Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat den Antrag eingebracht mit der Bitte und Erwartung, ihn von diesem Hause mitzutragen. In Rheinland-Pfalz hat fast ein Fünftel der Bevölkerung einen Migrationshintergrund im engeren Sinne. Die Anzahl der Menschen mit Migrationshintergrund steigt an.
Die CDU betrachtet die Integration als eine Daueraufgabe für den Staat und die Gesellschaft. Sie muss auf der einen Seite Freiräume eröffnen, auf der anderen Seite aber auch Grenzen setzen. Gelingende Integration bedeutet für uns, miteinander leben statt nebeneinander her leben. Deshalb stellen wir auch zu Beginn unseres Antrags fest, dass die Utopie von der problemlosen multikulturellen Gesellschaft gescheitert ist.
Da ich weiß, dass dieser Begriff manches Mal auf Unverständnis stößt – natürlich leben hier Menschen mit vielen kulturellen Hintergründen –, möchte ich noch einmal deutlich machen, dass dieser Begriff über viele Jahrzehnte in Deutschland als ein politischer Begriff genutzt wurde, der ausdrückte, dass wir das Positive sehen und erwarten, dass die Integration von alleine gelingt und es sich spätestens in der zweiten und dritten Generation richten wird. Das war mehr eine Politik des Laissez-faire als des aktiven Handelns.
Ich glaube, wir müssen zusammen feststellen, dass sich diese Erwartung nicht eingestellt hat. Sie ist nicht von allein gelungen. Sie ist zum Glück bei vielen gelungen, aber bei vielen eben auch nicht.
Wir mussten feststellen, dass wir viel zu viele junge Menschen mit Migrationshintergrund haben, die die Schulen ohne Schulabschluss verlassen.
Wir mussten feststellen, dass sich viele Eltern schwertun, ihre Kinder in Kindergärten, den Unterricht, den Turnunterricht und die Mädchen auf Klassenfahrten zu schicken.
Wir mussten gerade auch in großen Städten feststellen, dass es Parallelgesellschaften gibt, in denen sich deutsche Mitbürgerinnen und Mitbürger fremd vorkommen. Wir halten das für eine verfehlte Politik und sind froh, dass seit 2005 unter Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel das Thema „Chefinnenthema“ ist. Sie hat in ihrem Bundeskanzleramt eine Staatsministerin für diesen Themenbereich eingesetzt.
Sie hat die erste nationale Integrationskonferenz eingeführt und seither mehrere durchgeführt. Bundesminister Schäuble hat die Islamkonferenz durchgeführt, jetzt Minister de Maizière.
Ich denke, wir sind damit auf einem richtigen Weg. Aber es ist wichtig, die Leitplanken klarzustellen, unter denen wir uns Integration vorstellen wollen.
Wir brauchen dringend die Akzeptanz unseres Grundgesetzes durch diese Menschen, die hier leben wollen. Wir brauchen verstärkt Sprachförderung. Wir brauchen Sprachtests. Wir brauchen auch die Bündelung der Aufgaben in der Landesregierung,
um diese schwierige Querschnittsaufgabe besser in den Griff zu bekommen. Wir müssen die Schulpflicht stärker durchsetzen, als dies bislang der Fall gewesen ist.
Herr Pörksen, ich denke, es ist ein Thema, auch wenn Sie gerne dazwischenrufen, das ein Stück mehr Ernst erfordert.
Ich glaube, Sie selbst mussten feststellen, als es um den Ausschluss Ihres Parteikollegen Sarrazin aus der SPD ging, dass es auch viele Angehörige in der SPD, Mitglieder der SPD gibt, die die bisherige Situation in der Integration durchaus kritisch sehen, auf ihrer Seite Ängste
vorhanden sind und sie Sorgen haben, dass diese Dinge aus dem Ruder laufen, und deshalb in der SPD durchaus die Erwartung besteht, ihn nicht auszuschließen, mittlerweile auch bei prominenten Vertretern Ihrer großen Partei. Also lassen Sie uns das Thema mit dem nötigen Ernst und dem Respekt vor den Ängsten vieler Menschen wahrnehmen und konsequent handeln.
Das konsequente Handeln muss heißen, fördern, das Fördern derer, die sich integrieren wollen. Hier sind wir auf einem guten Weg.
Seit 2005 gibt es Integrationskurse, die für alle Menschen mit einem Migrationshintergrund offen sind, die hier leben, die diese freiwillig besuchen können. Wir sind im Prinzip alle positiv überrascht, wie groß die Resonanz und die Wissbegierde vieler dieser Menschen ist. Aber wir haben auch die Menschen, die wir verpflichten müssen, sie zu besuchen, die sich bis heute verweigern, sie zu besuchen.
Das müssen wir ernst nehmen und klarmachen, dass wir das nicht akzeptieren und es auch Sanktionen gibt. Wir müssen eine klare Erwartungshaltung äußern, um den Menschen, die hier leben, deutlich zu machen, was die Mehrheitsgesellschaft ihnen bietet, aber im Gegenzug an Mittun von ihnen erwartet.
Wir haben nicht den Eindruck, dass eine Gleichstellung zwischen dem Islam und dem Christentum zum Beispiel in Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts möglich ist. Das gelingt nicht.
Die Kirchen sind völlig anders strukturiert. Sie wissen, wie groß die Schwierigkeiten waren, bei den ersten Konferenzen überhaupt gemeinsame Vertreter der hier lebenden Moslems zu finden. Ein großer Teil der Moslems ist überhaupt nicht in den Verbänden, die jetzt dabei sind, organisiert. Es ist also eine sehr schwierige Situation.
Wir müssen auch feststellen – das gehört zur Wahrheit dazu –, dass wir heute Gebetshäuser und Kirchen selbst in ländlichen Räumen haben, die sich abschotten, die noch nicht einmal bereit sind, wenn der türkischstämmige Moslem und Vorsitzende des Städtischen Integrationsbeirats das Gespräch mit ihnen sucht, sie besuchen möchte, ihn anzuhören. Sie laden ihn nicht ein, sie laden ihn aus.
Ich denke, das sind Verhaltensweisen, die zeigen, es gibt Menschen, die nicht integrationswillig sind. Das sage ich Ihnen klar, und das ist das Anliegen der CDU mit diesem Antrag, solche Menschen haben in unserem Land nichts zu suchen. Sie stehen nicht auf dem Boden unseres Rechtsstaats.
Sie stehen nicht auf dem Boden unserer Demokratie. Das sind die maßgeblichen Leitlinien, nach denen wir beurteilen, ob Integration gelingt oder nicht.
In diesem Sinne würden wir uns sehr freuen, wenn Sie diesen Antrag mit unterstützen würden. Sie würden damit helfen, Klarheit in die politischen Zielsetzungen im Land Rheinland-Pfalz zu geben.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Thelen, ich muss schon am Anfang die Frage stellen: Wo war die CDU-Fraktion in den letzten zwei Jahren? – Sind die Beratungen in der Enquete-Kommission „Integration und Migration in Rheinland-Pfalz“ so völlig an Ihnen vorbeigegangen, dass Sie solche Forderungen stellen?
Alle drei Fraktionen haben den Einsetzungsbeschluss gefasst. Zur Akzeptanz kultureller Vielfalt auf der Grundlage allgemeiner, geteilter und gelebter Grundwerte sind wir in der Beratung. Da sind wir, wie zumindest die Mitglieder der Enquete-Kommission wissen, in den Abschlussberatungen. Am 30. November dieses Monats werden wir die letzte Abschlussberatung mit den Abstimmungen haben. Dann wird es den Bericht geben.
Es ist mir unverständlich, warum die CDU-Fraktion jetzt meint, mit einem eigenen Acht-Punkte-Programm vor den Beratungen der Enquete-Kommission vorzupreschen und die Enquete-Kommission und die Sachverständigen im Grunde genommen zu düpieren, weil in Ihrem Bereich Dinge anders dargestellt werden, als wir sie in der Enquete-Kommission erfahren haben. Ob das alles damit zu tun hat, dass man mit einem Thema unbedingt als Erster auf dem Markt sein will? – Da sind Sie aber zu spät.
Vielleicht sollten Sie einfach einmal das rheinlandpfälzische Integrationskonzept lesen, das seit 2007 in der Umsetzung ist, das von anderen Bundesländern als vorbildlich anerkannt ist und das dazu führt, dass in unseren Kommunen Integrationskonzepte aufgestellt werden. Die wissen, dass es um gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen, die dort wohnen, geht, und nicht darum, plakativ irgendwelche Dinge in den Raum zu stellen, die in keiner Weise wissenschaftlich, durch Studien oder die Sachverständigen belegt wurden. Das muss einfach einmal ganz klar gesagt werden.
Sie konstruieren in Ihrem Antrag Zusammenhänge, stellen die Begriffe nebeneinander – ich werde es gleich noch einmal ausführen – und bilden einen Zusammenhang, der Ängste, Vorurteile und Klischees bedient. Das ist nämlich genau das, was hier passiert.
Frau Thelen, Sie haben es in Ihrem Redebeitrag gegen Schluss positiv dargestellt. Leider hat Ihr Antrag nicht diesen positiven Touch, sondern Ihr Antrag geht davon aus, dass die Einzelnen, die Probleme haben – – –
Ja, es gibt Probleme, die sehr oft auf der sozialen Lage fußen. Aber, wie dies von der CDU gemacht wird, Probleme Einzelner als das Gesamtproblem zu sehen und diese Dinge so darzustellen, ist nicht im Sinne der Integration. Das ist auch nicht im Sinne der Menschen, die hier leben.
Wenn Sie davon sprechen, die Utopie von der problemlosen multikulturellen Gesellschaft ist gescheitert – ein wunderbarer plakativer Satz Ihrer Bundeskanzlerin, der in fast allen Radiosendern zu hören war –, frage ich mich nur, wer diese Utopie dieser Frau überhaupt in den Kopf gesetzt hat; denn diese Utopie hatten wir gar nicht gehabt.