Protocol of the Session on February 11, 2004

(Beifall bei SPD und FDP)

Wer anderes behauptet – davon war vor kurzem in einer rheinland-pfälzischen Tageszeitung zu lesen –, hat keine Ahnung von verantwortungsvoller Sicherheitspolitik und verharmlost bewusst die Realität.

(Pörksen, SPD: So ist es!)

Meine Damen und Herren, wenn morgen etwas passiert, sind es genau die gleichen Personen, die in der Öffentlichkeit der Politik Handlungsunfähigkeit und mangelnde Vorsorge vorwerfen.

(Beifall bei SPD und FDP – Creutzmann, FDP: So ist es! – Weitere Zurufe von der FDP)

Mit der Novelle sollen auch die Befugnisse der Polizei und der allgemeinen Ordnungsbehörden an den aktuellen Stand der Rechtsentwicklung und Rechtsprechung angepasst werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies gilt insbesondere auch für die spezifischen Datenschutzbestimmungen, die insgesamt neu gestaltet worden sind. Zudem sollen die Belange des Datenschutzes durch spezielle verfahrenssichernde Maßnahmen noch stärker als bisher berücksichtigt werden.

Gerade aus den eben genannten Gründen war für mich nicht nachvollziehbar, wie man den Gesetzentwurf noch vor wenigen Tagen und heute noch einmal in Gänze in der Öffentlichkeit infrage stellen konnte.

Meine Damen und Herren, bei der Einbringung des Regierungsentwurfs in den Landtag fand dieser bereits breite Zustimmung und Unterstützung. Der Regierungsentwurf wurde im Vorfeld intensiv und sorgfältig mit dem Datenschutzbeauftragten erörtert und mit Verfassungsrechtlern auf seine Rechtm äßigkeit hin überprüft.

Im Rahmen der Anhörung der Sachverständigen am 13. November letzten Jahres wurden dann zahlreiche unterschiedliche Anregungen, Vorschläge und auch Kritik vorgetragen. Nach der Anhörung fanden noch einmal intensive Diskussionen und Prüfungen, insbesondere zum Schutz der Amts- und Berufsgeheimnisse und zur präventiven Telekommunikationsüberwachung, statt. Als deren Ergebnis sind nun durch die Regierungsfraktionen Änderungen erfolgt, die nach meiner Ansicht auf einem breiten Konsens aller Beteiligten beruhen. Dass dies der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jedoch immer noch zu wenig war, kann man noch akzeptieren, aber davon zu sprechen, dass ohne die Änderungen der Gesetzentwurf nicht – wie es auch heute wieder durch Frau Grützmacher geschehen ist –

verfassungsgemäß gewesen wäre, ist eine Behauptung, die meines Erachtens jeglicher Grundlage entbehrt.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei der FDP – Schweitzer, SPD: Dummes Zeug ist das!)

Ich sehe auch nicht, dass mit den jetzt vorgesehenen Veränderungen unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung aus dem Gleichgewicht geriete. Die Hürden für das Einschreiten der Polizei sind auch weiterhin sehr hoch. Gesetzestreue Bürgerinnen und Bürger haben weiterhin nicht zu befürchten, dass sie etwa in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt werden.

Lassen Sie mich stichpunktartig noch einmal auf einige Schwerpunkte hinweisen:

Die Kriminalprävention wird gesetzlich verankert und dadurch in ihrer Bedeutung unterstrichen.

Eine Personenkontrollbefugnis zur Durchführung von Anhalte- und Sichtkontrollen im öffentlichen Verkehrsraum wird eingeführt. Mit dieser Norm wird eine wichtige Grundlage geschaffen, um allen Erscheinungsformen grenzüberschreitender und Organisierter Kriminalität sowie der Schleuserkriminalität wirkungsvoll begegnen zu können.

(Beifall bei SPD und FDP)

Entgegen dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU handelt es sich bei dieser Ermächtigung jedoch nicht um eine verdachts- und ereignisunabhängige Kontrollbefugnis.

Meine Damen und Herren, Ziel der Landesregierung ist es weiterhin, die Opfer von Gewalt in engen sozialen Beziehungen besser zu schützen. Die Bestimmungen über den Platzverweis und das Aufenthaltsverbot werden erweitert. Danach können die zumeist männlichen Gewalttäter der Wohnung verwiesen werden.

Ich begrüße auch ausdrücklich die Initiative der Fraktionen von SPD und FDP, die eine entsprechende Anregung aus der Anhörung aufgegriffen haben und ein allgemeines Kontakt- und Näherungsverbot in den Entwurf einfügen.

Meine Damen und Herren, damit wird Rheinland-Pfalz das erste Bundesland sein, das den Opfern häuslicher Gewalt einen solch umfassenden polizeilichen Schutz gewährt.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, allein dieser Punkt hätte meines Erachtens schon eine Novellierung des Gesetzes gerechtfertigt, sodass man nicht sagen kann, es sei nicht notwendig.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir auch jahrelang angemahnt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der präventivpolizeiliche Gewahrsam soll durch richterliche Entscheidung für die Dauer von maximal sieben Tagen angeord

net werden können, um in Extremsituationen – das will ich noch einmal unterstreichen, Frau Abgeordnete Grützmacher – und besonderen polizeilichen Einsatzlagen Sicherheit und Ordnung aufrechterhalten zu können. Im Gegensatz zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU, wonach eine Freiheitsentziehung bis zu zwei Wochen angeordnet werden kann, halten wir diesen Zeitraum von sieben Tagen für ausreichend und angemessen. Es gilt natürlich der Richtervorbehalt. Das wird immer wieder diskret verschwiegen.

(Beifall der SPD und der FDP – Mertes, SPD: So ist das!)

Die bestehenden bereichsspezifischen Datenschutzbestimmungen werden aufgehoben und durch vollständig neu konzipierte Vorschriften ersetzt.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf folgende wesentliche Änderungen:

Der Einsatz moderner Videotechnik einschließlich der Nutzung neuer Technologien zur elektronischen Fahndungsunterstützung soll ausdrücklich geregelt werden. Damit können die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei mittels Videoüberwachungssystemen unter anderem Kriminalitätsschwerpunkte auf öffentlichen Straßen und Plätzen überwachen, um so die Sicherheit der Bevölkerung besser zu schützen.

Der Einsatz von besonderen Mitteln zur verdeckten Datenerhebung, wie beispielsweise die längerfristige Observation oder der Einsatz von verdeckten Ermittlern, wird konkretisiert und der Anwendungsbereich erweitert. Die Maßnahmen sollen zukünftig auch zur vorbeugenden Bekämpfung von schwer wiegenden Straftaten genutzt werden.

Der so genannte Große Lauschangriff wird restriktiver gefasst und setzt die Abwehr einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit voraus. Damit wird der besonderen Bedeutung des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung Rechnung getragen. Maßnahmen im Vorfeld einer Gefahr werden folglich ausgeschlossen.

Des Weiteren soll künftig die Telekommunikationsüberwachung durch richterliche Anordnung zur Abwehr von Gefahr für Leib oder Leben einer Person zulässig sein. Bedeutender Anwendungsfall ist die Standortfeststellung von suizidgefährdeten oder sonstigen Personen, die vermisst werden. Zudem kann die präventive Telekommunikationsüberwachung eine wichtige Maßnahme sein, um in Geisellagen das Leben von Geiseln zu retten.

Die so genannte Rasterfahndung, die in der jüngeren Vergangenheit als Maßnahme zur Aufdeckung verdeckt operierender internationaler Terroristen genutzt wird, wird auf die vorbeugende Bekämpfung von besonders schwer wiegenden Straftaten ausgedehnt.

(Beifall bei SPD und FDP)

Im Interesse des Datenschutzes soll eine bereichsspezifische Unterrichtungspflicht bei verdeckter Datenerhebung aufgenommen werden. Damit werden die Betroffenen in die Lage versetzt, eigene Rechte, wie beispiels

weise Auskunfts- und Berichtigungsansprüche, geltend machen zu können.

Neu aufgenommen sind in dem Entwurf Regelungen zum umfassenden Schutz der Amts- und Berufsgeheimnisse. Verdeckte Datenerhebungen in den Schutzbereich dieser Vertrauensverhältnisse und Aussageverpflichtung der Angehörigen dieser Berufsgruppen werden ausgeschlossen sein. Die jetzt mit dem Änderungsantrag der Fraktionen von SPD und FDP eingebrachte Regelung greift Vorstellungen aus der Anhörung auf und wird – so entnehme ich den Pressemitteilungen der hier im Landtag vertretenen Parteien – von einem breiten Konsens getragen. Auch die Landesregierung trägt diese Entscheidung zum umfassenden Schutz der Vertrauensverhältnisse selbstverständlich mit.

Wichtig ist mir auch noch, darauf hinzuweisen, dass eine Bestimmung über die Evaluation polizeilicher Befugnisse eingeführt wird. Die Landesregierung hat danach dem Landtag fünf Jahre nach In-Kraft-Treten des Änderungsgesetzes über die Wirksamkeit der Maßnahmen der Sicht- und Anhaltekontrollen im öffentlichen Verkehrsraum, des so genannten Großen Lauschangriffs, der Telekommunikationsüberwachung und der so genannten Rasterfahndung zu berichten.

Meine Damen und Herren, Fazit ist: Mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung und den Änderungsanträgen der Regierungsfraktionen werden normenklare Rechtsgrundlagen geschaffen, die die Rechtssicherheit für die Polizei und die allgemeinen Ordnungsbehörden erhöhen werden. Gleichzeitig wird ein wichtiger und notwendiger Beitrag geleistet, um in Zukunft unsere Bürgerinnen und Bürger noch effektiver vor Gefahren schützen zu können und Straftaten zu verhüten.

Lassen Sie mich abschließend allen danken, die ihre Beiträge zum Zustandekommen dieses zeitgemäßen Gesetzes geleistet haben, insbesondere auch meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Innenministerium.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend betonen, Rheinland-Pfalz – dies wird erneut deutlich – bleibt ein Hort der Sicherheit und Liberalität, die keine Gegensätze sind, sondern einander bedingen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das Wort hat noch einmal Frau Abgeordnete KohnleGros.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will noch einmal einige Dinge vertieft darstellen.

Ich glaube, ich muss noch einmal an die Öffentlichkeit und an die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Hinweis geben, es geht nicht darum, dass die Verfassungsgemäßheit dieses Gesetzentwurfs jetzt und auch

in seiner ursprünglichen Fassung in den Raum gestellt wird; denn – dies müssen Sie bitte zur Kenntnis nehmen – es gibt seit Jahren auf Bundesebene eine Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz, die sich auch rechtsvergleichend und rechtsgestaltend mit dieser Thematik auseinander setzt und genau beobachtet, was in allen Bundesländern notwendig ist – dies unterstreiche ich –, um Kriminalität zu verhindern und zu bekämpfen, und genau verfolgt, was vor Gericht und in der Wissenschaft hierzu gesagt wird.

(Vizepräsidentin Frau Hammer übernimmt den Vorsitz)

Ich denke schon, dass Rheinland-Pfalz mitgearbeitet und sich an die Dinge gehalten hat, wie sie entwickelt worden sind. Ich glaube auch, dass unsere Lösungsvorschläge noch in diesen Rahmen hineinfallen. Das will ich noch einmal ausdrücklich unterstreichen. Es gibt inzwischen entsprechende Urteile, dass zum Beispiel die Schleierfahndung nicht verfassungswidrig ist.