(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da freue ich mich aber! – Creutzmann, FDP: Enttäusche nicht die Erwartungen der Frau Thomas!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Heinrich hat ausreichend exakt beschrieben, um was es geht. Der Kollege Rosenbauer hat die Position der CDU deutlich gemacht, und ich würde ganz gern noch einmal
Deshalb ist die Aufgeregtheit jetzt nicht unbedingt richtig am Platz. Es ist ein sehr früher Stand, in dem noch sehr viel Vernunft in das Verfahren von allen Seiten eingebracht werden kann.
Es ist selbstverständlich für mich – da besteht auch Einigkeit über alle Parteien hinweg –, dass Süchte, gerade Süchte bei Jugendlichen, katastrophal sind und in ihrer Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden können. Von daher verstehe ich auch, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Thema „Drogenproblematik“ gestern von der Tagesordnung hat nehmen lassen. Wenn wir heute über Alkopops sprechen, wäre es in der Tat nicht einfach gewesen, da eine einheitliche Linie hereinzubringen. Herr Kollege Marz, ich habe dafür also viel Verständnis.
Meine Damen und Herren, es wurde auch schon gesagt, dass Alkopops als Marketinggetränk mit der Zielgruppe Jugendliche und der Problematik, dass Süßigkeiten und Beimischungen den Alkoholgeschmack überdecken, eine besondere Bedeutung haben. Das möchte ich auch unterstreichen.
Allerdings ist auch richtig, dass Alkopops – so eigenständig sie für Jugendliche auch stehen und beworben werden – durchaus auch in einem Konkurrenzumfeld zu anderen Mixgetränken stehen. Bier Tequila wurde schon genannt, auch Cola Whisky. – Nur die Tatsache, dass es im Gesamtalkoholgehalt über zehn Volumenprozent liegt, macht es zum „Nicht“-Alkopop, aber die Richtung im Ergebnis ist allen ähnlich. Das ist wichtig, wenn man sich überlegt, was man dagegen tun kann.
Es gibt viele Vorschläge, bei denen genauso viel Einigkeit herrscht wie in der Beurteilung des Gefährdungspotenzials. Es gibt Vorschläge, der Strafbewehrung, die für die illegale Abgabe dieser Getränke eingerichtet wurde, eine höhere Durchsetzungskraft zu geben. Es gibt Übereinstimmung darüber, dass man informieren muss, nicht nur die Jugendlichen selbst, sondern auch die Eltern, die Lehrer und die Erzieher, aber auch den Einzelhandel, was es mit diesen bunten Fläschchen, die links und rechts von Grannini stehen, auf sich hat.
Meine Damen und Herren, man muss aber auch sehen, dass diese Getränke auch Ausdruck eines Verhaltens von Jugendlichen sind, das es immer und immer wieder geben wird und gegeben hat, sich von der Generation ihrer Eltern abzusetzen: über die Kleidung, über die Sprache und auch über die Art des Konsums, auch die Art des Getränkekonsums. – Jede Jugendgeneration hatte ihre eigenen „In“-Getränke. Das sind im Moment Alkopops.
Danke. Wasser ist bedauerlicherweise eher selten in dieser Kategorie; an die Adresse des Wirtschaftsministers gerichtet.
Das ist richtig, aber in die Richtung „In“-Getränke ist es noch ein weiter Weg, gerade bei Jugendlichen, Herr Kollege Anheuser.
Jetzt gibt es neben diesen Vorschlägen einen Vorschlag, der bisher noch strittig ist. Das ist der Vorschlag, Alkopops über höhere Steuern aus dem Markt zu kicken. Dass das funktioniert, davon bin ich absolut überzeugt. Das zeigen auch die Beispiele in der Schweiz und in Frankreich. Wovon ich nicht so überzeugt bin, ist die Frage, ob wir dadurch nicht nur eine Veränderung im Alkoholkonsum anstoßen dahin gehend, dass die Leute wieder etwas anderes trinken. Ich bin nicht davon überzeugt, dass die Jugendlichen es dann wirklich ganz sein lassen. Den Glauben daran halte ich für naiv; denn mit den Argumenten würden sie auch jetzt keine Alkopops trinken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb ist für mich die Frage, eine Steuer zu erheben, um dieses Ziel zu erreichen, ganz strikt gebunden an die Frage der Effizienz. Eine zusätzliche Steuer im jetzigen Umfeld ist nicht nur für Liberale ein schwerer Weg. Davon bin ich überzeugt. Eine zusätzliche neue Steuer mit Ausweichmöglichkeiten, die das Gesamtproblem aus dem Auge verliert – die Suchtproblematik bei Jugendlichen –, muss man sich zweimal genau überlegen.
Ich erlaube mir noch einen letzten Hinweis, und dann komme ich zum Schluss. Wer den Entwurf des vorliegenden Gesetzes aufmerksam liest, der wird feststellen, wie schwer es selbst der Gesetzestext mit der Definition von Alkopops hat. Da steht beispielsweise in einem Passus drin, „Alkopops sind“ und dann „Getränke, Mischgetränke“ – ich verkürze es – „von Branntweinerzeugnissen mit Getränken von 1,2 Volumenprozent oder weniger“.
Wenn diese Definition so zutrifft, dann hieße es, die Hersteller müssen den Alkoholgehalt der Beimischung nur auf 1,3 Volumenprozent setzen, und das Gesetz wäre unterlaufen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie bei der Debatte heute waren sich auch bei der Debatte im Bundestag Regierungsfraktionen und Oppo
sition darüber einig, dass Handlungsbedarf hinsichtlich des Konsums von Alkopops besteht. Das ist auch heute hier deutlich geworden. In der Tat wird der Begriff „Alkopops“ zum Teil unterschiedlich benutzt. Ich stelle auf den Jugendschutz ab. Im Hinblick auf den Jugendschutz sind zu unterscheiden Bier/Wein-Mixgetränke, deren Abgabe an unter 16-Jährige verboten ist, und SpirituosenMixgetränke, deren Abgabe an unter 18-Jährige verboten ist.
Es ist schon mehrfach auf die Repräsentativerhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Bekanntheit, zum Konsum und zum Kauf von Alkopops abgestellt worden. Ich will die Zahlen jetzt nicht wiederholen, sondern will Ihnen die zwei Kernbotschaften noch einmal ins Gedächtnis rufen:
Es wird nachgewiesen, dass Alkopops für Jugendliche eine hohe Attraktivität haben und von ihnen auch konsumiert werden. Es wird auf einen Punkt abgehoben, der mir auch noch wichtig ist, dass 34 % der 16- bis 17Jährigen Spirituosen-Mixgetränke trotz Abgabeverbot erhalten haben. Diese Zahlen belegen auch persönliche Eindrücke, die jeder von uns auf unterschiedliche Art und Weise auch immer einmal wieder gewinnt, wenn ich zum Beispiel nur an die Problematik an den Fas tnachtstagen mit dem Alkoholkonsum von Jugendlichen denke, der zum Teil sehr sehr problematisch war.
Die Beliebtheit der Alkopops bei Jugendlichen ist auch schon erklärt worden, nämlich dadurch, dass der in der Regel unangenehme Geschmack des Alkohols durch die Süße der Getränke überdeckt wird. Besonders die Spirituosen-Mixgetränke stellen eine Gefährdung dar; denn die handelsübliche Größe der Getränke mit 275 Millilitern enthält etwa vier Zentiliter Branntwein – das sind zwei Gläser Schnaps – und hat damit einen Alkoholgehalt von durchschnittlich fünf bis sechs Volumenprozent.
Während bei den Bier- bzw. Wein-Mixgetränken der jeweilige Bier- bzw. Weingeschmack noch wahrnehmbar ist, wird der Alkoholanteil bei Spirituosen-Mixgetränken vollständig überdeckt.
Diese Getränke werden auch intensiv durch eine Marketingstrategie beworben, die bewusst die Lebenswelt und das Lebensgefühl der Jugendlichen anspricht. Sie sind in der Jugendszene fast so etwas wie Kult geworden. Das macht sich natürlich am Konsum, aber auch am Umsatz deutlich. Der Umsatz von Spirituosenmixgetränken von 2001 auf 2002 ist um 340 % gestiegen.
Gleichzeitig ist aus meiner Sicht festzuhalten, dass in der Bevölkerung zum Teil das Problembewusstsein noch eher schwach ausgeprägt ist. Vielfach wird davon ausgegangen, dass Spirituosenmixgetränke schon ab 16 Jahren abgegeben werden dürfen. Die Stiftung Warentest hat in diesem Zusammenhang Testkäufe durchgeführt und festgestellt, dass der Verkauf oft unkontrolliert an Minderjährige erfolgt. Aber dadurch wird deutlich, es gibt Informationsdefizite in diesem Bereich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Alkopops stellen aus meiner Sicht für junge Menschen eine besondere Gefährdung dar, auch im Hinblick auf die weitere Entwicklung. Je frühzeitiger der Alkoholkonsum beginnt, umso schneller treten alkoholbedingte Probleme und Abhängigkeiten auf, und umso schwieriger und langwieriger ist die Behandlung, weil eine frühzeitige körperliche und psychische Gewöhnung sowie problematische Konsumgewohnheiten die Gefahr einer Abhängigkeitserkrankung ansteigen lassen.
Deswegen besteht auch aus Sicht der Landesregierung Handlungsbedarf, aber auf mehreren Ebenen: Erstens auf der Ebene der Prävention. Neben dem so genannten gesetzlichen Jugendschutz, der über Verbote und ordnungsrechtliche Maßnahmen wirkt, ist aus meiner Sicht der pädagogische und erzieherische Jugendschutz besonders wichtig.
Es ist uns daher ein zentrales Anliegen, im Bereich Jugendarbeit und Schule Fachkräfte der Jugendarbeit und Lehrkräfte darin zu unterstützen, riskantes Konsumverhalten und Suchtgefährdung bei jungen Menschen frühzeitig zu erkennen und auch frühzeitig zu intervenieren. Deswegen führt unter anderem das Büro für Suchtprävention bei der Landeszentrale für gesundheitliche Aufklärung entsprechende Fortbildungen durch.
Die Polizei des Landes setzt ebenfalls einen besonderen Schwerpunkt auf die Durchführung entsprechender Präventionsmaßnahmen in den Präventionsprogrammen, zum Beispiel „Prävention im Team“. Zum Beispiel spielt in dem Konzept „Erlebnis, Aktion, Spaß und Information“ insbesondere die Problematik „Alkohol“ im Themenfeld „Sucht“ eine Rolle.
Der zweite Bereich betrifft die Kontrolle. Ich habe schon darauf hingewiesen – diese Debatte wurde auch im Deutschen Bundestag geführt –, dass die bestehenden Abgabeverbote nach dem Jugendschutzgesetz in der Praxis oft schwer zu kontrollieren sind, zumal sich die Jugendlichen – wie es schon in der Begründung zum Gesetzentwurf heißt – bei der Beschaffung von Alkopops auch dritter „bezugsberechtigter“ Personen bedienen oder im Vorfeld von Veranstaltungen Getränke umgefüllt und in anderen Behältern in die Veranstaltungen verbracht werden.
Die zuständigen Kontrollinstanzen der Ordnungs- und Jugendämter bei den Kommunen sowie die Polizei nehmen ihre Aufgaben in diesem Bereich sehr ernst. Bei Gaststättenkontrollen sowie im Rahmen gemeinsamer Fußstreifen von Polizei und Ordnungsamt werden gezielt Treffpunkte von Jugendlichen aufgesucht, und im Vorfeld von Jugendveranstaltungen werden auch entsprechende Kontrollen durchgeführt. Die Kontrollen können allerdings nur stichprobenartig durchgeführt werden und müssen sich vor allem auf besondere Ereignisse und Schwerpunkte, wie zum Beispiel Fastnacht und Groß
So hat zum Beispiel die Stadt Koblenz am Rosenmontag eine gemeinsame Kontrollaktion durchgeführt und hatte dabei gleichzeitig auf Fehlinformationen im Hinblick sowie auf die Zulässigkeit der Abgabe von Alkopops hingewiesen.
Eine flächendeckende anlassunabhängige Verkaufskontrolle ist nicht möglich, wenngleich eine Verstärkung der Kontrollen aller zuständigen Stellen sicherlich auch ein Handlungsfeld ist.
Der dritte Bereich betrifft die Frage der Aufklärung. Auch hier arbeiten die Kontrollbehörden präventiv und informieren die Gewerbetreibenden, Eltern und Lehrer. Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung hat zur Unterstützung der Kontrollinstanzen auf seiner Homepage eine Information „Jugendschutzgesetz: Was ist unter Mixgetränken zu verstehen und an wen dürfen sie abgegeben werden?“ eingestellt und berät auch Jugendschutzfachkräfte.
Der heute auch angesprochene Gesetzentwurf des Bundes – die dort vorgesehene Sondersteuer – zielt darauf ab, durch deutliche Preiserhöhungen den Konsum von Spirituosenmixgetränken bei Jugendlichen zu reduzieren. Bei den Billigalkopops führt die beabsichtigte Sondersteuer – darauf ist hingewiesen worden – fast zu einer Verdoppelung des Preises. Jugendliche verfügen in der Regel über begrenzte Finanzmittel, sodass Verteuerung prinzipiell ein geeignetes Mittel sein kann, auf Konsumverhalten steuernd einzuwirken.