Protocol of the Session on May 26, 2004

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der SPD)

Ich erteile Herrn Staatsminister Zuber das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Es hätte der Behandlung dieses gemeinsamen Gesetzentwurfs – zu dem möchte ich sprechen – gut getan, wenn die Behandlung am 30. Juni erfolgt wäre und nicht am 26. Mai.

(Dr. Weiland, CDU: Dann wären die Zahlen andere!)

Verehrter Herr Abgeordneter, nein, nein, dann wäre vielleicht zum Gesetzentwurf gesprochen worden.

Der vorliegende gemeinsame Gesetzentwurf aller in diesem Haus vertretenen Fraktionen sieht die Einführung eines strikten Konnexitätsprinzips in die rheinlandpfälzische Verfassung vor. Damit ist eine über mehrere Legislaturperioden geführte intensive politische Diskussion zu einem einvernehmlichen Ergebnis gelangt.

Grundlage für die heutige Entscheidung war die fruchtbare Arbeit der Enquete-Kommission „Kommunen“, deren Mitgliedern ich an dieser Stelle noch einmal meinen Dank für die bisher geleistete Arbeit aussprechen möchte. Als Kommunalminister begrüße ich die Verankerung des Konnexitätsprinzips in unserer Landesverfassung. Sie stellt zweifelsohne einen wichtigen und effektiven Beitrag dar, die Kommunen vor neuen finanziellen Belastungen zu bewahren.

Jedes Ressort, das die Übertragung einer neuen Aufgabe vorbereitet oder eine bestehende Aufgabe verändern will, muss künftig noch sorgfältiger prüfen, ob, und wenn ja, welche Kostenfolgen für die Kommunen mit der vorgesehenen Maßnahme verbunden sind. Diese Kostenfolgenabschätzung mag im Einzelfall aufwendig sein. Sie ist aber insbesondere in Zeiten knapper Finanzmittel erforderlich, um das Kostenbewusstsein zu schärfen und die nötige Kostentransparenz herzustellen.

Die gegenwärtig hohe Staatsverschuldung wird häufig unter Hinweis auf das Prinzip der so genannten intergenerativen Gerechtigkeit kritisiert. Damit ist gemeint, dass die heutige Generation sich nicht ein Wohlstandsniveau bzw. ein Niveau staatlicher Aufgabenerfüllung leisten soll, für das andere Generationen künftig die Kosten zu tragen haben.

Das Konnexitätsprinzip meint etwas Vergleichbares. Es soll keine der drei Ebenen Bund, Länder und Gemeinden in der Lage sein, kostenintensive Aufgaben beschließen zu können, die finanziellen Lasten der Aufgabenwahrnehmung aber auf eine andere Ebene zu verlagern, ohne für den entsprechenden Kostenausgleich sorgen zu müssen.

Zu den praktischen Konsequenzen der vorgesehenen Konnexitätsregelung erscheint mir ein Hinweis besonders wichtig: Verbleibt künftig bei Aufgabenübertragungen des Landes auf die Kommunen trotz vorgesehener Kompensationsregelungen eine wesentliche Mehrbelastung für die kommunalen Gebietskörperschaften, ist der Ausgleich nicht aus dem Steuerverbund, sondern aus dem allgemeinen Landeshaushalt vorzunehmen.

Es gehört meiner Meinung nach auch dazu, dass dann, wenn die Aufgabenübertragung in die umgekehrte Richtung geht, natürlich auch der umgekehrte Weg eingeschlagen werden muss.

(Ministerpräsident Beck: Da bin ich einmal gespannt!)

Das ist keine Einbahnstraße.

(Beifall bei SPD und FDP)

Gegenüber den Kommunen wird ein Nullsummenspiel verhindert. Die Kostendeckung aufgrund des Konnexitätsprinzips tritt somit neben die Zuweisungen aus dem allgemeinen Steuerverbund. Die zur Finanzierung des Belastungsausgleichs benötigten Haushaltsmittel dürfen nicht dem kommunalen Finanzausgleich entzogen werden.

Der Entwurf für den neuen Artikel 49 Absatz 5 der Landesverfassung ermächtigt den Landesgesetzgeber, ein Ausführungsgesetz zu erlassen, in dem nähere Bestimmungen zur Umsetzung des Konnexitätsprinzips getroffen werden. Die Landesregierung wird hierzu einen Gesetzentwurf erarbeiten, mit dem klare rechtliche Regelungen für den Vollzug des Konnexitätsprinzips geschaffen werden. Dies betrifft insbesondere nähere Einzelheiten der Kostenfolgenabschätzung und der Beteiligung der kommunalen Seite am Verfahren.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf verzichtet darauf, den Geltungsbereich der Konnexitätsregelung auch auf Aufgabenübertragungen durch Bundes- oder EU-Recht auszudehnen. Diese Entscheidung ist im Sinne des Verursachergedankens kons equent. Es liegt nämlich keine Kostenverursachung durch das Land vor, wenn der Bund eine Aufgabe unmittelbar den Kommunen überträgt, wenn Inhalt und Umfang der kommunalen Aufgaben durch Bundes- und/oder Europarecht bestimmt werden oder wenn durch Landesrecht lediglich bundes- oder europarechtliche Vorschriften umgesetzt werden und dabei kein eigener Gestaltungsspielraum des Landes verbleibt.

Dessen ungeachtet bleibt der Befund, dass es gerade der Bund war, der in der Vergangenheit häufig Gesetze gemacht hat, deren teure finanzielle Folgen dann von den Kommunen zu bezahlen waren. Ich wage einmal die Behauptung, dass die heutige Finanzlage unserer Kommunen am allerwenigsten auf Handlungen der Landesregierung und der Regierungsfraktionen zurückzuführen ist.

(Beifall der SPD und der FDP)

Anstelle einer Heranziehung des Landes für bundesgesetzlich verursachte Kostenbelastungen der Gemeinden und Gemeindeverbände bedarf es deshalb zusätzlich einer Verankerung des Konnexitätsprinzips auch im Grundgesetz sowie einer Präzisierung der Durchgriffsbefugnisse des Bundes auf die kommunale Ebene. Dem darauf gerichteten Entschließungsantrag der Fraktionen dieses Hauses ist deshalb nachhaltig zuzustimmen.

Auch im Bund muss die Finanzverantwortung dorthin, wo die Entscheidung über die Ausgaben entsteht. Uns ere gegenwärtige Bundesverfassung beruht dagegen umgekehrt darauf, dass bezahlen muss, wer ein Gesetz vollzieht. Dem hat schon der frühere Bundespräsident Herzog die etwas abgewandelte Väterweisheit entgegen gehalten: „Wer anschaffen will, der soll auch zahlen“.

Meine Damen und Herren, Auslöser für die Diskussion über die Verankerung des Konnexitätsprinzips in der Landesverfassung war insbesondere die andauernde Krise der Kommunalfinanzen. Ohne heute Wasser in den Wein gießen zu wollen, möchte ich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass die Einführung des Konnexitätsprinzips in der Landesverfassung nur einen, wenn auch keinen unwichtigen Ausschnitt aus der Gesamtproblematik der Kommunalfinanzen betrifft, nämlich die Kosten aus der Wahrnehmung der vom Land übertragenen Pflichtaufgaben.

Die Schutzwirkung, die das Konnexitätsprinzip entfalten kann, bezieht sich auf zukünftige Aufgabenübertragungen durch das Land. Das Konnexitätsprinzip wird daher nicht zu einer kurzfristigen Entlastung der Kommunalfinanzen führen, sondern seine Wirkungen mittel- und langfristig entfalten.

Zur Konsolidierung der Kommunalfinanzen bedarf es deshalb neben einer konjunkturellen Erholung weiterer Maßnahmen nicht zuletzt des Bundes.

(Schweitzer, SPD: So ist das!)

Einen wichtigen Beitrag des Landes zur Stabilisierung der kommunalen Einnahmen leistet gegenwärtig der so genannte „Beistandspakt“. Darin wird vom Land für den Zeitraum 2003 bis 2006 garantiert, dass die Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich auf einem Niveau von jährlich 1,606 Milliarden Euro konstant gehalten werden. Hierzu erhalten die Kommunen ein zinsloses Darlehen, das sich allein bis Ende 2004 auf rund 270 Millionen Euro belaufen wird.

Mit ihrem aktuellen Vorschlag zur Einrichtung eines Stabilisierungsfonds will die Landesregierung an den Beistandspakt anknüpfen und so zu einer dauerhaften Verstetigung und besseren Kalkulierbarkeit der Leistungen des Landes im kommunalen Finanzausgleich beitragen. Die Einnahmen der rheinland-pfälzischen Gemeinden und Gemeindeverbände werden damit in Zukunft weniger konjunkturanfällig sein.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Bitte erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang noch eine Anmerkung zur Einnahmenbasis der öffentlichen Hände allgemein. Trotz umfangreicher Steuerreformen für die Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen Jahren mit einem Entlastungsvolumen allein in 2004 von 15 Milliarden Euro vergeht kaum ein Tag, an dem nicht neue Vorschläge für umfangreiche Steuersenkungen verkündet werden.

Bei allem Verständnis für Entlastungen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dürfen wir nicht vergessen, dass Bund, Länder und Kommunen auch in der Zukunft für die Bürgerinnen und Bürger wichtige öffentliche Aufgaben erledigen sollen und müssen, deren Wahrnehmung ohne eine ausreichende Finanzausstattung infrage gestellt ist.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nur wenige Menschen – prozentual sind das vielleicht 5 % bis 8 % – in unserer Gesellschaft können sich all das aus eigener Kraft schaffen, was 95 % der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland nicht können. Diese sind deshalb darauf angewiesen, dass der Bund, die Länder und die Kommunen über Einnahmen verfügen, die die Sicherstellung solcher Einrichtungen für die Allgemein-heit gewährleisten können.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, ich will abschließend noch darauf hinweisen, dass die kommunalen Einnahmen weiter gestärkt werden müssen. In diesem Zusammenhang darf man auch die Ausgabenseite nicht außer Betracht lassen, insbesondere die Ausgabenseite der vergangenen 10 bis 15 Jahre auf der kommunalen Seite. Ich will das nicht weiter vertiefen; denn all das, was wir vorhin an Zahlen vom Kollegen Hörter gehört haben, ist auch nicht vom Himmel gefallen und schon gar nicht darauf zurückzuführen, dass das Land Rheinland-Pfalz seine Kommunen unzureichend finanziell ausgestattet hätte.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Um eine Verbesserung der Situation zu erreichen, brauchen wir eine nachhaltige Gemeindefinanzreform. Dafür werden wir uns gegenüber dem Bund einsetzen. Daneben wird das Land weiterhin seine eigenen Möglichkeiten ausschöpfen, um die rheinland-pfälzischen Gemeinden und Gemeindeverbände in ihrer schwierigen Finanzlage zu unterstützen. Die Verankerung des strikten Konnexitätsprinzips in der Landesverfassung ist dabei ein wichtiger Schritt.

Ich bedanke mich.

(Beifall der SPD und der FDP)

Damit sind wir am Ende der Debatte über die Änderung der Verfassung für Rheinland-Pfalz.

Wir kommen nun zu der Abstimmung über den Gesetzentwurf in der zweiten Beratung. Wer dem Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/3016 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Die Beratung wird bis nach der Abstimmung über die Verfassungsänderung in dritter Beratung und in der Schlussabstimmung am Donnerstag unterbrochen. Am Donnerstag werden wir auch über den Entschließungsantrag abstimmen.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland und zu dem Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/2976 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses – Drucksache 14/3170 –

Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Abgeordneten Bracht das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch Beschluss des Landtags vom 17. März 2004 ist der Gesetzentwurf an den Haushaltsund Finanzausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss überwiesen worden. Der Haushaltsund Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 40. Sitzung am 25. März 2004 und in seiner 41. Sitzung am 4. Mai 2004 beraten. Der Rechtsausschuss hat den

Gesetzentwurf in seiner 28. Sitzung am 25. Mai 2004 beraten.

In der 41. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses hatten die Regierungsfraktionen einen Änderungsantrag vorgelegt, mit dem das Sportwettgesetz und das Landesgesetz über Ordnungswidrigkeiten im Lotteriewesen in das Landesgesetz zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland und zu dem Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen eingearbeitet werden sollten. Ziel dieses Antrags war es, Lotterien, Ausspielungen und Sportwetten einheitlich in einem Landesgesetz zu regeln.

Die Ausschüsse haben dies für sinnvoll angesehen und einvernehmlich empfohlen, den Gesetzentwurf mit den Änderungen in der Form der Drucksache 14/3170 anzunehmen.

Vielen Dank.