Protocol of the Session on December 15, 2010

Da ist es dann natürlich auch sehr gut – das will ich in diesem Kontext dann durchaus sagen, Herr Kollege Mertin –, dass wir im Bereich des Bildungs- und Jugendministeriums gemeinsam einen Antrag tragen, der vorsieht, 200.000 Euro zusätzlich für die Förderung von Jugendbildungsmaßnahmen zu investieren.

Ich sage in toto: Natürlich gibt es Vorschläge, über die man im Bildungsbereich sehr ernsthaft diskutieren kann. Es gibt mehr Wünsche. Die Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker werden es tun, das nämlich intensiver diskutieren. Aber nicht jeden Wunsch kann man verwirklichen, und nicht jeder Wunsch ist besonders schlüssig.

Manches ist – das muss ich leider dazusagen – sicher nur Show. Wenn die CDU ihre Haushaltspressekonferenz mit Sparbuch in einer Schule abhält

(Frau Elsner, SPD: Skandalös!)

und vor ein paar Monaten erklärt, dass die Kindertagesstätten wahlkampffrei bleiben müssen, dann ist das einfach nur Showgeschäft, das Sie machen. Da fehlt die Ernsthaftigkeit, und da fehlt auch die Glaubwürdigkeit.

(Beifall der SPD)

Wenn Sie 63 Millionen Euro mehr für Bildung einstellen wollen und darstellen, für was Sie die Mittel ausge- ben – – – Frau Kollegin Brede-Hoffmann hat in ihrer Presseerklärung schon gegengerechnet, was überhaupt nicht neu ist und für was das Geld nicht reicht. Für die Lehrerinnen- und Lehreranzahl, die Sie neu einstellen wollen, reicht das Geld, das Sie einstellen, nicht. So viel zur Glaubwürdigkeit.

Das Einzige, was man vielleicht sehen kann, ist, dass Sie im Hinblick auf die Wahlen sehen, weil die SPDFraktion in den letzten Wahlkämpfen immer Bildungspakete geschnürt und auch glaubwürdig auf der Strecke umgesetzt hat, dass es sich vielleicht lohnen könnte,

auch im Bildungsbereich ein finanzielles Paket zu schnüren und damit auf Wahlkampftournee zu gehen.

Aber wie machen Sie das? – Sie machen das wie bei dem Modell der guten Metzgersfrau, wenn sie etwas auf die Waage legt und fragt, darf es ein bisschen mehr sein, kann es ein bisschen größer sein oder so, wie es früher diesen Spontispruch gab, „ich will alles, und zwar sofort“. Nur dass die Finanzierung, die Sie dafür vorlegen, nicht seriös ist.

Das ist so seriös wie der Umgang von Frau Klöckner mit der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte. Der Vorsitzende ist übrigens CDU-Mitglied. Als die sich geäußert hat, dass die Streichung des muttersprachlichen Unterrichts nicht gut sei und die Vorschläge der CDU zur Integration nicht geeignete Vorschläge seien, hat Frau Klöckner ihren Sprecher mal eben sagen lassen, diese Vorschläge bzw. diese Kritik seien Unsinn. So viel zum Umgang von Ihnen mit den Bürgerinnen und Bürgern im Land, wie Sie dafür ein offenes Ohr haben oder nicht und wie Sie tatsächlich bildungspolitische Vorschläge umsetzen, die Sie machen.

Sie machen Versprechungen, aber halten keine Finanzierung. Sie schreiben bei der Landesregierung ab, aber Sie können es nicht umsetzen. Sie stellen die bildungspolitischen Fakten in Rheinland-Pfalz teilweise falsch dar. Auch das habe ich von Herrn Kollegen Baldauf eben wieder eindrucksvoll erlebt.

(Beifall der SPD)

Ich gehe davon aus, die Ministerin oder Frau BredeHoffmann wird darauf eingehen, was da zu Unterrichtsausfall und was an Chimären noch gesagt wurde, worauf es zurückzuführen sei.

Eines will ich dazu sagen, was ich auch absolut nicht leiden kann und deshalb sage ich es hier, ja, wir haben auch fachfremde Kräfte in den Schulen, die nicht die Ausbildung haben, weil es Engpässe gibt. Ich will Ihnen sagen, ich bin froh darum, dass dort engagierte Menschen einen guten Job bei ihrer schwierigen Arbeit machen, damit diese Engpässe im Interesse unserer Kinder überwunden werden können und entsprechender Unterricht gehalten werden kann, und er ist nicht so, wie Sie ihn abqualifizieren.

(Beifall der SPD)

Es gibt einen Popanz, den Sie aufbauen, den Sie gemeinsam mit der FDP aufbauen möchten, der da lautet, wir wollten eine Einheitsschule schaffen.

(Pörksen, SPD: So ein Quatsch! – Bracht, CDU: Das ist Ihr Bundesprogramm! – Unruhe im Hause)

Die FDP hat hierzu einen Antrag zur Änderung der Verfassung eingebracht. Sie möchte Artikel 28 der Verfassung ergänzen.

Meine Damen und Herren, Artikel 28 der Verfassung lautet: „ Der Ausbildung der Jugend dienen öffentliche

und private Schulen. Bei Einrichtung öffentlicher Schulen wirken Land und Gemeinden zusammen. Auch die Kirchen und Religionsgemeinschaften werden als Bildungsträger anerkannt.“

Diesen Verfassungsartikel haben wir seit 60 Jahren. Wir haben im Übrigen in der letzten Legislaturperiode eine umfassende Verfassungsreform gemacht. Eine Änderungsnotwendigkeit wurde dazu nicht gesehen. Im Übrigen wurde in der vergangenen Zeit bis auf die letzten drei Monate dieser Legislaturperiode eine Veränderungsnotwendigkeit für diesen Verfassungsartikel nicht gesehen.

Die FDP möchte nun die existierenden Schulmodelle festschreiben und einen Absatz 2 anfügen. Der soll dann lauten: „Das öffentliche Schulwesen besteht aus allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Allgemeinbildende Schulen sind insbesondere Grundschulen, Förderschulen, Realschulen plus, Integrierte Gesamtschulen und Gymnasien.“ Begründet wird das mit der Furcht vor der Einheitsschule.

Die CDU möchte ohnehin zehn Jahre keinerlei Strukturveränderungen der Schulen machen, weil Ruhe an der Front herrschen müsse, und kritisiert, dass so viel verändert worden ist.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen von der CDU, sehr geehrter Herr Kollege Mertin,

(Mertin, FDP: Ja!)

Sie, der Sie doch immer etwas die „Monstranz der Seriosität“ vor sich hertragen, mit diesem Verfassungsänderungsantrag betreiben Sie ein Stück Wahlkampf, was ich angesichts der Umfragewerte verstehe, aber was sehr durchschaubar ist, da es sich um Wahlkampf handelt.

(Beifall der SPD)

Ich erkläre für die SPD-Fraktion, dass wir das Schulsystem so weiterentwickelt haben, wie wir es gemacht haben, und das Umsetzen im Interesse der Kinder ist. Die stehen bei allem, was man an Schulen verändert, im Mittelpunkt. Wie kann ich Kinder bestmöglich fördern, damit sie ihre Talente entwickeln können? – Das steht im Vordergrund, nichts anderes.

Da gibt es keinerlei Absicht, dieses von Ihnen an die Wand gemalte Menetekel einer Einheitsschule irgendwie zu verwirklichen.

Sie müssen sich ernsthaft fragen lassen, ob es dienlich ist, dass man einzelne Formen, einzelne Strukturen in einer Verfassung jeweils festschreibt. Das gilt für den Schulbereich wie für andere Lebensbereiche. Ich halte es nicht für dienlich, und ich vermute einmal, der frühere Justizminister dieses Landes hätte es auch nicht für dienlich gehalten. Der jetzige Wahlkämpfer scheint da anderer Auffassung zu sein.

(Beifall der SPD – Frau Schleicher-Rothmund, SPD: Genauso ist es!)

Meine Damen und Herren, es gibt auch verschiedene Änderungsanträge, die wir gestellt haben, die Verbesserungen im Bereich der Justiz, des Strafvollzugsdienstes betreffen. Die Förderung von Breitbandversorgung ist ein eminent wichtiges Thema, damit wir die Infrastruktur im Land nach vorne bringen. Das ist die Stärkung der Verbraucherzentrale in einer Zeit, in der sich Verbraucherinnen und Verbraucher wahrlich schwertun mit den vielfältigen Angeboten. Ich beklage das nicht. Ich mache es am Beispiel der Handytarife oder Stromtarife deutlich.

Früher gab es einen Telefontarif. Heute gibt es tausend Rechner, tausend Verführer, und da habe ich mit tausend wahrscheinlich noch viel zu niedrig gegriffen. Deshalb brauchen wir einen starken Verbraucherschutz und müssen ihn weiterentwickeln, auch in den Datenschutz und andere Lebensbereiche hinein, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechend bessere Angebote bekommen. Ich glaube sogar, über die Landesebene hinaus müssen wir schauen, dass die Wirtschaft einen Teil des Verbraucherschutzes mitfinanziert, damit tatsächlich eine bessere Chancenverteilung für Verbraucherinnen und Verbraucher in diesem Wettbewerbsmarkt kommt.

Meine Damen und Herren, Haushaltsberatungen sind eine Zeit, in der – ich habe es gesagt – zahlreiche Wünsche vieler Gruppen und Institutionen an das Parlament herangetragen werden.

Es duldet keinen Zweifel, viele Ausgabenwünsche sind nachvollziehbar und oft vollkommen berechtigt. Oftmals schreibt die Presse – ich sage es jetzt einmal, für die Frauenhäuser, für andere – in Kommentaren, wie berechtigt der Wunsch nach mehr Förderung auch tatsächlich ist, weil Nöte vorhanden sind.

Das ist keine Anspruchshaltung gegenüber dem Staat, sondern es sind berechtigte Forderungen, die dort von einem Gemeinwesen zu erfüllen sind, das für die Bürgerinnen und Bürger da ist, für die Bürgerinnen und Bürger Leistungen erbringt und den Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit gibt. Gerade angesichts solcher Vorfälle wie in Stockholm muss uns das auch schmerzhaft bewusst sein, dass dies Staatsaufgabe ist.

Die Wünsche, was machbar ist, liegen in diesen Zeiten noch weiter auseinander, als es früher auch schon der Fall war. Ich habe auf die schwierige Haushaltslage hingewiesen und darauf, dass wir uns in den Steuereinnahmen zwar ein Stück erholt haben, aber noch weit hinter 2008 von den Einnahmen her liegen. Die Entwicklung war so nicht vorhersehbar.

Wir müssen schauen, dass wir mit dem Haushalt 2011 die Aufgaben erfüllen können, die im Land RheinlandPfalz anstehen. Aber wir müssen gemeinsam auch dafür sorgen, dass die Einnahmeentwicklung des Staates und des Landes damit einhergeht, dass wir die Mittel entsprechend zur Verfügung haben, die wir hier brauchen.

Steuersenkungen oder Steuerrechtsveränderungen, die nur der Bundesebene dienen, wie beispielsweise im Bereich der Atomgesetzgebung, wo die Zuflüsse nur an den Bund gehen, den Ländern und den Kommunen keine Anteile zukommen, werden uns auf Dauer die

Möglichkeiten nehmen, vor Ort entsprechende Aufgabenerfüllungen vorzunehmen. Eine kommunale Finanzreform gehört dazu.

Ich weise in dem Zusammenhang darauf hin, dass wir in Deutschland derzeit eine Steuerquote von 20,5 % im Jahr 2011 haben. Der Durchschnitt der OECD liegt bei 26,9 %. Die Länder haben also alle eine andere Steuerquote. Deshalb müssen wir ernsthaft die Diskussion führen: Welche Aufgaben wollen wir vom Staat geleistet haben? Welche Mittel brauchen wir dafür, damit die Zukunftsfähigkeit unserer Kinder tatsächlich in gute Bahnen gelenkt werden kann?

Ich bin überzeugt, dass die Verabschiedung der Schuldenbremse ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist. Wir werden das morgen bei der Diskussion des Haushalts des Finanzministers auch entsprechend nochmals vertiefen.

Ich glaube aber, wir sind nicht gut beraten, wenn wir einen Weg wählen sollten – das ist an die Adresse von Ihnen gerichtet, Herr Baldauf –, der nur das Sparen, das Zurückfahren der Schulden in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung und der Rede stellt. Wir sind nicht gut beraten, dass wir einen Minimalstaat anstreben.

In der Krise hat sich bewiesen, dass wir intervenieren mussten und natürlich einen sozialen Ausgleich brauchen. Ich glaube, das Bild der Bürgerinnen und Bürger vom Staat ist nicht geprägt von dem Glauben an einen Obrigkeitsstaat als einen, den man wirklich zusammenstutzen muss, weil er seine Bürgerinnen und Bürger nur kujoniert und nur Fesseln anlegt, sondern das Bild der Bürgerinnen und Bürger von dem Staat, den sie erwarten, ist eines, dass es ein Staat ist, der hilft, unterstützt, begleitet und natürlich die notwendigen Freiräume bei den Bürgerinnen und Bürgern lässt.

Wir legen mit dem Landeshaushalt 2011 die Grundlage dafür, dass im Rahmen der Möglichkeiten einer realistischen Umsetzung der Schuldenbremse in RheinlandPfalz auch in Zukunft die richtigen Prioritäten bei der Bildung, der Inneren Sicherheit, bei der Wirtschaftsförderung, beim sozialen Ausgleich und dem Schutz der Umwelt gesetzt werden. Dazu geben wir gut 13,46 Milliarden Euro aus. Meine Damen und Herren, das ist gut angelegtes Geld für die Zukunft des Landes.

Wir senken trotzdem auch den Finanzierungssaldo beträchtlich. Wir betreiben eine realistische Haushaltspolitik jenseits leerer Versprechungen. Vor allem jenseits vollmundiger Ankündigungen stehen wir für eine glaubwürdige Politik. Das spüren und wissen die Menschen im Land.

Der Staat ist für die Menschen da, und dafür steht Kurt Beck als Regierungschef, und dafür stehen wir als SPDFraktion in diesem Landtag.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltend Beifall der SPD – Vizepräsident Bauckhage übernimmt den Vorsitz)

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende Herbert Mertin von der FDP-Fraktion.