Protocol of the Session on July 6, 2005

Wir können und wollen nicht zulassen, dass wir uns in kurzer Zeit wieder über für bäuerliche Betriebe existenzgefährdende Keulungen unterhalten müssen. Deswegen wollen wir ein Gesamtkonzept. Eines ist auch klar: Wir wissen selbst, dass viel mehr dazu gehört. Deswegen haben wir geimpft und Anreize geschaffen. Deshalb kommt die Kirrverordnung. Deswegen haben wir uns auf alternative Jagdstrategien verständigt, die genauso notwendig sind, damit man Erfolg hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist schon einiges dazu gesagt worden, wie die Kirrverordnung wirkt. Ich möchte noch einmal auf die Ausführungen von Herrn Billen eingehen; denn man muss das der Öffentlichkeit deutlich machen. Hier steht, dass diese Verordnung ein überbordendes bürokratisches Monster sei, das unnötige Kosten verursache. Herr Billen, der Wahrheitsgehalt dieser Behauptung entspricht dem, als wenn ich behaupten würde, dass Herr Billen ein ruhiger, ausgeglichener und nie zu Übertreibungen neigender Abgeordneter sei. Das entspricht dem Wahrheitsgehalt dieser Formulierung.

(Beifall bei SPD und FDP – Heiterkeit im Hause – Billen, CDU: Jetzt haben Sie einmal die Wahrheit gesagt!)

Herr Billen, in der Politik muss man aufpassen. Sogar Sie müssen aufpassen. Wir haben vorhin eine Debatte über ein anderes Thema geführt. Dabei haben Sie sich völlig vergaloppiert mit dem Begriff des Bürokratismus, weil gerade das Gegenteil mit dem Bodeninformationssystem beabsichtigt war. Jetzt kommen Sie schon wieder mit Bürokratie und bürokratischen Monstern. In der Politik muss man vorsichtig sein und darauf achten, dass die Fakten mit den Begriffen übereinstimmen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Solche Fragen sind Fragen der Glaubwürdigkeit. Ich muss mir über Ihre Glaubwürdigkeit keine Gedanken machen. Das soll die Presse und die Öffentlichkeit tun.

Das einzige, was wir verlangen, ist eine Karte. Im Übrigen ist sie Bestandteil des Genehmigungsverfahrens. Nennen Sie mir einmal ein Genehmigungsverfahren, das

so einfach läuft, dass jemand nur eine Karte einreicht, auf der er seine Kirrstellen einzeichnet und die Anzahl der Kirrungen bezogen auf die Fläche benennt. Damit ist unter Zugrundelegung der Annahme, dass sich der Jäger selbstverständlich an die gesetzlichen Bestimmungen hält, die Ausnahme, nämlich das Kirren, erlaubt. Mehr passiert nicht. Es gibt keine Bürokratie, kein Schriftstück und auch sonst nichts.

Das ist Faktenlage. Das ist der Genehmigungstatbestand. Natürlich gilt auch für die Jägerinnen und Jäger, dass wir ihnen zunächst einmal, wie allen Bürgerinnen und Bürgern bei solchen Verordnungen vertrauen. Man hat aber jetzt – das ist der Unterschied zur jetzigen Situation – eine Rechtsgrundlage und eine verbindliche Erklärung, wo und wie viel tatsächlich in den Wald und in das Revier eingebracht werden darf. Das war die ganze Zeit nicht der Fall. Deshalb sind alle Versuche der unteren Kreisjagdbehörden ins Leere gelaufen, mit Ordnungswidrigkeitsverfahren vor Gericht Bestand zu haben. Deshalb war der Mast kein Einhalt zu gebieten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht an dieser Stelle in erster Linie zunächst einmal um eine Verbindlichkeit, um auch diejenigen zu schützen, nämlich die vielen Jägerinnen und Jäger, die das einsehen und sich schon heute regelgerecht im Sinne der Ethik der Jagd verhalten. Die Ethik der Jagd sieht vor, dass ich hege, aber auf keinen Fall das Wild mäste. Kirren – so sieht man das auch in der Jagd – dient nur dazu, das Wild anzulocken, um es zu bejagen, und nicht mehr. Es dient schon gar nicht zum Mästen.

Herr Dr. Braun hat dankenswerterweise Zahlen zitiert. Herr Dr. Braun, die Zahlen, die sie genannt haben, belaufen sich exakt auf 131 Kilogramm pro Schwein. Wir haben diese Zahlen anhand von Selbstangaben von Jägern erhalten. Das ist abgefragt worden. Ich wage zumindest die Behauptung, dass dann, wenn man das untersucht hätte, der Eintrag in die Flur und in den Wald – so sehen das auch viele Behörden – wahrscheinlich noch höher liegen würde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was wir vorlegen, ist problemadäquat und einfach in der Umsetzung. Zum Schluss sage ich noch, das ist auch ein Entgegenkommen – ich sage das ganz bewusst – an die Bauern und Winzer, die im Übrigen als Sonderkulturträger keinerlei Ausgleich bei Wildschäden erhalten. Gerade die Winzer leiden in Rheinland-Pfalz massiv unter den zunehmenden Wildschäden.

Herr Billen, nein, da müssen Sie nicht nicken. Eines weiß ich aber: Hier gibt es einige Fraktionen, die nehmen die Sache ernst. Eines kann man heute aber auch sagen: Die CDU lässt die Bauern und Winzer in Rheinland-Pfalz in dieser Frage komplett im Stich.

(Starker Beifall der SPD und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nur noch ein persönliches Wort zu den Jägern, weil ich weiß, dass es viele gibt – auch im Landesjagdverband –, die das Vorgehen so unterstützen, wie ich das vorgetragen habe. Ich habe mich auch über einen sehr süffisanten Leserbrief in der Zeitschrift „Wild und Hund“ gefreut, die man

mir heute übergeben hat. Ich weiß, dass die Jäger nicht alle so sind wie Sie. Es gibt viele Jäger und Jägerinnen – ich diskutiere mit ihnen seit Jahren sehr intensiv –, die ein Interesse daran haben, dass die Jagd jetzt und auch in der Zukunft auf gesellschaftliche Akzeptanz trifft, wenn sie eine Zukunft haben soll.

Deshalb liegt das, was wir vorschlagen, letztlich auch im Interesse einer angenehmen Jagd, vor allen Dingen aber auch im Interesse eines gesunden und auch an den Lebensraum angepassten Wildbestands, damit in der Zukunft das Jagen in Rheinland-Pfalz auch noch Spaß macht.

Vielen Dank.

(Starker Beifall der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Schneider hat sich für eine Kurzintervention zu Wort gemeldet. Aufgrund der Überziehung der Redezeit stehen jeder Fraktion noch sechs Minuten Redezeit zur Verfügung.

Frau Ministerin, die Unverschämtheiten, die Sie gerade eben in Ihrem Redebeitrag von sich gegeben haben,

(Unruhe bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

kann und werde ich so nicht stehen lassen. Sie bezeichnen die CDU-Fraktion als diejenige, die die Bauern und Winzer im Stich lässt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Liebe Ministerin und meine Damen von der SPDFraktion, ich habe großes Verständnis für Ihre Situation im Moment und dafür, dass Sie am Boden sind.

(Unruhe bei der SPD)

Deshalb sollten Sie aber nicht anfangen, mit Unwahrheiten Ihr eigenes Ego wieder etwas aufzubauen.

Frau Ministerin, Frage Nummer 1: Wissen Sie eigentlich, was Kirrstellen sind?

(Unruhe bei der SPD)

Kirrstellen sind wechselnde Anlaufstellen zur Erlegung des Schwarzwildes. Wenn Sie sagen, unsere Kritik, dass die Kirrverordnung zu einem bürokratischen Monstrum führen wird, sei nicht richtig, zeige ich Ihnen das anhand eines kleinen Beispiels auf.

Sie haben ein Revier von 400 Hektar. Nach der Kirrverordnung werden da wahrscheinlich fünf Kirrstellen zulässig sein. Es handelt sich um ein Revier, in dem relativ viel Freizeitbeschäftigung zu verzeichnen ist, in dem das

Schwarzwild ständig wechselt und die Wildschäden ständig an einem anderen Platz auftreten.

Also bin ich als Pächter und Jäger verpflichtet, dort meine Kirrstellen anzulegen, wo sich das Schwarzwild aufhält und die Kirrung annimmt. Das kann sich täglich, wöchentlich oder monatlich ändern. Also werde ich künftig als Pächter hingehen und meiner Kreisverwaltung im täglichen oder wöchentlichen Rhythmus eine Karte zuschicken, in der ich meine Kirrstellen eintrage. Der Förster geht dann raus und kontrolliert die Kirrstellen. Bis er die Kirrstellen erreicht, habe ich schon wieder die neue Karte mit den neuen Kirrstellen eingereicht.

(Unruhe bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

All dies ist kein bürokratischer Humbug? Entschuldigung, das können Sie keinem normalen Menschen erklären. (Beifall der CDU)

Ich komme zum zweiten Punkt, der Zunahme des Schwarzwilds. Der Biologe hat eine 12-fache Zunahme des Schwarzwildbestands in Rheinland-Pfalz bestätigt. Das ist richtig. Das hängt zum einen damit zusammen, dass wir eine Zunahme des Maisanbaus in RheinlandPfalz um das Hundertfache haben. Zum anderen haben wir in den vergangenen Jahren äußerst milde Winter gehabt, was dazu geführt hat, dass eine Überpopulation des Schwarzwilds zustande gekommen ist.

Ich bin darauf gespannt, wann diese Landesregierung versucht, das Wetter zu ändern und den Maisanbau in Rheinland-Pfalz zu verbieten.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es noch einen weiteren Bedarf an Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/4289 –. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf der Landesregierung „…tes Landesgesetz zur Änderung des Landesjagdgesetzes“ – Drucksache 14/4127 – unter Berücksichtigung der beschlossenen Änderungen ab. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Wer in der Schlussabstimmung dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Gegenstimmen? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Änderung des Landes- aufnahmegesetzes und weiterer Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/4204 – Erste Beratung

Die Fraktionen sind übereingekommen, den Gesetzentwurf ohne Aussprache an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsauschuss zu überweisen.

Ich lade Sie zur 98. Plenarsitzung am Donnerstag um 09:30 Uhr ein.

Die Sitzung ist geschlossen.