Wir haben Angela Merkel plakatiert? Das wäre mir neu. Das kann natürlich hin und wieder einmal aus Versehen passieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Moment hat Frau Grützmacher das Wort. Ihr stehen nur noch wenige Sekunden Redezeit zur Verfügung.
Wir GRÜNE haben mühsam lernen müssen, dass in unserer Mediendemokratie politische Programme immer mit Personen verbunden werden müssen. Das ist bei uns einfach ganz wichtig. Wir haben bei der Europawahl
daraus die Konsequenzen gezogen und haben einen unserer bekanntesten GRÜNEN, nämlich Daniel CohnBendit, als Spitzenkandidat ins Rennen geschickt. Ich muss sagen, der Erfolg hat uns auch Recht gegeben.
Na ja, das ist vielleicht auch nicht unbedingt notwendig, um die Wörther zum Wählen zu bringen, sondern es ist vielleicht wichtiger, dass die Wörther wissen, wer Cohn-Bendit ist.
wenn Sie es mit Europa ernst meinen – das möchte ich jetzt wirklich wieder ernsthaft sagen –, müssen Sie auch Spitzenleute ins Rennen um die Sitze im Europaparlament schicken – Menschen, die bekannt sind und die in den Parteien Einfluss haben. Europa muss bei den Menschen mit Personen verbunden werden. Dann werden auch wieder mehr Menschen zur Wahl dieses wichtigen Parlaments gehen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mir wurde eben vorgeworfen, ich hätte keine Vorschläge gemacht. Das ist doch gerade das, was ich sage. Wenn etwas als Thema auftaucht, sollte man nicht gleich schon mit Patentlösungen aufmarschieren, sondern man sollte sich zuerst einmal in aller Ruhe des Themas annehmen und es nicht schnell durch die Medien jagen.
Natürlich kann man zur Frage der Wahlpflicht eine sehr unterschiedliche Auffassung haben. Ich selbst bin auch kein Anhänger einer derartigen Pflicht, weil ich meine, dass das ein Recht des Bürgers ist, zu dem man ihn vom Grundsatz her nicht verpflichten sollte. Er muss aber auch sein Recht wahrnehmen. Für uns alle stellt sich wirklich die Frage, weshalb der Bürger dieses Recht unterschiedlich wahrnimmt. Auf dem Land nimmt er es anders wahr als in der Stadt. Je größer die Städte sind, umso schwieriger wird es. Innerhalb der Städte ist das dann noch schwieriger und differenzierter. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass es keine einfache Antwort auf diese Frage gibt, sondern es gibt ein Bündel von Antworten, das jeweils auf die Ebene bezogen sehr unterschiedlich auszusehen hat.
Es ist von den Jungwählern gesprochen worden. Ich habe beim Wahlamt der Stadt Bad Kreuznach nachgefragt, ob sich Schulen informiert haben. Es wurde mir gesagt, die Schulen seien unterrichtet und aufgefordert
worden, Material, das sehr gut aufbereitet vorgelegen habe, abzurufen. Es ist nichts passiert. Deshalb bin ich der Meinung, dass man auch einmal hinsehen muss, wie es in dem Bereich der Jungwähler aussieht.
Ist dort tatsächlich genug getan worden, um sie in dieses Wahlsystem einzuführen, oder ist ihnen durch die Äußerung, es sei so schwierig, Angst gemacht worden, dass sie gesagt haben, da gehen wir nicht hin? Ganze Klassen sind nicht zur Wahl gegangen. Das geht doch auch die Elternhäuser etwas an.
Bei den Ortsvorsteherwahlen sollte man nach meiner Auffassung darüber nachdenken, ob es nicht vernünftig ist, den Ortsvorsteher vom Ortsbeirat wählen zu lassen. Deswegen haben wir doch früher keine schlechteren Ortsvorsteher gehabt. Welcher Ortsvorsteher will mit einer Wahlbeteiligung von 11 % ernsthaft sein Amt wahrnehmen? Dieser hat doch einen ganz anderen Schwung, wenn ihn sein Ortsbeirat wählt, als wenn er mit 5 % von einer größeren Familie gewählt wird. Das ist doch eine Motivation für solche Menschen. Wir werden es bei den nächsten Wahlen spüren, was die Frage der Bereitschaft betrifft.
Ich komme zu einem weiteren Punkt, nämlich zu dem ständigen Wahlkampf, den wir permanent in der Bundesrepublik haben. Jede Gemeinderatswahl wird sofort zu einer Testwahl gemacht. Ich glaube, auch das ist ein Problem, dem wir uns annehmen sollten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Aussage von Herrn Staatsminister Walter Zuber, die Wahlpflicht einzuführen, konnte ich am Anfang gar nicht glauben. Ich habe diese auch nicht so richtig ernst genommen. Ich war etwas erleichtert, als sein Ministerium mitgeteilt hat, dies sei seine Privatmeinung. Es ist doch schon etwas seltsam, dass der Minister als Privatmann etwas sagt und das Ministerium dies einschränkt. Ich denke, dass Ganze war aus der Hüfte geschossen, wenn dann auch noch gesagt wird, ich werfe einmal einen Stein ins Wasser, dann können wir einmal darüber diskutieren. Vielleicht war es auch so, dass er gedacht hat, das Bußgeld, das dann verhängt würde, wäre für
Meine Damen und Herren, die Sorge über die schlechte Wahlbeteiligung ist bei uns allen vorhanden. Wir müssen auch differenzieren.
Wir müssen feststellen, wie beim Bund, beim Land und bei den Kommunen gewählt wird. Wir dürfen nicht alles über einen Kamm scheren und Ausreißer bei Stichwahlen, wie bei Ortsbeiräten und Ortsvorstehern, nicht pauschalieren. Solange Extreme nicht davon partizipieren, ist das alles meines Erachtens gar nicht so tragisch. Auch Nichtwähler dokumentieren, dass sie mit ihrem Votum, das sie nicht abgeben, eine Meinung dazu haben.
Ich denke, auf der anderen Seite müssen sich insbesondere diejenigen, die nicht wählen gehen, von denjenigen regieren lassen, die sie nicht gewählt haben. Auf der anderen Seite ist zweifelsohne die Wahlpflicht, wenn man diese vorschlägt, nicht dazu geeignet, die Politikverdrossenheit mit einem staatlichen Zwangsgeld gegebenenfalls abzubauen. Im Gegenteil, sie wird mit Sicherheit dadurch noch verstärkt.
Ich meine, wir sollten vor Wahlen stärker informieren. Meines Erachtens ist hier auch die Presse ein Stück gefordert. Es sind gerade Alzey und Worms angeführt worden. Ich meine, vor den ersten Wahlen und auch den Stichwahlen könnte noch etwas mehr getan werden. Besonders gut hat mir gefallen, was Kollege Carsten Pörksen zum Thema „Schule“ gesagt hat.
Ich möchte ein Beispiel nennen. Vor Jahren war Urwahl. Die Klasse meiner Tochter hat sich theoretisch über die Gewaltenteilung unterhalten. Die jungen Leute wollten darüber diskutieren. Es war nicht möglich. Das stand zum Glück in der Abiturzeitung.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Ich denke, viele Möglichkeiten sind gegeben. Auch über das Beispiel Baden-Württemberg sollten wir noch einmal nachdenken. Im Grunde genommen sind wir gar nicht so weit auseinander, nämlich aus der Sorge heraus, dass die Wahlbeteiligung verbessert werden soll.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte um Nachsicht, dass ich im ersten Teil meines Beitrags die Dinge wirklich bewusst ein bisschen provokativ dargelegt habe. Vor diesem ernsten Hintergrund der immer weiter sinkenden Wahlbeteiligung stellt
Was wollen die Menschen? Die Menschen wollen klare Antworten, und zwar von allen politisch Verantwortlichen, egal ob im Bereich der Renten, der Krankenversicherungen, der Steuerreform und der Arbeitslosigkeit. Ich bin auch der Meinung, dass der Vorschlag der CDU, die Wahlzettel vorher zu verteilen, zumindest diskussionswürdig sein sollte. Auch darüber sollten wir noch einmal nachdenken.
Wir haben es doch vor 14 Tagen selbst erlebt, wie gerade ältere Wählerinnen und Wähler teilweise 20 Minuten und 30 Minuten in der Wahlkabine gesessen haben. Ich denke, wenn jemand die Briefwahl beantragt, ist das nichts anderes. Der Wähler hat dann auch die Möglichkeit, sich seinen Wahlschein vorher anzuschauen.
Meine Damen und Herren, ob bei der Briefwahl wirklich alles im Sinn der Geheimhaltungspflicht abläuft, sei dahingestellt. Zumindest sollte man darüber nachdenken.
Meine Damen und Herren, wir müssen es schaffen, in den nächsten Jahren eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen. Ich denke, bei allen ideologischen und politischen Auseinandersetzungen gibt es keine Alternative zur Demokratie. Ich gehe davon aus, dass wir uns parteiübergreifend einig sind.
Deshalb lassen Sie uns alle gemeinsam parteiübergreifend darüber diskutieren, was wir tun können – ich habe das Beispiel in den Schulen genannt –, dass die Menschen von diesem ureigensten Recht, zu freien Wahlen gehen zu können, letztendlich auch Gebrauch machen.