Protocol of the Session on July 1, 2004

(Zuruf des Abg. Dr. Schiffmann, SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie Sie sehen und hören, trifft das Landesmediengesetz, das heute von der Landesregierung eingebracht wird, in großen Teilen auf die Zustimmung der Fraktionen. Wir werden im Herbst, am 30. September dieses Jahres, eine Anhörung dazu durchführen. In dem einen oder anderen Punkt wird sicherlich noch eine Änderung diskutiert werden. Wir werden eine Reihe von Anzuhörenden haben. Deswegen möchte ich mich heute in meiner Rede nicht auf das gesamte Landesmediengesetz stürzen, sondern nur einige Punkte herausgreifen, die strittig sind. Herr Dr. Gölter, ich glaube, ich werde andere Punkte in den Vordergrund stellen als die biologische Uhr der Frauen. Ich werde versuchen, über die Konstruktion der jetzigen LPR und der LMK einiges zu sagen.

Ich glaube, es ist wichtig und richtig, dass ein Gesetz für alle Medien zusammengefasst wird. Wir vermissen dabei, dass die Internetdienste, also die Mediendienste insgesamt, vollständig in dem Gesetz vorhanden sind. Wir hätten ein Gesetz für alle Medien, nicht nur für die Print-Medien und den Rundfunk und nur für Teile der Teledienste, begrüßt.

In dem neuen Gesetz ist vorgeschlagen, dass es freie Medien geben soll. Ver.di hat uns ebenso wie auch den anderen Fraktionen einen Vorschlag geschickt, in bestimmten Punkten eine Änderung zu erwirken. Ich glaube, ver.di hat den durchaus sinnvollen Vorschlag gemacht, in § 4 einzufügen, dass es vielfältige Medien geben soll. Ich denke, es ist wichtig, dass wir nicht nur freie Medien, sondern vielfältige Medien haben. Das Pressefusionsgesetz steht ebenfalls zur Diskussion. Wenn wir wissen, dass es immer mehr zu einer Konzentration der Besitzverhältnisse gerade in den PrintMedien kommt, wäre es wichtig, einen solchen Paragraphen mit aufzunehmen. Ich möchte zitieren, was ver.di vorgeschlagen hat und stelle einen Antrag auf Übernahme:

„Freie, unabhängige und vielfältige Medien, die nicht von der öffentlichen Hand gelenkt und keiner Zensur unterworfen sind, sind ein Wesenselement des freiheitlichen und demokratischen Staates.“

Ich glaube, diese Formulierung ist durchaus diskutierenswert und der jetzigen Formulierung im Gesetz vorzuziehen, weil darin auch die Vielfalt der Medien angesprochen wird.

Auch in anderen Paragraphen werden wir Änderungen vorschlagen, beispielsweise in § 28, in dem noch einmal festgelegt werden könnte, dass der Deutschlandfunk überall dort, wo es realistisch ist, auch Frequenzen erhält. Sicherlich ist auch allen Fraktionen der Vorschlag des DeutschlandRadio zugegangen, in dem noch einmal klargestellt wird, dass es im Gesetz selbst eine Änderung geben könnte, wenn das Parlament seinen Vorschlag, den es einstimmig gefasst hat, ernst nimmt.

In § 28 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzentwurfs wird gesagt, dass landesweite private Programme bevorzugt werden sollen, und es sollte angefügt werden: „und auf eine flächendeckende Versorgung mit den Programmen des DeutschlandRadio hingewirkt wird."

Ich denke, dies ist das Mindeste, was wir aufnehmen könnten. Dies ist eine relativ vorsichtige Formulierung. Aber wenn das Parlament seine eigenen Beschlüsse ernst nimmt, müsste dies entsprechend aufgenommen werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Schiffmann, SPD)

Die bisherigen Diskussionen über die Qualität des privaten Rundfunks, die wir in der LPR immer wieder führen, könnten durchaus in einer Formulierung Niederschlag finden, die ver.di vorgeschlagen hat, nämlich dass 15 % der Sendezeit zwischen 6 Uhr und 20 Uhr beim privaten Rundfunk von informierenden Wortbeiträgen gedeckt werden sollte.

Wir haben im Moment das Problem, dass die Wortbeiträge, vor allem die informierenden Wortbeiträge, bei den privaten Sendern immer weiter zurückgehen. Man nennt das dann allgemein etwas despektierlich Dudelfunk, weil nur noch Musikbeiträge und keine Wortbeiträge mehr gesendet werden. Ich glaube, wir sollten auch in Rheinland-Pfalz darauf achten, dass es qualitativ beim privaten Rundfunk eine Grenze gibt, die wir einhalten sollten. Deswegen muss auch eine klare Formulierung mit in das Gesetz übernommen werden. Ich denke, auch dieser Vorschlag ist diskutierenswert. Ob das jetzt genau 15 % sind oder ob wir eine andere Zahl festlegen, mag dahingestellt sein. Wir müssen aber eine Grenze einziehen, sonst werden wir in der laufenden Diskussion immer weiter in den Qualitätsanforderungen der Information im privaten Rundfunk zurückgehen. Ich glaube, das möchte niemand im Parlament und niemand innerhalb der Regierung. Deshalb sollten wir diesen Punkt übernehmen.

Wir haben eine heftige Diskussion über die Finanzierung der Landesmedienanstalten und der Möglichkeit gehabt, bestimmte Teile von Landesmedienanstalten zusammenlegen und auf Bundesebene vereinigen zu können. Im Jugendschutz ist das gelungen.

Wir haben als GRÜNE einen Antrag eingebracht, dass die Zuschüsse für die Landesmedienanstalt insgesamt

gedeckelt werden. Dieser Antrag findet keinen Niederschlag im Vorschlag der Landesregierung. Dagegen macht die Landesregierung den Vorschlag, in § 47 die Bezahlung der Bediensteten an die öffentlich-rechtlichen Gehälter anzulehnen, also an das BAT.

Es gibt darüber eine heftige Diskussion, was Herr Dr. Gölter schon angesprochen hat. Es ist eine rechtliche Diskussion. Wie sieht es aus? Ist die LMK die Rechtsnachfolgerin der LPR? Ist es jetzt garantiert, dass die jetzigen bestehenden Tarifverträge auch eingehalten werden? Das würde ich gern hören. Oder kann man tatsächlich im laufenden Verfahren, nachdem das Gesetz so verabschiedet ist, neue Tarifverträge abschließen bzw. Druck machen, dass diejenigen, die jetzt ihre Bezahlung nach bestimmten Tarifverträgen haben, dann weniger bezahlt bekommen?

Wenn es so ist, dass die LMK Rechtsnachfolgerin ist – bei allen anderen Überführungen, die ich kenne, werden die entsprechenden arbeitsrechtlichen Paragraphen angewandt –, ist das Einsparungspotenzial, das wir über diesen Paragraph 47 haben, für die nächsten Jahre genau null. Es wird bei der LPR niemand neu eingestellt werden. Der Nächste, der ausscheidet, ist knapp über 50 Jahre alt. Es wird über 10 Jahre dauern, bis jemand ausscheidet und dann eventuell jemand eingestellt wird.

Das Personal wird vielleicht reduziert werden, sodass vielleicht Neueinstellungen noch länger auf sich warten lassen. Das heißt, das Instrument, das die Landesregierung vorschlägt, ist entweder gewollt oder ungewollt kein Einsparvorschlag. Deswegen schlagen wir vor, eine Deckelung der Einkünfte der Landesmedienanstalt in Rheinland-Pfalz durchzuführen.

(Ministerpräsident Beck: Das ist staatsvertraglich geregelt! Bundesweit!)

Aber Herr Ministerpräsident, Sie wissen doch ganz genau, darüber diskutiert Ihre Landesregierung auch,

(Ministerpräsident Beck: Das weiß ich ganz genau!)

dass die Vorababführungen in anderen Ländern da sind und bei uns nicht. In anderen Ländern wird bis zu 1 %, also bis zur Hälfte der Einkünfte, vorab abgeführt. Das ist bei uns nicht so.

(Creutzmann, FDP: Das ist ein anderes Thema!)

Deswegen könnten wir natürlich auch eine Vorabeinführung vorsehen oder, wie Sie vorschlagen, eine Deckelung auf anderer Ebene diskutieren.

Wenn wir einsparen wollen, müssen wir vorab bei den Einnahmen einsparen. Ich möchte noch einmal dazusagen, es handelt sich nicht um irgendwelche Einnahmen, sondern um Gebührengelder, die den Zuschauern abverlangt werden. Wenn wir Einsparpotenziale haben, sollten wir diese auch wahrnehmen. Intern höre ich in der LPR immer wieder, es gebe einige Einsparvorschläge, die auch jetzt greifen würden. Dann kann die LPR

ihre Einsparvorschläge benennen, kann aber trotzdem die Tarifhoheit bei sich bewahren und die entsprechenden Tarifverträge abschließen. Das halte ich zumindest für weniger dirigistisch als etwas anderes. Heute Morgen gab es von der FDP wieder die Äußerung des Dirigismus bei den GRÜNEN. Ich halte das aber für weniger dirigistisch als die Lösung, die die Landesregierung momentan vorschlägt. Bitte denken Sie über die Alternativen nach.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen. In § 46 werden Förderungen festgelegt, die per Landesmediengesetz auch die LPR und die zukünftige LMK betreffen sollen. Ich zitiere aus § 46 „Förderung“: Die LMK fördert aus ihrem Anteil an der einheitlichen Rundfunkgebühr nach Maßgabe des Rundfunkstaatsvertrages die landesrechtlich gebotene technische Infrastruktur zur Versorgung des Landes und zweitens Projekte für neuartige Rundfunkübertragungstechniken.

Meine Damen und Herren, ich bin nicht der Meinung, dass wir im Gesetz festschreiben sollten, dass aus Gebührengeldern private Rundfunkveranstalter gefördert werden. Das kann von Mal zu Mal durchaus passieren.

(Glocke der Präsidentin)

Ich bin aber nicht der Meinung, dass das festgeschrieben werden sollte.

Als letzten Satz möchte ich noch einmal ein eindeutiges Bekenntnis zu den Offenen Kanälen ablegen. Diese haben nichts mit den Qualitätsanforderungen zu tun, die wir manchmal von den Privaten abverlangen, sondern diese sind ein Gegengewicht zu den privaten Kanälen. Sie sind ein Gegengewicht für die Bürgerinnen und Bürger. Sie waren als Bürgerkanäle gedacht und sollen in dieser Funktion auch erhalten bleiben.

Wenn es immer heißt, wir wollen die Struktur optimieren, dann steht im Hintergrund, wir wollen die Offenen Kanäle kürzen. Dem möchte ich widersprechen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Von Herrn Gölter ebenso launisch wie fundiert als Lordsiegelbewahrer von Presse und Meinungsfreiheit benannt zu werden, – –

(Dr. Gölter, CDU: Das war Ironie, Herr Kollege!)

Das habe ich natürlich ernst genommen, die Ironie hat sich mir nicht erschlossen, Herr Gölter.

ehrt gerade eine kleine Partei. Herr Gölter, an die ironische Adresse zurück, wir sind natürlich auch Lordsiegelbewahrer des Eigentums. Das dürfte Ihnen auch nicht verschlossen geblieben sein. Da die Balance zu finden, ist nicht einfach. Auch uns wäre es lieber, wir hätten ein paar FDP-Zeitungen. Wir können uns das wahrscheinlich ebenso wenig leisten wie die CDU. Dann sollte man aber als Parteien, die das Eigentum sonst sehr hoch halten, nicht neidisch auf die schielen, die es noch können, sondern man sollte presserechtlich das tun, das unabhängige Redaktionen auch auf Dauer erhält. Das ist eigentlich der bessere Weg.

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt kommen, den Sie angesprochen haben, und diesen vor die Klammer ziehen. Ich meine Ihren Vorschlag der rigorosen Trennung nach Gebühren und Werbeeinnahmen im dualen Rundfunk. Ich glaube, gerade bei Ihrer langjährigen Erfahrung wissen Sie, dass diese Forderung, die von einigen in allen Parteien erhoben wird, ein wenig platt ist, und zwar insofern, als wir in den Vordergrund der Betrachtungen nicht nur den Wirtschaftlichskeitswettbewerb stellen sollten.

Im Vordergrund zumindest unserer Betrachtung in uns erer Fraktion bei medienpolitischen Diskussionen steht ohne Wenn und Aber die Frage der Qualitätsverbesserungen im gesamten dualen Rundfunksystem. Ich glaube, bei der Bedeutung der Massenmedien, bei der Bedeutung des Rundfunks und insbesondere des Ferns ehens, ist das ein lohnenderes Ziel, als krämerhaft auf Euros und Centbeträge zu schauen. Ich möchte das nicht als unwichtig einstufen, aber sicherlich nicht als prioritär.

Ich möchte noch etwas zu den Ausführungen meines Kollegen Braun sagen. Die Grundhaltung, auch mit der LPR kritisch umzugehen, trage ich durchaus mit. Wir sollten aber inhaltlich bei Positionen bleiben, die auch für alle nachvollziehbar sind. Wir wissen doch, dass die LPR-Einnahmen zurzeit gedeckelt sind. Wir wissen auch, dass sich bei gedeckelten Einnahmen und gesteigerten Tarifen die Tariferhöhungen gar nicht durchsetzen ließen, es sei denn, es geht wie bei anderen Sparbeiträgen auch zulasten der Projekte der LPR. Man muss sich festlegen, was man möchte und wie man es sieht. Ganz nachvollziehbar war das, was Sie vorgetragen haben, für mich nicht.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das höre ich jetzt!)

Die erste Lesung ist aber wirklich ein früher Zeitpunkt. Wir haben noch Gelegenheit, uns darüber auszutauschen, auch bei der von Ihnen genannten Anhörung.

Ich komme nun zum Landesmediengesetz selbst. Ich begrüße es außerordentlich, dass mit dieser Zusammenfassung der beiden ursprünglichen Landesgesetze zu einem Gesetz ein Stück gesetzestechnische Verschlankung erreicht wurde, natürlich zulasten der Komplexität.

Die Komplexität in diesem umfassenderen Gesetz ist noch größer. Das ist kein Einzelfall. Ich halte das Gesetz in seiner Komplexität für verständlich, nachvollziehbar und geeignet, die zu verfolgenden Ziele zu erreichen.

Ich glaube, die Verschlankung ist gelungen, ohne dass wesentliche Gesetzesinhalte vernachlässigt wurden. Ich darf zu diesem frühen Zeitpunkt ein Kompliment an die Regierung machen, namentlich an Staatssekretär Stadelmaier, der für diese Vorlage verantwortlich zeichnet. Das meine ich, ohne dass ich Korrekturen oder kleinere Veränderungen ausschließe.

Das uns vorgelegte Gesetz ist ebenso umfassend wie ansehnlich. Das zeigt auch die übrige Reaktion. Dafür mein Kompliment und mein Dank für die bisherige gute Zusammenarbeit.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, das gilt insbesondere deshalb, weil das Umfeld nicht einfach ist. Das Umfeld sagt klipp und klar, die Medien sind frei. Herr Dr. Braun, von daher kommen meine Einschränkungen zu dem, was zu den Vorschlägen von ver.di gesagt wurde. Ich glaube, die Vorschläge sind nicht von der Hand zu weisen. Diesen Vorschlägen wird man am ehesten gerecht, wenn man ihnen nicht nachkommt. Das Gesetz macht klug darauf aufmerksam, dass die Medien frei sind. Im übrigen Gesetzestext und in der Begründung beschreibt es dann, was Sie zusätzlich wollen. Das ist beispielsweise die Unabhängigkeit. Es ist nicht so, dass sich das Gesetz dazu nicht äußert. Die Grundaussage, die Medien sind frei, wird als eindeutiges Postulat in den Text hineingestellt. Dann wird beschrieben, warum das Land Notwendigkeiten sieht, trotz dieser Grundaussage gewisse Einschränkungen zu treffen.