Protocol of the Session on March 18, 2004

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Ich kann nur sagen: Lassen Sie uns doch von Fall zu Fall im Abwägungsverfahren im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung abwarten, ob es im Einzelfall eine Abstandsregelung von 1.000 Metern nach unten oder in dem einen oder anderen Fall möglicherweise auch nach oben gibt. Die Behauptung, die Landesregierung würde sich nicht bewegen, ist aber schlicht und einfach falsch.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Herrn Staatsminister Zuber das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst noch einmal deutlich unterstreichen, dass sich die Landesregierung aktiv für die Nutzung regenerativer Energieträger einsetzt. Dabei

kommt es ihr ganz besonders auf eine geordnete Entwicklung der Standorte für die Nutzung von Windenergie an.

Die Landesregierung – das will ich doppelt unterstreichen – weist keine Standorte aus. Durch entsprechende Hilfen, wie das gemeinsame Rundschreiben der betroffenen Ministerien – Ministerium der Finanzen, Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Ministerium für Umwelt und Forsten und Ministerium des Innern und für Sport – aus dem Jahr 1999 und verschiedene Informationsveranstaltungen, sind die Träger der Regional- und Bauleitplanung über die Handlungsmöglichkeiten und Handlungserfordernisse in den letzten Jahren informiert worden.

Ziel war und ist es, einerseits dem Schutz öffentlicher und privater Belange in dem gebotenen Umfang Rechnung zu tragen und eventuelle Nutzungskonflikte möglichst zu vermeiden. Andererseits soll ein substanzieller Beitrag zur Nutzung der Windenergie ermöglicht werden.

Dabei spielt auch die Frage nach den Abständen von Windkraftanlagen insbesondere gegenüber Wohngebieten eine besondere Rolle.

In diesem Zusammenhang sind zwei Problemstellungen auseinander zu halten.

1. Die Ausweisung von Flächen für eine Nutzung der Windenergie in der Regional- und Bauleitplanung und

2. die Prüfung von konkreten Anlagen in den Genehmigungsverfahren.

In Landesplanung und Bauleitplanung kann ein genereller Mindestabstand von Windenergieanlagen meines Erachtens nach sachgerecht überhaupt nicht begründet werden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit wäre rechtlich eine solche pauschalierte und strikte 1.000-Meter-Abstandsregelung mehr als bedenklich.

Hinzu kommt, dass eine generelle Abstandsregelung von 1.000 Metern zur Wohnbebauung das zur Verfügung stehende Flächenpotenzial für die Nutzung der Windenergie ganz erheblich einschränken würde. Dies würde ein Problem im Hinblick auf die von den Verwaltungsgerichten vor dem Hintergrund der Privilegierung solcher Anlagen im Baugesetzgebuch eingefordete substanzielle Berücksichtigung der Windenergie darstellen.

Die Rechtsprechung erkennt bisher generell einen Mindestabstand von 500 Metern an. In vielen Fällen können aber aus dem konkreten Einzelfall darüber hinausgehende Abstandserfordernisse bestehen. So berücksichtigt die Region Trier in ihrer zur Genehmigung vorliegenden Teilfortschreibung Windenergieabstände von 1.000 Metern für Gemeinden mit der so genannten „besonderen Funktion Wohnen“ und im begründeten Einzelfall sogar von bis zu 1.200 Metern.

Es ist darauf hingewiesen worden, dass ich erst vor wenigen Tagen den genehmigten Raumordnungsplan für die Rheinpfalz übergeben habe, in dem wiederum andere Differenzierungen vorgenommen worden sind. In wenigen Tagen werde ich den genehmigten Raumordnungsplan für den Bereich Rheinhessen-Nahe übergeben, in dem wiederum andere Erkenntnisse ihren Niederschlag finden.

Meine Damen und Herren, all dies zeigt die Notwendigkeit einer flexiblen Regelung, die Planungsspielräume sowohl nach oben als auch nach unten berücksichtigt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Dem entsprechen im Übrigen auch die noch im Aufstellungs- und Genehmigungsverfahren befindlichen regionalen übrigen Raumordnungspläne bzw. Teilfortschreibungen. Es ist beabsichtigt, diese flexible Handhabung mit einer Abstandsempfehlung von 1.000 Metern in den neuen gemeinsamen Rundschreiben zu verankern. Damit wird es dem jeweiligen Plangeber ermöglicht, sein gesetzlich gefordertes planerisches Ermessen auszuüben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, ein zentrales Kriterium – deshalb betone ich das noch einmal – muss aber dabei sein, der Nutzung der Windkraft gemäß der Entscheidung des Bundesgesetzgebers substanziell Rechnung zu tragen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Von diesem Verfahrensschritt sind die Genehmigungsverfahren für konkrete Anlagen zu unterscheiden.

Erst in diesem Verfahren kann über die verbindlichen Abstände im Einzelfall entschieden werden. Mit der dargelegten flexiblen Vorgehensweise ist ein Weg gefunden worden, der die verschiedenen öffentlichen und privaten Belange zu berücksichtigen hilft. Er belässt die notwendigen Planungsspielräume dort, wo sie hingehören, und ist rechtlich einwandfrei.

Gleichzeitig wird den berechtigten Schutzbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes Rechnung getragen, indem sie weitgehend ungestört wohnen und leben können, und die Investoren verfügen mit den getroffenen Planausweisungen über notwendige Rahmenvorgaben für ihre konkreten Projektentscheidungen.

So weit meine Bemerkungen zu dem Antrag der Union. Über Windenergie in Waldgebieten wird meine Kollegin Frau Conrad, die Forstministerin, noch ihren Beitrag leisten.

Schönen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das Wort hat Frau Ministerin Conrad.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit man die Bedeutungsschwere des Antrags der CDU noch einmal erkennen kann, will ich ihn wörtlich vorlesen. Die CDU fordert: „Der Landtag spricht sich dafür aus, keine Öffnung von Waldgebieten für die Errichtung von Windkraftanlagen vorzusehen und fordert die Landesregierung auf, entsprechende Standortausweisungen nicht vorzunehmen.“

(Dr. Rosenbauer, CDU: Jawohl!)

Meine Herren, hier sind zwei Fehler in einem Satz zu finden.

(Beifall der SPD)

Hierbei handelt es sich um den ganzen Antrag, der eine Dreiviertelstunde lang diskutiert worden ist. So weit die Substanz.

Ich will diesen Antrag noch einmal zerpflücken. Sie tun so – das geht auch aus Ihrer Pressekonferenz, Ihrer Pressearbeit vor Ort und auch aus der heutigen Debatte hervor –, als ob wir den Wald ganz neu als Windkraftstandort entdecken würden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Licht, Sie sind im Umweltausschuss und wissen es ganz genau. Im gemeinsamen Rundschreiben von 1999 steht, dass es sich bei Waldgebieten um Gebiete handelt – ich zitiere –, „die für die Windkraftnutzung eingeschränkt in Betracht kommen.“ Dies haben wir so festgelegt. Dies war so festgelegt. Das wird auch in der Fortschreibung dieses Rundschreibens so bleiben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Deswegen so zu tun, als gäbe es einen Paradigmenwechsel bei der Landesregierung, ist schlichtweg eine Fehlinterpretation Ihrerseits und auch eine ganz bewusste Fehlinformation gegenüber der Bevölkerung und der Öffentlichkeit.

(Beifall bei SPD und FDP – Licht, CDU: Das ist Ihr Schreiben!)

Herr Licht, hören Sie doch zu. Es gibt bereits Windkraftnutzung in Waldgebieten, weil sie bisher möglich war. Sie können sich zum Beispiel am Standort Kandrich im Ingelheimer Stadtwald oder im Privatwald in der Eifel ansehen, dass die Windkraft in Waldgebieten Beachtliches leisten kann.

Meine Damen und Herren von der CDU, schauen Sie sich die Morbacher Energielandschaft an, wenn Ihnen das besser passt. Morbach ist ein hervorragendes Beispiel für ein qualifiziertes Gesamtenergiekonzept unter Einbindung der Windenergie – und das in einem Waldgebiet.

(Beifall der SPD und der FDP)

Fragen Sie doch einmal den Bürgermeister von Morbach, der Ihrer Partei angehört, welche Umwelteffekte

und welchen Nutzen die Gemeinde Morbach aus der Nutzung der erneuerbaren Energien und der Windenergie erzielt. Vielleicht hilft dies, zu einer ausgewogenen Bewertung der Windenergie in Ihrer Partei zu kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu Ihrer zweiten Aussage – Sie suggerieren in der Öffentlichkeit, die Landesregierung würde die Standorte ausweisen – haben der Innenminister, die Frau Abgeordnete Mohr und andere Stellung genommen. Das ist genauso eine Falschaussage. Wenn Sie all das, was Sie in der Zukunft noch zu sagen haben – wir wissen, dass es sich um eine Kampagne handelt; vielleicht haben Sie in Kommunalpolitik momentan nicht mehr zu sagen –, dieses Niveau hat, kann ich nur sagen: Vielen Dank und Amen für die CDU im Kommunalwahlkampf.

(Beifall der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie pharisäerhaft mit diesem Thema hier umgegangen wird, das zeigt auch die Tatsache – ich glaube, Frau Abgeordnete Mohr hat darauf hingewiesen –, wenn sich der damalige Bundeskanzler und Frau Merkel bei der Verabschiedung des Kyoto-Protokolls feiern ließen, und auch vorher schon Erklärungen abgegeben haben, dass die Bundesregierung 25 % CO2 gegenüber dem Jahr 1990 einsparen würde, und Sie dann kläglich versagen, wenn es darum geht, die Hausaufgaben zu machen, dann ist das wiederum bezeichnend für die Frage, wie Sie konkret mit dem Thema „Klimaschutz“ vor Ort umgehen.

(Beifall bei der SPD)

Es reicht nicht aus, in einer energiepolitischen Debatte heute, wenn es um solche Herausforderungen geht, immer nur zu sagen, wogegen man ist, aber nie zu sagen, wie das eigene Konzept zur Lösung dieser Frage aussieht.