Der Sozialpolitische Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 17. Sitzung am 27. November 2007, in seiner 18. Sitzung am 10. Januar 2008, in seiner 19. Sitzung am 17. Januar 2008 und in seiner 20. Sitzung am 7. Februar 2008 beraten. Sie sehen, dass eine ausführliche Beratung der Thematik stattgefunden hat.
In seiner 18. Sitzung am 10. Januar 2008 hat der Sozialpolitische Ausschuss ein Anhörverfahren durchgeführt.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir gehen heute zusammen einen großen Schritt, wobei die Betonung auf dem Wort „zusammen“ liegt. Wir beraten heute den Gesetzentwurf zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit und einen gemeinsamen Änderungs- sowie einen Entschließungsantrag der drei im Landtag vertretenen Fraktionen.
Ich möchte meine Ausführungen ausdrücklich mit einem Dank an die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion beginnen. Wir haben es tatsächlich fertig gebracht. Wir werden nach sehr vielen Gesprächen und sehr vielen intensiven Beratungen und Verhandlungen nachher den Gesetzentwurf gemeinsam verabschieden. Darüber hinaus haben wir gemeinsam einen Änderungsantrag auf die Reise gebracht und gemeinsam einen Entschließungsantrag formuliert.
Sie gestatten mir eine Anmerkung gerade vor dem Hintergrund der eben geführten Diskussion. Wir sehen schon, dass wir als Demokraten in bestimmten Dingen höchst unterschiedlicher Auffassung sind. Aber dieses
Thema in Bezug auf Kindeswohl war allen drei Fraktionen so außerordentlich wichtig, dass wir gesagt haben, wir nehmen alle Abstand von einzelnen Positionen, die uns durchaus wichtig waren, um letztlich zu einem gemeinsamen Konsens zu kommen, zu einer gemeinsamen Linie.
Ich darf auch sagen, wir haben in der Anhörung gehört, dass dieses Thema möglichst nicht parteipolitisch besetzt werden soll. Wir haben uns daran gehalten. Das ist etwas, was in Rheinland-Pfalz ganz außerordentlich gut funktioniert hat. Wir haben nicht zugelassen, dass dieses Thema parteipolitisch genutzt wird.
Erlauben Sie mir zunächst, auf den Änderungsantrag der drei Fraktionen einzugehen, bevor ich dann auf den Gesetzentwurf als Ganzes komme.
Der Änderungsantrag ist sehr umfangreich und zum großen Teil auch Ergebnis der durchgeführten Anhörung, woran man sieht, dass es uns allen wirklich wichtig war, dass diejenigen, die von dem Gesetz betroffen sind, auch angehört werden und ihre Ratschläge bzw. Vorschläge möglichst Berücksichtigung finden können.
Lassen Sie mich zwei Punkte aus dem Änderungsantrag herausgreifen. Der eine für die SPD-Fraktion außerordentlich wichtige – ich nehme auch an für die anderen beiden Fraktionen – ist die stärkere Einbindung der Schulen.
Wir haben es für außerordentlich wichtig gehalten, dass die Schulen und die Einbindung der Schulen Aufnahme in dieses Gesetz finden; denn ähnlich wie die Kindertagesstätten spielen die Schulen eine zentrale Rolle bei einem gesunden Heranwachsen und bei einer guten Entwicklung für unsere Kinder. Darum fanden wir es wichtig, dass die Schulen in diesem Gesetz explizit Raum finden.
Der zweite Punkt beinhaltet, es soll ein umfassender und regelmäßiger Kinderschutzbericht auf Grundlage einer wissenschaftlichen Evaluation verfasst werden. Die Landesregierung soll einmal pro Legislaturperiode ausführlich dem Landtag berichten, wie die Umsetzung dieses Kinderschutzgesetzes funktioniert.
Dabei sollen die Berichte des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung, der Zentralen Stelle sowie der Gesundheits- und Jugendämter besondere Berücksichtigung finden. Vielleicht erlauben Sie mir, dass ich noch einen dritten Punkt hinzufüge. Das ist etwas, was die Landesärztekammer als sehr wichtig empfunden hat und was wir in das Gesetz aufnehmen wollten.
Die Zentrale Stelle und die Kassenärztliche Vereinigung sollen Vereinbarungen schließen können, in denen sie eine pauschale Abgeltung vereinbaren können, die den Mehraufwand der Ärzte auffangen soll, der mit der Übermittlung der Untersuchungsbestätigung einhergeht.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun auf den Gesetzentwurf selbst eingehen. Ich darf hierbei ausdrücklich der Landesregierung und insbesondere Minis
terin Malu Dreyer für dieses höchst kooperative Miteinander und dieses sehr zügige Umsetzen und Vorlegen eines Gesetzentwurfs und für die Einbindung all derer, die damit zu tun haben, danken. Ich darf auch sagen, dass wir mit diesem Gesetzentwurf bundesweit eine Vorreiterrolle spielen.
Wenn wir uns die Gesetze anschauen, die in vier anderen Bundesländern umgesetzt werden, können wir feststellen, dass Rheinland-Pfalz mit diesem großen Gesetzespaket ganz weit vorangeht. Wichtig sind hierbei die niedrigschwelligen Angebote für die Eltern zur Förderung des Kindeswohls.
Die niedrigschwelligen Angebote sollen in Verbindung mit der Jugend- und der Gesundheitshilfe umgesetzt und weiter forciert werden. Das ist – das habe ich letztes Mal schon gesagt – ein neuer Ansatz, den es so noch nicht gegeben hat, die Kombination aus Jugend- und Gesundheitshilfe.
Wir können mit diesen Netzwerken aus Kinderärzten, Hebammen, Entbindungskliniken auf der einen Seite und mit Erzieherinnen und Erziehern der Kitas sowie Vertreterinnen und Vertreter der Jugendhilfe und des Jugendamtes oder der Erziehungsberatungsstellen auf der anderen Seite viel erreichen. Das ist außerordentlich wichtig. Wichtig ist ebenfalls die Früherkennung von Risiken und die Sicherstellung der erforderlichen Hilfen, der Ausbau der lokalen Netzwerke zur Förderung des Kindeswohls.
All diejenigen, die hier im Parlament sitzen und auch kommunalpolitisch tätig sind, wissen, dass es bereits viele solcher Netzwerke gibt. Es geht nun aber darum, die Jugendämter als Träger der öffentlichen Jugendhilfe noch mehr zu bestärken. Es geht darum, die vorhandenen Netzwerke noch weiter zu unterstützen und vielleicht auch Spielraum für neue Netzwerke und neue Ideen zu geben.
Das Positive soll sein, dass direkt vor Ort entschieden werden soll, was geht und was nicht so gut geht. Wir haben – wenn ich das auch erwähnen darf – zwei gute Projekte im Land, die bereits laufen. Das ist „Guter Start ins Kinderleben“, zwei Pilotprojekte, die in Ludwigshafen und Trier laufen. Diese sind außerordentlich wichtig und laufen sehr gut. Man muss sehen, ob diese Projekte direkt auf andere Gebietskörperschaften zu übertragen sind. Sie sind aber auch nur ein Beispiel dafür, welche guten Projekte gestartet werden können. Dazu sollen die Jugendämter ermutigt werden.
Wichtig ist auch, dass Rheinland-Pfalz als einziges Bundesland den Jugendämtern finanzielle Hilfestellung gibt. Das steht im Gesetz. Es gibt pauschal pro Jahr fünf Euro pro Kind, das das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Wichtig erscheint mir hierbei, dass eine überregionale Servicestelle beim Landesamt eingerichtet wird, die diese Netzwerke unterstützen soll. Das Landesamt nimmt bei diesem Gesetz eine sehr große Rolle ein; denn auch bei der Förderung der Kindergesundheit und insbesondere bei der Steigerung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen soll ebenfalls eine Zentrale Stelle beim Landesamt eingerichtet werden, die
Wir werden oft gefragt, wie das Verfahren mit den verbindlichen Einladungen und den Früherkennungsuntersuchungen läuft, denen wir alle eine ganz große Bedeutung beimessen. Der springende Punkt besteht darin, dass die gesetzlichen Vertreter von der Zentralen Stelle aus über die Früherkennungsuntersuchungen unterrichtet werden. Dann gibt es die Möglichkeit, dass die Kinder ermittelt werden, die nicht an den Früherkennungsuntersuchungen teilgenommen haben. Dann kann das Gesundheitsamt informiert werden, falls die Untersuchung nicht wahrgenommen worden ist, oder gegebenenfalls auch das zuständige Jugendamt.
Wir alle, die dieses Gesetz auf den Weg bringen wollen, sind der Meinung, dass diese Zentrale Stelle und dieses systematisierte Einladungssystem erheblich dazu beitragen können, die Eltern zu motivieren, ihre Kinder zu diesen Früherkennungsuntersuchungen zu bringen.
Meine Damen und Herren, über all dem steht – das können Sie sich vorstellen – das Wohl des Kindes. Im Mittelpunkt der Politik soll das Wohl des Kindes stehen, unabhängig von seiner sozialen oder ethnischen Herkunft. Alle Kinder sollen die gleichen Startchancen haben. Dafür tragen die Familien und die Eltern die Verantwortung. Politik muss die Rahmenbedingungen dafür schaffen, um Eltern zu unterstützen, meine Damen und Herren.
Eines möchte ich ausdrücklich hervorheben: Die meisten Eltern sorgen sehr liebevoll, sehr ausreichend und ausnehmend gut für ihre Kinder.
Wir müssen diejenigen Kinder und auch die Eltern unterstützen, bei denen das nicht funktioniert. Wir müssen diejenigen Kinder unterstützen, die vernachlässigt werden oder Gewalt erfahren. Für diese Kinder hat der Staat eine ganz besondere Verantwortung.
Wir wollen, dass alle Kinder, natürlich auch aus den Elternhäusern mit sehr schwieriger häuslicher Umgebung, ihre Lebenschance ungefährdet wahrnehmen können.
Wir sind überzeugt, dass die Stärkung der Erziehungskompetenz Schutz vor Misshandlungen bietet. Meine Damen und Herren, für uns hat der Schutz der Kinder höchste Priorität. Das wird nicht nur in Rheinland-Pfalz dadurch deutlich, dass der Artikel 24 der Landesverfassung den Schutz der Kinder ausdrücklich verankert, es wird auch dadurch deutlich, dass bereits seit längerer Zeit, seit vielen Jahren unterschiedlichste Projekte zum Wohle des Kindes laufen, und es wird letztlich dadurch deutlich, dass wir heute dieses wichtige Gesetz zum Wohl der Kinder verabschieden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Grosse, ich möchte nun kein Wasser in den Wein gießen, aber mir ist schon wichtig, am Anfang festzustellen, auch der Streit in der Sache gehört wie das Salz in die Suppe der Demokratie. Wir haben nun allerdings einen Sachverhalt vorliegen, bei dem es uns gelungen ist, sehr frühzeitig sehr nahe beieinanderzuliegen. Es wird sicherlich in Zukunft noch eine Reihe von Sachverhalten geben, über die wir streiten werden, ohne zu gemeinsamen Positionen zu kommen.
Im Ergebnis teilen auch wir Ihre Freude darüber, dass wir heute über ein gelungenes Gesetz zum Schutz des Kindeswohls in Rheinland-Pfalz abstimmen und es auf den Weg bringen können. Ich finde es richtig, dass Sie klargestellt haben – auch uns ist es wichtig, dies an den Anfang zu stellen –, natürlich versorgt die ganz überwiegende Mehrheit der Eltern ihre Kinder fürsorglich, sie wollen sie gut erziehen und wollen sie gesund durchs Leben begleiten. Deshalb ist es sehr wichtig, an dieser Stelle sehr sorgfältig mit den unterschiedlichen Rechtspositionen umzugehen.
Wir haben ein Grundgesetz, das die Erziehung der Kinder in erster Linie den Eltern überträgt. Aber wir sind uns in dieser Diskussion auch darüber bewusst geworden, dass dabei das Wohl des Kindes nicht verloren gehen darf. Artikel 1 des Grundgesetzes, der die Würde des Menschen schützt, schützt die Würde jedes Menschen, egal, wie alt oder wie jung, egal, wie gesund oder wie krank er ist. Dazu gehört auch die Würde der Kinder, die von ihren Eltern betreut werden, aber möglicherweise von Eltern, die dieser Aufgabe nicht so gewachsen sind, wie wir uns dies wünschen, die ihre Kinder vernachlässigen, die sie missbrauchen und misshandeln.
Wir mussten des Weiteren feststellen: Zwar gibt es Schwerpunkte in sozial schwachen Milieus, denen man begegnen muss, aber es gibt natürlich auch Fälle in allen anderen Schichten unserer Gesellschaft. Davon kann sich keiner freisprechen. Deshalb waren wir uns auch sehr schnell einig darüber, dass wir zwei Wege gehen müssen, um tatsächlich einen sinnvollen Schutz für unsere Kinder zu gewährleisten.
Wir haben dies schon in den ersten Diskussionen über dieses Thema im Plenum im November 2006 festgestellt, als es aufgrund von zwei Mündlichen Anfragen thematisiert wurde. Des Weiteren wurde es mit der Beantwortung unserer Großen Anfrage deutlich, und letztlich haben wir es auch schon in unserem Antrag vom Januar 2007 festgehalten: Wir dürfen uns nicht nur auf die Früherkennungsuntersuchungen konzentrieren,
sondern es muss auch ein Netzwerk geschaffen werden, das den nötigen Hilfehintergrund abbildet, um hilfe- und unterstützungsbedürftigen Familien die Hilfe angedeihen lassen zu können, die erforderlich ist.
Dies ist im Ergebnis auch schon in dem Gesetzentwurf enthalten, den wir vorgelegt bekommen haben. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium bedanken, die die Ziele, die wir zuvor in der politischen Debatte formuliert haben, in diesem Gesetz schon sehr gut aufgegriffen und umgesetzt haben.