Protocol of the Session on April 28, 2004

Daher ist es richtig, dass wir diese Gebühr in dem Maß erheben. Von der Universität Mainz haben wir gehört, dass es einen Zustrom von hessischen Studierenden gibt. Wir wissen aber nicht genau, wie viele es sind. Wichtig für uns ist jedoch, dass wir uns einen geregelten Handlungskorridor verschaffen. Den brauchen wir sicherlich darüber hinaus dank der Initiative der unionsgeführten Länder, die sich mittels einer Verfassungsklage dafür einsetzen, dass es möglich sein soll, Gebühren schon ab dem ersten Semester zu erheben.

Wichtig erscheint es mir zu betonen, dass die in Rheinland-Pfalz eingenommenen Gebühren im Hochschulbereich bleiben. Wir haben keine hessischen Verhältnisse. Bei uns geht das nicht in den allgemeinen Haushalt.

(Beifall der SPD – Glocke der Präsidentin)

Die Braut hätte also die 650 Euro bekommen müssen, aber nicht der Bräutigam. Das sage ich nicht nur als Frau, sondern das sage ich auch, weil es sachlich richtig gewesen wäre.

Wir begrüßen die vorliegende Verordnung. Wir werden ihr zustimmen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Thomas.

Meine Damen und Herren, die öffentliche Diskussion in Deutschland über die Hochschulen und vor allen Dingen über die Studienfinanzierung ist in den vergangenen Monaten immer wieder auf die Kontroverse über Studiengebühren – ja, nein, und wenn ja, wie ausgestaltet – zusammengeschrumpft.

Weil der Verordnungsentwurf in diesem Kontext steht, möchte ich am Beginn dieser Diskussion noch einmal deutlich machen, dass diese Verkürzung falsch ist und die Diskussion vor allen Dingen in den Bundesländern, die massive Kürzungen in ihren Hochschulhaushalten vorgenommen haben oder von denen nicht ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden, an vielen Stellen als Ablenkungsmanöver genutzt wird. Das muss

man, wenn man in diesem Kontext diskutiert, meiner Meinung nach noch einmal deutlich machen.

Deshalb möchte ich etwas, was die SPD-Fraktion gestern in ihrer Presseerklärung festgestellt hat und was von Frau Schleicher-Rothmund zuvor noch einmal gesagt wurde, an den Anfang stellen. Sie haben nämlich gesagt: Mit dieser Verordnung wird eines unserer wesentlichen hochschul- und bildungspolitischen Ziele realisiert: ein gebührenfreies Studium, mit dem in angemessener Zeit ein erster berufsqualifizierender akademischer Abschluss erreicht werden kann. – Das haben Sie gestern gesagt und heute wiederholt. Ich möchte vehement bezweifeln, dass Ihnen das gelungen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe eher das Gefühl, dass Sie sich gern mit einer Verordnung über die Einführung von Studienkonten oder auch mit anderen Debatten, die Sie in diesem Bereich aufmachen, über die schlimme Situation an den rheinland-pfälzischen Hochschulen hinwegmogeln oder sie vergessen lassen wollen.

(Pörksen, SPD: Treten Sie einmal den Beweis für Ihre Behauptung an!)

Den trete ich schon an. Herr Pörksen, ich erinnere Sie einmal an die Debatte im Januar, die wir über die Ausgestaltung der Hochschulhaushalte geführt haben. Ich erinnere Sie an die Stellungnahmen der Studierenden und der Hochschulen,

(Pörksen, SPD: Ihre Stellungnahme! Die muss nicht richtig sein!)

die Sie dazu gebracht haben, ein Notprogramm für die rheinland-pfälzischen Hochschulen zu schaffen, das vorn und hinten nicht ausreicht. Ich erinnere Sie daran, wie die Studienbedingungen für Erstsemester, Studienanfänger und andere derzeit und vor allem zu Semesterbeginn an den rheinland-pfälzischen Hochschulen sind.

(Pörksen, SPD: Das hat mit Ihrer Behauptung nichts zu tun!)

Wenn Sie das alles vergessen haben, sollten Sie nicht versuchen, mit einer solchen Verordnung darüber hinwegzutäuschen.

Natürlich hat das etwas damit zu tun,

(Pörksen, SPD: Mit Ihrer Behauptung nicht!)

weil das Gros der Studierenden im Moment überhaupt nicht in die Lage versetzt wird,

(Pörksen, SPD: Das Gros der Studierenden! Sie träumen wohl! Dann fragen Sie einmal meinen Sohn!)

in der Regelstudienzeit oder – so wie Sie das sagen – in einer angemessenen Zeit einen Studienabschluss zu absolvieren, da das die Bedingungen an den rheinland

pfälzischen Hochschulen nicht hergeben. Das ist neben den Punkten, die Sie angeführt haben, Realität in Rheinland-Pfalz. In diesem Punkt nutzt Ihnen Ihre Verordnung überhaupt nichts, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Nur eine solide und verlässliche Finanzierung der rheinland-pfälzischen Hochschulen, sozusagen ein Bündnis mit den Hochschulen, wie wir es in unseren Haushaltsanträgen gefordert haben, kann nämlich die Basis für Anreizsysteme bilden, die Sie für die Hochschulen und die Studierenden schaffen wollen, nämlich Belohnungen für zügiges Studieren anzubieten.

Ich will Ihnen noch einmal sagen, wie die Realität aussieht. Herr Pörksen, gerade Ihre Nachfrage bestätigt mir noch einmal, dass ich das in Erinnerung bringen muss. Das sind die seit Jahren nicht ausfinanzierten Personalhaushalte und die 71er-Mittel.

Der Minister hat festgestellt – O-Ton –, dass die Hochschulen an der Grenze ihrer Handlungsfähigkeit angekommen sind. Als Minister würde ich das auch sagen, aber als Oppositionsabgeordnete sage ich: Die Grenze ist lange überschritten. – Ein 3-Millionen-Notprogramm macht man nicht ohne Not vor Ort, sondern das macht man dann, wenn man weiß, dass die Situation der rheinland-pfälzischen Hochschulen sie in Teilbereichen an den Abgrund geführt hat.

Herr Kuhn, ich will Sie daran erinnern, dass wir vorgeschlagen hatten, kein Notprogramm, sondern ein wirkliches Unterstützungsprogramm mit 15 Millionen Euro für dieses Haushaltsjahr aufzulegen. Sie hatten nur Wolkenkuckucksheim zu bieten.

Die Höhe der Finanzkrise in den Hochschulen trifft auf stark steigende Studierendenzahlen, wodurch sich das Ganze potenziert.

Herr Pörksen, dann will ich Ihnen auch noch etwas aus der Realität sagen.

(Pörksen, SPD: Ich habe gar nichts gesagt!)

Sie haben im Moment an den rheinland-pfälzischen Hochschulen durchschnittliche Studienzeiten von zwölf bis 14 Semester. Das sind nicht die Studienzeiten von Langzeitstudierenden, sondern das sind durchschnittliche Studienzeiten, während die Regelstudienzeit bei acht bis zehn Semestern liegt. Im Durchschnitt liegt man also schon zur Hälfte über der Regelstudienzeit.

Sie haben eine Explosion bei der Zahl der NC-Fächer und damit eine massive Einschränkung der Hochschulzugangsmöglichkeiten. Sie haben hohe Studienabbrecherquoten, Sie haben überfüllte Seminare, es fehlt an Lehrpersonal usw.

In einer solchen Mangelsituation an den Hochschulen fehlen – ich sage es noch einmal – die Voraussetzungen für die Einführung von Studienkonten oder anderer Anreizsysteme zur Verringerung der Zahl der Langzeitstu

dierenden, weil die Studierenden zum größten Teil nicht deshalb so lange studieren, weil sie es schön finden, sondern weil ihnen die Voraussetzungen keine andere Studiengestaltung ermöglichen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Mit Ihrem Verordnungsentwurf bewegen Sie sich in der aktuellen Diskussion um Studiengebühren auch unter dem Damoklesschwert der Entscheidungsfindung durch das Bundesverfassungsgericht. Das ist zwar vom Herrn Minister und von Frau Schleicher-Rothmund richtig gesagt worden, aber ich bezweifle, dass Sie einen Königsweg gefunden haben.

Neben der grundsätzlichen Kritik am Verordnungsentwurf will ich die zentralen Kritikpunkte noch einmal kurz benennen. Das ist zunächst einmal die rückführende Einführung. Ich bin der Meinung, dass Sie damit mehr Aufwand betreiben, als Sie tatsächlich an Einnahmen erzielen können. Das Zweite ist das Modell der Regelabbuchung. Es erfolgt also keine individuelle Abbuchung, die es den Studierenden ermöglicht, tatsächlich in einem von ihnen gesetzten Takt ihre Gutscheine einzulösen oder ihre Konten zu führen. Damit schaffen Sie keine Möglichkeiten, ein Teilzeitstudium zu absolvieren oder tatsächlich eine individuelle Steuerung vorzunehmen.

Darüber hinaus könnte ich weitere Punkte aufzählen. Das sind aber die drei Punkte, die ich als die zentrale Kritik bezeichne.

Es ist in Ihrer Verordnung – das ist wohl eine Zöllner‘sche Eigenart – der Versuch unternommen worden, mit unzählig vielen Regelungen auf der einen Seite den einzelnen Personen in sozialen Notlagen gerecht zu werden, aber gleichzeitig auf der anderen Seite ein Versprechen zu machen, was man damit alles bewirken könnte. Man steigert damit also die Zahl der Studierenden und das Interesse an den Fachhochschulen. Im Moment haben wir aber in Rheinland-Pfalz überhaupt nicht die Voraussetzungen, um diese Zahl von Studierenden an den Fachhochschulen aufnehmen zu können. Sie wissen, die richten alle interne NC ein, damit die Studierenden nicht kommen.

(Staatsminister Professor Dr. Zöllner: Das ist falsch!)

Das ist die Realität.

Sie wollen das noch attraktiver machen.

Zum Zweiten wollen Sie damit an den Hochschulen auch noch die Einrichtung von konsekutiven Studiengängen attraktiver machen und Druck machen, dass da mehr kommt. Ich bin der Meinung, es wäre sinnvoller, wenn man die Hochschulen beispielsweise von den Akkreditierungskosten freisprechen würde. Dann hätte man dort ein besseres Steuerungsmodell.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hendrik Hering hatte in der vorherigen Debatte gesagt, man wolle einen schlanken Staat und einfache und handhabbare Regelungen. Sprechen Sie bitte einmal mit den Hochschulleitungen, wie in der Verordnung ein solcher Anspruch berücksichtigt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Ich möchte die letzte Minute dazu nutzen, um Folgendes zu sagen: Frau Schleicher-Rothmund, Sie haben zum Schluss gesagt, zur Erhöhung auf 650 Euro und zur Absenkung von der doppelten Studienzeit auf 1,75 sei man aufgrund der Entwicklungen von außen gezwungen. Ich habe Zweifel an der Wirksamkeit der Abwehrstrategie, die Sie so beschrieben haben. Ich habe Zweifel, dass das rheinland-pfälzische Kontenmodell tatsächlich wirksam wird. Wenn das Bundesverfassungsgericht Studiengebühren in den Ländern ermöglicht, sind Sie mit Ihrem Modell zu spät und mit zu wenigen Bündnispartnern gestartet, um etwas aufzuhalten, was ein gebührenfreies Erststudium in der Breite außerhalb von Rheinland-Pfalz ermöglicht.

(Pörksen, SPD: Was wollen Sie? Studiengebühren! Aber sicher!)