Protocol of the Session on September 27, 2007

(Pörksen, SPD: Oh!)

Wir haben zwei Perversitäten. Einmal das, was die CDU macht, und einmal das, was der § 42 AO bringt. Ich komme darauf aber noch einmal zurück. Ich zitiere: Beachtliche außersteuerliche Gründe liegen nicht vor, wenn der Grund für die gewählte Gestaltung in erster Linie die Steuerersparnis ist. –

Meine Damen und Herren, ist es denn in Zukunft in Deutschland nicht mehr erlaubt, Betriebsausgaben gegenüber dem Fiskus geltend zu machen, nur, weil man damit Steuern spart und dies dem Bundesfinanzminister nicht gefällt? Allein die Wortwahl des § 42 Abgabenordnung zeigt, wie der deutsche Steuergesetzgeber mit dem Steuerpflichtigen umgeht.

Otto Normalverbraucher ist mit dieser Wortwahl völlig überfordert. Nur noch hochqualifizierte Steuerjuristen werden in der Lage sein, dem Fiskus Paroli zu bieten.

(Hartloff, SPD: Otto Normalverbraucher zahlt diese Steuern sowieso nicht!)

Ich lese Ihnen das einmal vor. Man wird dann sehen, ob der normale Abgeordnete im rheinland-pfälzischen Landtag es versteht. Mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitiere ich § 42 der Abgabenordnung:

„Wird eine zu einem Steuervorteil führende rechtliche Gestaltung gewählt, für die keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe nachgewiesen werden, entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer vom Gesetzgeber bei seiner Regelung vorausgesetzten rechtlichen Gestaltung entstanden wäre. Beachtliche außersteuerliche Gründe liegen vor, wenn die Gestaltung von verständi

gen Dritten in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts“

(Beifall und Zurufe bei der FDP)

ich zitiere nur das Gesetz – „und der wirtschaftlichen Zielsetzung ungeachtete Steuervorteile gewährt worden wären.

(Pörksen, SPD: Ich verstehe noch alles! – Baldauf, CDU: Eine super Regelung!)

Ist es schwierig nachzuweisen, dass beachtliche außersteuerliche Gründe vorliegen, können sich der Steuerpflichtige und die Finanzbehörde darüber verständigen, inwieweit die gewählte Gestaltung steuerlich zu berücksichtigen ist“. Die Krönung: „Die Verständigung bedarf der Einwilligung des Bundesministers der Finanzen“. – Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz beschreitet Deutschland den Weg in eine Bananenrepublik.

(Beifall bei FDP und CDU – Pörksen, SPD: Haben Sie das nicht verstanden?)

Ich möchte jetzt nicht fragen, ob Sie es verstanden haben, Herr Kollege. Otto Normalverbraucher, der kleine Mittelständler, soll es verstehen.

(Pörksen, SPD: Ich habe das verstanden! Otto Normalverbraucher braucht das doch gar nicht! Er hat doch damit nichts zu tun!)

In Zukunft hat er dann nämlich einen steuerlichen Nachteil. Nur der in der Begründung zu § 42 Abgabenordnung dargestellte „raffinierte“ Steuerpflichtige – ich zitiere die Begründung – wird in Zukunft durch eine exzellente Steuerabteilung oder Steuerberatung einem von der Finanzverwaltung infrage gestellten Sachverhalt zu der Anerkennung verhelfen können. Der Mittelständler allein wird dazu nicht in der Lage sein.

Meine Damen und Herren, zu welchen Auswüchsen dies führen kann, zeigt ein Artikel im „Handelsblatt“ vom 10. September 2007. Dort fordert das zuständige Vorstandsmitglied für Controlling der Allianz AG, dass die Finanzämter mehr Betriebsprüfer einsetzen sollten, damit in Deutschland nicht nur die Großbetriebe, sondern auch mehr mittelständische Unternehmen geprüft werden können. Mit regelmäßigen zeitnahen Betriebsprüfungen könnten in Zukunft die Zweifelsfälle geklärt werden.

Der Staat sollte natürlich im Gegenzug auf die Änderung des § 42 Abgabenordnung im Jahressteuergesetz verzichten. Meine Damen und Herren, im Klartext heißt dies: Damit die Großkonzerne mit ihren exzellenten Steuerabteilungen auch in Zukunft weiterhin steuerliche Gestaltungen vornehmen können, die nach den Vorstellungen des Bundesrates mit dem möglichen Gewinn abgeschöpft werden sollen, soll der geänderte § 42 Abgabenordnung nicht in Kraft treten. Als Ersatz werden dafür mehr Betriebsprüfungen bei mittelständischen Unternehmen gefordert. Eine tolle Idee, wie ich finde.

(Glocke der Präsidentin)

Zu der anderen Perversion, was die CDU noch macht, komme ich im zweiten Teil. Es muss noch einen Höhepunkt geben.

(Beifall der FDP)

Für die Landesregierung spricht nun Herr Staatssekretär Dr. Messal.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte unmittelbar an das anknüpfen, was Herr Creutzmann eben mit Ihrer freundlichen Genehmigung zitiert hat. Herr Creutzmann, das, was Sie unter dem Beifall der CDU-Fraktion zitiert haben, hat mit dem Jahressteuergesetz 2008 überhaupt nichts zu tun.

(Creutzmann, FDP: § 42 Abgabenordnung!)

Das, was Sie zitiert haben, stammt aus einem Referentenentwurf im Vorfeld des Jahressteuergesetzes 2008. Das, was die Bundesregierung als Jahressteuergesetz 2008 in den Bundesrat bzw. in den Bundestag eingebracht hat, ist etwas völlig anderes als das, was Sie eben zitiert haben.

(Ramsauer, SPD: Das wäre dann die dritte Perversität! – Weitere Zurufe im Hause)

Insofern wäre es vielleicht ganz hilfreich, dass man sich erst einmal über den Sachverhalt verständigt, wie denn die Ausgangslage aussieht und was die Bundesregierung auf der Grundlage dieser Ausgangslage im Jahressteuergesetz 2008 konkret vorgeschlagen hat.

(Beifall bei der SPD – Schreiner, CDU: Dann zitieren Sie einmal den neuen Paragrafen!)

Zum Verfahren darf ich Ihnen sagen, Rheinland-Pfalz hat sich mit allen Ländern darauf verständigt, dass wir den Vorschlag, den die Bundesregierung im Jahressteuergesetz 2008 gemacht hat – was darin konkret steht, sage ich noch –,

(Schreiner, CDU: Gut, danke!)

so nicht durchlaufen lassen wollen, sondern wir mit der Bundesregierung über diese Regelung sprechen wollen. Ich hoffe, dass es eine einvernehmliche Lösung gibt, bis das Jahressteuergesetz 2008 im zweiten Durchgang wieder auf den Bundesrat zuläuft.

Die Verabredung mit der Bundesregierung läuft schon. Die Bundesregierung wäre auch gut beraten, auf den Ratschlag der Länder zu hören.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Kuhn, FDP: Richtig!)

Meine Damen und Herren, ich könnte noch sehr viel zu dem konkreten Inhalt des Jahressteuergesetzes 2008 insgesamt sagen, möchte aber nur zwei Sätze zum § 42 Abgabenordnung anfügen. Es wird erstens der Versuch unternommen, den sehr unklaren Begriff des Missbrauchs durch „ungewöhnliche Gestaltungen“ näher zu definieren. Es soll zweitens vorgesehen werden, dass der Steuerpflichtige verpflichtet wird, außersteuerliche Gründe für „ungewöhnliche Gestaltung“ vorzulegen. Meine Damen und Herren, nur so viel, diese Begrifflichkeiten sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern diese Begriffe stammen aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

(Pörksen, SPD: Die kennt aber der Kollege nicht!)

Deswegen gehen diese Begriffe von dem Stand der Rechtsprechung aus. Man wird sich mit diesen noch auseinandersetzen müssen. Die Länder haben dazu gesagt: Wir wollen darüber reden, ob man dies so in das Gesetz übernehmen soll oder ob man nach Alternativen suchen sollte. –

Zum Sachverhalt, wie also die gegenwärtige Ausgestaltung des § 42 Abgabenordnung aussieht, hat Herr Puchtler schon ausführlich Stellung genommen. Meine Damen und Herren, ich denke, wenn man diese Diskussion auf einer guten Recherche des Sachverhalts führt, dann ist sehr viel innere Wallung, die hier zu hören war, nicht notwendig. Wir werden jetzt diese Dinge in aller Ruhe mit der Bundesregierung besprechen und dann schauen, welches Ergebnis für den zweiten Durchgang im Bundesrat zustande kommt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Schreiner.

(Harald Schweitzer, SPD: Jetzt kommt der Experte!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich die Diskussion verfolge, dann freue ich mich insofern, als ich Zustimmung zu unserem Antrag unterstelle. Wir sind uns im Hause einig. Offensichtlich ist der rheinland-pfälzische Landtag über alle Fraktionsgrenzen hinweg näher an den Bürgern und an den Problemen des Mittelstandes als die Referenten von Herrn Steinbrück. Mit Verlaub, es ist auch gut so, dass wir jetzt gemeinsam diese Sache angehen können. Herr Messal, das Problem ist, dass es um eine ungewöhnliche Gestaltung des Gesetzes geht. Das Problem ist die Beweislastumkehr.

Zum einen hat der Bundesfinanzhof immer deutlich gemacht, dass es das Recht des Steuerbürgers ist, für ihn eine günstige Gestaltung zu suchen. Das ist der eine Punkt.

(Pörksen, SPD: Darum geht es aber gar nicht!)

Der zweite Punkt ist aber, dass auch in dem jetzt vorliegenden § 42 des Jahressteuergesetzes 2008 ausdrücklich steht – es ist richtig, Herr Creutzmann hat eine ältere Fassung zitiert –,

(Pörksen, SPD: Er ist auch ein älterer Herr!)

dass es eine Umkehrung der Beweislast gibt. Das ist im Kern eine rechtspolitische Frage, Herr Staatssekretär. Es steht in Verbindung mit Dingen wie der bezahlten Auskunftspflicht, mit der der Mittelstand konfrontiert ist, in Verbindung mit diesem komischen Schlichtungsgespräch, das vielleicht am Ende sogar noch der Genehmigung bedarf. Es entsteht eine Situation für den Steuerpflichtigen, in der er selbst, im Zweifelsfall die Menschen, die ihn beraten, und letztendlich der Finanzbeamte dieses Landes Rheinland-Pfalz in eine unmögliche Situation gebracht werden.

Ziel muss es sein, dass jemand, der nicht das Ziel hat, das Recht zu missachten, sondern, im Gegenteil, das Recht anzuwenden, und zwar so, dass er zugegebenermaßen möglichst wenig Steuern zahlen muss, nicht in die Situation gebracht wird, dass er zum Schuldigen gestempelt wird und die Beweislastumkehr auf seine Schultern gepackt bekommt.

(Beifall des Abg. Baldauf, CDU)

Wir sind uns einig, wir brauchen eine Überprüfung auch des aktuell vorliegenden § 42 im weiteren Gesetzgebungsverfahren.