Protocol of the Session on March 17, 2005

Das Wort hat Herr Abgeordneter Klöckner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach sehr langen und äußerst kontrovers geführten Diskussionen und Verhandlungen kam es im vergangenen Jahr endlich zu einem längst überfälligen Zuwanderungsgesetz. Sein In-Kraft-Treten am 1. Januar 2005 bringt Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Insbesondere für die Betroffenen ist dadurch eine bisher oftmals nicht möglich gewesene Lebensplanung gewährleistet. Jeder, der Kontakt zu ausländischen Familien mit Kindern hat, weiß um die große seelische Belastung, die sich durch die Ungewissheit über die eigene Zukunft und besonders die der Kinder ergibt.

Vor diesem Hintergrund war es gerade der ehemalige Staatsminister Walter Zuber, der sich im Rahmen der Innenministerkonferenz stets unermüdlich für eine so genannte Altfallregelung eingesetzt hat – leider vergeblich, wie wir alle wissen. Dafür kam keine Mehrheit zustande.

Die SPD-Fraktion wird weiterhin die Bemühungen in diese Richtung unterstützen; denn wir können sicher sein – an dieser Stelle greife ich ein Wortspiel von Ministerpräsident Kurt Beck anlässlich der Verabschiedung von Walter Zuber auf –, dass durch den Ministerwechsel kein Bruch im humanitären Engagement der Landesregierung entsteht. Albert Schweitzer hat das Wort geprägt: Humanität besteht darin, dass nie ein Mensch einem Zweck geopfert wird. – Das wird auch über das Jahr 2006 hinaus die Maxime der SPD-geführten Landesregierung sein, die im Übrigen eine der liberalsten Ausländerpolitiken im Kreis der Bundesländer betreibt.

(Beifall bei der SPD)

So war schon frühzeitig für die rheinland-pfälzische Landesregierung klar, eine Härtefallkommission einzurichten. Vorgestern hat der Ministerrat eine entsprechende Landesverordnung gemäß § 23 a Aufenthaltsgesetz beschlossen. Dadurch besteht nunmehr die Möglichkeit, vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn

die Härtefallkommission darum ersucht. Wir haben also ein Bundesgesetz, das jetzt auf Landesebene durch Verordnung umgesetzt werden soll. Wozu brauchen wir dann noch ein eigenes Gesetz?

(Beifall bei der SPD)

Die vorliegende Verordnung ist aus Sicht der SPDFraktion die geeignete Form, um humanitären Belangen im Ausländerrecht noch stärker als bisher Rechnung zu tragen. Sicher kann man über die Zusammensetzung einer solchen Kommission unterschiedlicher Meinung sein. Das ist fast zwangsläufig so. Nach meiner Überzeugung und der meiner Fraktionskolleginnen und -kollegen bietet die in der Verordnung festgelegte Zusammensetzung unzweifelhaft die Gewähr, dass diese unabhängige Sachverständigenkommission ausschließlich an den Menschen orientierte Lösungen finden wird.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Die letzte Entscheidung liegt beim zuständigen Ressortminister. Deshalb habe ich keine Bedenken, dass wie bisher die beste und damit humanste Regelung getroffen wird.

Mir liegt ein Schreiben des Innenministeriums vom 17. Dezember 2004 an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vor, das für die Kreisverwaltungen sowie die Verwaltungen der kreisfreien Städte bestimmt ist. Darin werden die Ausländerbehörden eindringlich gebeten, von der zwangsweisen Durchsetzung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen und Duldungen zu erteilen, soweit im Einzelfall nach einer vorläufigen Prüfung eine realistische Chance auf die Erteilung eines Aufenthaltsrechts nach dem 1. Januar 2005 besteht. Dies gilt insbesondere für Fälle einer möglichen Aufenthaltsgewährung aus humanitären Gründen. Des Weiteren wird unter Nummer 2 gebeten, die sich bei der Erteilung von Aufenthaltsrechten ergebenden Ermessensspielräume unter besonderer Berücksichtigung integrationspolitischer und humanitärer Gesichtspunkte soweit vertretbar zugunsten des Ausländers zu nutzen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich bitte, den Geräuschpegel zu senken und dem Redner zuzuhören. Danke.

Der gesamte Tenor der Verordnung des von mir zitierten Rundschreibens, aller Verlautbarungen seitens des Innenministeriums und der Landesregierung sowie die Kenntnis über die verantwortlichen Personen bzw. Institutionen, die die Härtefallkommission bilden werden, bieten die Gewähr, dass im Sinn der betroffenen Menschen Entscheidungen gesucht und gefunden werden.

Ich weiß sehr wohl, dass eine Oppositionspartei bei einer Verordnung keinen direkten Einfluss auf den Inhalt hat. Das liegt in der Natur der Sache. Deshalb wurde der

Gesetzentwurf von Ihnen eingebracht. Ich will der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstellen, dass sie es damit sicher gut gemeint hat. Manchmal kann es des vermeintlich Guten aber auch zu viel sein. Dann wirkt es sich eher kontraproduktiv aus.

Der indische Dichter und Philosoph Rabindranath Tagore hat es so formuliert: Wer zu geschäftig Gutes tut, hat nicht die Zeit, gut zu sein.

Diese Verordnung ist gut und hilft den Menschen. Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Meurer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Durch das Aufenthaltsgesetz vom 30. Juli 2004 ist erstmals die Möglichkeit der Aufenthaltsgewährung in Härtefällen durch die oberste Landesbehörde geschaffen worden. Der Ministerrat hat in dieser Woche am 15. März die Landesverordnung zur Einrichtung einer Härtefallkommission nach § 23 a des Aufenthaltsgesetzes beschlossen. Die Einrichtung einer Härtefallkommission in den Ländern wird durch das Aufenthaltsgesetz nicht verbindlich vorgeschrieben. Insoweit ist es natürlich auch nicht verwunderlich, dass es unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern gibt. Eins ist jedoch in fast allen Ländern gleich, nämlich der Gesetzentwurf der GRÜNEN.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Hör einmal an!)

Kernelement der Härtefallkonzeption ist die Absicht des Gesetzgebers, keine zusätzlichen verfahrensbedingten Aufenthalte entstehen zu lassen. Der Anwendungsbereich ist also auf vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer beschränkt. Die Befugnis zur Aufenthaltsgewährung steht ausschließlich im Interesse der Öffentlichkeit und begründet keine eigenen subjektiven Rechte der Ausländerinnen und Ausländer. Aus diesem Grund ist es sinnvoll und richtig und im Sinn der Betroffenen, dass die Härtefallkommission ausschließlich im Wege der Selbstbefassung tätig wird.

(Beifall bei der CDU)

Eines ist klar: Es ist menschlich verständlich, dass sich jeder ausreisepflichtige Ausländer für einen Härtefall hält.

Frau Kollegin Meurer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Marz.

(Zurufe von der CDU)

Sie sollten schon die Frau Kollegin entscheiden lassen.

Später, Herr Marz.

Ausländerinnen und Ausländern bleibt es auch bei uns unbenommen, sich direkt an einzelne Mitglieder der Kommission zu wenden. Die Kommission ist allerdings frei in ihrer Entscheidung, ob sie sich damit befasst oder nicht. Entscheidend ist, dass sich die Kommission nicht mehrfach mit einem Antrag auseinander setzt. Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang die Zusammensetzung der Kommission. Eine ausländerrechtliche Fachkompetenz, Erfahrung in Migration und Flüchtlingsberatung oder Betreuung ist sinnvoll und durch die vorgesehene Besetzung nach unserer Meinung auch gegeben. Ebenso ist eine erforderliche Zweidrittelmehrheit eine gute Voraussetzung für eine verantwortungsvolle Entscheidung. (Beifall bei der CDU)

Ihr Gesetzentwurf sieht jedoch vor, dass sich jedermann für sich selbst oder einen Dritten an die Härtefallkommission mit einer Eingabe richten kann. Wenn der Vorprüfungsausschuss die Einleitung eines Härtefallverfahrens ablehnt, so können drei stimmberechtigte Mitglieder einen Antrag stellen. Ebenso soll auf Vorschlag des Petitionsausschusses keine Vorprüfung stattfinden. Das bedeutet doch nichts anderes, als dass sich die Härtefallkommission mit jedem Fall beschäftigen muss. Sonst kann das einzelne Mitglied natürlich nicht entscheiden, ob es sich um ein berechtigtes Anliegen handelt oder nicht.

Damit wird der verfahrensbedingte Aufenthalt mutwillig und unnötig verlängert. Das kann doch nicht unser Ziel sein. (Beifall der CDU)

Wenn der Asylsuchende nicht in unserem Land bleiben kann, ist es auch in seinem Sinn, so schnell wie möglich alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und dann in seine Heimat zurückzukehren.

Auch ich bin Mitglied des Petitionsausschusses. Auch ich weiß, dass es dort viele Fälle von abgelehnten As ylanträgen gibt. Ich weiß auch, dass es viele Härtefälle gibt. Für diese Härtefälle, für diese Menschen – nur für diese Menschen –, wollen wir die Möglichkeit der Aufenthaltsgewährung abweichend vom Aufenthaltsgesetz schaffen.

Wir, die CDU-Fraktion, halten eine gesetzliche Regelung für überflüssig. Durch ihren Entwurf würde die Bürokratie nur weiter ausgedehnt.

(Beifall der CDU)

Eine Landesverordnung, so wie sie in dieser Woche vorgestellt wurde, erscheint nach unserer Sicht vollkommen ausreichend.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz das Wort.

(Jullien, CDU: Herr Dr. Schmitz!)

Herr Dr. Schmitz, möchten Sie nicht für die FDP-Fraktion sprechen?

(Dr. Schmitz, FDP: Zu was denn?)

Sie haben das Wort.

(Kuhn, FDP: Ich habe ihn abgelenkt!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Aufenthaltsgesetz bietet die Möglichkeit der Einrichtung einer Härtefallkommission.

(Jullien, CDU: Das ist die falsche Rede, Herr Dr. Schmitz!)

Herr Jullien, Sie haben schon besser gelogen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Die Landesregierung hat auf der Basis eines Kabinettsbeschlusses eine Verordnung mit dem Ziel auf den Weg gebracht, besonders gelagerte Härtefälle einer Lösung zuführen zu können.

(Jullien, CDU: Jetzt stimmt es wieder!)