Protocol of the Session on April 17, 2008

Es gibt aber auch Probleme, z. B. im Bereich der kleinen und mittleren Betriebe, die weniger exportieren, im Handwerk – wir haben es gestern Abend beim Parlamentarischen Abend gehört – und im Handelsbereich, insbesondere im Einzelhandelsbereich.

Insofern muss man diese Zahlen, die Sie, Herr Minister, sicherlich noch einmal vortragen werden, ein Stück weit analysieren. Trotz dieser guten Voraussetzungen kommt die Studie von Ernst & Young zu dem Ergebnis, dass Rheinland-Pfalz insgesamt beim Mittelstandsbarometer absinkt. Das ist die Meinung der Mittelstandsbetriebe. 165 Geschäftsführer und Geschäftsinhaber wurden befragt.

Wenn wir die Ergebnisse früherer Mittelstandsbarometer zur Grundlage machen, erleben wir jetzt erstmalig für das Jahr 2007 eine neue Tendenz bei der Bewertung des Wirtschaftsstandorts Rheinland-Pfalz. So ist erstmals seit 15 Jahren in allen Parametern eine durchgängige Verschlechterung zu verzeichnen.

Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung betrachte ich mit Sorge das Absinken unseres Bundeslandes im aktuellen Mittelstandsbarometer. Bei den Investitionsabsichten der Unternehmen gibt es im Grundsatz eine hohe Investitionsbereitschaft. Bei den Unternehmen in RheinlandPfalz sieht es aber anders aus. Hinter Rheinland-Pfalz befindet sich bei diesen Parametern nur noch das Saarland.

Bei den geplanten Neueinstellungen sieht es ähnlich aus.

Auch hier beträgt die Differenz lediglich 5 Prozentpunkte bei den Unternehmen, ob jetzt neu eingestellt wird ja oder nein. Im Vergleich zu anderen Bundesländern liegen wir hier auch auf einem schlechten Platz.

Es gilt für die Bewertung der regionalen Rahmenbedingungen grundsätzlich: Auch hier ist ein rückläufiger Trend bei der Standortzufriedenheit in allen Bundesländern festzustellen. Rheinland-Pfalz rutscht hier auf den fünften Platz.

Besonders eklatant fällt die Beurteilung der Infrastruktur aus. Hier schreibt diese Studie – ich zitiere –: Gestiegen ist die Zufriedenheit mit der regionalen Infrastruktur in Hamburg, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, während besonders deutliche Rückgänge in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen zu beobachten sind. –

Meine Damen und Herren, natürlich spielt die Infrastruktur eine große Rolle. Wir haben eine andere Studie aus dem Jahr 2005 von der Industrie- und Handelskammer. Diese setzte damals die Verkehrsinfrastruktur auf Platz eins unter mehreren anderen, gute Wirtschaftsstandorte ausmachende Faktoren.

Es gibt Arbeit, es gibt Nachholarbeit.

Was mich weniger überrascht hat, ist die Beurteilung der Bildungspolitik. Unter den ersten sieben im Ranking gibt es kein einziges SPD-geführtes Bundesland.

(Glocke der Präsidentin)

Ich rede nur aus Sicht des Mittelstandsbarometers. Auch bei der regionalen Förderungspolitik gibt es einen Rückgang, meine Damen und Herren. Das gilt auch bei der Beurteilung der Mittelstandspolitik, bei der wir nur noch einen dritten Platz einnehmen.

(Glocke der Präsidentin)

Warum und wieso in der zweiten Runde.

(Beifall der FDP)

Bevor ich dem Herrn Kollegen Alexander Schweitzer das Wort erteile, möchte ich Ihnen noch mitteilen, dass heute Nachmittag Herr Ministerpräsident Beck für einen nicht aufschiebbaren Termin entschuldigt ist. Er wird aber wiederkommen.

Bitte schön, Herr Kollege Schweitzer.

(Eymael, FDP: Wann kommt er denn wieder? – Frau Spurzem, SPD: Wenn der Termin zu Ende ist!)

Abg. Schweitzer, Alexander, SPD:

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor welchem Hintergrund führen wir heute diese Debatte über das Mittelstandsbarometer, wie ist die Situation? Herr Eymael, Sie sind darauf eingegangen, wir alle wissen, dass ein besonderes Kennzeichen rheinland-pfälzischer Wirtschaft die besondere Exportorientierung ist, nicht nur der Industrie, sondern auch, oftmals in Abhängigkeit von der Industrie, der kleineren und mittleren Unternehmen des Mittelstands.

Das bedeutet, dass Veränderungen auf den internationalen Märkten, globale Trends hier schnell, früh und sehr sensibel wahrgenommen werden und sich auf die Stimmung in den Unternehmen und darüber hinaus auch auf die Planung in den Unternehmen, auf Investitionsentscheidungen auswirken.

Wenn man aus diesem Mittelstandsbarometer 2008 tatsächlich etwas herauslesen kann, dann, dass es eine etwas weniger euphorische Stimmung und eine etwas weniger euphorische Sicht auf die weitere Entwicklung unserer Konjunktur in den kommenden Monaten gibt.

Peter Englisch – er ist ein Partner bei Ernst & Young und verantwortlich für diese Studie – sagt selbst, die leichte Eintrübung des Klimas, die sich in den Umfrageergebnissen, und zwar durch alle Bundesländer hindurch, widerspiegele, sei vor allem auf die Unsicherheiten über die weitere Konjunkturentwicklung zurückzuführen. Er führt weiter aus, dass die US-Immobilienkrise, die inzwi

schen zu einer Bankenkrise geworden sei, und der Höhenflug des Euros die Unternehmer verunsicherten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Für uns, die wir das in einer Debatte wie heute politisch bewerten und verwerten müssen, stellt sich dann die Frage, ob man eine solche Verunsicherung unterstützt, sie verstärkt oder es besser bleiben lässt.

Es stellt sich die Frage, ob man auf die tatsächlichen Basisdaten verweist und eine nach vorn gerichtete Diskussion führt oder sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit in eine – ich will einmal sagen – Katastrophenretorik begibt, wie das bei der Pressemitteilung des CDUKollegen Herrn Wirz geschehen ist.

Es mag sein, dass es zum Schicksal der Opposition gehört, in besonders grellen Farben zu zeichnen. Ich finde das auch nicht weiter schlimm, das gehört zur Auseinandersetzung. Problematisch ist es nur dann – finde ich –, wenn dabei ein Bild entsteht, das so überhaupt nichts mit der Realität zu tun hatte.

Herr Wirz, ich muss anmerken, dass ich mir erst Ihre Pressemitteilung angeschaut habe und dann dazu gekommen bin, das Mittelstandsbarometer zu lesen. Ich hatte danach den Eindruck, Ihnen ist es ähnlich ergangen. Sie haben erst die Pressemitteilung geschrieben und sich dann das Mittelstandsbarometer angeschaut;

(Frau Mohr, SPD: So ist das meistens!)

denn Sie sprechen von einem verheerenden Ergebnis. Das hat mich ein wenig überrascht gestimmt. Ich war gespannt und habe gedacht: Das scheint wirklich schiefgegangen zu sein in diesem Mittelstandsbarometer. Ich habe es mir dann angeschaut.

Wie sieht das verheerende Ergebnis aus, meine sehr geehrten Damen und Herren? 69 % der befragten Unternehmen bewerten die aktuellen Rahmenbedingungen im Land positiv. 63 % begegnen der Mittelstandspolitik dieser Landesregierung zustimmend. 71 % bejahen die Förderpolitik des Landes, und 79 % der Befragten zeigen sich zufrieden mit der Infrastruktur im Land.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Meine Damen und Herren, verheerend? Ich weiß nicht recht, ob das wirklich verheerend ist. Vielleicht ist Ihnen auch einfach der Begriff ein wenig verrutscht, Herr Wirz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz hat mit 2007 ein hervorragendes Jahr hinter sich, mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 2,7 % – wir liegen damit auch über dem Bundesdurchschnitt –, mit einer Steigerung der Beschäftigtenzahlen um 27.000 und mit einer Steigerung auch der Ausbildungszahlen eines der besten in den letzten Jahren. Das hat hier vor kurzem an dieser Stelle noch eine Rolle gespielt.

Der Mittelstand im Land hatte ein gutes Jahr, ist gut in 2008 gestartet und hat sich gut auf 2008 vorbereitet. Das ist auch die Botschaft einer weiteren Erhebung, die

uns dieser Tage erreicht hat. Ich spreche vom Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer Pfalz.

Hier wurden rund 1.500 Unternehmen befragt und zu Rate gezogen – wenn ich das anfügen darf –, im Gegensatz zum Mittelstandsbarometer, das gerade einmal auf 160 Unternehmen gekommen ist. Ich überlasse es Ihrer Bewertung, zu welchem Bericht man sagen kann, es ist eine besondere Grundlage der Daten vorhanden, über die wir heute sprechen.

In diesem Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer wird die allgemeine Wirtschaftslage quer durch die Branchen als zufriedenstellend bezeichnet. Über die Erwartungen ist zu erfahren, dass die kleinen und mittleren Unternehmen zuversichtlich in die Zukunft blicken. Mehr als die Hälfte aller Unternehmen aller Wirtschaftszweige geht von einem gleichbleibenden, also positiven, Trend aus, und knapp ein Drittel rechnet sogar mit einem Aufwärtstrend. Auch dazu muss ich sagen, das ist nicht verheerend, das ist gut. Es ist auch nicht schlimm, es ist in Ordnung.

Das schlägt sich auch in den Unternehmensentscheidungen nieder.

(Glocke der Präsidentin)

Dazu komme ich gern in der zweiten Runde.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat nun Herr Kollege Wirz.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Konjunkturaufschwung hat seinen Höhepunkt überschritten. Die Erwartungen der Unternehmen an die Zukunft sind weit weniger optimistisch als noch im letzten Jahr. Herr Schweitzer, insofern stimme ich Ihnen zu: Das letzte Jahr war in dieser Beziehung wesentlich besser. – Sie sind weit weniger optimistisch, wenn auch nur eine kleine Minderheit eine Verschlechterung erwartet.

Die Bundesregierung hat, wie im Übrigen heute Morgen in den Nachrichten zu vernehmen war, ihre Wirtschaftswachstumserwartungen an das laufende Jahr nun noch einmal auf 1,8 % reduziert. Das ist auch die Quintessenz der Botschaft des Mittelstandsbarometers, den die Experten von Ernst & Young vorgelegt haben. Dies sind keine Prognosen von Theoretikern am grünen Tisch, sondern das Ergebnis von direkten Befragungen von immerhin 3.000 mittelständischen Unternehmen in ganz Deutschland, davon 165 in Rheinland-Pfalz, in einer Größenordnung von 30 bis 200 Mitarbeitern.

Die Politik muss diese Botschaften ernst nehmen, meine Damen und Herren. Dem Aufschwung fehlt die Stabilität und die Dauerhaftigkeit, vor allen Dingen aber fehlt uns

das binnenwirtschaftliche konjunkturelle Standbein. Den Unternehmen fehlen Vertrauen und ausreichender Optimismus. Die Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft – so sehen wir das – bleibt eine unverzichtbare Aufgabe. Hohe Bruttoarbeitskosten, zu hohe Abgabenbelastungen, zu niedrige Nettoeinkommen der Bürgerinnen und Bürger, zu hohe und steigende Energiekosten, überregulierter Arbeitsmarkt und viel zu viel Bürokratie bleiben die Baustellen für eine dauerhaft prosperierende Wirtschaft, für Wachstum und mehr Wohlstand für alle.

Wenn der Ministerpräsident dieses Landes und SPDBundesvorsitzende meint, die Politik könne jetzt nach links schwenken, um der Ansammlung frustrierter SPDGenossen und Gewerkschafter, Altkommunisten aus der Ex-DDR und linksradikalen Sektierern,

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)