Protocol of the Session on April 26, 2007

Sie führen in die Debatte den Schulkindergarten ein und sagen, die Kinder könnten nicht mehr dorthin gehen. Das würde man diesen auch noch nehmen. Ich möchte noch einmal deutlich machen: Der Schulkindergarten, der im Übrigen nicht abgeschafft, sondern dort, wo es keinen Bedarf mehr gibt, eingestellt wird, ist eine Einrichtung für von der Schule zurückgestellte Kinder, also für schulpflichtige Kinder. Dieser deckt ein völlig anderes Segment ab. Wir müssen schauen, über welchen Bereich wir reden. Wenn wir das alles durcheinanderwerfen, kommen wir vor Ort nicht weiter.

(Beifall der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu der Situation in Rheinland-Pfalz gehört auch, dass wir im Zeitraum der Jahre 2003 bis 2006, in dem die westlichen Länder im Durchschnitt 30 % des nach TAG erforderlichen Betreuungsausbaus geschafft haben, 43 % erreicht haben. Niedersachsen hat im Übrigen nur 12 % geschafft. Es gibt schon noch beachtliche Unterschiede, wie man in dieser Frage vorangeht. Wenn sich ein Land nicht verstecken muss, ist es Rheinland-Pfalz.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Ich finde es richtig, dass sich die Länder anstrengen, wobei ich überhaupt nicht infrage stelle, dass die erste Zuständigkeit für diesen Bereich bei den Ländern und den Kommunen liegt. Es ist aber auch nicht so, dass der Bund keine Verantwortung in diesem Bereich trägt, und zwar schon deswegen, weil es einen relativ einfachen finanzwirtschaftlichen Zusammenhang gibt, den ich an dieser Stelle noch einmal in das Gedächtnis rufen möchte.

Unter anderem Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, aber auch viele andere belegen, dass sich der Ausbau der U 3-Betreuung auch gesamtwirtschaftlich rechnet – Frau Morsblech, das ist vielleicht auch für Sie wichtig –, weil die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht nur ein zentraler Wunsch vieler junger Frauen und Männer ist, sondern über einen Beschäftigungsanstieg auch zu zusätzlichen Einnahmen in den Steuer- und Sozialversicherungssystemen führt.

Diese Rückflüsse fallen im Finanzsystem zu wesentlichen Teilen auf der Bundesebene an, während die Kosten für den Ausbau von Kommunen und Ländern zu tragen sind. Insofern ist es richtig, dass an dieser Stelle auch über eine Beteiligung des Bundes diskutiert wird, um eine stärkere Kongruenz zwischen den Kosten und den Erträgen der Kindertagesbetreuung im föderalen System erreichen zu können.

In Rheinland-Pfalz würde ein solcher Ansatz ermöglichen, dass wir unseren Zielen noch schneller nahekommen. Das wäre für die Eltern, die Kinder und insgesamt für dieses Land gut.

Dazu gehört – das will ich an dieser Stelle noch einmal betonen –, dass die Bundesfamilienministerin jetzt ein Finanzierungskonzept auf den Tisch legt. Wir haben uns über die Ziele verständigt. Die Länder haben konstruktiv an diesem Prozess mitgearbeitet. Die Kommunen waren dabei. Jetzt brauchen wir endlich Klarheit, wie wir bei der Erreichung der Ziele unterstützt werden. Hier ist zuallererst die Bundesfamilienministerin gefordert.

Ich sage an dieser Stelle noch einmal deutlich: Dabei geht es bei weitem nicht nur um die Investitionskosten, sondern auch um eine dauerhafte Beteiligung an den Betriebskosten. Dafür muss ein Weg gefunden werden.

Auch nach der Debatte heute sage ich dazu: Ich hätte auch noch viele Wünsche. Ich glaube, Politik funktioniert nur so, dass man realistische Ziele formuliert und sich um deren Umsetzung kümmert. Wenn man dann einen Schritt weiter gekommen ist, soll man sich auch wieder ein ambitioniertes Ziel vornehmen. Aber ein ambitioniertes Ziel nach dem anderen ohne konkrete Umsetzungsstrategie löst Verdrossenheit aus.

(Beifall der SPD)

Es ist sehr einfach, Finanzierungskonzepte, wie sie zum Beispiel die Bundes-SPD vorgelegt hat, zu kritisieren. Es ist offensichtlich noch viel schwerer, ein eigenes Finanzierungskonzept zu erarbeiten, weil wir wirklich lang genug darauf warten. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten endlich über diese Frage Klarheit bekommen. Dann sind wir uns nicht nur im Ziel einig,

sondern können tatsächlich auch etwas für die Familien, die Eltern und die Kinder tun.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Dickes, auch mir erschließen sich Ihre Zahlen nicht. Bayern, Baden-Württemberg und das Saarland haben einen Personalschlüssel von 1,5 je Gruppe.

Wir haben 1,75 je Gruppe. Offensichtlich haben Sie völlig übersehen, dass genau dann, wenn Kindertagesstätten mehr als zwei Zweijährige in ihren Gruppen aufnehmen, der Personalschlüssel verstärkt wird oder die Träger entscheiden können, dass sie Gruppengrößen von 15 Kindern bei gleichbleibendem Personalschlüssel von 1,75 gründen können.

Ich finde, wenn Sie noch mehr wollen, ist das ein sehr interessanter Widerspruch zu dem, was zugegebenermaßen nicht unter Ihrer Beteiligung in der letzten Legislaturperiode Ihre Fraktion, Frau Dickes, als Minderheitenvotum bei der Enquete-Kommission „Kommunen“ eingebracht hat, in der sie nämlich mit vollem Munde die Absenkung der Standards in den Kommunen gefordert hat, und zwar unter anderem auch in Kindertagesstätten.

Auch Herr Steenbock und die kommunalen Spitzenverbände setzen uns alle immer wieder mit der Forderung unter Druck, doch bitte schön die Standards zu lockern und die Möglichkeit des Abbaus von Personalschlüsseln vorzunehmen.

(Zurufe von der CDU)

Dann ist es, wo diese Landesregierung und diese Fraktion die Bollwerke gegen etwas Absenkendes sind, geradezu lächerlich, uns zu erzählen, wir hätten einen zu schlechten Standard. Sie sind scheinbar noch ein bisschen schlecht informiert, was Ihre Fraktion in der letzten Legislaturperiode angestellt hat.

(Beifall der SPD)

Frau Kollegin Morsblech, wir haben im Ausschuss auch schon die These andiskutiert, dass das Programm für die Beitragsfreiheit, für mehr Förderung und die weitere Qualifizierung von Erzieherinnen und Erziehern quasi ein nachlaufender Beitrag wäre, weil es über die Zinsen einer höheren Neuverschuldung finanziert wird.

Offensichtlich haben Sie die mittelfristige Finanzplanung dieses Landes nicht gelesen; denn dort kommen wir ohne eine höhere Neuverschuldung aus. Wir wissen sogar aus den Berichten unseres Finanzministers, dass wir möglicherweise mit einer deutlich niedrigeren Neuverschuldung als in der mittelfristigen Finanzplanung angesetzt, auskommen werden.

(Glocke der Präsidentin)

Das Argument, dass etwas über Zinsen finanziert wäre und es quasi die Kinder und Kindeskinder zu bezahlen hätten, hören wir immer nur bei den Kindern. Zu Zeiten, als Herr Bauckhage Wirtschaftsminister war, habe ich von Ihnen nie gehört, dass Straßen, Brücken und Ähnliches mit nachlaufenden Beiträgen der kommenden Generationen finanziert würden. Bei den Kindern ist Ihnen das Argument recht.

(Glocke der Präsidentin – Zuruf der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Gleichzeitig wollen Sie aber noch mehr. Das ist dann einfach nur noch lächerlich. Sorry.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Dickes, bitte schön.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie von mir ein klares Bekenntnis hören wollen, dann hören Sie jetzt ein klares Bekenntnis zur Qualität.

(Harald Schweitzer, SPD: Ja! Ja!)

Dieses ganz klare Bekenntnis hat die CDU schon 1991 geäußert, als sie gesagt hat, wir wollen eine qualitative Betreuung, einen Rechtsanspruch für alle Kinder ab drei. Das haben Sie damals abgelehnt.

(Beifall der CDU – Keller, CDU: So ist es! – Zurufe von der SPD)

Frau Brede-Hoffmann, wenn Sie von unrealistischen Wünschen reden, dann ist die Qualität nicht ein unrealistischer Wunsch, sondern die Bedingung, dass wir überhaupt irgendetwas machen.

(Beifall der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Sie haben wie immer den Mund gespitzt, aber nicht pfeifen können!)

Wenn wir bei den Kommunen davon reden, dass wir Standards abbauen wollen, dann geht es ganz klar um bauliche Standards, um Toilettenanlagen für Zweijährige, nicht um Standards bei der Qualität,

(Pörksen, SPD: Das ist doch Unsinn!)

dann geht es darum, dass wir das Geld, das wir bei den Toilettenanlagen sparen können, vielleicht besser in die Erziehung der Kinder geben.

(Beifall der CDU und bei der FDP – Zuruf des Abg. Harald Schweitzer, SPD)

Unsere Erzieherinnen sind bis heute nicht ordentlich für die Erziehung von Zweijährigen ausgebildet. Das ist nämlich nicht Bestandteil ihrer Ausbildung.

(Keller, CDU: So ist es!)

Dann fragen Sie einmal in den Kindergärten nach, wie viel Chancen für Fortbildung bestehen.

Frau Ahnen, ich habe bei Ihnen nachgefragt, wie es mit der Erzieherinnenausbildung aussieht. Sie haben angegeben, wir hätten eine tolle Ausbildung für unsere Erzieher und ein ganz neues Modell.

Wir schieben zwei Jahre Schule vorneweg und bilden Sozialassistenten aus. Meine Kleine Anfrage, wohin sich die Ausgebildeten nach diesen zwei Jahren bewerben, was man mit einer zweijährigen Sozialassistenzausbildung machen könne, haben Sie so beantwortet, dass sich diese auf die Mitarbeiterstellen bewerben könnten.

(Keller, CDU: So ist es!)

Eine Mitarbeiterstelle bedeutet eine Mitarbeiterin und eine Gruppenleitung in einem Kindergarten. Wenn die Gruppenleitung einmal krank ist oder herausgeht, dann ist die Mitarbeiterin alleine in einer Klasse. Dann haben wir 25 Kinder für eine Sozialassistentin. Das nennen Sie Qualität bei uns in den Kindergärten?

(Beifall bei CDU und FDP – Keller, CDU: So viel zu den Standards!)

Das sind die Standards. Das ist der Moment, in dem ich sage, wir wollen einen Ausbau, eine Betreuung für alle Kinder, aber es darf nicht auf Kosten der Qualität gehen. Dafür stehen wir als CDU.