Protocol of the Session on January 21, 2004

Frau Thomas, ich sage dies ausdrücklich nach Ihrer Rede, die Sie vorhin gehalten haben. Es ist schlicht und einfach aus meiner Überzeugung falsch, dass dieses Land Rheinland-Pfalz nicht weitere Initiativen im Bereich der Verbesserung der Mobilität braucht.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das habe ich auch nicht in Abrede gestellt!)

Doch, Sie haben gesagt, wer nach wie vor auf Straßenbau setzt, der sei sozusagen an den tatsächlichen heutigen Erkenntnissen vorbeigegangen. Wenn ich es nicht falsch verstanden habe, war das der Tenor Ihrer Aussage.

Ich widerspreche, insbesondere weil wir alles andere als Straßenbaufetischisten sind. Es gibt kein Land in Deutschland, das einen so intensiven Schienenregionalverkehr hat und ihn auf der Straße durch Busse unterstützt, wie dies Rheinland-Pfalz tut.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich habe es sehr bedauert, dass in die Streichungslisten im Zuge der Vermittlungsausschussverfahren auch die Regionalisierungsmittel mit einbezogen worden sind. Dank unserer Intervention und dank auch der geschickten Verhandlungsleitung in diesem Bereich und des Kollegen Mittler sind am Ende nur zwei Prozent Kürzung einmalig herausgekommen. Wir haben uns aber entschieden – dies beinhaltet der Haushalt, der Ihnen heute vorliegt –, dass wir diese zehn Millionen Euro im Haushalt ausgleichen, um diese Schwerpunktaufgabe, die für mich zentral etwas mit der Versöhnung von Ökonomie und Ökologie zu tun hat, auch in Zukunft weiter verlässlich vorantreiben zu können und verlässliche Verträge abschließen zu können, was zwischenzeitlich bis 2014 geschah.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, natürlich ist es so, dass wir nicht die Welt mit Straßen zupflastern wollen. Wir wissen aber, dass wir noch Bedarfe im Bereich von Umgehungsstraßen bei Bundes-, teilweise auch bei Landesstraßen haben. Ich höre dann immer Leute, die über solche Umgehungsstraßen reden, die anderswo wohnen. Dann kann man so schöne Szenarien, wie in meiner engeren südpfälzischen Heimat, hören. Dann wird ein Ort wie Pleisweiler jetzt umgangen. Ich rate Ihnen einmal, durch diesen schönen Ort zu fahren. Er wird jetzt immer schöner, nachdem der Durchgangsverkehr vorbei geht. Auch im Nachbarort Klingenmünster ist diese Umgehung noch notwendig. Jetzt lese ich, wir würden eine Weinstraßenautobahn bauen.

Diese Maßlosigkeit, die in solchen Gegenargumentationen steckt – ich respektiere, dass es Leute gibt, die sagen, für mich ist das Erhalten des Landschaftsbilds im Gesamten wichtiger als die Interessenlage derjenigen, die in diesem Dorf wohnen; diese Abwägung kann man haben, das ist nicht meine, aber das muss man in einer

freien Gesellschaft respektieren –, mit der dann mit solchen Dingen umgegangen wird, bringt uns immer weiter auseinander. Es gibt noch solche Bedarfe, auch im Bereich von Bundesautobahnen.

Es kann doch nicht übersehen werden, dass vier Jahrzehnte Teilung Deutschlands und Europas zu einer Ausrichtung der großen Verkehrsverbindungen auf der Schiene und der Straße von Nord nach Süd geführt haben und wir insoweit noch Bedarfe haben, nicht nur bei der unmittelbaren Grenzüberschreitung zwischen westlichen und östlichen Bundesländer, sondern insgesamt in Deutschland und in Europa, diese Ost-WestVerbindungen zu stärken. Wir liegen nun einmal im Herzen Europas, wir als Rheinland-Pfälzer noch ein bisschen mehr als manch anderes Land in Deutschland.

Jetzt kann ich natürlich sagen: Wie kommen wir dazu, uns mit Durchgangsverkehr zu befassen? – Ich stimme allen zu, die sagen: Wir müssen das Binnenschiff stärken, wir müssen die Schiene stärken, was Transporte angeht – völlig einvernehmlich. Dann kann sicher noch das eine oder andere insgesamt auf Bundes- und europäischer Ebene stärker geschehen als bisher – völlig einverstanden.

Aber dann zu sagen: Wir entziehen uns dann dieser Aufgabe, mit Verlaub, unsere Chance, gerade auch in Rheinland-Pfalz, hat auch etwas mit der europäischen Einbindung zu tun. Wir sind das Land – so haben wir uns, glaube ich, auch immer verstanden –, das Deutschland und Westeuropa miteinander verzahnt und verknüpft. Das ist weit über den Verkehrsbereich hinausreichend, was ich sage. Das möchte ich nicht durcheinandergebracht haben. Aber der Verkehrsbereich kann nicht völlig außen vor sein, nach dem Motto: Was uns nicht passt, das machen wir nicht, und die anderen Teile, die nehmen wir natürlich sehr gern, in Verbindung mit Luxemburg, Frankreich, Belgien, mit den BeneluxStaaten insgesamt, usw. in Anspruch. – Das wird nicht funktionieren.

Insoweit möchte ich noch einmal deutlich sagen dürfen: Wir haben, auch was diese Fragen angeht, eine doch recht vernünftige Weichenstellung. Deshalb bleibt es neben der Kinderbetreuung, neben der Bildung und der Hochschulausbildung auch bei dem Schwerpunkt „Mobilität“, nicht, weil der eine oder andere gern Bänder durchschneidet, wenn Straßen eröffnet werden, sondern weil diese Gesamtzusammenhänge natürlich verbal bestritten werden können, aber aus meiner Sicht nicht ernsthaft argumentativ untermauert bestritten werden können. (Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will auf andere Punkte, die wir wegen dieser beiden eindeutig herausragenden Schwerpunkte nicht vernachlässigen, nachher noch kommen und dies auch mit Zahlen untermauern. Schließlich haben wir Haushaltsberatungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie die Gesamteinnahmen sehen, dann werden Sie nach uns eren Prognosen um 0,3 % – die bereinigten Gesamteinnahmen – steigen. Dass wir damit keine großen Sprünge machen können, wissen wir auch. Dass wir aber

diese Ansätze, von denen ich gesprochen habe, und ihre gesamtwirtschaftliche Wirkung nicht einfach dadurch zunichte machen können, dass wir mit dem großen Rotstift einfach darüber gehen, glaube ich, erschließt sich auch, wenn man diese Gesamtverantwortung wirklich ernst nimmt und weiß, dass das auch etwas mit einzelnen Ausgabenpositionen zu tun hat.

Wenn ich dann einmal auf die Ausgaben schaue und wir gemeinsam kritisch schauen, ist das, was er sagt, auch in den Zahlen wiederfindbar, dann haben wir Ihnen einen Ansatz vorgelegt, der in den Personalausgaben eine Reduktion von 1,6 % vorsieht. Das sind konsumtive Ausgaben. Ich weiß sehr wohl, dass wir damit auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes einiges zumuten. Ich fand es vorhin schon fast belustigend, wie kurz unser Gedächtnis ist. Wir hatten doch im letzten Jahr keine einzige Sitzung des Landtags, bei der nicht draußen eine Gruppe protestiert hat, bis hin zu Galgen, die aufgestellt worden sind, an denen imaginäre Einsparungspuppen hingen. Das war doch so. Jetzt wird hier heute gesagt: Ihr macht euch einen schlanken Fuß, ihr habt keinen Mut, zu sparen. Ich habe jedenfalls eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen immer bei denen gesehen, die in jedem Einzelfall protestiert haben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es ist das Schöne an einer Parlamentsdebatte, dass man wirklich argumentieren kann. Ich finde, das macht Freude.

Der zweite Punkt betrifft die sächlichen Verwaltungsausgaben. Ich hätte mir gewünscht, wir hätten auch dort ein Minuszeichen hingebracht. Es gibt aber natürlich, was Modernisierung in diesem Bereich angeht, teilweise Notwendigkeiten, die sich daraus ergeben, dass man Effizienzgewinne nur bei den Personalausgaben erreichen kann, wenn man die Ausstattung usw. deutlich verbessert. Insoweit mussten wir uns mit plus 0,2 % – das ist gemessen an der Preissteigerungsrate, die erwartet wird, eigentlich auch ein reales Minus – zurechtfinden.

Dann kommen wir zu der viel diskutierten Frage der Zuschüsse und der Zuweisungen. Da sind 81, 2 Millionen Euro gegenüber dem Nachtragshaushaltsansatz für das Jahr 2003 zurückgeführt. Man kann auch sagen: Das könnte mehr sein. – Meine Damen und Herren, dann rate ich allerdings zu Vorschlägen. Ich sage Ihnen sehr offen: Ein Vorschlag in diesem Bereich, beispielsweise das gesamte Feld der arbeitsplatzbegleitenden Maßnahmen aus dem Arbeitsministerium zusammenzustreichen, hielte ich für einen schwerwiegenden Fehler.

(Beifall bei der SPD)

Ich will Ihnen nur eine Zahl nennen. Durch die Bem ühungen, die Frau Kollegin Dreyer und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zusammenwirken mit vielen Initiativen und vielen anderen gemacht haben, ist die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen in RheinlandPfalz um ein Viertel gesunken. Ich finde, das lohnt die Anstrengung. (Beifall bei der SPD)

Ich bin überzeugt, das rechnet sich sogar volkswirtschaftlich. Wenn ich die menschlichen Schicksale der Leute sehe, die sonst kaum ohne solche Hilfen noch einmal hineinkommen könnten, dann ist dies ein richtiger Ansatz, glaube ich. Er geht in jeder Hinsicht auf.

Ich weiß sehr wohl – man muss mir das nicht sagen –, dass der zweite Arbeitsmarkt und diese unterstützten Arbeitsmärkte nicht die Maßnahmen zur Stärkung der Konjunktur und damit des ersten Arbeitsmarkts ersetzen.

Ich spreche bewusst von einer Nische, von einem Bereich, in dem der erste Arbeitsmarkt ohne diese Unterstützung nicht greifen und nicht helfen würde. Deshalb glaube ich, dass das gut begründete Ansätze sind.

Lassen Sie mich einen zweiten Punkt nennen. Das ist auch in den CDU-Kürzungen mit enthalten: Ackerrandstreifenprogramm, Frau Conrad, Herr Bauckhage.

Reden wir nicht darüber. Sie haben es sich ein bisschen leicht gemacht. Immer, wenn es dann nicht mehr aufgegangen ist, kamen ein paar Millionen zusammen. Wenn es dann nicht mehr weitergegangen ist – man brauchte viel Geld –, dann hat man gesagt, jetzt noch eine kräftige globale Minderausgabe obendrauf.

Was haben Sie uns schon wegen globaler Minderausgaben gescholten. Aber sei es drum.

(Dr. Weiland, CDU: Wenn Sie das machen können, können wir das auch!)

Ja gut, Sie haben es in viel größeren Dimensionen gemacht.

Ich will nur einmal ein Beispiel untersuchen.

(Dr. Weiland, CDU: Was Ihnen recht ist, ist uns billig!)

Sie haben in jedem Bereich draufgeschlagen. Wenn Ihnen in der Sache nichts mehr eingefallen ist, haben Sie es global gemacht.

(Dr. Weiland, CDU: So wie bei Ihnen! – Schweitzer, SPD: Das ist nichts Neues!)

Ich nehme es einfach einmal hin. Ich untersuche es nur, so wie ich meine Zahlen untersuche. Wir haben bei Frau Conrad kräftig zugelangt. Erst einmal mit ein paar Geschichten im Einzelnen.

(Dr. Weiland, CDU: Noch zu wenig!)

Sie sagen, „noch zu wenig“. Ich sage, wir werden, hoffentlich nicht, aber nicht ausschließen können, dass wir wieder eine Hochwasserdebatte haben, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf von der SPD: So ist es!)

Dann bin ich einmal gespannt, wenn Aktion „Blau“ und all diese Dinge zusammengestrichen wären, was Sie uns sagen würden.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Ja, Herr Billen. Ich versuche, jeden zu überzeugen. Bei Ihnen bin ich nicht sicher, ob ich es wirklich versuchen sollte, weil das schade wäre.

(Rösch, SPD: Das schafft keiner! – Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Das ist nicht die Flucht nach vorn. Das ist einfach der Versuch, redlich mit dem umzugehen, was als Zahlen auf dem Tisch liegt.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Ich sage nur noch einmal, bei Hochwasserdebatten zu rufen: „Es reicht nicht, passiven Hochwasserschutz zu machen, sondern da muss vorbeugend etwas getan werden“. Einverstanden, diese Aussage war richtig. Herr Kollege Licht, sie war von Ihnen, und sie war richtig.

Wenn jetzt aber solche Anträge kommen, die zwangsläufig alles zusammenstreichen würden – von den Größenordnungen, die Sie beantragt haben, wäre alles zusammengestrichen, selbst Dinge, die schon in Auftrag gegeben sind, die man eigentlich gar nicht zusammenstreichen kann –, dann entlarven sich die CDUForderungen von selbst.

Ich will Ihnen nur sagen, das ist die Konsequenz von Haushaltsanträgen. Als Opposition – wir haben das vielleicht früher auch gemacht – kann man sich darüber hinwegsetzen. Die Regierung kann sich nicht darüber hinwegsetzen. Sie würde von Ihnen zu Recht zu einem anderen Zeitpunkt verdammt werden, wenn sie es täte.

(Beifall der SPD und der FDP – Licht, CDU: Was haben Sie in den ersten Jahren gemacht? – Zuruf des Abg. Billen, CDU)