Protocol of the Session on January 21, 2004

(Jullien, CDU: Aber Ihre Lernfähigkeit haben Sie doch bewiesen! Ehrenamtliche Verbraucherschutzbeauftragte! Wo ist die Dame?)

Ja ja, lieber Herr Kollege Jullien. Sie oder einer Ihrer Kollegen hat schon einmal von 270 Stellen gesprochen, die ich für was weiß ich für Leute verbraten hätte, was immer sie auch machen sollten, Tanzlehrer oder was auch immer.

(Jullien, CDU: Staatskanzlei!)

Ja, Staatskanzlei. Wir haben Ihnen doch persönlich ein Papier in die Hand gegeben. In diesem Papier steht, dass seit 1994, seitdem ich die Verantwortung habe, bis zum jetzigen Zeitpunkt 85 Stellen in den Ministerien in der Oberleiste, die Sie immer kritisiert haben, und bei der Staatskanzlei abgebaut worden sind. Das sind minus 4 %. Nur das zu dieser Mär, die ständig verbreitet wird.

(Beifall bei SPD und FDP)

Zu dem, wie Sie einen Teil Ihrer Haushaltsansätze mit den 450 Stellen, die zusammengestrichen werden sollen, decken, hat Herr Kollege Mertes das Notwendige gesagt. Dies ist schlicht und einfach unmöglich. Wie gesagt, es sei denn, Sie entlassen von heute auf morgen Leute, was nach unserem Recht nicht geht. Von den sozialen Gesichtspunkten muss man gar nicht reden.

Man kann doch sagen, was ich Ihnen abnehmen würde: Wir haben die Kraft, 450 Leute über die Jahre hinweg abzubauen.

(Jullien, CDU: Das haben wir doch gar nicht gefordert!)

Das steht doch in Ihren Haushaltsanträgen.

(Jullien, CDU: Aber doch nicht in diesem Jahr!)

Wenn Sie es nicht in diesem Jahr wollen, dann können Sie es doch nicht als Deckungsvorschläge gegenrechnen, was Sie einsparen, verehrter Herr Kollege.

(Beifall der SPD und der FDP – Jullien, CDU: Lesen Sie den Antrag doch einmal!)

Das gefällt Ihnen vielleicht nicht. Ich sage einmal ehrlich, einem Geschäftsführer dürfte so etwas auch nicht passieren.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Nach Ihren Haushaltsanträgen müssten wir die sogar rückwirkend zum 1. Januar 2004 entlassen, weil die alle schon Geld gekostet haben. Nur so viel zur Seriosität solcher Anträge, verehrter Herr Kollege. Das kann man machen, wenn niemand da ist, der es nachrechnet und

nachprüft, aber wir haben es nun einmal nachgerechnet und nachgeprüft.

(Jullien, CDU: Es geht um 250 Stellen!)

Das ist unsere Aufgabe.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist gefragt worden, wo die Besonderheiten in diesem Land Rheinland-Pfalz sind. Ich gebe zu, in der steuerlichen Entwicklung geht es uns nicht anders als anderen westlichen Flächenländern auch. Da wollen wir auch gar keine Extrawurst. Den Saarländern und den Bremern geht es traditionell noch ein Stück schlechter. Bremen ist zwar kein Flächenland, aber man muss es dazu nennen. Über die Berliner mit ihrer Sonderaufgabe muss man nicht reden, aber dass wir im Bereich der Konversion eine Aufgabe hatten, die sich wirklich von allen anderen unterscheidet, vielleicht ansatzweise, was die Flächenkonversion angeht, von Brandenburg mit der großen russischen Stationierung noch erreicht wird – aber dort haben die russischen Truppen natürlich nie im Wirtschaftsgeschehen eine Rolle gespielt –, ist auch zu sehen.

Wir haben bis Ablauf des Jahres 2003 – die Ansätze des Jahres 2004 kommen hinzu – 1,4574 Milliarden Euro für diese Aufgabe aufgewendet. Wenn jemand sagt, das war keine zusätzliche Aufgabe, dann ist zu sagen, wir haben 560 militärische Liegenschaften in der Vermarktung. Wir haben eine Fläche zu vermarkten, die in ihrer Gänze größer ist als alles, was Rheinland-Pfalz an Gewerbe- und Industrieflächen bis dahin hatte. Wer sagt, das sei doch kein Sonderfaktor und das dürfe man sich doch nicht anrechnen lassen auf die wirtschaftliche und Haushaltssituation, wie sie ist, den darf man sicher darauf aufmerksam machen, dass das doch Dimensionen, Größenordnungen, sind, die gewaltig sind.

Sie alle wissen, dass diese Aufgabe geballt erst Mitte der 90er-Jahre begonnen hat. Wir haben angefangen mit ersten Maßnahmen 1992, damals mit 82 Millionen, die wir im Haushalt hatten. Zweibrücken war diese Vorläufergeschichte. Das hat sich dann auf Größenordnungen im Schnitt von über 200 Millionen – teilweise weit über 200 Millionen in Euro umgerechnet – pro Jahr gesteigert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir das auch miteinander weiterhin zur Kenntnis nehmen würden, weil es natürlich für dieses Land noch weiterhin eine Aufgabe ist und weil ich glaube, dass wir auch gegenüber all denjenigen, die beteiligt waren in unserem Land Rheinland-Pfalz, dieses Licht nicht unter den Scheffel stellen sollten.

Was ich bisher vermisst habe, ist – ich möchte es deshalb einfach noch einmal in Erinnerung rufen; vielleicht bleibt es dann bei diesem Vermisstenstand –, dass die Öffentlichkeitsarbeit dieser Landesregierung, die so schrecklich teuer ist, gegeißelt wird. Das kommt wahrscheinlich alles noch, deshalb möchte ich es ansprechen

dürfen. Auch dazu haben wir Ihnen ganz persönlich die Zahlen gegeben.

(Zuruf von der SPD: Das ist der Schneemanneffekt!)

Ja, bei uns sind die Schneemänner aus Schnee. Aber wie auch immer, meine Damen und Herren, wir haben, was diese Aufgaben angeht, auf der Bundesebene die Flächenländer miteinander verglichen. Wir haben dort umgerechnet pro tausend Einwohner folgende Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit:

Im Saarland 2.250 Euro – die Zahlen hinter dem Komma lasse ich jetzt einmal weg –, in Bayern 1.695 Euro, in Nordrhein-Westfalen 1.456 Euro, in Thüringen 1.949 Euro, in Sachsen 1.756 Euro, in Hessen 1.057 Euro, in Brandenburg 1.272 Euro, in Niedersachsen 934 Euro, und wir haben 1.297 Euro. Wir liegen also am unteren Ende dieser Skala.

Meine Damen und Herren, wir liegen mit 3,9 % deutlich unter dem Länderdurchschnitt. Also insoweit von solchen Behauptungen auszugehen, kann man sich einfach ersparen. Da ist nicht viel zu holen. Das muss man ganz einfach sagen.

Ich sage Ihnen aber auch offen – weil es bundesweit momentan in ist, über Berater zu reden, vielleicht ist es demnächst in, das haben andere auch schon leidvoll erfahren, über Werbemaßnahmen zu reden –, eine Landesregierung muss sich auch darstellen können. Wir haben auch eine Pflicht den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber, das, was wir machen, zu präsentieren. Ich will nicht jede Broschüre, die gemacht wird, verteidigen. Das will ich ausdrücklich nicht, aber es ist oft auch nötig, Fachzusammenhänge in einer angemessenen Weise darzulegen, um die Menschen aufzuklären und zu informieren, was es an Angeboten gibt, weil wir immer nur etwas bewegen können, wenn wir Leute auf diesem Weg dabei haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will ausdrücklich für diesen Haushalt behaupten, dass eine Begründung für seine Ablehnung in mangelnder Sparbemühung oder in leichtfertiger Einstellung zum Umgang mit Geld und mit Steuermitteln nicht zu rechtfertigen ist. Wenn das so ist – ich glaube, es ist so –, dann darf man auch einmal fragen, wie die Ergebnisse dieser Politik sind.

Der Kollege Mertes hat eine Gesamtschau, die Bertelsmann in Auftrag gegeben hatte, zitiert. Ich will einige Daten noch einmal in Ihre Erinnerung rufen. Da mag man wieder sagen, das sei schönfärberisch. Es ist nicht schönfärberisch, sondern schlicht und einfach die Realität. Ich behaupte nie und nimmer und habe das noch nie getan, das alles an Positivem sei nur auf dem Buckel der Landesregierung dann abzuladen. Da haben viele mitgewirkt. Wenn wir aber im Vergleich zu anderen eine teilweise deutlich günstigere Entwicklung nehmen, dann lasse ich mir auch nicht einreden, wir hätten alles falsch gemacht, und deshalb sei es zu dieser deutlich besseren Situation gekommen.

(Beifall der SPD und des Abg. Kuhn, FDP)

Bruttoinlandsprodukt:

2002: Rheinland-Pfalz 1 % Wachstum, bundesweit 0,2 % Wachstum.

Erstes Halbjahr 2003 Bruttoinlandsprodukt RheinlandPfalz plus 0,3 %, bundesweit minus 0,1 %.

Die Jahresabschlusszahlen wird es erst im Februar geben.

Exportquote:

2002: Rheinland-Pfalz 43,6 %, deutschlandweit 38 %. Im ersten Halbjahr 2003 ist die Exportquote auf 45,8 % gestiegen, bundesweit 38,2 %.

Auftragseingänge:

Rheinland-Pfalz plus 0,9 % im ersten Halbjahr 2003, bundesweit minus 0,9 %.

Lassen Sie mich auch zu den Standortbedingungen etwas sagen. Wir waren, was die Entwicklung des Wirtschaftswachstums angeht – ich habe es eben betont –, in einer guten Position. Ich denke, dass dies auch mit Standortfaktoren zu tun hat. Beispielsweise darf man einmal nennen, dass die Gewerbesteuer in RheinlandPfalz im Schnitt um 20 Punkte niedriger ist, als dies im Bundesdurchschnitt der Fall ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 2002 – die Zahlen für das Jahr 2003 gibt es noch nicht – lag die Zahl der Gründungen von Unternehmen um 20 % höher als die Zahl der Betriebsaufgaben. Auch das ist eine Geschichte, die immer anders herum dargestellt wird. Natürlich treibt uns um – Herrn Kollegen Bauckhage und alle Mitglieder dieser Regierung und mich natürlich auch –, wenn es Betriebe gibt, die insolvent werden, oft nicht aus eigener Schuld, sondern weil die Marktbedingungen so sind oder jemand in Zahlungsverzug kommt und man dann das Unternehmen nicht mehr halten kann. Das ist überhaupt keine Frage. Aber es ist doch auch nicht so, dass wir nichts über die Investitions- und Strukturbank und über das Bürgschaftsgeschäft tun. Diese Zahlen zumindest sagen für mich nicht, dass wir in diesem Bereich säumig sind, sondern sie zeigen, dass es in diesem Land in einer äußerst schwierigen wirtschaftlichen Situation der letzten Jahre immer noch eine positive Entwicklung und den Mut zur Gründung von Unternehmen gibt. Ich glaube, das ist das Wichtige, was man bei einer solchen Feststellung hervorheben muss.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich verweise noch einmal auf die Arbeitsmarktdaten, die Herr Kollege Mertes angesprochen hat: 7,7 % – deutschlandweit 10,5 % – im Jahr 2003. – Was mir noch wichtiger ist in dieser nicht einfachen arbeitsmarktpolitischen Lage, ist, wie denn die Entwicklungen sind, wie denn die Linien sind. Wir haben in der Zeit von 2002 auf 2003 eine Steigerung – leider – der Arbeitslosigkeit von 0,5 % verzeichnet. Deutschlandweit sind es 0,7 %.

Wenn ich sehe, wer vor uns liegt, wer am Arbeitsmarkt günstiger ist: Baden-Württemberg hat eine Steigerung von 0,8 %, Bayern hat eine Steigerung von 0,9 %, und

das hinter uns liegende Hessen hat eine Steigerung von 1 %. Ich sage das nicht, um mit dem Finger auf andere zu zeigen, sondern um zu dokumentieren, dass es nicht nur punktuelle Ergebnisse sind, über die wir reden. Offensichtlich ist es eine nicht zuletzt auf die mittelständische Struktur unseres Landes gestützte Arbeitsmarkts ituation, die erstaunlich stabil ist, obwohl wir in Teilen des Landes von der Bau-, Steine- und Erdenindustrie und vom Handwerk überdurchschnittlich geprägt sind. Das wollte ich noch hinzufügen.

Da wir vor Weihnachten über Ausbildungsplätze diskutiert haben, will ich an dieser Stelle, um das nicht zu wiederholen, sagen, dass ich sehr dankbar bin um die Bemühungen, die vom ovalen Tisch ausgehend von Wirtschaft, Gewerkschaften und Arbeitsverwaltung geleistet werden.

Frau Kollegin Ahnen, ich will ausdrücklich Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern insbesondere in den berufsbildenden Schulen Dankeschön sagen. Das, was dort an Flexibilität geleistet wird, aufzunehmen, was am Ausbildungsmarkt derzeit nicht erfolgreich einen Platz findet, ist in der Tat eine herausragende Leistung im Unterschied zu dem, was häufig über den öffentlichen Dienst gesagt wird.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich will es mit diesen Punkten bis auf einen bewenden lassen. Es gäbe neben der Bertelsmann-Studie noch eine Reihe von Studien, die die Entwicklung des Landes beleuchten. Aber ich konnte es mir nicht verkneifen, nach dieser – wie hat Herr Kollege Kuhn gesagt – „Depressionsrede“ des Oppositionsführers noch eines herauszusuchen.

Die Zeitschrift „Capital“, sicherlich nicht des „Ballonmützensozialismus“ verdächtig, hat am 27. November 2003, also vor zwei Monaten, eine Untersuchung der Länder hinsichtlich der Steigerung des Wohlstands in den letzten Jahren, von 1991 bis 2003, vorgelegt. An der Spitze liegt Bremen. Nach Bremen folgt Rheinland-Pfalz mit einer Wohlstandssteigerung von 56 %, das damit vor allen anderen Flächenländern liegt.