Protocol of the Session on December 15, 2010

Es bleibt also dabei, was wir schon am Anfang gesagt haben, es wird im Einzelplan 06 gespart, aber mit Augenmaß und sozialer Verantwortung.

Zum Ende will ich noch kurz auf die vorliegenden Anträge eingehen, zunächst einmal auf den Entschließungsantrag der FDP „Sozialpolitik wirksamer gestalten – wissenschaftliche Grundlagen stärken“. Diese Entschließung werden wir ablehnen, weil wir der Meinung sind, dass die Kreativität der Projekte dadurch eingeschränkt würde.

Da sind wir unterschiedlicher Meinung. Herr Dr. Schmitz wird versuchen, mir nachher das Gegenteil zu beweisen. Frau Thelen hat es auch schon angesprochen. Wir sind der Meinung, dass die Kreativität benötigt wird, um diese Dinge in Projekten voranzutreiben. Das wollen wir nicht mit einer überbordenden Kontrollmechanik, mit einem Kontrollmechanismus verhindern. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.

Änderungsanträge liegen einmal von der FDP, die Zuweisung aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds betreffend, vor. Das wurde schon im Ausschuss abgelehnt. Das werden wir auch ablehnen.

Dann haben wir noch fünf Änderungsanträge unserer Fraktion, die die Gesundheitsförderungsselbsthilfe – das ist der Bereich, den ich gerade beschrieben habe – und auch Zuschüsse zur Förderung der Integration und Betreuung von Menschen mit Migrationshintergrund betreffen. Diese Anträge haben wir eingebracht, um diesen gut entwickelten Entwurf des Einzelplans 06 an der einen oder anderen Stelle noch ein bisschen abzurunden. Ich denke, dass das damit gelungen ist.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und denke, dass Frau Sahler-Fesel zu den fehlenden Punkten nachher noch etwas sagen wird.

(Beifall der SPD)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Finanzamts SimmernZell. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich gehe nicht davon aus, dass Sie von der Steuerfahndung sind.

Dann begrüße ich Mitglieder der Stadtkapelle Hermeskeil. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Wenn Sie wollen, können Sie draußen gleich noch konzertieren.

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Peter Schmitz von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Einzelplan 06 mit insgesamt 1,688 Milliarden Euro ist ein gewichtiger Block im Gesamthaushalt, und wir sprechen nicht zum ersten Mal über die Gesamtsumme, Aufteilung, Effizienz und Effektivität. Aber Effizienz und Effektivität werden in der Sozialpolitik immer wichtiger; denn die Vorstellung, dass wir die von allen prognostizierten zunehmenden Probleme, eine Gesellschaft, die an vielen Ecken und Enden Schwierigkeiten hat: zunehmende Entsolidarisierung, zunehmende Schwierigkeiten im Integrationsbereich von Menschen mit Behinderung, erheblich zunehmende Zahl von älteren Menschen mit Pflegebedarf, eine deutlich zunehmende Zahl von Menschen mit Behinderung, die gottlob auch immer älter werden – – – Wer glaubt, diese Zahlen durch alljährliche Anpassungen nach oben beherrschen zu können, der wird notwendigerweise scheitern müssen. Diese Dinge fortschreiben zu wollen, ohne Veränderungen an Effizienz und Effektivität vorzunehmen, heißt notwendigerweise zu scheitern.

(Beifall bei der FDP)

Das ist etwas, das Sie bitte als Grundmelodie meiner Ausführungen zum Einzelplan 06 bedenken sollten. Es geht um die einzelnen Punkte, aber es geht vor allem um die Aussichten, die eine Sozialpolitik hat, wenn sie einfach sagt: Weiter so wie bisher. –

Herr Ministerpräsident, ich habe heute Morgen in Ihren Ausführungen mit großem Interesse den Schwerpunkt gehört, den Sie Bürgergesellschaft genannt haben.

Ich glaube in der Tat, das ist die zentrale Frage in der Sozialpolitik neben dem, was – wie bisher – alle schon übereinstimmend gesagt haben, wir brauchen eine gute Wirtschaftspolitik als gute sozialpolitische Grundlage. Absolut klar und richtig für uns alle. Wir brauchen eine gute Bildungspolitik als Grundlage für eine gute Sozialpolitik. Auch das ist in Ordnung für uns alle. Aber wir brauchen mehr. Wir brauchen etwas, das die Gesellschaft, die stärker auseinandergeht, strukturell, in staatlich angeleiteten Strukturen, wieder zusammenführt.

Das ist etwas, das weit über parteipolitische Betrachtungen hinausgeht und in den nächsten Jahren die Musik machen wird. Davon bin ich absolut überzeugt, egal wer hier in Rheinland-Pfalz und anderswo das Sagen hat.

Ich werde mich bemühen, so wie wir das über fünf Jahre gemacht haben, auch heute die Dinge balanciert vorzutragen und nicht zu überziehen in einer überkritischen

Bewertung, auf der anderen Seite auch nicht das holde Lied der absoluten Regierungshörigkeit zu singen, das wir ja auch immer wieder vorgeträllert bekommen.

Ich will durchaus anerkennen, dass es viele sozialpolitische Bereiche gab, die wirklich gelungen sind. Herbert Mertin hat heute Morgen über das Universitätsmedizingesetz gesprochen. Meine Damen und Herren, wenn man es schafft, ohne Privatisierung und ohne massive Personaleinschnitte durch strukturelle Veränderungen von einem Negativsaldo von 25 Millionen Euro pro Jahr in schwarze Zahlen zu kommen, dann sollte das den Applaus des ganzen Hauses wert sein.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, liebe Kollegin Hedi Thelen, da bin ich in der Bewertung etwas anderer Meinung, ich finde, auch das Heimgesetz hat ein Lob verdient. Es war ja ein sehr holperiger Start ins Heimgesetz. Die Partner fühlten sich, was die Zeitschiene der Bearbeitungsfristen anging, ganz arg vor den Kopf gestoßen, was sie auch zum Ausdruck gebracht haben.

Es hat das funktioniert, was die sozialpolitische Diskussion im Ausschuss und auch unter den Beteiligten prägt, eine hohe konstruktive Bereitschaft, etwas zu verbessern und dann gemeinsam mit einzelnen Punkten zu verabschieden, die wir vonseiten der unterschiedlichen Fraktionen mit unterschiedlichen Schlussbewertungen eingebracht haben.

Wir haben dieses Gesetz mitgetragen. Wir sehen die Probleme gerade in den kleineren Wohnformen, die jetzt bei diesem Gesetz die Innovationsgeschwindigkeit hemmen, so will ich es einmal formulieren, aber wir sehen es nicht als K.o.-Faktor für dieses Gesetz.

Wir finden auch das Kindswohlgesetz insgesamt gut als eine Fraktion, die im Datenschutzbereich und im Bereich der Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht erhebliche Bedenken hatte, die mit der Evaluation im Januar hoffentlich ausgeräumt werden.

Wir haben auch unter dem Aspekt der Effizienz und Effektivität unsere Probleme mit dem Gesetz, aber wir hätten nicht zugestimmt, wenn wir es nicht in der Gänze richtig gefunden hätten. Deshalb will ich das auch auf der Habenseite der Landesregierung verbuchen.

Meine Damen und Herren, aber noch einmal zurück zum Eingang meiner Ausführungen. Wir werden zunehmende Probleme mit geringerem Mitteleinsatz lösen müssen. Das heißt, wir brauchen intelligente neue Ansätze, wir brauchen pfiffige Lösungen. Ein Weiter wie bisher, wo man für jedes Problem neue Strukturen erarbeitet, ohne bereit zu sein, Inventur im Bisherigen zu machen, kann nicht funktionieren. Das ist für mich ein zentraler Webfehler dieses Einzelplans 06 über die Betrachtung dieses Jahres 2011 hinaus.

Der Webfehler liegt über die ganzen letzten Jahre und Jahrzehnte, auch noch in Zeiten unserer Mitverantwortung, darin, dass man neue sozialpolitische Problemfelder benennt, sie Lösungen zuführt, aber nicht in der Lage ist zu sagen: Den Bereich haben wir gelöst, und

den Bereich haben wir gelöst, und den Bereich haben wir gelöst, und da können wir Mittel kürzen, Strukturen zurückfahren, da können wir Sachen in die Selbstständigkeit der Bevölkerung oder freier Trägerstrukturen entlassen.

(Pörksen, SPD: Machen Sie das einmal!)

Herr Pörksen, nein, der Hinweis, machen Sie das einmal, das ist diese Generaldiskussion, die ich jetzt auch bei 20 Minuten mangels Zeit nicht führen will.

(Pörksen, SPD: Gut!)

Sie kennen das Spiel, wir kennen es alle. Herbert Mertin hat dazu das Gebotene gesagt, ich will das nicht wiederholen. Das hieße, eine unfaire Diskussion zwischen einer Fraktion, die die Regierung im Kreuz und die absolute Mehrheit hat, und einer Fraktion mit zehn Mitarbeitern und entsprechend geringer Mittel- und Personalausstattung zu führen. Diese Auseinandersetzung wäre undemokratisch. Ich glaube nicht, dass Sie das wirklich einfordern.

Meine Damen und Herren, ich darf jetzt über diese Grundsätze hinaus auch darauf hinweisen, dass nicht nur die Habenseite beeindruckend war, es war auch das Negativsaldo beeindruckend, wenn ich an die Peinlichkeiten rund um das Nichtraucherschutzgesetz denke, wenn ich daran denke, dass der eigene Verfassungsgerichtshof die Regierung in dieser Gesetzgebung zurückgepfiffen hat, weil die absolute Mehrheit und die Regierung mit dem Kopf durch die Wand wollten.

Obwohl die Opposition vorher gesagt hat, das kann juristisch nicht gut gehen, war man sich sicher, das wird schon funktionieren. Es hat nicht funktioniert.

Der zweite Anlauf war besser, weil der zweite Anlauf von dem Konsens geprägt war, zu dem wir hier alle im sozialpolitischen Raum bereit sind.

Ein weiteres Beispiel dafür, dass Dinge so grundsätzlich nicht funktionieren, dass ein Weiter so nicht wirklich sinnvoll sein kann, ist ein Bereich, der jetzt wieder langsam in den Medien hochkommt, der spätestens nach den Silvesterfeierlichkeiten wieder Schlagzeilen produzieren wird, nämlich das berühmt berüchtigte Komasaufen, seriöser, der problematische Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Alkohol. –

Wir haben uns zu Beginn dieser Legislaturperiode durchaus gegen Widerstände in der eigenen Fraktion zu einem übergreifenden Antrag bereit erklärt, der die Landesregierung über ganz viele Einzelmaßnahmen aufgefordert hat, alles Menschenmögliche zu tun, um diesen erheblichen gesundheits- und lebensgefährdenden Missständen kein Ende zu bereiten – das wird nicht gehen –, aber den Trend zu drehen und zurückzukommen zu einem anderen Umgang mit Alkohol, der zumindest auch in diesen Jahren wirklich Drogencharakter hat.

Das ist leider misslungen. Jahr für Jahr steigen die Zahlen an. Wir haben jetzt für das Jahr 2009 – ich hoffe, ich irre nicht – einen Zuwachs, on top, noch einmal, von

11 % beim Komasaufen. Da saufen bald alle, wenn das so weitergeht. Das ist katastrophal.

Das ist nicht das Zentrum der Sozialpolitik, aber das zeigt, wo die Grenzen der Sozialpolitik erreicht sind, wo sich auch die Landesregierung einmal hinstellen und sagen müsste: Wir bekommen das nicht hin mit unseren Mitteln. – Ich erwarte einfach dieses Stück Ehrlichkeit in der Sozialpolitik, die aufräumt mit dem Glauben und der Haltung, dass Politik alle Probleme dieser Welt zu lösen in der Lage ist.

(Beifall der FDP – Pörksen, SPD: Wer macht denn so etwas?)

Herr Pörksen, wir werden entweder gemeinsam gegen die Wand laufen oder gemeinsam eine Umkehr im Denken erreichen.

(Pörksen, SPD: Da bin ich ja sehr dafür!)

Ein weiterer Bereich, in dem wir die Ohmacht der Politik sehen – ich mache der Regierung nicht zum ersten Mal ein Kompliment; das ist kein vergifteter Pfeil, ich meine es sanft, zynisch ehrlich, wenn es so etwas überhaupt gibt –, ist das Problem des Ärztemangels in der Fläche. Durch den Regierungswechsel auf Bundesebene ist diesem jetzt erst einmal seine Brisanz genommen.

(Frau Staatsministerin Dreyer: Das stimmt so nicht!)

Frau Ministerin, zuständig sind Sie weiterhin, richtig, Danke schön für den Hinweis. Das kann ich unterstreichen.