Protocol of the Session on May 30, 2006

(Beifall der SPD)

Wir gehen aber noch weiter. Wir wollen und wir werden neue Beschäftigungsfelder erschließen. Dienstleistungen für die privaten Haushalte und Familien bieten ein großes Spektrum an Aufgaben.

Unausgeschöpft sind bisher aber auch die Potenziale in der Gesundheits- und Wellnessbranche. Gerade in diesen Bereichen kann Rheinland-Pfalz punkten. Hier packen wir an.

Meine Damen und Herren, unsere Wirtschaft, unser Arbeitsmarkt, unsere Zukunft hängen in entscheidendem Maß davon ab, ob es uns gelingt, das Potenzial zu nutzen, das in den Köpfen der Menschen steckt.

Wir müssen diese Potenziale bei unseren Kindern wecken, und zwar unabhängig davon, ob die Eltern ihren Kindern bei den Hausaufgaben helfen können oder nicht, unabhängig davon, ob diese Kinder aus reichen oder armen, aus deutschen oder Einwandererfamilien stammen.

(Beifall der SPD)

Die Voraussetzung dafür ist ein leistungsstarkes und auf Chancengleichheit setzendes Bildungs- und Ausbildungssystem. Leistungsfähigkeit und Chancengleichheit sind für uns kein Gegensatz. Beide Prinzipien sind die Grundlagen unserer Politik – von Anfang an!

Wir haben in der Vergangenheit bewiesen: Von Rheinland-Pfalz gehen Innovationen aus, die für andere Maßstab geworden sind. Darauf ruhen wir uns nicht aus.

Wir wollen dafür sorgen, dass die Begabungen unserer Kinder frühzeitig erkannt und gezielt gefördert werden. Mit dem Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ hat das Land eine bundesweite Vorreiterrolle übernommen.

Mehr Plätze für Kinder unter drei Jahren, Rechtsanspruch für alle Zweijährigen schrittweise aufbauend bis 2010, flächendeckende Sprachförderung und gute Schulvorbereitung sind ebenso wie gut aus- und fortgebildete Erzieherinnen und Erzieher und das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr schon jetzt Markenzeichen unserer Politik.

Die nächsten Schritte werden wir verlässlich für alle Beteiligten gestalten.

2008, 2009 und 2010 wird jeweils ein weiteres Kindergartenjahr beitragsfrei. Den entsprechenden Gesetzentwurf bringen wir zügig auf den Weg.

(Anhaltend Beifall der SPD)

Verehrte Damen und Herren, ich habe mich auf Bundesebene sehr für das Elterngeld eingesetzt. Dabei bin ich mir bewusst, dass das Elterngeld nur zusammen mit einem gleichzeitigen Ausbau von Betreuungseinrichtungen und insbesondere der Kindertagesstätten die notwendige Sicherheit für junge Familien bietet und jungen Menschen Mut macht, eine Familie zu gründen. Wir haben entsprechende Vorsorge getroffen und sind auf einem guten Weg, der – das darf man sagen – bundesweit beispielgebend ist.

Verehrte Damen und Herren, die Zukunft unserer Kinder ist nicht umsonst zu haben. Für diese Landesregierung ist klar: Bildung genießt höchste Priorität. Schon heute fließt mehr als ein Viertel des Landeshaushalts in die Bildung. In dieser Legislaturperiode wollen wir unsere Schulen durch inhaltliche und organisatorische Verbesserungen noch leistungsfähiger machen.

Auch in Zukunft werden wir eine gute Unterrichtsversorgung und eine hohe Unterrichtsqualität gewährleisten. Dies heißt konkret:

Im Jahr 2007 werden wir 240 und im Jahr 2008 weitere 220 Lehrerstellen zusätzlich schaffen. Das Projekt „Erweiterte Selbstständigkeit“ soll auf alle weiterführenden Schulen ausgedehnt werden. So kann Unterrichtsausfall noch besser vermieden werden.

Wir reformieren die Lehrerausbildung und investieren in die Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften sowie Erzieherinnen und Erziehern. Wir erhöhen die Stundenzahl in der Orientierungsstufe ab 2008 in allen Schularten von 28 auf 30 Wochenstunden. Mehr Unterricht, bessere Förderung und Stärkung der Naturwissenschaften – das ist eine unserer zentralen Antworten auf PISA.

(Beifall der SPD)

Durch neue Formen der Kooperation zwischen den Kindertagesstätten und den Grundschulen sollen Begabungen frühzeitig erkannt und gezielt gefördert werden. Die Einrichtung von Entdecker-Tagen an Grundschulen ist ein solcher Baustein zur Förderung besonderer Begabungen. Diese Förderung wird anschließend auch in Hochbegabtenschulen, zu denen im nächsten Schuljahr mit Koblenz ein vierter Standort hinzukommt, fortgeführt werden.

(Beifall der SPD)

In Rheinland-Pfalz gilt auch künftig: Schule bleibt vor Ort. Besonders wichtig ist uns, Grundschulen möglichst wohnortnah zu erhalten. Das Motto „kurze Beine – kurze Wege“ stellt die Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt und trägt zugleich der Bedeutung der Grundschulen in unseren Gemeinden Rechnung.

Die zurückgehenden Schülerzahlen stellen uns gerade in der Fläche vor besondere Herausforderungen. In der Sekundarstufe I sind wir gefordert, gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort demografiefeste Strukturen zu entwickeln. Verstärkt werden wir die Möglichkeiten nutzen, dass benachbarte Schulen – auch unterschiedlicher Schularten – miteinander kooperieren. Dies bietet auch

die Chance, dem Wunsch vieler Eltern nach einem längeren gemeinsamen Lernen in Regionalen Schulen oder Integrierten Gesamtschulen nachzukommen.

(Beifall der SPD)

Wir werden zukünftig der Qualitätsentwicklung von Schule und Unterricht einen noch größeren Stellenwert einräumen. Unsere guten Erfahrungen mit Vergleichsarbeiten in der Grundschule sollen auf die Sekundarstufe I übertragen werden. Regelmäßige Lernstandserhebungen in der 8. Jahrgangsstufe und die Arbeit der neuen Agentur für Qualitätssicherung sind die nächsten konkreten Schritte.

Verehrte Damen und Herren, Chancengleichheit ist für uns die zentrale Messlatte für ein leistungsfähiges und sozial gerechtes Bildungssystem. Die 360 rheinlandpfälzischen Ganztagsschulen sind ein Erfolgsprojekt. Weitere 200 Ganztagsschulen sollen in dieser Legislaturperiode folgen.

(Beifall der SPD)

Es ist Frau Ahnen und mir besonders wichtig – das sage ich auch mit Blick auf die jüngst veröffentlichten Statistiken –, dass für diese neuen Ganztagsschulen die gleichen hohen Qualitätsmaßstäbe gelten wie für die bereits errichteten. Wir sind nicht nur stolz auf die hohe Zahl, sondern auch auf die hohe Qualität unserer Ganztagsschulen in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren!

(Beifall der SPD)

Eine Verkürzung der Schulzeit bietet Chancen, aber nur dann, wenn die optimale Förderung der Kinder gewährleistet ist und wenn die Durchlässigkeit zwischen den Schularten erhalten bleibt. Die Ganztagsschule bietet hierfür den besten und verlässlichsten Rahmen. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, das Abitur nach zwölf Schuljahren in Ganztagsschulen zu realisieren, meine Damen und Herren. An 15 Schulen wollen und werden wir mit diesem Projekt beginnen.

(Beifall der SPD)

Wir werden die Mittel für die Lernmittelfreiheit ab 2007 um 50 % erhöhen und damit Familien gezielt unterstützen. Wir wollen den Kreis der Geförderten ausweiten und zugleich die Gutscheinwerte anheben, damit auch in diesem Bereich soziale Hürden abgebaut werden.

(Beifall der SPD)

Wir wollen allen Kindern gute Bildungschancen eröffnen, gerade denen, die besondere Probleme haben. Mit dem Ausbau von Schwerpunktschulen werden die Möglichkeiten des gemeinsamen Lernens von behinderten und nicht behinderten Schülerinnen und Schülern ausgeweitet. Wir werden für alle Hauptschulen Schulsozialarbeit anbieten.

(Beifall der SPD)

Dieses Angebot unterstützt die Schülerinnen und Schüler und hilft den Lehrkräften. Wir lamentieren nicht, wir handeln!

(Beifall der SPD)

Verehrte Damen und Herren, wenn Kinder aus der Schule kommen, dann muss auch sichergestellt sein, dass sie die Chance haben, einen Ausbildungsplatz zu finden. Ich sage Ihnen in aller Offenheit: Ich sehe den Ausbildungsmarkt mit großer Sorge; denn die Prognosen deuten darauf hin, dass in diesem Jahr kein Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage an Ausbildungsplätzen zustande kommen wird. Das bedeutet, insbesondere Hauptschüler und Schülerinnen und Schüler mit Sprach- und Lernproblemen laufen Gefahr, dauerhaft den Anschluss zu verlieren. Ich sage deutlich: Das dürfen wir nicht hinnehmen!

(Beifall der SPD)

Es ist nicht akzeptabel, dass Ausbildungsplätze fehlen. Wer heute nicht ausbildet, wird morgen keine Fachkräfte haben. Hier ist jeder Unternehmer, jeder Handwerker, jeder Arbeitgeber in der Pflicht.

Wir werden alles daran setzen, so viele Betriebe wie möglich an ihre soziale Verantwortung zu erinnern, damit sie Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Ansetzen können wir dabei am „Ovalen Tisch zur Förderung der beruflichen Ausbildung und gegen Jugendarbeitslosigkeit“. Daneben werde ich künftig alle mit dem Thema befassten Ministerinnen und Minister des Kabinetts an einen Tisch holen, um konkrete Maßnahmen zur Förderung des beruflichen Einstiegs benachteiligter Jugendlicher auf den Weg zu bringen.

(Beifall der SPD)

Eine wichtige Rolle spielen dabei die berufsbildenden Schulen. Für das hohe Maß an Flexibilität – gerade auch in angespannten Zeiten auf dem Ausbildungsstellenmarkt – möchte ich mich ausdrücklich bei den Schulen bedanken. Ebenso danke ich den Betrieben und den Kammern, die sich besonders angestrengt haben, und ich bitte sie, im guten Einvernehmen, wie es bisher war, um ihre weitere Unterstützung.

(Beifall der SPD)

Auch auf einem anderen Gebiet geht es um die Chancen unserer Kinder und Jugendlichen und zugleich um die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft, nämlich bei der Frage des Zugangs zur Hochschule. Ich sage mit aller Klarheit und Entschiedenheit: Es darf in diesem Land nie mehr dazu kommen, dass es von der Finanzkraft der Eltern abhängt, ob ein Kind studieren kann oder nicht.

(Anhaltend Beifall der SPD)

Ich denke, wir alle in diesem hohen Haus stimmen darin überein: Wir brauchen möglichst viele herausragend qualifizierte junge Menschen. Wir brauchen mehr, nicht weniger Studierende. Die Einführung von Studiengebühren ist deshalb nicht nur ungerecht, sondern auch

volkswirtschaftlich unsinnig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Rheinland-Pfalz wird deshalb weiterhin auf der Basis von Studienkonten ein gebührenfreies Erststudium anbieten. Wir werden zugleich – anders als viele CDUgeführte Länder – unser Angebot an Studienplätzen schrittweise ausbauen.