ziemlich ruhig geworden, obwohl sich die Lage wenig geändert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt im Wesentlichen zwei Strategien – oder sollte ich besser sagen „Glaubensrichtungen“ –, wie man nun weiter vorgeht: Die eine spricht sich für die Abschaffung der Milchquote bis zum Jahr 2015 aus. Dies bedeutet eine weitere Liberalisierung des Marktes mit allem, was dazugehört. Die andere Strategie will Systeme einführen, die die Milchmengen steuern und die Märkte abschotten.

Schaut man sich aber die Entwicklung an – die Beantwortung der Großen Anfrage bietet dazu eine Fülle an Fakten –, so bleibt doch als realistische Erkenntnis, dass der Strukturwandel kaum oder gar nicht aufzuhalten ist. Dies bedeutet aber meiner Meinung nach, dass man am anvisierten Quotenausstieg bis zum Jahr 2015 ohne Wenn und Aber festhalten sollte und bis dahin mit begleitenden Maßnahmen – beispielsweise mit der Senkung der Superabgabe – die sogenannte weiche Landung vorbereiten sollte.

Die durch die Gemeinsame Agrarpolitik eingeleitete Reform bietet aber auch Chancen für unsere Milchviehbetriebe, die sich wettbewerbsfähig aufgestellt haben oder aufstellen wollen. Den Prozess, dass sich die Landwirte noch viel mehr als Unternehmer auf einen weltweiten, globalen Markt einstellen müssen, müssen wir in Rheinland-Pfalz unterstützen. Ich bin froh darüber, dass Herr Staatsminister Hering dies immer wieder hervorhebt. Gestern, auf dem parlamentarischen Abend der Landwirtschaftskammer, hat er dies noch einmal betont und für den Umstrukturierungsprozess sogar zusätzliche Mittel in Aussicht gestellt.

(Beifall bei der SPD)

Uns jedenfalls liegt es sehr am Herzen, den wichtigen Zweig der heimischen Landwirtschaft gerade bei uns in den Mittelgebirgsregionen zu erhalten. Wir werden uns dafür in aller Konsequenz einsetzen.

Ich bin froh darüber, dass wir unseren Entschließungsantrag zu diesem Thema gemeinsam im Ausschuss beraten können. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat nun Frau Kollegin Schäfer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute über eine Große Anfrage, deren Antwort auf den 3. März dieses Jahres datiert. Wir sehen nach einem halben Jahr, dass die Ergebnisse zum Teil schon drastisch überholt sind, insbesondere was die Preisgestaltung anbelangt.

Dies zeigt aber auch das besondere Problem auf, das wir derzeit in der Entwicklung der Milchwirtschaft haben. Ich möchte zunächst auf die Situation der Milchviehbetriebe und der Milchwirtschaft eingehen und später auf den vorliegenden Antrag zu sprechen kommen. Die Milchbauern in Rheinland-Pfalz leisten eine enorme Arbeit. Sie tragen eine sehr hohe Belastung, leisten schwere körperliche Arbeit und nehmen eine sehr hohe zeitliche Bindung in Kauf. Die Milchbauern leisten ihren Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft und erfüllen dabei hohe Qualitätsansprüche.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in Rheinland-Pfalz hervorragende Molkereistrukturen. Wie auch in anderen Bereichen der Landwirtschaft, ist auch in der Milchwirtschaft der Strukturwandel im Gange. Wir haben es in der Milchwirtschaft einerseits mit regionalen Verschiebungen und andererseits mit einer Konzentration im Bereich des Betriebes selbst zu tun, und zwar dergestalt, dass wir pro Betrieb einen Anstieg des Kuhbestandes zu verzeichnen haben.

Wie gesagt, es gibt in diesem Bereich eine deutliche Konzentration, aber eben auch eine Ökonomisierung in den Betrieben.

Problematisch ist ganz sicher, dass weniger Schüler ausgebildet werden. Die Landesregierung sagt in ihrer Antwort auf die Große Anfrage wörtlich: Die Nachwuchsquote ist noch ausreichend. – Sie rechnet mit steigenden Schülerzahlen wegen der derzeit relativ guten Milchpreise. Da sehen wir, dass das schon überholt ist, wie gesagt, basierend auf den Daten bis zum 3. März 2008. Da waren die Preise noch oben. Nicht lange darauf gab es den Sturzflug.

Diese Situation des Preisverfalls und auch die Situation, die sich dann mit den Protestaktionen ergab, zeigen, wie unsicher die Preissituation und die Situation für die Milchviehbauern ist und wie schnell sich eine als positive Situation eingeschätzte Entwicklung tatsächlich in diesem Bereich ändern kann, und zwar so grundlegend, dass es sich gerade in das Gegenteil verkehrt.

Natürlich hat das auch für die jüngere Generation Folgen. Das ist ganz klar. Wenn die Jüngeren den Beruf auswählen, schauen sie natürlich, welche Zukunftsperspektiven sie in diesem Beruf haben. Wenn man sich dieses Jahr ansieht, dann kann man nachvollziehen, dass Viele sich das natürlich fragen. Diese Frage müssen wir uns als Politik ernsthaft stellen, um zu schauen, welche Möglichkeiten es gibt zu unterstützen.

Ich möchte auf die Einkommenssituation zu sprechen kommen. Laut der Landesregierung sind die Einkommen der rheinland-pfälzisch Milchviehbetriebe in den letzten

zehn Jahren auf niedrigem Niveau – so heißt es wörtlich – etwas angestiegen. Deutschlandweit sind die Einkommen der Milchviehbetriebe im letzten Jahrzehnt deutlicher gestiegen als in Rheinland-Pfalz. Das heißt also, wir liegen in Rheinland-Pfalz, was die Einkommenssituation angeht, hinten.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Hört! Hört!)

Es bleibt bei diesem lapidaren Satz. Wichtiger ist aber doch, sich die Frage zu stellen, warum das so ist und welche Konsequenzen die Landesregierung für erforderlich hält, um die Milchwirtschaft nachhaltig zu unterstützen. Das müssen und dürfen auch die betroffenen Betriebe erwarten.

Es reicht nicht zu sagen, wenn die Preise oben sind, dann wird es schon mehr Schüler geben. Was passiert dann, wenn die Preise sinken? Da können die Bauern unter Umständen lange warten, bis die Preise wieder hochgehen.

Wir haben also in Rheinland-Pfalz das Problem der kleinen Strukturen und auch der zum Teil schwierigen Produktionsbedingungen. Wir haben allerdings auch höhere Produktionskosten generell wegen der gestiegenen Energiekosten.

Natürlich stellt sich für die Politik die Frage, was wir tun können, um die Wettbewerbsnachteile auszugleichen. Ich erinnere an alte CDU-Forderungen, die lauten – das haben wir immer wieder vorgebracht, das ist immer wieder von der SPD-Mehrheit abgelehnt worden –: Wir wollen, dass ein Kulturlandschaftsprogramm für die einzelnen Regionen aufgestellt wird. Diese Forderung ist immer noch aktuell. Das ist noch nicht im Gange, bzw. es ist noch nichts passiert.

Wenn wir einmal nach Bayern schauen, so gibt es dort in der Tat ähnliche Verhältnisse. Dort haben wir ebenfalls die sehr schwierige Situation im Bereich der Almen. Dort gibt es solche Programme, die die speziellen Situationen der Milchviehbetriebe vor Ort berücksichtigen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte etwas zu dem Thema der fairen Preise sagen. Das muss in der Tat das Ziel sein. Das können wir nachvollziehen, das ist ganz wichtig. Natürlich muss es so sein, das die Milchbauern, die Milch produzieren, dafür auch entsprechend faire Preise erhalten. Ich denke, insofern sind wir alle d’accord. Die Frage ist natürlich, wie man das erreicht. Ein wichtiger Baustein ist die Verbraucherinformation, also zu vermitteln, dass Milch und die Milchprodukte gut für eine gesunde Ernährung sind. Dazu gibt es sehr vielfältige Möglichkeiten. Ich nenne beispielsweise die Landfrauen, die sehr gute und sehr effektive Konzepte haben.

Darüber hinaus aber müssen wir in der Schule dieses Thema der gesünderen Lebensweise, mehr als es bisher geschieht, vermitteln. Sie wissen, dass wir uns als CDU-Fraktion ein Fach vorstellen können, in dem unter anderem diese Ernährungsfragen ein Thema sind.

Es geht auch um das Vorleben einer gesunden Ernährungsweise im Bereich der Ganztagsbetreuung beispielsweise. Es soll eben gesunde Ernährung auf den Tisch gebracht werden. Da spielt Milch natürlich eine große Rolle, beispielsweise auch in den Kiosken.

(Beifall bei der CDU)

Eine andere Frage ist natürlich die, wie es um die Quote steht und mit oder ohne Superabgabe. Wie weit wird der Markt gehen? Wie weit kann oder soll der Staat überhaupt noch eingreifen bzw. lenken? Welche Ausgleichsmaßnahmen und -mechanismen wird es geben?

Ich komme jetzt noch zu dem vorliegenden Entschließungsantrag der SPD und kann gleich sagen, dass auch wir uns dafür aussprechen können, dass dieser Antrag an den Ausschuss überwiesen wird, damit wir dort im Einzelnen sehen können, welche Maßnahmen ergriffen werden können, was wir als Politik tun können, um die Situation der Milchviehbauern zu verbessern bzw. die Bauern zu unterstützen.

Zu dem Antrag möchte ich sagen, er ist nicht ganz stringent. Sie setzen offenbar gleichzeitig sowohl auf den Markt als auch auf den Staat. Sie müssen uns erklären, wie das am Ende funktionieren soll. Sie sagen, Milchprodukte sollen für den Verbraucher mit geringem Einkommen bezahlbar sein. Andererseits sagen Sie natürlich, die Landwirte sollen einen angemessenen Preis erhalten. Das stimmt beides. Das können wir so unterschreiben. Nur, welche Konsequenzen folgen daraus? Das müssen wir klären. Das müssen wir dann auch im Ausschuss besprechen. Soll der Staat einschreiten? Soll es mehr Markt geben? Eine Quote wollen Sie wohl nicht mehr, das haben wir jetzt sehr deutlich gehört. In dem Antrag steht es so deutlich nicht.

Es steht auch darin, dass das Auslaufen der Quote möglicherweise oder wahrscheinlich kommt. Wir wissen auch, dass Herr Minister Seehofer noch Anstrengungen unternimmt. Insofern müssen wir auch abwarten. Wenn es tatsächlich dazu kommt, dann ist es richtig, dass es zu Übergangslösungen und zu Lösungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit kommt. Da sind wir gefordert, uns dafür einzusetzen, die Betriebe zu unterstützen.

Ich möchte vielleicht noch eines sagen, was auch eine entscheidende Rolle spielt, was die Preise angeht. In der letzten Woche haben wir eine Mitteilung vom Statistischen Bundesamt bekommen, das festgestellt hat, dass die Preise im ersten Halbjahr 2008 sehr viel höher geworden sind, was natürlich auf der einen Seite den Milchbauern zugute kommen soll, auf der anderen Seite aber tatsächlich für die Verbraucher doch Folgen bedeutet. Es steht hier beispielsweise, dass die Preise bei Milch um 18 % höher waren, bei Schnittkäse um 27 %, bei Quark um 28,4 %.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Ende. Es steht aber auch – das ist ganz klar –, die Folge der hohen Preise ist ein spürbarer Konsumverzicht. Das wird sich am Ende wieder negativ auf die Preise der Landwirte auswirken.

Ich ende hiermit und gehe davon aus, dass wir dieses Thema tatsächlich im Ausschuss beraten können.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Eymael.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt zwei Werbeslogans der Deutschen Milchwirtschaft: „Milch macht müde Männer munter“ und „Milk drinker are better lovers“. Ich habe erfreut festgestellt, dass gestern Abend gerade von den Männern besonders viel Milch getrunken wurde.

(Zurufe und Heiterkeit im Hause)

Nichtsdestotrotz, es geht uns nicht nur und deshalb darum, uns für die Milchwirtschaft einzusetzen, sondern unsere Kulturlandschaften in den Mittelgebirgen sind ohne die milchviehhaltenden Betriebe nicht vorstellbar.

Wir brauchen diese milchviehhaltenden Betriebe. Sie müssen sich wettbewerbsfähig aufstellen. Wir haben gehört, die Märkte werden stärker liberalisiert. Marktordnungen fallen weg. Oberstes Ziel muss es sein, diesen kommenden Strukturwandel sozial abzufedern, ihn zu begleiten und dafür Sorge zu tragen, dass diese 115.000 Kühe noch möglichst lange in diesem Rheinland-Pfalz gemolken werden.

(Beifall der FDP)

Die 2.000 Haupterwerbsbetriebe müssen in Zukunft eine Chance haben.

Frau Kollegin Schäfer, so schlecht sind unsere Milchviehbetriebe nicht aufgestellt.

(Beifall bei der FDP)