Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde zunächst noch etwas dazu sagen. Der Herr Ministerpräsident hat es gerade gesagt. Vor zwei Monaten hat er eine breite Regierungserklärung zur EUVerfassung abgegeben und verständlicherweise, wenn man über eine EU-Verfassung redet, redet man auch über die EU-Erweiterung und die Vertiefung der Beziehungen. Das ist gar keine Frage.
Wir haben heute ein klares Thema. Dazu stehe ich. Wir wollen heute über die Chancen der rheinlandpfälzischen Wirtschaft bei dieser EU-Erweiterung reden. Da ist es nicht gut, wenn man sofort Skepsis verbreitet, sondern wir müssen ein Stück Optimismus verbreiten. Der Optimismus ist auch gerechtfertigt.
Ich will damit auf einige Punkte eingehen. Herr Dr. Braun, wissen Sie, Sie lachen sich tot. Ich habe sogar in dieser Regierungserklärung ein Stück selbst geschrieben. Dieses Wortspiel am 1. Mai betrachte ich als Wortspiel und nichts anderes.
Ich sage Ihnen auch, warum. Ich bin schon ein bisschen betroffen; denn die Rechte der Arbeitnehmer sind natürlich auch Freiheitsrechte. Als Liberaler bin ich für Freiheit und Recht.
Von daher müssen Sie sich keine Sorgen machen; denn es ist niemand frei, der nicht bestimmte Rechte in einem Staat hat. Das ist gar keine Frage.
Zurück zur Frage, wie wir jetzt damit umgehen. Entscheidend ist, welche Instrumente uns zur Verfügung stehen. Wir haben zunächst einmal, sofort nachdem klar war, dass die Osterweiterung kam, auf dem Hahn veranlasst, das ehemalige Baltische Büro in ein Büro für Osteuropa umzuwandeln.
Da ist für Unternehmen, übrigens auch für Bürgerinnen und Bürger, die zentrale Anlaufstelle; denn gerade viele
Unternehmen suchen zum Ersten Partner und zum Zweiten das Entree in diese Staaten. Für das Entree in diese Staaten ist nach wie vor noch ein Stück Staatsbegleitung notwendig, weil die Staaten aus einer anderen politischen Kultur – wenn es eine Kultur war – und aus einer anderen Wirtschaftskultur kommen.
Wir haben darüber hinaus in den Staaten sehr flexible Informationsbüros, damit wir schon in den Staaten selbst informieren können.
Ich könnte Ihnen heute eine Menge Firmen aus Rheinland-Pfalz aufzählen, die in den Staaten aktiv sind. Ich war neulich in Ungarn auf einer Messe, und dort sagte man mir: „Es war ein Glücksfall, dass die Leute Ihres Hauses uns bei der Aktivität in Ungarn begleitet haben.“ Ich nenne jetzt nicht den Namen des Unternehmens, aber wir sind dafür gut aufgestellt. Dies muss einmal registriert werden. Wir müssen auch nicht mehr neu aufgestellt werden. Es nützt nichts, wenn wir irgendwo eine Zentrale unterhalten. Wir brauchen unterschiedliche Beratungsstellen und unterschiedliche Möglichkeiten, die Unternehmensarbeit zu begleiten, entweder vor Ort tätig zu werden oder in den Export zu gehen.
Wir sind nun einmal mittelständisch strukturiert. Gerade der Mittelstand ist nicht von Natur aus der Export-Profi. Damit der Mittelstand eine echte Chance hat, muss er begleitet werden. Dies ist der Hintergrund, weshalb wir meinen, dass wir nun die richtigen Instrumente zur Verfügung haben.
Ich wollte mich eigentlich an dieser Steuerdebatte nicht beteiligen, da es unter Umständen den Rahmen sprengen würde. Ich halte es auch nicht für sinnvoll, heute eine deutsche Steuer-Diskussion zu führen. Aber ich möchte abschließend klarstellen, es geht mir nicht um Nettozahler oder -empfänger. Aber es geht mir darum, dass wir sehen, wer einzahlt und wen wir unterstützen müssen, damit die Lebensverhältnisse angeglichen werden. Man kann nicht nur zuschauen, sondern muss auch das Seine dazu tun.
Ich bin davon überzeugt, dass in diesen Ländern die Bildungsinfrastruktur verbessert werden muss. Das kostet Geld. Ich bin davon überzeugt, dass in diesen Ländern die Infrastruktur verbessert und viele Ressourcen in Forschung und Technologie gesteckt werden müssen. Das kostet Geld. Insbesondere im Bereich der Forschung und der Technologie liegt meiner Meinung nach die große Chance der deutschen und der rheinland-pfälzischen Unternehmen. Mit unserem hohen Know-how und unserem hohen technischen Niveau haben wir eine Riesenchance, zum einen unsere Ingenieurleistungen und zum anderen auch unsere Produkte dorthin zu exportieren. Darauf kam es mir bei dieser Regierungserklärung an.
Die Unterschiede in den Sozial- und den Steuersystemen müssen wir ernst nehmen. Herr Creutzmann hat vorhin darauf hingewiesen, dass nach Auffassung der Wissenschaftler die Verbrauchsteuer erhöht werden soll. Man muss sehen, wir haben ein sehr kompliziertes Steuerrecht. Wir sollten es vereinfachen. Wie gesagt, ich möchte keine Steuer-Diskussion führen, aber ich glaube, wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass Infrastruk
turverbesserungen notwendig sind, die wiederum einen entsprechenden finanziellen Aufwand bedeuten. Von daher wird es sich angleichen, meine Damen und Herren. Wichtig ist festzuhalten, dass eine große Chance gegeben ist. Diese große Chance werden die Unternehmen nutzen. Da wir viele Mittelständler haben, braucht der Mittelstand die Begleitung und im Übrigen auch den Entree-Geber in den Ländern. Ich möchte mich nicht an der Regionalpolitik beteiligen. Das wäre sehr müßig. Aber ich bin der Auffassung, dass die Verkehrsinfrastruktur verbessert werden muss. Ich wollte aber das erweiterte Europa nicht auf den Westerwald herunter kaprizieren.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt. Wir kommen nun zu Punkt 16 der Tagesordnung:
Zwischenbericht der Enquete-Kommission 14/1 „Kommunen“ hier: Sicherung der kommunalen Finanzausstattung – Einführung des Konnexitätsprinzips – Drucksache 14/2739 –
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der rheinland-pfälzische Landtag hat in seiner Sitzung am 20. Juni 2002 einstimmig die Enquete-Kommission „Kommunen“ eingesetzt. Dem vorangegangen war ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen.
Die Kommission stellt sich einer Vielzahl von Aufgaben, die das gesamte Spektrum kommunalen Handelns, kommunaler Aufgabenstrukturen, Organisation und Finanzen betreffen, aber auch die Beziehungen zwischen den kommunalen Gebietskörperschaften und hin zum Land, ja, darüber hinaus auch zum Bund und zur Europäischen Gemeinschaft beleuchten, analysieren und Vorschläge erarbeiten sollen, wo es der Korrekturen bedarf. Dies ist eine gewaltige Aufgabe, die angesichts der Finanzsituation der Kommunen verschärft wird durch die Erwartung dieser, möglichst morgen, besser schon heute, Wege aus der Finanzkrise aufzuzeigen und zu erschließen. Einen Weg, der es ausschließt – ich zitiere aus dem Einsetzungsbeschluss –, „dass die Kommunen künftig mit weiteren Aufgaben belastet werden, ohne dass damit eine entsprechend erhöhte Finanzausstattung zur Verfügung steht“, will die Kommission heute mit dem ersten Zwischenbericht „Sicherung der kommunalen Finanzausstattung – Einführung des Konnexitätsprinzips“ aufzeigen.
Mit dem Thema „Konnexitätsprinzip“ hat sich die Kommission in ihrer 5. Sitzung am 31. März des letzten Jahres, in ihrer 6. Sitzung am 19. Mai, in ihrer 8. Sitzung am 12. September, in ihrer 9. Sitzung am 7. November und abschließend in ihrer 10. Sitzung am 5. Dezember 2003 befasst, ich kann sogar sagen, sehr intensiv befasst. Sie hat ferner in der 8. Sitzung beschlossen, eine schriftliche Anhörung zum Konnexitätsprinzip durchzuführen. Die Fraktion der CDU und die Fraktionen der SPD und FDP haben eigene Vorschläge vorgelegt.
Die Sachverständigen Professor Dr. Schoch und Professor Dr. Wieland haben auf Bitten der Kommission unter Würdigung der Ergebnisse der Beratung und Anhörung einen überarbeiteten Entwurf zur Einführung des Konnexitätsprinzips in die rheinland-pfälzische Verfassung sowie einen Vorschlag für einen Entschließungsantrag betreffend die Einführung des Konnexitätsprinzips auf Bundesebene und eine Präzisierung der Durchgriffskompetenzen des Bundes auf die Kommunen erarbeitet. Beides liegt mit der soeben angesprochenen Drucks ache 14/2739 dem hohen Hause vor. Indessen verzichte ich auf das Verlesen der Texte zugunsten einiger Bemerkungen zum Konnexitätsprinzip als einem Instrument zur Sicherung der kommunalen Finanzausstattung.
Rheinland-Pfalz ist bis auf den heutigen Tag – mit Ausnahme der Stadtstaaten – das einzige Flächenland, das in seiner Verfassung kein finanzverfassungsrechtliches Konnexitätsprinzip verankert hat. Die Qualität des Konnexitätsprinzips in den Ländern ist unterschiedlicher Natur: Teils gibt es dort das relative, teils das strikte Konnexitätsprinzip. Das strikte Konnexitätsprinzip bedeutet, dass nur dann Aufgaben auf die kommunale Ebene übertragen werden dürfen, wenn ein entsprechender Ausgleich der entstehenden Mehrbelastung stattfindet.
Einige Länder, in denen es bisher nur ein relatives Konnexitätsprinzip gab – zuletzt wurde im vergangenen Jahr in Bayern anstelle des relativen nunmehr ein striktes Konnexitätsprinzip eingeführt –, zeigen eindeutig den Weg in die Richtung des strikten Konnexitätsprinzips. Ein Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen sieht ebenfalls die Einführung eines strikten Konnexitätsprinzips anstelle des bisherigen relativen vor.
In Rheinland-Pfalz hat sich der Landtag zuletzt in der letzten Legislaturperiode mit der Frage des Konnexitätsprinzips beschäftigt. Die Enquete-Kommission „Parlamentsreform“ hat aber mehrheitlich eine Verankerung in der rheinland-pfälzischen Verfassung abgelehnt. Auch der Ministerrat sah in Übereinstimmung mit der EnqueteKommission „Parlamentsreform“ keinen Handlungsbedarf.
Es ist Verdienst des Sachverständigen Professor Dr. Schoch, mit einer Ausarbeitung zur Aufnahme eines finanzverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips in die Verfassung für Rheinland-Pfalz eine Diskussionsgrundlage vorgelegt zu haben, die die Arbeit unserer Kommission an dieser Stelle wesentlich vorangebracht hat. Es konnte Konsens darüber erzielt werden, dass in Rheinland-Pfalz ein dringender verfassungspolitischer Handlungsbedarf besteht. Dies bestätigen alle im Rahmen der
Auch eine Vielzahl kommunaler Räte hat sich an den rheinland-pfälzischen Landtag mit Resolutionen gewandt und diesen gebeten, in die rheinland-pfälzische Verfassung das Konnexitätsprinzip aufzunehmen.
Dissens bestand in der Frage, ob das Konnexitätsprinzip auch bei Übertragung von Aufgaben auf die kommunale Ebene durch Bundes- oder EU-Recht ausgedehnt werden soll. Sowohl die schriftlich angehörten Sachverständigen als auch die Fraktionen in der Kommission waren in diesem Punkt unterschiedlicher Auffassung.
Zugunsten eines gemeinsamen und einstimmigen Vorschlags hat sich die Kommission auf den vorliegenden Vorschlag verständigt, der aus den eingangs genannten zwei Bausteinen – dies in Anführungszeichen – besteht, nämlich einerseits Neufassung des Absatzes 5 des Artikels 49 der Landesverfassung und redaktionelle Anpassung des Absatzes 4 sowie Hinzufügung eines neuen Absatzes 6, der die Regelungen des bisherigen Absatzes 5 enthält, und andererseits die Formulierung eines Entschließungsantrags, der die Problematik der Übertragung von Aufgaben aufgrund des Bundesrechts beinhaltet. Es hält den Bund an, ebenfalls eine Verankerung des Konnexitätsprinzips im Grundgesetz vorzunehmen.
Die nunmehr vorgelegte Kompromissformel stellt eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Bedingung zur Absicherung und Stabilisierung der kommunalen Finanzen dar. Da haben wir noch vieles zu leisten.
Abschließend möchte ich herzlich allen Kolleginnen und Kollegen für eine stets konstruktive, gute und sachgerechte Zusammenarbeit danken.
Ein besonderer Dank gilt unseren Sachverständigen, deren Mitwirkung ich als einen Glücksfall für die Arbeit der Kommission empfinde.
Angesichts des heutigen Zwischenberichts und der Finanzsituation der Kommunen darf ich die Erwartung an das Parlament und alle hier vertretenen Fraktionen äußern, dass wir alle zügig die Aufnahme des Konnexitätsprinzips in unsere Verfassung umsetzen.
(Itzek, SPD: Es geht eigentlich nach der Größe der Fraktion! – Hartloff, SPD: Eigentlich nicht, nun ja!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der uns vorliegende Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Kommunen“ befasst sich nur mit einem Punkt, nämlich mit der Aufnahme des Konnexitätsprinzips in uns ere Landesverfassung.
Mit dieser Neuregelung ist für die Zukunft sicher eine gewisse Verbesserung der Finanzsituation der Kommunen verbunden. Umfassend wird die Finanzsituation aber nicht verbessert, dies allein schon dadurch, dass die Aufgabenübertragungen der vergangenen Jahre nicht mit einbezogen wurden.
Wie wir alle wissen, hat die schlechte Finanzsituation etwas mit der Einkommenseite, aber auch mit der Ausgabenseite zu tun. Meine Damen und Herren, erschreckend sind in diesem Zusammenhang die neuesten Zahlen, die ich gerade von den Spitzenverbänden mitgeteilt bekommen habe. Die Kassenkredite der Gemeinden, Landkreise und Städte sind von 1990 bis heute von 20 Millionen DM auf 1,88 Milliarden Euro gestiegen. Ich glaube, die Zahlen allein sprechen schon für sich.
Ich möchte noch eine Zahl nennen, die sicherlich auch etwas mit dem Konnexitätsprinzip zu tun hat, die ebenfalls bezeichnend ist und kürzlich veröffentlicht wurde. Von 1990 bis heute sind die Aufwendungen für Kindergärten um 500 % gestiegen, also 500 % innerhalb von knapp 15 Jahren.
Meine Damen und Herren, damit löst natürlich ein Vorschlag des stellvertretenden Ministerpräsidenten unser Problem nicht, wenn er fordert, dass die Verbandsgemeinden in diesem Land aufgelöst werden, – –