Sie waren auch dafür. Aber damals war die SPD dagegen. Wenn man das jetzt liest, könnte man meinen, die SPD hätte es erfunden. Aber na ja. Gut.
Es ist eine wichtige Frage, ob dieses Jahr in der Oberstufe oder in der Sekundarstufe I eingespart wird. Wir schlagen vor, dass dieses Jahr in der Sekundarstufe I eingespart werden soll. Dadurch wird gewährleistet, dass geeignete Hauptschüler und Realschüler nach dem 10. Schuljahr problemlos in die dreijährige Oberstufe wechseln können. Probleme würde es mit einer zweijährigen Oberstufe geben, weil in der Regel noch eine zweite Fremdsprache erlernt werden muss.
Gespart wird jedoch nicht am Unterrichtsvolumen. Deshalb stellt unser Antrag kein Sparprogramm dar, wie es zum Beispiel der Philologenverband befürchtet. Lieber Philologenverband: Wir sind nicht die Landesregierung
wir sind ehrlicher –, die in der Vergangenheit die verschiedenen Oberstufenreformen unter dem Vorwand pädagogischer Verbesserungen immer wieder zu Einsparungen benutzt hat. Über 200 Vollzeitlehrerstellen sind dabei eingespart worden. Erst wurde die Verklassung von Frau Götte eingeführt und pädagogisch begründet. Dann kam Herr Zöllner und hat das wieder rückgängig gemacht. Dies hat er wiederum pädagogisch begründet. Jedesmal sind dabei Lehrerstellen eingespart worden. Das einmal zur historischen Wahrheit.
Das eingesparte Jahr wird auf die übrigen Schuljahre verteilt, was natürlich eine Überarbeitung der Lehrpläne erfordert. Notwendig ist dann darüber hinaus, dass ab dem 7. Schuljahr an zwei Tagen nachmittags Unterricht, also Ganztagsunterricht stattfindet. Dagegen kann in diesem Haus wohl niemand etwas haben. Dieses gesparte Jahr an Lern- und Lebenszeit sollte uns diese Maßnahme wert sein.
Nun zur Einschulung. Das durchschnittliche Einschulungsalter beträgt in Rheinland-Pfalz etwa 6,6 Jahre. Das ist zu hoch. Dies sehen alle in diesem Hause so, auch die Landesregierung. Sie hat aber bisher nichts aktiv unternommen, damit das durchschnittliche Einschulungsalter sinkt.
Wer darauf gehofft hat, dass mit der SchulgesetzNovelle ein Konzept für die frühere Einschulung vorgelegt werden würde, wie es andere Bundesländer längst haben, der wird enttäuscht. Lediglich die so genannte Kann-Kinder-Regelung entfällt. Das bezieht sich auf die Kinder, die zwischen dem 1. Juli und dem 31. Dezember eines Jahres geboren werden. Diese Regelung fällt nun weg. Das war es dann aber auch schon.
Die Landesregierung legt nun nach dieser gewaltigen Neuregelung die Hände in den Schoß und hofft darauf, dass die Eltern ihre Kinder früher einschulen lassen. Weshalb denn? Wenn bisher bereits die Kann-KinderEinschulungsrate zu gering war, weshalb soll sie dann plötzlich höher werden, wenn dieser Stichtag wegfällt? Eine frühere Einschulung ist notwendig. Wer wie wir eine frühere Einschulung will, der muss ein Einschulungskonzept vorlegen wie es – ich könnte jetzt BadenWürttemberg anführen, mache es aber nicht – zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen vorgelegt wurde. Dort ist eine flexible Eingangsstufe eingeführt worden.
Sie machen aber weiter so wie bisher und vertrauen darauf, dass die Eltern ein Verhalten, das sie bisher nicht in wünschenswerter Weise an den Tag gelegt haben, jetzt praktizieren. Eltern würden doch unverantwortlich handeln, wenn sie ihre fünfjährigen Kinder in Klassen mit bis zu 30 Schülerinnen und Schülern geben würden. Sie wären doch bescheuert.
Legen Sie doch einmal ein Einschulungskonzept vor und erleichtern Sie es den Eltern so, ihre Kinder früher einschulen zu lassen.
Nun zu einer eklatanten Verschlechterung durch die vorliegende Schulgesetz-Novelle, nämlich zur künftigen Regelung der Benehmensherstellung bei Schulleiterernennungen. Die jetzige Regelung ist schon unbefriedigend, aber was Sie jetzt vorschlagen, verschlechtert die Situation noch drastisch. Die Bewerberlage im Hinblick auf ausgeschriebene Schulleiter- und stellvertretende Schulleiterstellen wird immer dramatischer. Zweit-, Drittund Mehrfachausschreibungen, zum Beispiel bei Konrektorstellen an Grundschulen, sind schon fast die Regel. So sind ca. 30 % Mehrfachausschreibungen über alle Schularten hinweg zu verzeichnen. Im Grundschulbereich liegt dieser Wert zum Teil bei 40 %. Die Zahl der Einzelbewerbungen und der Hausberufungen nimmt zu. Diese sollten aber eigentlich die Ausnahme sein. Die CDU-Fraktion hat dieses Thema vor einem Jahr in diesem Haus angesprochen. Die Situation hat sich aber nicht verbessert. Die Landesregierung hat die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Schulleitungen nicht verbessert, sie hat ihnen sogar noch mehr aufgeladen.
Die einzige nennenswerte Aktivität der Landesregierung bestand im Verschleiern der misslichen Bewerberlage. Seit dem 26. August 2003 ist bei den Stellenausschreibungen im Amtsblatt nicht mehr vermerkt, um die wievielte Ausschreibung es sich handelt. Man will sich also nicht mehr blamieren. Das war der aktive Beitrag der Landesregierung.
Was die Landesregierung im Hinblick auf die Benehmensherstellung mit den Schulträgern und den Schulen vorschlägt, wird zu noch weniger Bewerbungen führen, ist also kontraproduktiv. Jetzt wird verlangt, dass die Bewerberinnen und Bewerber dem Schulausschuss und dem Schulträgerausschuss ihre gesamten Bewerbungsunterlagen vorlegen. Abgesehen davon, dass diese Gremien in der Regel nicht kompetent sind, die Qualifikationen zu bewerten, kann niemand garantieren, dass nicht Bewerbungsdetails an die Öffentlichkeit gelangen. Wo bleibt eigentlich der Datenschutz? Das vorgeschlagene Verfahren ist im staatlichen Bereich einmalig. Deshalb mein Appell an die Landesregierung: Nehmen Sie das zurück.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege, ich hätte wirklich gern gehört, wie Sie die Details der Schulgesetzregelung beurteilen, aber nicht eine Rede ausschließlich über Ihren Antrag. Das war aber zu erwarten.
Bildungs- und Schulpolitik nehmen in unserem Bundesland seit Jahren eine zentrale Position ein und haben weitreichende Entwicklungen bewirkt. Schule in Rheinland-Pfalz hat wichtige fortschrittliche Veränderungen erlebt. Reformen wurden mit den Beteiligten entwickelt und durchgesetzt. Viele dieser Schritte in den zurückliegenden Jahren haben Rheinland-Pfalz an die Spitze schulpolitischer Entwicklung in der Bundesrepublik geführt.
Ich möchte nur einige Beispiele exemplarisch nennen, zum Beispiel die Entwicklung der Regionalen Schule, die Einführung der Vollen Halbtagsschule, die Einführung
des Qualitätsmanagements für alle Schulen, die Entwicklung verbindlicher Qualitätsprogramme, Auflagen für eine Fortbildungsplanung, die Einführung der Ganztagsschule in neuer Form, schulscharfe Stellenausschreibungen, PES usw.
Diese wichtigen Entwicklungsschritte haben wir in uns erem Bundesland beschlossen, bevor die PISAErgebnisse bundesweit aufrüttelten. Die von der Kultusministerkonferenz als Reaktion beschlossenen sieben Handlungsfelder bestätigten uns in unseren bisherigen Bemühungen um pädagogische Weiterentwicklung, um die Verknüpfung von vorschulischem und schulischem Bereich, um eine höhere Gewichtung der Grundschulbildung, um die Stärkung der Selbstverantwortung von Schule, um die Entwicklung von ganztagsschulischen Angeboten usw.
Heute diskutieren wir nun in erster Lesung die Umsetzung vieler dieser Reformschritte in dem vorliegenden neuen Schulgesetz. Viele der wichtigen Neuerungen – das haben Sie richtig bemerkt –, die in diesem Entwurf enthalten sind, sind einfach rechtliche Fixierungen von Modellversuchen, von Praxis der vergangenen Jahre, die wir neu eingeführt hatten. Jetzt werden sie im Gesetz fixiert. In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Einführung von 136 Standorten von Ganztagsschulen in neuer Form. Über die rechtliche Umsetzung von schon entwickelten Reformen hinaus enthält die heute zu diskutierende Neufassung ganz wesentliche weitere Entwicklungsanstöße für unsere Schulen. Die Frau Ministerin hat ausdrücklich darauf hingewiesen. Lassen Sie mich kurz auf die wichtigsten Entwicklungsfelder eingehen: mehr Eigenverantwortung für die einzelne Schule, mehr Freiraum, mehr Selbstständigkeit, mehr Partnerschaft mit Eltern, mehr Offenheit zur Gesellschaft, zur Jugendhilfe und zur Wirtschaft.
Eine offene Gesellschaft braucht nämlich eine offene Schule, die sich als Teil des öffentlichen Lebens versteht. Dafür brauchen wir das Engagement der Lehrkräfte an diesen Schulen und der Schulleitungen. Um eine solche Entwicklung zu ermöglichen, ist die Stärkung der Eigenverantwortung der Schulleitung und der einzelnen Lehrkräfte die unabdingbare Voraussetzung. Eine größere pädagogische, personelle und wirtschaftliche Selbstständigkeit der Schulen muss gewährleistet werden. Der Gesetzentwurf bietet dafür eine weit reichende Sicherheit.
Die einzelne Schule wird für den Prozess pädagogischer Weiterentwicklung selbst verantwortlich, entwickelt ihr Schulprofil und dokumentiert es. Sie stimmt die Fortbildungsplanung ab, erarbeitet Maßnahmen und Schwerpunktsetzungen zur Evaluierung intern und nimmt an Evaluierungsverfahren extern teil. Dabei spielt die Delegation dienst- und arbeitsrechtlicher Zuständigkeiten von der Schulaufsicht auf die Schulleitung und die Schulleiter für die Entwicklung eines selbstbestimmten und demokratischen Miteinanders in der Schule eine große Rolle. Schule wird eine selbstständige Einheit, die die ihr gestellten Aufgaben wesentlich selbst entwickelt und regelt
Notwendig ist aber genauso, dass die Elternschaft die ihr ganz eigene Verantwortung wahrnimmt. Hierzu – ich möchte darauf ganz besonders hinweisen – formuliert der Gesetzentwurf in § 2 eine wichtige Neuerung. Eltern bekommen vom Gesetzgeber aufgetragen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Schule zu unterstützen. Bisher wurde das mit einer Kann-Formulierung ausgedrückt. Nun wird es den Eltern als Aufgabe übertragen. Diese Änderung im Gesetz findet ganz ausdrücklich unsere Unterstützung. Wir müssen alle Wege beschreiten, die die Umsetzung einer offenen Partnerschaft zwischen Eltern und Schule fördern, aber Eltern auch zu erkennen geben, dass in diesem Fall eine Aufgabe, ja eine Verpflichtung zur Beteiligung vorhanden ist. Das Schulgesetz regelt das ganz neu.
Der nächste Schwerpunkt ist die Schulentwicklung und die Qualitätssicherung. Die wesentlichen Reformschritte zu diesem Themengebiet sind bereits eingeleitet worden. Das Schulgesetz zeigt neben der Betonung der Leitungsverantwortung von Schule auch das Miteinander in Schule. An dem Schulentwicklungsprozess tragen alle Beteiligen von Schule Verantwortung, und sie tragen eben dann auch alle Verantwortung für Evaluierungsinstrumente und für die Teilnahme an innerer und äußerer Evaluierung.
Die Schule bekommt dafür die Sicherheit, dass ihnen die Bildungsstandards, die derzeit national diskutiert werden, zur Verfügung stehen und sie daraus ihren ganz individuellen Weg ableiten können.
Der dritte wichtige Schritt – Frau Ministerin hat ihn deutlich herausgearbeitet – ist die Ganztagsschule in Angebotsform. Schulen, die nicht Lehranstalten, sondern Ort selbstbestimmten Lernens und Lebens sein sollen, müssen eben auch einen verlässlichen Raum für ein soziales Miteinander, für Kontakte und Erfahrungen über das bloße Lernen hinaus, darstellen.
Solch ein Angebot entwickeln unsere bereits entstandenen Ganztagsschulen. Dem fühlen sich die neuen Schulen verpflichtet. Wir haben an dieser Stelle schon ausführlich über die pädagogische und familienpolitische Bedeutung dieser Schulen gesprochen. Die Schulgesetznovelle regelt das jetzt, fasst es in eine gesetzliche Form und gibt unseren Schulen damit die Möglichkeit, einen weiteren wichtigen Schritt bei der Entwicklung neuer Lehr- und Lernkulturen zu gehen. Das Ziel wird auch von der neuen erweiterten Schulzielbestimmung des Gesetzes verfolgt – Erziehung zu Gewaltfreiheit, zu Gleichberechtigung von Mann und Frau, zur Gleichstellung von behinderten und nicht behinderten Menschen, zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Dadurch wird der Auftrag der Schule, junge Menschen zu einem selbstbestimmten Leben in sozialer Verantwortung zu erziehen, verdeutlicht.
Damit zielt schulische Bildung nämlich nicht zu allererst auf verwertbare Stoffvermittlung, sondern es geht zunächst einmal um Kompetenzentwicklung, die die jungen Menschen zu einem selbstständigen, erfüllten, sozial verantwortlichen Leben befähigen soll und sie zu wertvollen Mitgliedern einer demokratischen Gesellschaft werden lässt, die dann natürlich auch durch die vermittelten Lerninhalte auf ein künftiges Erwerbsleben gut vorbereitet sind.
Ein ganz wesentlicher Schwerpunkt des vorliegenden Gesetzentwurfs ist die Reform unserer berufsbildenden Schulen. Lassen Sie mich zunächst sagen, dass wir überhaupt keinen Zweifel daran lassen, dass das duale System, die Gemeinschaft von Lernort Betrieb und Lernort Schule weiter der wichtigste Pfeiler unseres berufsbildenden Schulsystems ist und bleibt.
Das Reformvorhaben, das heute mit dem Schulgesetz vorliegt, stellt aber eine ganz wichtige Weiterentwicklung unseres Strukturkonzepts „Berufsbildende Schule“ dar, nämlich des Miteinanders von teilzeit- und vollzeitschulischen Angeboten. Durch die Einführung vielfältiger Module, die in diesem Gesetz vorgesehen sind, wird eine deutliche Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Bildungsgängen erreicht. Leistungsinteressierte, leistungsbereite Jugendliche können durch die neuen Angebote sowohl zielgenau berufliche Qualifikation für die sich ständig wandelnden Arbeits- und Qualifikationsanforderungen des Arbeitsmarkts als auch allgemeinbildende Lehrinhalte erhalten, die sie in die Lage versetzen, ihren Bildungsweg im Lernort „Berufsbildende Schule“ so weiterzuführen, dass sie jeden denkbaren Schulabschluss erreichen können.
Durch Ergänzungsangebote können sie neben der bisher schon möglichen Fachhochschulreife sowohl die fachgebundene wie jetzt auch die allgemeine Hochschulreife erreichen. Die völlige Gleichwertigkeit von allgemeiner schulischer und beruflicher Bildung wird damit umgesetzt.