Herr Kollege Baldauf, aber natürlich ist es verständlich, dass Sie Profil brauchen. Wie können Sie Profil bekommen, wenn Herr Kollege Pofalla gestern sagt, jagen Sie den Minister?
Sie sind doch Gejagter. Deshalb wollen Sie Profil gewinnen. Wie gewinnen Sie Profil? – Über Krawall.
Denn über Inhalte konnte die CDU-Fraktion in diesem Landtag in dieser Periode noch kein Profil gewinnen. Welchen Gesetzentwurf haben Sie vorgelegt? Welche Vorschläge haben Sie unterbreitet?
Nichts! Heiße Luft und Polemik, das ist Ihr Cocktail, den Sie mixen. Mediale Schnellschüsse, mit denen Sie auf Wirkung hoffen, ohne dass Hintergründe tatsächlich davon betroffen sind. Meinen Sie, das wäre ein erfolgreicher Politikstil? Wir meinen das nicht.
Sie greifen natürlich den Slogan auf, der sich anbietet: „Wir machen’s einfach.“ – Ja, wir machen’s einfach. Wir machen Politik für dieses Land und lassen uns durch solche Anwürfe nicht beirren. Keine Angst!
Es wäre jetzt verlockend, auf die einzelnen angeblichen Affären, die Herr Kollege Baldauf aufgelistet hat, jeweils im Einzelnen einzugehen. Manches gehört zu den Debatten der Vergangenheit, die wir an dieser Stelle ausführlicher, als es manche der Angelegenheiten vielleicht verdient hätte, geführt haben. Keine Angst, ich wiederhole auch meine Stellungnahmen. Das müssen Sie sich schon anhören.
Lassen Sie mich aber zunächst auf die Besetzung der Stelle des OLG-Präsidenten in Koblenz eingehen. Die Stellenbesetzung war notwendig, weil der Stelleninhaber, Herr Minister Bamberger, Minister geworden ist. Die CDU hat dann öffentlich die Dauer der Stellenbesetzung kritisiert. Es dauert, wenn man Kandidatinnen und Kandidaten sorgfältig für ein Amt beurteilt,
dies insbesondere dann, wenn es mehrere qualifizierte Bewerber für ein solches Amt gibt. Die gab es ohne Zweifel. Die gibt es bei vielen Ämtern. Diese Zeit wurde vernünftig genutzt. Es wurden Beurteilungen vorgenommen, und es wurde dem Richterwahlausschuss ein Vorschlag des Ministers unterbreitet.
Der Richterwahlausschuss hat, wie wir wissen, seine Schwierigkeiten gehabt, eine Entscheidung in nicht
öffentlicher Sitzung zu treffen. Es ist über diese nicht öffentliche Sitzung sehr viel berichtet worden. Das ist nicht gut, und das ist nicht gut für die Politik. Das ist auch nicht gut für die Besetzung von Ämtern.
In dem Zusammenhang will ich aber auch deutlich sagen: Es wurde auch darüber berichtet, wie die Mitarbeitervertretung zur Besetzung eines solchen Amtes Stellung bezogen hat. Das war der Präsidialrat. Letztlich sind solche Vorschläge – wie auch in den Betrieben – von der Betriebsführung zu unterbreiten, in diesem Fall vom Minister. Nicht die Mitarbeitervertretung bestimmt, wie die Personalentwicklung ist. Das Prozedere ist eingehalten worden.
Es gab dann eine Konkurrentenklage. Was ist eine Konkurrentenklage? Ein anderer hätte gern den gleichen Job und sagt, ich fühle mich nicht gerecht beurteilt, und ich bin vielleicht besser als der Vorschlag, mit dem die Stelle besetzt werden soll.
Wir haben dazu eine lang gewachsene Rechtsprechung in Deutschland. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss da ein wenig ausholen, weil wer weiß das schon. Früher war es so, dass Konkurrenten überhaupt keine Aussicht hatten, sich auf einen solchen Job einzuklagen, wenn die entsprechende Besetzung vorgenommen worden war.
Vor 20 bis 30 Jahren hat sich dann eine Rechtsprechung entwickelt, die sagt: Es ist ein einstweiliger Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht und beim Oberverwaltungsgericht abzuwarten. Dann kann besetzt werden. – Das ist eine Entwicklung, die wir hatten, um Rechtsschutz einzuräumen. Das ist die auch dem Justizministerium bekannte Rechtslage. Diese wurde beachtet.
Ein Konkurrent hat Rechtsmittel eingelegt. Er hat beim Verwaltungsgericht in Koblenz mit diesem Rechtsmittel im einstweiligen Verfahren verloren. Er hat auch beim Oberverwaltungsgericht verloren. Danach hat der Justizminister die Ernennung vorgenommen.
Herr Baldauf, Sie haben vorhin so Sachen gefragt, wie, die Urkunde lag schon da, und hat der Ministerpräsident in den 21 Minuten noch Druck ausgeübt oder Ähnliches. Das ist ein „Schmarrn“. Sie haben keine Ahnung von normalen Verwaltungsvorgängen.
Es ist so, dass Urkunden ausgefertigt werden und eine Aushändigung erst dann erfolgt, wenn der Rechtsrahmen stimmt. Der Minister ist zutreffend zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass der Rechtsrahmen stimmt, um dieses Amt zu besetzen. Wir haben uns im Übrigen sehr ausführlich im Rechtsausschuss darüber unterhalten.
Wenn Sie auf eine frühere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts rekrutieren und sagen – Herr Licht hat das als Verfassungsexperte vorgetragen –,
da gab es vorher eine andere Rechtsprechung, ist dem nicht so. In den Fällen, in denen man sich möglicherweise auf andere Entscheidungen berufen hat, war es so, dass jeweils eine Verfassungsbeschwerde und nicht andere Rechtsmittel anhängig gewesen sind.
Der Minister hat zuvor zu Recht das „oder“ in der Entscheidung des Verfassungsgerichtes in unserem Fall zitiert. Wenn ich von einer Entscheidung des Verfassungsgerichts spreche, muss ich hinzufügen, das Verfassungsgericht hat diese Frage der Entscheidung nicht angenommen. Es hat selbst keine Entscheidung im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde getroffen, sondern es hat gesagt, der ordentliche Rechtsweg ist für den Konkurrenten offen, und es hat ihn als „nicht offensichtlich aussichtslos“ bewertet. „Nicht offensichtlich aussichtslos“ heißt aber keineswegs offensichtlich erfolgreich, sondern das heißt in meiner Lesart, es gibt vielleicht eine Chance.
Jetzt lassen Sie mich einmal über den Tag hinausgehen. Herr Bamberger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass in Hessen nach dieser Entscheidung zur Ernennung das Gleiche von der gleichen Kammer entschieden worden ist, ohne dass es darüber irgendeine Diskussion zwischen Opposition und Regierung oder den Medien gegeben hat. Dies deshalb, weil das natürlich für die öffentliche Verwaltung eine ganz schwierige Rechtsentwicklung ist.
Es geht nämlich um die Frage, ob bei der Besetzung von Stellen in der Zukunft immer noch weiter zugewartet werden muss, bis Konkurrenten welchen Rechtsweg auch immer ausgeschöpft haben.
Sie müssen wissen, dass hierbei auch das Funktionieren von Abläufen in der Verwaltung in Rede steht. Insofern haben die Hinweise des Verfassungsgerichts in dieser Entscheidung natürlich Auswirkungen auf die Verwaltung insgesamt. Daraus aber den Vorwurf zu konstruieren, wie Sie ihn immer wieder wiederholen, der Minister habe einen Verfassungsbruch begangen und sei deshalb nicht tragbar, ist barer Unsinn.
Ich darf Professor Laubinger aus der Mainzer „Allgemeinen Zeitung“ vom 13. Oktober 2007 zitieren, der kurz und knapp gesagt hat: „Der Vorwurf, es handele sich um Verfassungsbruch, ist geradezu lächerlich.“
Das ist eine Mindermeinung. Frau Kohnle-Gros, dass Sie im Gegensatz zu Ihrem Vorsitzenden schon einmal konstatieren, dass es zu rechtlichen Fragen manchmal zu unterschiedlichen Meinungen kommen kann, ist heute Morgen schon fast ein Erkenntnisgewinn.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch eine weitere Überlegung anschließen. Das ist die Frage nach der Politisierung von Entscheidungen. Wie sah das denn im konkreten Fall aus? Der OLG-Präsident Bartz hat im Übrigen bei seiner Einführung ins Amt sehr viel Lob von den verschiedenen Rednerinnen und Rednern aus dem Justizbereich erfahren. Sogar aus Bayern, Ihrem gelobten Land, hat er viel Lob bekommen. Es geht um eine ganz andere Frage, die ich auch für infam halte.
Dem Kandidaten wird, als es um die Bewerbungen ging, öffentlich unterstellt – das wurde von Ihnen protegiert –, dass er der SPD nahe steht. Dabei geht es nicht um die Qualifikation. Über die anderen Kandidaten wird gar nicht gesprochen.
Dieses Etikett, das Sie gern dranheften möchten, nämlich die SPD-Nähe, wird dazu genommen, dass eine Person, die sehr qualifiziert ist, plötzlich einen Abstrich bei der Qualifikation bekommen soll – es wurde Mitgliedschaft gesagt –, sodass ich davon ausgehe, Herr Kollege Bracht, dass es für alle politischen Parteien fatal ist, wenn wir denen unterstellen, die sich in einer Partei engagieren, dass sie nicht für öffentliche Ämter geeignet wären.