Protocol of the Session on June 28, 2007

Es hat nämlich einen besonderen Charme. Ich darf das einmal hervorheben. Bei diesem Projekt geht es um ehrenamtliche Paten, die Familien betreuen. Ich finde, die Kombination aus Ehrenamtlichkeit und Hauptamtlichkeit ist in diesem Projekt bestechend. Der Punkt ist, dass jede Familie, die ein Kind bekommt, angeschrieben wird; denn der Streitpunkt war immer, bei welcher Familie es sich um eine Risikofamilie handelt. Woher wissen wir, welche Familie eine Risikofamilie ist?

Ich finde, das Problem haben die Brandenburger exzellent gelöst. Es lohnt sich, dieses Projekt im Sozialpolitischen Ausschuss einmal genauer anzuschauen, damit man einmal einen Überblick bekommt und schauen kann, ob man das Projekt nicht in seinem eigenen Landkreis oder in der Stadt durchführen kann. Der Landkreis Mainz-Bingen will das Projekt realisieren.

(Beifall bei der SPD)

Die Landkreise sollten das wahrnehmen, was das Land anbietet, aber auch einzeln Aktivitäten starten. Bei uns ist zum Beispiel der Allgemeine Soziale Dienst seit Neuestem rund um die Uhr zu erreichen. Das ist alles andere als selbstverständlich und wurde mit einer vollen Stelle aufgestockt.

Meine Damen und Herren, wichtig ist, dass wir wollen, dass alle Kinder aus allen Familien die Chance haben, gesund und glücklich aufzuwachsen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die Stärkung der Erziehungskompetenzen der Eltern als oberstes Ziel annehmen.

Ich hoffe, dass wir weiterhin so gut und über die Fraktionsgrenzen hinweg zum Wohle der Kinder zusammenarbeiten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD)

Vielen Dank.

Das Wort hat Frau Kollegin Thelen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was lange währte, wird jetzt langsam gut, aber noch nicht so ganz. Ich denke, den Endpunkt müssen wir noch mit einem Gesetzgebungsverfahren setzen, Endpunkt nur, was die parlamentarische Arbeit angeht und sicherlich nicht, was die Arbeit in den Regionen zur Stärkung der Familie und zum Schutz der Kinder angeht.

Das Thema heute hat schon eine längere Vorgeschichte. Ich habe mir noch einmal den Ordner, der schon einen erheblichen Umfang hat, angesehen. Wenn man sieht, wie lange es dann doch bei allem guten Willen, der überall vorhanden ist, dauert, dann würde ich sagen, wir haben nicht mehr viel Zeit zu verlieren.

Ich möchte deshalb schon ganz zu Anfang an den Zeitplan erinnern, den uns der Staatssekretär in einer Ausschusssitzung dargelegt hat, als wir beraten haben, wann wir unseren Antrag einbringen können, wann mit einem Gesetzgebungsverfahren und dem Beschluss zu rechnen sei.

Er hat uns das Gesetzgebungsverfahren für den Herbst in Aussicht gestellt. Nach dem, was ich höre, wird es möglich sein, dass man vielleicht wirklich in diesem Jahr einen Beschluss fasst, der auch eine Grundlage für die Handelnden vor Ort gibt, gemeinsam das Einladungssystem, aber auch die Hilfen zu organisieren.

In diesem Sinne haben wir heute eine nicht unwichtige, aber doch nur eine Zwischenetappe, die wir immerhin vorstellen können. Ich bin außerordentlich dankbar, dass wir es letztendlich gemeinsam auf den Weg bringen.

Das Thema verdient es, dass wir uns zusammenraufen. Es gab unterschiedliche Standpunkte, vor allen Dingen zu kleineren, aber vielleicht nicht unbedeutenden Punkten, die aber nicht dazu führen sollten, dass wir uns weiterhin um Worte streiten und die Dinge im Streit begleiten.

Es ging in erster Linie um die Frage, ob wir – in Anführungszeichen – „nur“ eine verbindliche oder eine verpflichtende Früherkennungsuntersuchung wollen. Wichtig ist uns – ich denke, das kommt hier zum Tragen –, dass das gemeinsame Ziel sein soll, möglichst alle, 100 % der Kinder, durch ein verbindliches Einladungssystem zu erreichen, um die Informationen, die man über eine Nichtteilnahme gewinnt, wieder zu nutzen, um sie gegebenenfalls den Familien, die Hilfe brauchen, anbieten zu können.

Ich will kurz zurückgehen, weil ich glaube, dass es wichtig ist, sich zu vergegenwärtigen, wie schwierig der Anlauf für dieses Thema war. Es hat nach meinen Unterlagen 2003/2004 begonnen, dass sich die Meldungen in den Medien über Kindesmisshandlungen, Gewalt gegen Kinder, Kindesmissbrauch, sexuellen Missbrauch von Kindern deutlich häuften.

Ich habe eine frappierende Zusammenstellung in einem Newsletter mit Namen „Paten“ gefunden. Dieser ist im vierten Quartal 2005 veröffentlicht worden und hat zusammengestellt, was in drei Monaten in Deutschland an entsprechenden Meldungen durch die Gazetten ging.

Ich habe es gezählt: allein 27 Nachrichten über Kindestötung, Gewalt gegen Kinder, Missbrauch und vieles mehr. Es ist schon erschreckend, wenn man sieht, welches Drama sich in Familien abgespielt hat und wie groß die Not sein musste, die dahintersteckte. In der Regel sind es keine Taten, die vielleicht aufgrund von Alkoholkonsum spontan entstanden sind, sondern diese sind häufig mit einem langen Vorlauf von Leiden und Verzweiflung verbunden.

Ich will eine hervorheben, weil sie ein Schlaglicht auf die Notwendigkeiten wirft, die wir zu regeln haben und an deren Regelung wir zumindest dabei sind zu gehen; denn hier ginge es gegebenenfalls auch noch um weitergehende Regelungen, die wir vielleicht gar nicht alleine im Land regeln können.

Duisburg, 22. Juni 2005: Am Autobahnkreuz DuisburgKaiserberg wurde die Leiche eines Kindes gefunden. Es wurde im August letzten Jahres dort vergraben. Der Lebensgefährte der Mutter führte die Polizei zum Fundort. Die Todesursache ist unklar.

Seiner Aussage nach war das Kind an einer Medikamentenvergiftung gestorben. Die Mutter der 4-jährigen Nathalie beschuldigt ihn jedoch, das Kind drei Tage vor dessen Tod mit der Faust gegen den Kopf geschlagen zu haben. Daraufhin sei das Kind immer apathischer geworden.

Einige Tage zuvor hatte das Jugendamt das Kind als vermisst gemeldet, woraufhin die Polizei in der mütterlichen Wohnung eine Nachricht hinterließ, sich zu melden.

Sechs Tage später berichtet die gleiche Zeitung zum Fall, das Jugendamt teilte auf Anfrage der „WAZ“ mit, dass es im Februar 2005 zum ersten Mal von Nachbarn auf die Familie hingewiesen worden sei. Die Unterbringung der ältesten Tochter in einer Pflegefamilie sei noch durch das Jugendamt Flensburg erfolgt. Die Behörden dürften sich, laut Gesetz, bislang nicht austauschen, wenn die betreuten Familien umzögen.

Ihr zweites Kind erlag dem plötzlichen Kindstod, ihr jüngstes Kind ist eineinhalb Jahre alt.

Ich denke, dieser Hinweis, dass es schon bei simplen Umzügen von einem Jugendamtsbezirk in den anderen dazu führen kann, dass Familien aus der Betreuung, aus der Beobachtung durch ein Jugendamt herausgefallen sind, wirft ein Licht auf das, was dringend verbessert werden muss. Ich hoffe, dass wir alle zusammen auf einem guten gemeinsamen Weg sind.

Wir sind alle der Überzeugung, dass das Thema „Früherkennungsuntersuchung“, mit dem ich eingestiegen bin, nur ein Mosaikstein in dem notwendigen Hilfekonzept sein kann, was an Hilfen in solchen Notlagen für diese Familie nötig ist, die sie brauchen. Wir brauchen eine gute Vernetzung, eine Zusammenarbeit vieler, die sich rund um Familie bewegen, von Ärzten, von den Hebammen, von vielen sozialen Diensten angefangen bis hin zu Notrufen und anderen – auch ehrenamtlich organisierten – Diensten, damit Informationen erfolgen und nicht hinterher auch noch festgestellt werden musste, einige hatten eigentlich schon geahnt, dass etwas passiert, aber die Hilfe wurde nicht gewährt.

Es ist ein Thema, das auch auf Bundesebene dazu geführt hat, dass sich der Bundesrat zweimal damit beschäftigt hat und beim zweiten Mal die verpflichtende Früherkennungsuntersuchung aufgrund eines Antrags von Hessen und vom Saarland gefordert wurde.

Wir sind schon der Auffassung, dass wahrscheinlich die Verpflichtung noch eine größere Sicherheit geben könnte, tatsächlich eingreifen und Informationen erhalten zu können, haben uns aber entschlossen, den Weg in Rheinland-Pfalz mitzugehen. Ich sage Frau Grosse und Herrn Dr. Schmitz herzlichen Dank, dass wir unser gemeinsames Anliegen in diesem runden Antrag zusammenfassen konnten und damit für die Landesregierung eine gute Arbeitsgrundlage bieten.

Frau Ministerin, wir haben die Hoffnung, dass jetzt das Gesetzgebungsverfahren dem Anliegen Rechnung trägt, die Erfahrungen aufnimmt, die durch laufende Modellprojekte jetzt schon zum Tragen kommen, und es Ihnen gelingt, die Jugendämter mit ins Boot zu nehmen. Da sind wir alle ein Stück weit gefordert.

Wir sitzen in den Kommunalparlamenten, die auch über die Haushalte der Jugendämter zu beschließen haben. Auch das hatten wir hier schon diskutiert. Wir wissen durch den Erziehungshilfebericht – ich denke, dafür war er sehr wertvoll –, dass tatsächlich auch mehr Mitarbeiter in einem Jugendamt dazu führen können, die insgesamt entstehenden Kosten dort zu reduzieren, weil man in der Lage ist, initiativ zu werden, präventiv arbeiten zu

können und nicht durch den Druck des Alltagsgeschäfts nur Notlagen hinterherhecheln muss.

Eine für mich wirklich wichtige Erkenntnis, die auch einmal belegt, wie wichtig an dieser Stelle das sorgfältige Überlegen ist, nicht nur kurzfristig einen Personaletat, sondern mittelfristig die Gesamtkosten eines Aufgabenbereichs im Auge zu haben.

Also hier den Appell, den wir an uns alle richten müssen, auch diese Erkenntnisse in die Tat vor Ort umzusetzen. Das sagt sich heute hier leichter – das ist mir auch klar – als vielleicht im November oder Dezember, wenn wir vor Ort in die Haushaltsberatungen gehen.

Aber auch dabei sollte gelten, dass man nicht nur sonntags von den Wohltaten redet und sie montags vergisst, sondern dann muss es im Zweifel auch am Montag auf der Tagesordnung des Kreistags oder Stadtrats stehen.

In diesem Sinne haben wir nur zum Schluss die Erwartung zu äußern, den Zeitplan bitte einzuhalten, Frau Ministerin. Wir werden Sie konstruktiv kritisch auf dem Weg des Gesetzgebungsverfahrens begleiten.

Wir sind gerne bereit, das so zügig zu gestalten, dass wir garantieren können, dass es in diesem Jahr vom Plenum noch beschlossen werden kann, damit wir die Sicherheit haben, vor Ort im Land Rheinland-Pfalz – und das flächendeckend und nicht nur an zwei oder drei Modellstandorten – Hilfen für Familien in Not organisieren und weitere schlimme Taten damit zumindest in Teilen verhindern zu können. Das ist unsere große Hoffnung.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank.

Es spricht Herr Abgeordneter Dr. Schmitz.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir von der FDP-Fraktion stimmen in den Dank an die beiden anderen Fraktionen mit ein, dass wir bei diesem wichtigen Thema einen gemeinsamen Antrag auf den Weg bringen konnten. Ich habe mich darüber gefreut, dass die Anregung, die ich im Ausschuss in diese Richtung gab, aufgegriffen wurde, nicht stur auf einem Weg zu beharren, wohl wissend, dass wir uns in einer Phase befinden, in der bereits viel getan wird. Es gibt ganz unterschiedliche Projekte und Herangehensweisen. Aber wir wissen auch, dass dies kein Thema ist, bei dem die Politik alles regeln kann und damit alle Probleme gelöst wären. Deshalb ein herzliches Dankeschön für diese Kooperation! – Ich glaube, das Endergebnis ist natürlich ein Kompromissantrag, aber ein Antrag, mit dem man durchaus gut leben kann.

Meine Damen und Herren, wenn wir die ersten Sätze des Antrags lesen: „Kinder sollen gesund aufwachsen und sich positiv entwickeln können. Sie müssen vor Vernachlässigung und Misshandlung geschützt sein.“, dann ist dies im Grunde eine Selbstverständlichkeit. Das Drama dieses Themas liegt darin, dass diese Selbstverständlichkeit für allzu viele Kinder eben nicht selbstverständlich ist. Das, was in den allermeisten Familien funktioniert, in einer intakten Beziehung zwischen Eltern und Kindern, in einer gesunden und lebensfrohen Umwelt mit viel Licht und viel Freude, findet große Schatten in anderen Familien, in denen diese Kinder von Anfang an ein schweres Leben haben und in denen die Exzesse, von denen die Presse berichtet, leider Gottes nur die Spitze des Eisberges beschreiben.

Wir gehen in diesem Antrag natürlich nicht nur auf die Nöte und Probleme ein, sondern auch auf die Rechte, aber auch die Pflichten der Eltern. Auch in diesem Bereich gilt, dieses Thema ist bei den allermeisten Eltern in guten Händen und ist kein Thema, bei dem der Staat eingreifen müsste. Aber es gibt auch große Teile der Bevölkerung, gerade in den unteren sozialen Schichten, in denen Eltern nicht die Kraft haben, für ihre Kinder adäquat zu sorgen. Ihnen muss der Staat niederschwellig zur Seite stehen, mitunter aber auch mit strafrechtlichen Konsequenzen drohen, um die Rechte der Kinder zu schützen.

Meine Damen und Herren, das große Thema der FDP in diesem Zusammenhang ist das Thema „Chancengerechtigkeit“. Auch dieses Thema findet in dem gemeinsamen Antrag seinen Niederschlag in dem Satz: „Ziel dieser Politik ist es, dass alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen und ethnischen Herkunft gleiche Startchancen haben und gesund aufwachsen können.“

Das ist das, was wir unter Chancengerechtigkeit bei Kindern verstehen. Dies ist uns ein sehr großes Anliegen und ist uns auch große Anstrengungen des Staates wert.

(Beifall der FDP)

Ich möchte noch einen Punkt nennen, für den wir einen Kompromiss gefunden haben. Ich meine die Forderung, dass frühkindliche Untersuchungen in den Vordergrund gestellt werden, ein Bereich, der wichtig ist und von dem wir uns zusätzliche Informationen sowie zusätzliche Hilfestellungen für die Kinder und die Eltern erwarten, insbesondere dann, wenn man diese Untersuchungen auch einmal hinsichtlich ihrer Wirkungskraft auf dieses Problemfeld hinterfragt. Ich warne davor, in den Anforderungen, die dieser Antrag stellt, die schlussendliche Lösung des Problems zu sehen. Es gibt auch andere Wege, sich mit dieser Sache auseinanderzusetzen, die im Antrag keinen Niederschlag gefunden haben. Wir haben uns aber bewusst darauf verständigt, in ein paar Jahren noch einmal genauer hinzuschauen.