Protocol of the Session on December 13, 2004

Meine Damen und Herren, in einer wirtschaftlich schwierigen Phase mit hohen Arbeitslosenquoten, weggebrochenen Steuereinnahmen und schleppender Inlandskonjunktur bewegt sich die Haushaltspolitik von Bund, Ländern und Gemeinden auf einem schmalen Grat. Dem Gebot des eisernen Sparens steht die Verpflichtung gegenüber, politisch handlungsfähig zu bleiben. Würden wir in dieser Situation Investitionen zurückfahren, wäre dies das falsche Signal.

Die wirtschaftliche Entwicklung lässt etwas Hoffnung auf die nähere Zukunft zu. Die Konjunktur hat geringfügig an Schwung gewonnen. Die bescheidenen Wachstumsraten reichen jedoch nicht aus, um sich bereits jetzt schon positiv bei den Arbeitslosenzahlen bemerkbar zu machen.

Innerhalb der heutigen Strukturen wäre ein Wirtschaftswachstum von mehr als 1,7 % notwendig, um erste spürbare Effekte auf dem Arbeitsmarkt zu erzielen. Die zaghaften Ansätze für eine wirtschaftlich positivere Entwicklung schlagen sich deshalb noch nicht in einer verbesserten Einnahmensituation – das wird noch einige Zeit dauern – der öffentlichen Haushalte nieder.

Die jahrelange wirtschaftliche Stagnation in Verbindung mit der hohen Arbeitslosigkeit hat dazu geführt, dass allen öffentlichen Haushalten die Einnahmen weggebrochen sind. Heute Morgen hat man bei der Opposition ab und zu einmal den Eindruck gehabt, als würden wir uns in normalen Zeiten bewegen. Die Einnahmen sind seit 2002 in einem Ausmaß weggebrochen, wie wir das noch nie erlebt haben.

Wir haben Steuermindereinnahmen in Höhe von 600 Millionen Euro zu verzeichnen. Wenn wir noch einmal 600 Millionen Euro im Bereich der Personalkosten dazurechnen, ist das eine Lücke von 1,2 Milliarden Euro. Damit muss man zurechtkommen.

Die Einnahmensituation aller öffentlichen Haushalte in Deutschland wird sich erst dann bessern, wenn durch Reformen die Konjunktur- und Beschäftigungskrise überwunden wird. Insofern überrascht es nicht, dass die Aufstellung des Doppelhaushalts 2005/2006 in Rheinland-Pfalz wie in allen Bundesländern mit Problemen verbunden ist. Das hat noch niemand verschwiegen.

Die Ursache des Problems darf man doch beim Namen nennen. Das sind die katastrophal weggebrochenen Einnahmen. Es gibt keinen anderen Weg, als mit der Fortsetzung des Sparkurses – dieser wird konsequent durchgehalten – den Weg der Haushaltskonsolidierung im Land zu gehen, gleichzeitig die Wachstumskräfte zu stärken und damit auch Beschäftigungsimpulse zu geben.

(Beifall der FDP und der SPD)

Alle staatlichen Aufgaben müssen und werden im Interesse der Finanzierung der notwendigen Kernaufgaben

auf das notwendige Maß reduziert. Dieses geschieht fortlaufend. Das können Sie, wenn Sie sich die Haushaltspläne seit 2002 genau anschauen, erkennen. Das ist ein Prozess, der begonnen wurde, fortlaufend weitergeführt wird und nicht zu Ende sein kann. Das ist ein Grundprinzip, dem wir folgen müssen. Das heißt, Kernaufgaben solide zu finanzieren. Das geht nur über Rückführungen in anderen Bereichen.

Meine Damen und Herren, daraus folgt, dass Aufgaben, die noch gestern nachvollziehbar politisch positiv bewertet wurden, heute und in der nächsten Zukunft nach anderen, und zwar immer härteren Kriterien beurteilt werden müssen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass alle politischen Entscheidungen, die heute getroffen werden, nicht nur die jetzige Generation betreffen. Unsere Entscheidungen wirken fort und beeinflussen die Rahmenbedingungen für kommende Generationen. Das ist uns allen gerade in der Regierungskoalition bewusst. Unsere Zukunft wird in der Gegenwart gestaltet.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion ist davon überzeugt, dass es möglich ist, die Notwendigkeit von Umbau- und Sparmaßnahmen zu vermitteln, wenn sie, wie geschehen – einige Beispiele hat der Kollege Mertes heute Morgen genannt –, breit angelegt, ausgewogen und nachvollziehbar vermittelt und konsequent umgesetzt werden. Das ist uns in dieser Koalition seit 2002 gelungen. Wir haben äußerst konsequent gehandelt. Die Akzeptanz der Bevölkerung hat sich eingestellt.

Konkret bedeutet dies geringere Ausgabensteigerungen unterhalb der Obergrenze, die der Finanzplanungsrat vorgegeben hat, sowie die Einhaltung der Defizitgrenze des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts. Dieses kann, wenn die Föderalismuskommission zu diesem Ergebnis kommt, in der Zukunft von ganz großer Bedeutung werden.

Meine Damen und Herren, dass wir diese Grenze einhalten, sollte uns heute Mut machen und darauf hinweisen, dass wir gerade in diesem Kontext in den nächsten Jahren auch haushaltspolitisch in Rheinland-Pfalz gute Karten haben.

Viele Einspareffekte im Haushaltsentwurf gehen auf die Sparbeschlüsse vom November 2002 zurück. Der Kollege Böhr hat davon gesprochen, dass er einmal seiner Landesregierung widersprochen habe. Jetzt dürfen wir nicht zu viel verraten. Im Jahr 2002 – das wissen auch der Ministerpräsident und andere – haben die Fraktionen diese Sparbeschlüsse nicht nur gewünscht, sondern auch gefordert. Wir waren uns als Fraktionen einig, dass wir tief greifende Einschnitte benötigen, um die Haushaltssanierung zu ermöglichen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Wir haben das mit viel Mut Hand in Hand gemacht. Ich kann mich an diese Gespräche erinnern, als wäre es heute. Das waren äußerst harte Einschnitte und Verhandlungen, die konsequent zu diesem Ergebnis geführt haben. Das macht uns heute die haushaltspolitischen

Maßnahmen nicht so schwer, wie das in anderen Bundesländern der Fall ist, die nicht so früh mit harten Einschnitten begonnen haben.

Meine Damen und Herren, wir sind in der Lage, diese dramatische Finanzkrise – es ist die härteste, die Deutschland je getroffen hat – besser als andere Bundesländer zu bewältigen. So ist es im bundesweiten Vergleich nicht selbstverständlich, dass der zur Abstimmung vorgelegte Haushaltsplan 2005/2006 verfassungskonform ist.

Lieber Kollege Böhr, ich habe genau hingehört. Sie haben vom Geist der Verfassung gesprochen, aber nichts Konkretes gesagt.

(Böhr, CDU: Auch!)

Wenn Sie vom Geist sprechen, der über uns schwebt, ist das das eine. Das andere sind ganz konkrete Zahlen, die überprüfbar sein müssen. Dies ist eine konkrete Verfassungsgrenze.

An dieser konkreten Verfassungsgrenze wird dieser Haushalt gemessen.

(Beifall bei FDP und SPD – Mertes, SPD: Das war jetzt der Hammer!)

Ich kann verstehen, wenn man sich mit Kant beschäftigt.

(Zuruf des Abg. Böhr, CDU)

Vom Geist her!

(Beifall bei der FDP)

Dieser Erfolg, den ich auch so nennen möchte, ist umso höher zu bewerten, da die Steuerschätzung vom November noch einmal schlechter ausgefallen ist – das sollten wir auch einmal erwähnen –, als bei der Aufstellung im Sommer zu erwarten war. Wir hatten bereits im Oktober gesagt, dass auch in diesem Fall die Verfassungskonformität sichergestellt werden muss. Auch das ist so geschehen. Die Koalition erreicht die Verfassungskonformität des Haushalts trotz der Einbeziehung der Auswirkungen der Steuerreform 2005 mit 250 Millionen Euro, trotz Zuführung an den Pensionsfonds in Höhe von 350 Millionen Euro und trotz des Verstetigungsdarlehens in der Haushaltsperiode mit 329 Millionen Euro.

Meine Damen und Herren, wenn man die Gesamtbilanz aufstellt, wie dies dankenswerterweise heute in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlicht wurde, wenn man sich die Gesamtbilanz des Vermögens einmal vor Augen hält, dann wird nachvollziehbar deutlich, dass das Gesamtvermögen des Landes Rheinland-Pfalz nicht geschmälert, sondern gesteigert wurde. Es ist nur die Frage, wie wir mit diesem Vermögen letztlich umgehen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, wir bleiben dabei, den Pens ionsfonds aufzustocken, und erreichen mit anderen Ein

nahmen die Verfassungskonformität unseres Haushalts. Das sind zwei gewaltige Belastungen insgesamt, die ich eben genannt hatte, aber es sind auch Aktivposten, um die uns andere Länder beneiden. Darunter sind auch CDU-regierte Länder, die neidvoll auf diese Aktivposten in Rheinland-Pfalz schauen.

Die Einhaltung der Verfassungsgrenze ist also umso bemerkenswerter, da diese Länder, die sich darum bemühen und es ihnen zum Teil nicht gelingt, die Verfassungsgrenze einzuhalten, diesen Pensionsfonds nicht haben. Diese sind zum Teil auch dabei, zum wiederholten Mal die Verfassungsgrenze zu verfehlen.

Es ist schon gerechtfertigt, dass wir auch einmal auf andere Bundesländer schauen, wenn wir unseren eigenen Haushalt betrachten, weil die drängende Finanznot die gleiche Rahmenbedingung ist, die in allen Ländern die Grundlage für die Aufstellung des Haushalts ist.

In der gesamtwirtschaftlichen Lage, in der sich Deutschland befindet, können wir in Rheinland-Pfalz trotz reduzierter Ausgaben, trotz der Umsetzung der stringenten Sparbeschlüsse vom Jahr 2002 diese Verfassungskonformität nicht ohne – es gibt kein Bundesland, das es anders tut – die Einbeziehung der genannten nicht steuerlichen Einnahmen erreichen. Das macht niemandem Freude, aber auch dazu gibt es keine Alternative. Dazu habe ich auch heute Morgen keine gehört.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion hat kein Problem damit, die Opposition auch über den heutigen Tag hinaus – ich kann das auch zu Frau Thomas sagen – etwas weniger zielgerichtet über das Verfahren der Ertragsoptimierung weiter zu informieren. Die Befriedigung von Aufklärungsbedarf bedeutet aber nicht, dass neuer politischer Entscheidungsbedarf besteht, meine Damen und Herren, und dass wir eine neue grundgesetzliche und politische Diskussion über die Ertragsoptimierung beginnen wollen. Das ist ein völlig falscher Zungenschlag, der von der Opposition in die öffentliche Diskussion eingebracht worden ist.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt doch gar nicht!)

Im Übrigen, zur Komplexität des Ganzen. Jetzt sprechen wir wieder vom Geist, meine Damen und Herren. Liebe Frau Kollegin, lassen Sie sich das doch einmal auf der Zunge zergehen. Wir sprechen doch vom Geist.

(Vereinzelt Heiterkeit bei FDP und SPD)

Ich wollte nur einmal haben, dass Sie zuhören. Ich sage Ihnen zur Komplexität des ganzen Verfahrens einmal eins: Lieber Herr Kollege Böhr, das ist in der Tat keine finanzpolitische Milchschnitte. Das ist schwere Kost. Das erfordert in der Tat eine mittlere geistige Anstrengung, um dahinterzukommen, wie die Konstruktion aufgebaut ist. Das ist durchaus eine Herausforderung. Wenn wir Ihnen mit späteren Informationen dienlich sein können, tun wir das gern.

Meine Damen und Herren, ich fasse Folgendes zusammen: Zum Haushalt 2005/2006 setzt die Koalition die richtigen Schwerpunkte. Der Sparkurs wird fortgesetzt. Er entspricht der gesamtwirtschaftlichen Situation. Der Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung wird eingehalten. Die Investitionen verbleiben auf hohem Niveau. Dem Grundsatz von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit wird, wenn man sich ein bisschen anstrengt, auch entsprochen.

Zum Haushaltsplanentwurf hat die CDU verlautbart, dass sie weder konkrete Sparvorschläge machen könne noch zusätzliche ausgabenrelevante Anträge stellen würde. Das wurde auch heute Morgen wieder gesagt.

Ich ziehe daraus den Schluss, dass Sie, was das Volumen anbelangt, diesem Haushaltsplan nichts entgegensetzen können. Ich schließe mich in diesem Punkt auch dem Kollegen Mertes an: Die Opposition hat nicht nur die Aufgabe, die Regierung zu kritisieren, sie ist nach meiner Auffassung auch gehalten, Gegenentwürfe darzustellen. Von denen habe ich heute Morgen nichts gehört.

Für alle Fraktionen ergibt sich als kleinster gemeinsamer Nenner in der Tat dieses Gesamtvolumen, auch wenn das jetzt wieder von Ihnen bestritten wird. Das bleibt Ihnen unbenommen.

Die Bewertung der Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zeigt – das wurde auch von Ihnen, Frau Thomas, wieder herausgestellt – die grundsätzlichen politischen Gegensätze zur Koalition, insbesondere – da gebe ich Ihnen Recht – zur FDP-Fraktion. Darin sind wir einer Meinung.

Gemessen an den politischen Notwendigkeiten in unserem Land ist die Position der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für mich besonders enttäuschend, aber nicht überraschend gewesen. Insofern sind die GRÜNEN berechenbar. Man weiß, was man von Ihnen zu erwarten hat.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, aber auch Konstanz im Irrtum ist verhängnisvoll.