Protocol of the Session on December 13, 2004

Ich sage Ihnen nur, während dieser Grundsatzstreit hier noch tobt, entwickeln inzwischen andere OECD-Länder ihre Schulen und Hochschulen bereits zu wirklichen „Think Tanks“ der Wissens- und Ideengesellschaft.

Wir sind der Auffassung, wir müssen die Voraussetzungen schaffen, dass Schülerinnen und Schüler länger gemeinsam und miteinander lernen können und individuell gefördert werden. Herr Kuhn, da muss man sich schon fragen, welche Interessen Sie vertreten, wenn Sie so dagegen argumentieren: ob es die der Kinder sind,

(Creutzmann, FDP: Natürlich!)

die der Eltern, der Beamtinnen oder der Lehrerinnenund Lehrerverbände.

(Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Sie sind doch mit einer der Protagonisten, dass unser Schulsystem in Rheinland-Pfalz noch breiter gegliedert wird. Mit Ihrer Eliteschule schaffen Sie doch keine ideale Lösung für hoch begabte Schülerinnen und Schüler, die überall in Rheinland-Pfalz vorhanden sind. Sie schaffen auch keine Entlastung für die gestressten Eltern; denn es ist verrückterweise meistens Stress für die Eltern, wenn sie hoch begabte Schülerinnen oder Schüler haben. Aber Sie schaffen mit Ihrer Schule eine weitere Sonderschule – wenn ich den Begriff jetzt einmal so nehmen kann –, und diese Schulgründung ist von der Grundausstattung bis zur Einrichtung elitär und nichts anderes.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir stehen zum notwendigen Systemwechsel, weil wir uns nicht an alten Systemen festhalten müssen, wenn diese sich als leistungsfeindlich, ineffizient und der persönlichen Entwicklung des Einzelnen entgegenstehend herausstellen. Wir stehen für einen Neustart, weil es uns um die besten Voraussetzungen für unsere Kinder geht, und das darf nicht daran scheitern, dass die eine oder andere Hürde in den Köpfen, Verwaltungen oder Schulen zu nehmen ist.

Meine Damen und Herren, wenn wir über Bildung, Forschung und Innovation sprechen, dann müssen wir in dieser Debatte auf die Hochschulen kommen.

Herr Mertes, meine Damen und Herren in der Landesregierung, im Ziel liegen wir nicht so weit auseinander. Wir haben an den Grundsätzen des Hochschulsonderprogramms und den Aufgaben, die Sie damit bewältigen wollen, auch nicht die Kritik geübt. Unsere Kritik ging in

die Richtung und geht in die Richtung, dass Sie Zusagen machen, die Sie aber tatsächlich nicht finanzieren, jedenfalls nicht seriös finanzieren.

Herr Böhr hat vorhin zu Recht die Rechnung aufgemacht, dass Sie sich für Ihr Hochschulsonderprogramm Kredite bei anderen nehmen, statt sie durch eine Aufgabenkorrektur im Haushalt zu erstatten.

Aber wir wollen mit unseren Mitteln, die wir in unserem Hochschulprogramm noch einmal draufgesattelt haben, zwei Dinge deutlich machen, und in zwei Dingen unterscheiden wir uns auch.

Mit unserer Initiative wollen wir sofort ein besseres Lehrangebot für Studierende und eine bessere Ausstattung für deren wissenschaftliches Arbeiten schaffen. Sie sind eher dabei, neue Aufgaben, die sich in den vergangenen Jahren für die Hochschulen ergeben haben oder für die nächsten Jahre ergeben werden, mit Ihrem Hochschulsonderprogramm abzufedern. Wir sind aber der Meinung, dass wir infolge der erhöhten Zahl der Studierenden in Rheinland-Pfalz – diese Tendenz gibt es im Gegensatz zum Bund bei uns nach wie vor – jetzt Verbesserungen benötigen. Wir benötigen ein Studieneingangsprogramm, das die Universitäten und Fachhochschulen in die Lage versetzt, einen Studieneinstieg gut auszugestalten, durch eine entsprechende Studienberatung, durch Einführungen in wissenschaftliches Arbeiten, durch Tutorien und andere Maßnahmen, und so für die Studierenden spürbare Verbesserungen bei der Lehre zu bewirken.

Unsere Vorschläge hinsichtlich eines Reinvestitionsprogramms erklären sich von selbst. In den vergangenen Jahren haben Sie immer wieder die Mittel zur Ausstattung der Hochschulen gekürzt und zusammengeführt. Deshalb gibt es hierbei einen erheblichen Nachholbedarf. Wenn wir die Ausstattung der Hochschulen nicht verbessern, sondern nur auf die Elite-Cluster setzen, dann werden wir nicht die Voraussetzungen erfüllen, um an allen Fachhochschulen und Hochschulen gut ausgebildete Studierende zu ihrem Abschluss zu bringen und den besten Technologietransfer zu erreichen, den wir erreichen können, wenn junge Menschen von den Hochschulen in die Arbeitswelt gehen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen, dass die Qualität unseres Bildungssystems die entscheidende Grundlage für die Innovationsfähigkeit des Landes ist. Dafür wollen wir die Hochschulen fit machen. Über den Einsatz dieser Mittel, jedenfalls der Mittel, die wir zur Verfügung stellen, entscheiden die Hochschulen in eigener Regie. Das ist für uns Autonomie und Selbstverantwortung vor Ort.

Deshalb haben wir Kürzungen in diesem Haushaltsplan vorgeschlagen. Das fällt uns nicht immer leicht; denn Sie schicken uns immer diejenigen in unsere Fraktion, bei denen wir gekürzt haben. Sie werben nicht für Ihre Kürzungen, aber Sie werben für die Kürzungen, die wir vorschlagen.

Herr Kuhn, wir haben aber wenigstens die Traute zu sagen, an welchen Stellen wir kürzen, wenn wir neue Aufgaben schaffen. Sie haben diese Traute nicht, sondern Sie wollen sich über den Globalhaushalt der Universität Mainz das Hochschulsonderprogramm in den nächsten zwei Jahren kreditfinanzieren lassen. Herr Mertes hat vorhin gesagt, wir sollten doch einfach den Hochschulpräsidenten trauen. Ich sage Ihnen, dass die Hochschulpräsidenten natürlich die Interessen ihrer Institution, ihrer Hochschule vertreten.

(Kuhn, FDP: Deswegen heißen sie Hochschulpräsidenten!)

Welche Mittelempfänger – unabhängig davon, ob es Hochschulpräsidenten, Wirtschaftsunternehmen, soziale Institutionen usw. sind – haben Sie bisher gefragt: Woher kommen die Mittel, die wir bekommen? Resultieren sie aus Mittelkürzungen, aus Streichungen oder aus Kreditaufnahme? – Das hat Sie bisher nie jemand gefragt.

Also vertreten die Hochschulen selbstverständlich ihre Interessen, wenn sie sagen, dass es eine richtige Investition sei, mehr für Hochschulen zu machen. Das haben wir Ihnen übrigens bereits schon vor drei Jahren gesagt. Herr Kuhn, Sie kamen mit Ihren Vorstellungen erst deutlich später, nachdem wir unser Hochschulprogramm aufgelegt haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Ihr Programm ist aber alles andere als solide finanziert. Die Praxis, diese Mittel über die Universität Mainz aus dem Globalhaushalt herauszuschneiden und damit die Universität Mainz stellvertretend zum Kreditnehmer zu machen, ist keine haushälterische Glanzleistung. Das ist ein weiterer Schattenhaushalt, den Sie auf diese Weise schaffen.

Das ist für mich ganz klar eine Umgehung des Grundsatzes von Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit. Diese 54 Millionen Euro plus 11 Millionen Euro, die Sie für BAföG-Mittel im Jahr 2005 nicht zahlen, tauchen tatsächlich nirgendwo auf. Übertragen auf andere Verhältnisse wäre das eine Bilanzfälschung. Das ist die schlechteste Voraussetzung für einen Aufbruch an rheinland-pfälzischen Hochschulen. Das ist wahrhaftig ein Fehlstart.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kuhn, Herr Böhr hat bereits das Hochschulsonderprogramm kommentiert, das die FDP eingefordert hat. Ich erinnere mich noch sehr gut an den Januar dieses Jahres.

(Kuhn, FDP: 19. Januar!)

Einen Tag vor der Haushaltsbeschlussfassung haben Sie gesagt: Jetzt muss ich noch einmal einen richtigen

Knüller machen. – Dann sind Sie als Tiger gesprungen, aber als kleines Straßenkaterchen gelandet.

(Zurufe von der FDP – Ministerpräsident Beck: Nichts gegen Katzen! – Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Sie müssen bedenken, was er damals gefordert hat. Er hat 100 Millionen Euro für die Hochschulen in den nächsten zwei Jahren gefordert. Dann sind 125 Millionen Euro dabei herausgekommen, aber nicht in den nächsten zwei Jahren, sondern in den kommenden fünf Jahren. Sowohl im Hinblick auf die Umsetzung als auch auf die Finanzierung Ihrer Vorschläge hat das nichts mehr mit dem zu tun, was Sie im Januar angekündigt haben. Kratzte man ein bisschen am Tigerfell, dann kam nur Werner Kuhn und die rheinland-pfälzische FDP darunter hervor.

Meine Damen und Herren, Innovation, bessere Bildung und gute Betreuung sind nicht zum Nulltarif zu erhalten. Sie sollen den Start ins Leben, in die Schule und in die Zukunft schon heute und für die nachfolgenden Generationen verbessern, und sie dürfen nicht zur Schuldenlast werden. Deswegen geht kein Weg an einem kons equenten Abbau der alten Subventionstöpfe vorbei. Mit der Eigenheimzulage und anderen Beispielen habe ich schon deutlich gemacht, an welcher Stelle dies auf Bundesebene beginnen muss.

Im Gegensatz zu Ihnen haben wir bei diesem Haushalt jedoch den Mut gehabt, auch im Landeshaushalt 2005/2006 an die Subventionen heranzugehen. Herr Kuhn, jetzt können Sie sich wieder als Tiger verkleiden. Sie werden uns wahrscheinlich mit fürchterlichem Gebrüll wieder sagen, dass wir die Arbeitsplatzvernichter in Rheinland-Pfalz seien. Wir lassen uns aber nicht von der Überzeugung abbringen, dass die rheinland-pfälzische Wirtschaft nicht untergeht, wenn Wirtschaftsförderung effektiver betrieben wird und damit Mittel eingespart und zielgerichteter eingesetzt werden. Auch die Situation der rheinland-pfälzischen Landwirtinnen und Landwirte sowie der rheinland-pfälzischen Winzerinnen und Winzer wird durch unsere Kürzung um 7,8 Millionen Euro nicht maßgeblich schlechter werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Lage der FDP in Rheinland-Pfalz wird aber schlechter werden, weil sie den Menschen in RheinlandPfalz erklären muss, weshalb sie im dreizehnten Jahr der Regierung mit ihrem jetzigen Koalitionspartner nicht gegensteuern konnte gegen ständige Neuverschuldung und ausufernde Subventionstöpfe. Wir haben Ihnen konkrete Vorschläge unterbreitet. Obwohl Sie immer anderes behaupten, habe ich Sie noch nie vorn an der Front gesehen, wenn es um Subventionsabbau und Kürzungen ging. Kann sich jemand in diesem Haus daran erinnern, dass sich Herr Kuhn oder Herr Bauckhage jemals für die Maßnahmen des Steuervergünstigungsabbaugesetzes eingesetzt haben, das im vergangenen Haushaltsjahr im Bund zur Debatte stand? Haben

Sie sich jemals für ein konkretes Auslaufen der Eigenheimzulage eingesetzt, gerade in Anbetracht des dem ografischen Wandels?

(Kuhn, FDP: Ja natürlich!)

Hat man von Ihnen jemals eine gescheite Alternative zur Neugestaltung der Entfernungspauschale gehört? Man hat nichts von Ihnen gehört.

Das Einzige, von dem Sie wirklich etwas verstehen im politischen Geschäft, ist nicht das verantwortliche Haushalten, sondern das ist das Geldausgeben, auch wenn kein Geld mehr vorhanden ist.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In den vergangenen Jahren haben Sie ständig das Vermögen des Landes für laufende Ausgaben verzehrt. Ich erinnere Sie nur daran, was Sie aus der Investitions- und Strukturbank herausgeholt haben. Das waren in den vergangenen Haushalten weit über 35 Millionen Euro, und das zu einer Zeit, als die Chefs der anderen Ressorts an ihre Heiligtümer herangehen mussten, um Einsparleistungen zu erbringen. Ansonsten produzieren Sie Pleiten und Pannen in Ihrem Zuständigkeitsbereich.

Sie mussten Ihre Geschäftsführer nach langer Kritik der Opposition im besten Fall zurückziehen, wie es beim Landesbetrieb Straßen und Verkehr längst überfällig war. Sie mussten zusehen, wie Geschäftsführer, die Sie inthronisiert haben, fristlos gekündigt wurden, wie bei der LBB. Aktuell hat Herr Staatssekretär Eymael mit den Hafenbetrieben eine richtige Korruptionsaffäre am Bein und sich noch nicht erklärt, ob er selbst die notwendige Aufsicht sichergestellt hat.

Ich könnte auch über die Nürburgring GmbH, die Europäische Weiterbildungsakademie bis hin zum Riesendauersubventionsgrab „Flugplatz Zweibrücken“ etwas sagen. Immer stoße ich auf das gleiche Ergebnis, meine Damen und Herren.

Sie können es nicht. Weder können Sie verantwortlich mit anvertrauten Mitteln umgehen noch können Sie zukunftsfähige Strukturentwicklungen in den Regionen von Rheinland-Pfalz anstoßen oder ausfüllen. Meine Damen und Herren, Sie können es nicht!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will zum Schluss noch einige kurze Bemerkungen zu der Diskussion um die so genannte Vermögensoptimierung machen. Herr Böhr hat das lang und breit gemacht. Die Vermögensveräußerung hat einen großen Raum in der öffentlichen Debatte eingenommen. Zu Recht hat sie diesen Raum eingenommen, weil Sie eine Veränderung gegenüber der bisherigen Praxis herbeiführen.

Wir haben in den vergangenen Jahren im Parlament, aber auch im Finanzministerium, über einzelne Schritte diskutiert. Das war zum Beispiel der Fall, als es um die Frage ging, stille Einlagen aus dem Wohnungsbauvermögen in die Landesbanken fließen zu lassen. Da haben wir gemeinsam über die Absicht und auch über die

Konstruktionen gesprochen. Das hat auch unsere Zustimmung gefunden, dies im Gegensatz zu einigen anderen Vermögensveräußerungen und den Vermittlungen, die Sie über den Pensionsfonds vorgenommen haben.

In diesen Haushaltsberatungen legen Sie aber eine Konstruktion vor, in der langfristige Verträge mit verschiedenen Vertragspartnern festgelegt werden, für die wir in diesen Tagen die Finger heben sollen, ohne dass zentrale Fragen im Parlament geklärt wurden. Das hat nämlich nicht stattgefunden. Der Eindruck, den Herr Mertes erwecken wollte, dass alles klar ist und das sogar so klar ist, dass er selbst es verstanden hat, sollte uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Klarheit nicht besteht.