Protocol of the Session on May 26, 2004

Wenn ich schon bei der Polizei und beim Gesetz bin, dann will ich auch darauf hinweisen, dass die Polizei diese Maßnahme sehr positiv begleitet hat. Sie hat sogar einen sehr umfänglichen und meines Erachtens auch sehr guten Leitfaden entwickelt, der sich mit der Frage befasst, wie die Polizei mit dem Gewaltschutzgesetz auf Bundesebene und den Auswirkungen auf das POG umgehen wird. Das ist eine zusätzliche Aufgabe. Darauf will ich noch einmal ausdrücklich hinweisen.

Das wird Personal fordern, das wir leider in diesem Umfang nicht haben. Dennoch gibt es eine sehr positive Stimmung.

An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass die Polizei – passend zur Gesetzgebungsinitiative auf Bundes- und Landesebene – ihre Einstellung – so wie wir alle in dieser Gesellschaft – zu dieser Problematik

geändert hat. Wir kommen nämlich weg von der Frage, ob es sich einfach nur um eine Streitschlichtung handelt, bei der die Polizei einfach einen Familienstreit schlichtet und in vier Wochen wiederkommt. Inzwischen geht es darum, Beweissicherung und damit Strafverfolgung wirksam zu machen. Außerdem geht es darum, den Opfern – leider sind nicht nur Männer und Frauen betroffen, sondern auch Kinder – eine nachhaltige Maßnahme anzubieten.

Frau Ahnen, dazu hat mir in Ihrer Pressekonferenz der Begriff der Täter gefehlt. Vermutlich reicht es nicht aus, den Opfern weitere Maßnahmen anzubieten, sondern wir müssen noch sehr viel mehr auf die Täter eingehen, um die Spirale der Gewalt zu verhindern.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

An dieser Stelle müssen wir weiterarbeiten. Deswegen bin ich sicher, dass wir noch nicht am Ende der Diskussion sind und es noch viel zu tun gibt.

Im Rahmen dieser Pressekonferenz sind statistische Zahlen zum Ausdruck gebracht worden, die ich jetzt nicht wiederholen muss. Wir haben nicht bei Null angefangen, sondern haben auf Erfahrungen aus anderen Ländern zurückgreifen können. Wir waren in RheinlandPfalz relativ spät. Das hat alles etwas gedauert. Weshalb das so war, haben wir bereits an anderer Stelle diskutiert. Die Frage ist also, wie wir das in Zukunft handhaben werden.

Es sind nicht nur bestimmte soziale Schichten, aber vor allem soziale Schichten. Der Presse ist zu entnehmen, dass es eine sehr interessante Entwicklung bei Ausländerinnen in dieser Frage gibt, die sich auf einmal wagen, mit ihren inneren familiären Problemen zu solchen Interventionsstellen und nicht nur zu Frauenhäusern zu gehen. Das halte ich für einen wichtigen Aspekt bei dieser Diskussion, weil das ein Stückchen Freiheit für diese Frauen bedeutet, die sehr viel mehr Mut brauchen als inländische Frauen. Außerdem gibt es noch aufenthaltsrechtliche und ausländerrechtliche Fragen. Ich meine, dass wir das an dieser Stelle einmal ansprechen sollten. Frau Ahnen, vielleicht sagen Sie noch etwas dazu, wie Sie mit diesem Aspekt der Frage umgehen wollen.

Insgesamt haben wir nichts dagegen, wenn es ein Stück Öffentlichkeitsarbeit für ein berechtigtes Anliegen ist.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Morsblech.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich begrüße es, dass diese Aktuelle Stunde heute stattfindet. Natürlich liegen uns die Kerninformationen über die zwei neuen Interventionsstellen bereits vor. Es sollte aber dennoch Anlass zur Diskussion sein, da dieses Thema erst in den vergangenen Jahren enttabuisiert

werden ist und es erst in den vergangenen Jahren zu einer Entwicklung von vernetzten und sehr wirksamen Hilfsangeboten gekommen ist. Das bedeutete sehr viel Arbeit für diejenigen, die die Strukturen mit aufgebaut haben und die sich bereits vorher in Frauenhäusern und bei Notrufen sehr für dieses Thema eingesetzt haben.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass wir dieses Thema auch in der Öffentlichkeit diskutieren und es im Interesse der Betroffenen nicht irgendwo versickern lassen.

Dass RIGG damals von allen Fraktionen auf die Beine gebracht worden ist, ist bereits gesagt worden. Ich denke, mit den neuen rechtlichen Regelungen, die wir im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes und des POG haben, haben wir zumindest ein Angebot, das es dem Opfer ermöglicht, nicht noch zusätzliche Belastungen durch Verlassen der Wohnung, Verlust der eigenen Wohnung sowie Verlust des vertrauten Umfelds in Kauf nehmen zu müssen. Durch den Platzverweis besteht die Möglichkeit, den Täter aus der Wohnung zu verweisen und gleichzeitig zugehende Hilfe, juristische Beratung und die psychologische Unterstützung zu geben. Ich denke, das ist ein guter Weg.

Die landesweiten runden Tische haben dazu geführt, dass diese Vernetzung vor Ort stattfindet und funktioniert, zusätzlich zu den Maßnahmen, die Frau Kollegin Elsner genannt hat.

In den vergangenen Jahren haben wir dadurch mit Sicherheit einen qualitativen Quantensprung erreicht. An dieser Stelle sollte hervorgehoben werden, dass wir auch unter äußerst schwierigen Haushaltsbedingungen Hilfsangebote sowohl quantitativ als auch qualitativ weiterentwickelt sowie die Finanzierung auf hohem Niveau beibehalten haben. Im Übrigen war dies nicht in allen Bundesländern so.

Die Interventionsstellen stellen eine wichtige Schnittstelle dar. Die Zahlen, die auch auf der Pressekonferenz bekanntgegeben worden sind, zeigen, dass in Mainz allein in diesem Jahr 117 Ratsuchende beraten worden sind. Diese Zahl macht deutlich, dass diese Angebote angenommen werden. Ich meine, dass der Grund hierfür aus einer Mischung von verschiedenen Gründen besteht. Zum einen ist es so, dass die aufsuchende Beratung eine ganz besonders wichtige ist. Zum anderen ist es so, dass durch die geschaffenen Angebote und die gesetzlichen Veränderungen das Thema noch weiter enttabuisiert und in der Öffentlichkeit thematisiert wurde. Wenn die heutige Sitzung ein Beitrag dazu ist, dass sich mehr betroffene Frauen ermutigt fühlen, tatsächlich Hilfe in Anspruch zu nehmen, dann haben wir einen Beitrag dazu geleistet.

Die erstmals erhobene Polizeistatistik zeigt, dass allein im vergangenen Jahr 7.844 Straftaten im Bereich der häuslichen Gewalt begangen wurden. Das ist aber noch nicht alles. Früher habe ich in einer Klinik im Bereich „Sexueller Missbrauch“ gearbeitet und weiß deshalb, dass das Thema sehr mit Scham- und Schuldgefühlen besetzt ist. Als Außenstehender kann man sich überhaupt nicht vorstellen, mit welchen psychischen Problemen das verbunden ist. Deshalb sind die zugehenden

Ansätze so wichtig. Deshalb begrüße ich es sehr, dass wir in zwei weitere Interventionsstellen investieren. Im Übrigen meine ich, dass die Dunkelziffer erheblich höher ist als das, was wir anhand der Statistik feststellen können.

Im Bereich sexueller Gewalt habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese Problematik oftmals nicht direkt aufgetaucht ist, weil sich jemand wegen einer Gewalttat an Hilfseinrichtungen gewandt hätte, sondern solche Dinge sind im Rahmen von Behandlungen von Folgestörungen wie Essstörungen, Persönlichkeitsstörungen und Angstzuständen aufgetaucht. Die Problematik ist also erst im Nachhinein aufgedeckt worden. Deshalb ist der zugehende Ansatz der Ansatz, der Wirkung zeigen kann. Wir müssen immer weiter daran arbeiten zu enttabuisieren.

Ich begrüße es sehr, dass die Fortbildung bei der Polizei so zügig und umfassend angegangen worden ist.

(Glocke des Präsidenten)

Der erarbeitete Leitfaden ist insbesondere für das Opfer ein sehr guter, der sehr hilfreich ist. Deshalb noch einmal vielen Dank vonseiten der FDP-Fraktion.

Zu einer Perspektive möchte ich mich nachher äußern.

(Beifall bei FDP und SPD)

Es spricht Frau Abgeordnete Kiltz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vorweg für die Kolleginnen und Kollegen, die nicht Mitglied im Gleichstellungsausschuss sind: Ich habe den frauenpolitischen Part in unserer Fraktion übernommen und freue mich auf die Arbeit. Ferner freue ich mich feststellen zu können, dass es bei dem einen oder anderen Thema gelungen ist, nach langen Jahren intensiver Diskussion miteinander einen Konsens zu erreichen. Das ist auch bei dem Thema der Fall, das uns heute beschäftigt.

Ich will betonen, was gut ist. Es ist gut, dass es dieses Projekt insgesamt gibt. Gut ist darüber hinaus, dass die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Ministerien offenkundig gut funktioniert. Ferner ist es gut, dass zwei neue Interventionsstellen eröffnet werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Frau Ministerin, das angestrebte Ziel der Landesregierung, insgesamt fünf Interventionsstellen zu schaffen, ist zu kurz gesprungen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, hören Sie ruhig zu.

Das haben Ihnen die Expertinnen und Experten bei der Anhörung des Innenausschusses schon gesagt.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, Sie können immer nur ganz wenig aushalten. Das fällt mir oft auf. Hören Sie doch einfach einmal zu.

(Pörksen, SPD: Das habe ich alles schon fünfmal gehört! Nur noch nicht von Ihnen!)

Eigentlich muss es ein flächendeckendes Angebot geben. Schauen Sie sich auf der Landkarte an, wo sich Interventionsstellen befinden – Sie kennen die Landkarte – und wie groß die Zwischenräume zwischen den Interventionsstellen sind. Ich kann Sie nur ermutigen, am Kabinettstisch mehr zu fordern. Die steigenden Zahlen machen das auch deutlich. Sie haben das in der Pressekonferenz deutlich gesagt.

Wir wissen alle miteinander, dass die steigenden Zahlen nicht unbedingt bedeuten müssen, dass die Zahl der Fälle steigt, sondern sie zeigen auf, dass die vorhandenen Gewaltbeziehungen sichtbarer werden. Genau mit der intensiven Diskussion haben wir erreicht, das aus der Tabuzone zu holen.

Frau Kollegin Kohnle-Gros, Sie haben die ausländischen Frauen angesprochen. Für die bedeutet das in der Tat einen noch anderen Schritt. Es ist gut, wenn sich misshandelte Frauen zunehmend trauen, sich zum einen zu wehren und zum anderen Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen.

Es wäre aber besser, wenn das Netz der Hilfe und Wegweisung zu den Hilfsangeboten noch dichter wäre, weil dann mehr Frauen die Möglichkeit hätten, sich aus ihrer Gewaltbeziehung zu befreien. Da sind wir uns meiner Meinung nach wohl einig.

Ich will noch einmal feststellen, dass die Interventionsstellen nur ein Baustein im Gesamtkonzept sind. Sie sind aber ein ganz wesentlicher Baustein. Ich würde sagen, sie sind eigentlich die Scharniere, die erst das Ineinandergreifen der Arbeit der Polizei, die sich sehr zielbewusst diesem Problem gestellt hat, mit anderen Hilfsangeboten ermöglichen.

An dieser Stelle weise ich auch noch einmal darauf hin, dass die bestehenden und auch die geplanten Stellen weder personell noch sachlich gerade üppig ausgestattet sind. Nach den ersten Erfahrungswerten muss man noch einmal hinsehen, ob das ausreicht.

Wir halten – auch das haben wir schon gesagt – eine wissenschaftliche Begleitung und deren Auswertung für erforderlich.

Ich fasse noch einmal kurz zusammen:

1. Wir brauchen mehr Interventionsstellen. Das muss in Richtung auf ein flächendeckendes Angebot gehen.

2. Wir brauchen die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung.

3. Wir müssen überprüfen, ob die derzeitige Ausstattung der einzelnen Stellen ausreichend ist.

4. Wir werden das bei den kommenden Beratungen zum Haushalt zum Thema machen.