Protocol of the Session on May 27, 2004

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Wir wissen inzwischen auch – dies haben Sie noch einmal belegt –, dass es Menschen gibt, die nicht therapierbar und therapierwillig sind und eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen. Wir haben es im abstrakten Fall gesagt. Wenn Sie jetzt über den konkreten Fall sprechen, bitte schön, dann nehmen Sie die Verantwortung ein Stück weit in Rheinland-Pfalz auf sich.

Uns geht es darum, noch einmal aufzuzeigen, wie sich die Historie in diesem Land dargestellt hat, was wir wollten. Wir wollten unsere Bevölkerung vor solchen Tätern schützen.

(Creutzmann, FDP: Das wollen wir auch!)

Wir wollten, dass Sie hierfür das Nötige veranlassen.

(Glocke des Präsidenten)

Das haben Sie nicht getan.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Pörksen das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Böhr hat vorhin in seiner Rede gesagt, man müsste doch wohl differenzierte Kritik üben können. Herr Böhr, jawohl. Aber was ich eben erlebt habe, hat mit differenzierter Kritik überhaupt nichts zu tun.

(Beifall der SPD – Bischel, CDU: Nur eine Ausrede!)

Es ist vielmehr ein ganz erbärmliches Spiel, das Sie hier spielen.

Sie nehmen den schrecklichen Tod einer Frau, den wir alle bedauern, zum Anlass und zu einem Instrument, um die Regierung in die Schuldnähe zu schieben. Das ist erbärmlich und für mich sogar infam.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das machen Sie hier. Das hat Herr Weiland im Ferns ehen öffentlich gemacht. Das setzen Sie hier fort. Ich finde das nicht in Ordnung.

Man muss doch bei der Frage der Sicherheitsverwahrung über die Frage sprechen, was dies für den Betroffenen bedeutet. Kennen Sie die Menschenrechtskonventionen nicht? Machen Sie es sich so einfach? Ist der Rechtsstaat nur der, der den Bürgern gefällt? Ist das so einfach? Anscheinend ist es bei Ihnen so. Das tut mir Leid. Dem kann ich nicht folgen.

Sie suggerieren doch den Menschen, hätte man damals das Gesetz gemacht, wäre das in Polch nicht passiert. Welch eine Methode!

Nur ein paar Fakten: Die nachträgliche Sicherungsverwahrung ist ein Neuland, das wir in Europa betreten. Wir hatten es schon einmal. Soll ich daran erinnern?

Es wird gefährlich, wenn Juristen den Weg der seriösen Argumentation verlassen. Wenn es Juristen tun, dann wird es gefährlich.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich muss das nicht näher erläutern. So ein bisschen kennen auch Sie die Geschichtsbücher.

Die Regelung auf Landesebene ist unzulässig. Das steht jetzt endgültig fest. Das war damals nicht nur die Auffassung des Ministers, sondern auch unsere.

Der Bund hat unmittelbar nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Februar dieses Jahres seine Arbeit aufgenommen. Es ist nicht wahr, dass das Bundesverfassungsgericht sich nur mit der Frage der Zuständigkeit beschäftigt hat. Das hat es nicht. Das haben Sie selbst zugegeben. Lesen Sie doch einmal die Anhörung zu diesem Gesetz im Bundestag vom Mai dieses Jahres. Lesen Sie es doch wenigstens einmal.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Sie müssen es nicht annehmen. Sie tun es sowieso nicht. Insofern brauchen Sie es auch nicht zu lesen. Das ist richtig.

Der Bund war unmittelbar tätig. Auch der Bund macht sich das nicht so einfach, wie Sie es tun.

Auch bei nachträglicher Sicherungsverwahrung ist kein Dauerwegsperren vorgesehen. Auch das hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gesagt.

Wenn Sie sich einmal mit den Zahlen aus BadenWürttemberg beschäftigen, dann ist das auch gefährlich, weil das das eigene Vorurteil beschädigen könnte. In neun Fällen sind auch bei nachträglich angeordneter Sicherungsverwahrung die Leute entlassen worden, und es kam zu keinen Vorfällen. Auch das sollte man zumindest zur Kenntnis nehmen, auch wenn Sie es vielleicht für sich als nicht bedeutend ansehen.

Eines zum Schluss – es ist schon mehrfach gesagt worden –: Ein Rechtsstaat, der diesen Namen verdient, kann den Bürgerinnen und Bürgern nicht suggerieren, es gebe eine absolute Sicherheit. Genau das tun Sie. Das ist gefährlich.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir treten in die Mittagspause ein.

Ich weise noch darauf hin, dass sich die Fraktionen geeinigt haben, die Tagesordnung in gewisser Weise umzustellen bzw. die Redezeiten neu zu organisieren. Das Landesstiftungsgesetz soll in Fünf-MinutenBeiträgen statt in zehn Minuten abgehandelt werden, und der Tagesordnungspunkt 17 „Grenzüberschreitende Rundfunkprogramme“ soll ohne Aussprache an die Ausschüsse überwiesen werden.

Wir setzen die Beratung um 13:15 Uhr fort.

U n t e r b r e c h u n g d e r S i t z u n g: 12:07 Uhr.

W i e d e r b e g i n n d e r S i t z u n g 13:18 Uhr.

Wir setzen die Plenarsitzung fort und kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung mit dem ersten Thema:

AKTUELLE STUNDE

„Startschuss für die Einrichtung der Hochbegabtenschule in Trier“ auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 14/3149 –

Das Wort hat Frau Abgeordnete Morsblech.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, zunächst einmal die Freude der FDP-Fraktion darüber kund zu tun, dass es in der vergangenen Woche ein Ereignis gab, das uns diese Freude bereiten konnte. Frau Ministerin Ahnen hat den Startschuss für die Hochbegabtenschule in Trier gegeben, die im Schuljahr 2005/2006 ihren Betrieb aufnehmen wird.

Nun können sich die Gymnasien in Trier und in der näheren Umgebung um die Hochbegabtenschule bewerben. Auch in Trier soll die Hochbegabtenschule in ein bestehendes Gymnasium hineinwachsen und dort größtmögliche Eigenständigkeit erringen.

Die Trierer Gymnasien, die sich in der Trierer Schullandschaft alle erfolgreich mit ihren eigenen Schwerpunkten und Profilen positioniert haben und hervorragende Arbeit leisten, wären mit Sicherheit alle in der Lage gewesen, ein gelungenes Konzept zur Hochbegabtenförderung in enger Kooperation mit der Universität anzubieten. Wir sind sehr gespannt, welche Schulen sich in welcher Form und mit welchen inhaltlichen und pädagogischen Schwerpunkten für das neue Angebot bewerben werden.

Besonders freuen wir uns über die Beteiligung der Nikolaus-Koch-Stiftung, die sich insbesondere im Rahmen des Internatsangebots in besonderem Maß am Aufbau des Angebots zur Hochbegabtenförderung in Trier beteiligen will.

(Beifall bei der FDP)

Ich meine, dass gerade durch die Grenzregionen von Trier zu unseren europäischen Nachbarn, aber auch durch den an der Universität Trier ausgeschriebenen Lehrstuhl für Hochbegabtenforschung sich besonders tolle Chancen für einen besonders interessanten Standort ergeben. Nach dem Standort Kaiserslautern, der schon fast ein Jahr lang erfolgreich arbeitet, und dem Standort Mainz, der am Gonsenheimer Gymnasium in diesem Jahr erstmalig das Angebot eröffnen wird, wird Trier nun die dritte Schule zur Förderung von hochbegabten Jungen und Mädchen sein. Ich weiß, Herr Wiechmann freut sich ganz besonders auf die vierte Schule zur Förderung von Hochbegabten, weil sie in Koblenz errichtet wird.

Wir wissen auch – hierbei spreche ich ganz besonders Herrn Kollegen Wiechmann an –, dass sich nach wie vor die Forschungslandschaft darüber streitet, ob bei der Förderung von hochbegabten Kindern und Jugendlichen der integrative Ansatz oder der separative Ansatz der bessere Ansatz ist. Kernpunkt ist für uns Liberale nach wie vor, dass wir die Potenziale von besonders begabten und hochbegabten jungen Menschen in RheinlandPfalz nicht vergeuden, sondern fördern wollen, auch, um eventuell misslungenen Schullaufbahnen und damit zusammenhängenden psychischen und psychosozialen Problemen zu begegnen. Wir wissen auch, dass auch hochbegabte Jungen und Mädchen sehr unterschiedlich sind. Deshalb ist es wichtig, verschiedene Ansätze zu präsentieren, die den individuellen Voraussetzungen

gerecht werden und die wir im Rahmen dieser Aktuellen Stunde mit diskutieren sollten.

Für eine Evaluation der Angebote und die weitere Entwicklung möglichst optimaler Chancen für hochbegabte Kinder und Jugendliche, für ein aufeinander abgestimmtes System von der frühkindlichen Förderung bis zur Exzellenzförderung in den Universitäten, das individuelle Möglichkeiten bietet, wird mit Sicherheit auch der angesprochene Lehrstuhl in Trier von großer Bedeutung sein.

Vor einigen Wochen haben wir hören können, dass es nun auch ein Projekt in Zweibrücken gibt – auch darüber haben wir uns sehr gefreut –, wo der integrative und separative Ansatz miteinander verbunden werden, indem die Kinder einmal in der Woche eine Grundschule in Mittelbach besuchen und an einem so genannten Entdeckertag teilnehmen und mit Aufgabenpaketen wieder zurück in ihre Ursprungsschulen gehen. Wir denken, dass das ein besonderer Beitrag dazu sein wird, Angebote in der Fläche künftig auszudehnen und um erste Erfahrungen mit allen Beteiligten zu machen. Die FDP-Fraktion begrüßt es sehr, dass hierbei neue Wege gegangen werden.

(Beifall bei der FDP)

Wir wissen, dass wir in der Fläche nur dann fördern können, wenn unsere Erzieherinnen und Erzieher sowie unsere Lehrerinnen und Lehrer auch diagnostisch in der Lage sind, im Alltag Hochbegabungen zu erkennen, genauso wie besondere Lernschwächen entsprechend zu fördern.