Das erste Beispiel ist die Frage, welches Wirtschaftswachstum für 2004 als richtig unterstellt werden kann und welche Ergebnisse die Steuerschätzung im November bringen wird. Auch da wage ich – das geht uns allen so – keine Voraussage.
Mit dem zweiten Beispiel will ich mich etwas näher befassen. Dieses Beispiel wird zunächst in Berlin vorentschieden, letztlich im Bundesrat verabschiedet und kann ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf den Haushalt haben. Ich spreche damit die Frage des sogenannten Subventionsabbaus an. Über dieses Thema hat der Landtag in der Plenarsitzung vom 5. Juli 2003 in einer Aktuellen Stunde diskutiert. Ich wiederhole die unveränderte Grundposition der FDP-Fraktion. Alle Finanzhilfen von Bund und Ländern sind tabulos auf den Prüfstand zu stellen. Wenn Sie als Opposition dabei mitwirken, gehen wir da einmal gründlich heran und überlegen uns, was wirklich machbar und politisch notwendig ist.
Rheinland-Pfalz ist im Bundesvergleich bezogen auf die Einwohnerzahl und regionale Wirtschaftskraft das Land – das kann man nicht oft genug sagen; das wird Sie vielleicht ein bisschen ärgern, aber ich sage es trotzdem noch einmal – mit den geringsten Finanzhilfen und nach unten weisender Tendenz. Ich verweise auch auf das Zitat des Finanzministers vom gestrigen Nachmittag.
Wenn man die aktuelle Diskussion verfolgt, muss man den Eindruck gewinnen, dass die Kürzung von Subventionen und Steuervergünstigungen mit der vordergründigen und kurzsichtigen Absicht manchmal vorgenommen wird oder auf den Weg gebracht wird und man eher an das Stopfen von Haushaltslöchern denkt, zwangsläufig auch der Sinn einer wirklichen Reform, was aber nicht sein kann.
Meine Damen und Herren, wir haben immer die Position vertreten und tun es auch heute, dass Subventionsabbau parallel und zeitgleich mit einer echten Reform von Lohn- und Einkommensteuertarifen einhergehen muss. Schließlich liegt uns die inhaltliche und formale Optimierung des Haushaltsplans selbst am Herzen. Das formale Ziel ist eine Verbesserung der Transparenz und Übersichtlichkeit. Das inhaltliche Ziel umfasst die Einführung einer Kosten-Leistungs-Rechnung als Erweiterung und Ergänzung der Kameralistik.
Darüber hinaus wollen wir im Haushaltsplan durch Leistungsvereinbarungen eine stärkere Ausrichtung an politischen Zielen und an den Ihnen entsprechenden adm inistrativen Leistungen vornehmen. Das ist eigentlich ein gutes Beispiel auch für mögliche Kooperation mit der Opposition. Die Fraktionen von SPD und FDP haben einen entsprechenden Antrag konzipiert, der in den nächsten Wochen in einem interfraktionellen Gespräch auch mit den Fraktionen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thema sein wird. Das ist meines Erachtens ein ganz entscheidender Schritt, auf den man auch einmal im Zusammenhang mit Haushaltsberatungen hinweisen darf.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich den Haushalt und seine unmittelbaren und mittelbaren Einflussfaktoren abschließend und zusammenfassend bewerten.
Zentrale Probleme: Zu wenig Arbeit und zu viel Arbeitslosigkeit sowie kaum Wirtschaftswachstum oder kein Wirtschaftswachstum, Verlagerung von Investitionen ins Ausland aufgrund der Globalisierung, Schwarzarbeit, ins Gerede gekommene soziale Sicherungssysteme und hoch verschuldete Haushalte in Bund, Ländern und Gemeinden.
Dies alles lastet schwer auf uns allen. Was ich aber für die deprimierendste Feststellung in diesen Tagen halte, ist die Tatsache, dass immer mehr Menschen das Vertrauen in die Lösungsfähigkeit der Politik verlieren.
Meine Damen und Herren, die abwehrende Haltung und der Protest gegen unvermeidliche Kürzungen und Einschnitte, ja auch gegenüber Reformen sind emotional deswegen nachvollziehbar, weil viele Bürgerinnen und Bürger kaum Perspektiven sehen und kein klares Ziel erkennen. Das kann natürlich mit dem zusammenhängen, was Macchiavelli schon sehr früh erkannt hat. Das ist natürlich auch ein Effekt. Da kann man nur hoffen, dass nach gelungenen Reformen die Akzeptanz natürlich, wenn sie kommt, dann auch wieder gestärkt würde.
Meine Damen und Herren, ich bin sicher, dass vieles von dem, was wir heute beklagen, auch umkehrbar ist. Machen wir doch nicht immer nur in Pessimismus. Es wird ein harter und langer Weg sein. Wir müssen alles tun, um die Menschen auf diesem Weg mitzunehmen und das Vertrauen auch in die politische Handlungsfähigkeit wieder zu stärken.
Meine Damen und Herren, das müssen wir weiter entwickeln, und dazu brauchen wir Mut, Eigeninitiative, Förderung von Risikobereitschaft und Bereitschaft, mehr zu leisten, und auch die Bereitschaft, auch einmal auf das eine oder andere zu verzichten.
Wenn sich den Menschen eine verlässliche Zukunft erschließt, wären sie nach meinen Überlegungen bereit, sich einzubringen, mitzuziehen und die Kraft aufzubringen, unser Land wieder nach vorn zu bringen. Wir sehen im vorliegenden Haushalt nach unserer politischen Einschätzung die richtige Antwort, wie man in dieser Situation vorgehen kann.
Im Haushalt 2004 sind – das habe ich dargelegt – wichtige Fenster geöffnet worden. Die Kernbereiche bleiben Schwerpunkt. Wir – da sind wir uns übrigens heute Morgen und heute Mittag auch sehr nahe gekommen – sind auch der Meinung, dass wir deutliche Schritte in Richtung Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau gehen müssen.
Da gibt es diese netten Beispiele, die Herr Kollege Böhr dargelegt hat. Die könnte man durchaus noch ergänzen.
Meine Damen und Herren, wir haben im Haushalt den Zielkonflikt zwischen Konsolidierung und konjunktureller Flexibilität aufgelöst. Wir werden die Grundlagen dafür schaffen, auch in Zukunft im Wettbewerb mit anderen Bundesländern erfolgreich zu sein.
Die FDP wünscht sich einen echten Wettbewerb um die beste Finanzpolitik in Deutschland. Ein solcher Wettbewerb bietet die beste Chance, Subventionen abzubauen.
Meine Damen und Herren, die FDP befürwortet das Gesamtkonzept, die Leitlinien und die Eckwerte des Haushaltsentwurfs 2004. Sie wird aber unbeschadet
dessen in den kommenden Wochen die einzelnen Positionen sorgfältig auf politische Plausibilität prüfen. Wir sind auf die Vorschläge der Opposition gespannt. Wir sind – ich erneuere das Angebot auch vonseiten der FDP-Fraktion – auf Ihre Vorschläge gespannt. Ich erneuere auch das Angebot vonseiten der FDP-Fraktion, zu konstruktiven Haushaltsgesprächen zu kommen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich habe nebenbei bemerkt, dass es heute einen Wettbewerb gab, wer zum Schluss das schönste Zitat bringt. Einige haben mir sehr gut gefallen. Ich versuche, mich jetzt auch in den Wettbewerb einzubringen. Ich war auch nicht faul und habe nachgeschlagen. Ich sage den Autor nicht. Vielleicht kommt der Kollege drauf. Nein, das machen wir nicht. Ich sage es gleich. Der griechische Philosoph Plutarch hat gesagt – ich gehe also noch etwas weiter zurück als andere –: „Derjenige Haushalt ist der beste, in dem man nichts Überflüssiges findet und der nichts Notwendiges entbehrt.“
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst für den bisherigen Verlauf dieser Haushaltsdebatte bedanken. Ich möchte mich herzlich dafür bedanken, dass die Linien für den Haushalt 2004, die die Landesregierung vorgelegt hat, von den Koalitionsfraktionen mit unterstützt, mitgetragen und auch mitgeprägt worden sind. Ich will mich aber auch dafür bedanken, dass ich doch eine Reihe von Anregungen und vor allen Dingen Gesprächsbereitschaft aus den Reden von Ihnen, Herr Kollege Dr. Böhr, und von Ihnen, Frau Kollegin Thomas, aufgenommen habe.
Ich will meinerseits ausdrücklich in der Form darauf eingehen, dass wir dieses Gespräch suchen. Dass es sicherlich ein Gespräch sein muss, das davon geprägt sein muss, einen Teil Verantwortung mit zu übernehmen und nicht nur zusätzliche Forderungen zu stellen, ist genauso richtig, wie es die Bereitschaft, sich zu bewegen, seitens der Regierung und der Regierungskoalition voraussetzt. Diese Bereitschaft ist vorhanden. Ich denke, dass sie in dieser Zeit auch notwendig ist, weil wir sie weit über den Haushalt und die Haushaltszahlen hinaus brauchen.
Wir brauchen die Fähigkeit zusammenzuarbeiten, um die Herausforderungen unserer Zeit angehen und lösen zu können. Das gilt für die Bundesrepublik insgesamt und die Notwendigkeit, bei unterschiedlichen Mehrheiten in den beiden Kammern auf Bundesebene vorankommen zu können. Es gilt aber auch, um das gesellschaftliche Umdenken, das mehrfach angesprochen worden ist, miteinander anzugehen, sicher auf unterschiedlich ausgeprägte Art und Weise, im Blickwinkel dessen, was man in seiner Parteiüberlegung als Lösungsweg sieht. Aber dass wir ein Umdenken und ein Einstellen auf die veränderten weltweiten, europapolitischen und wirtschaftspolitischen Bedingungen brauchen, daran kann es keinen Zweifel geben.
Es ist in Deutschland so, dass zu diesen weltweiten und europapolitischen Veränderungen auch nach wie vor die riesige Aufgabe der Vollendung der Deutschen Einheit gehört und wir endlich damit beginnen mussten – es ist begonnen, aber wir müssen es auch umsetzen –, uns auf die demographischen Veränderungen in unserer Gesellschaft einzustellen.
Es gibt, welchen Weg man auch immer wählt, keinen, der einfach ein „Weiter so“ erlaubt. Es gibt auch keinen, der ohne schmerzhafte Einschnitte machbar sein wird, egal, für welchen Weg man sich im Einzelnen entscheidet, es sei denn, man entscheidet sich für das Nichtstun. Dann allerdings kann man die Schmerzen vielleicht noch ein paar Jahre vor sich herschieben, aber sie werden dann umso heftiger sein und für nachkommende Generationen unerträglich werden. Deshalb müssen Entscheidungen getroffen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wahr, dass wir in einer Zeit solcher Veränderungen dringender denn je wirtschaftliche Wachstumsraten bräuchten, die es uns ermöglichen würden, diese Veränderungen leichter abfedern zu können. Aber die Tatsache, dass wir in Europa insgesamt, in Deutschland insbesondere – aber auch für Frankreich und andere gilt diese Feststellung –, zu niedrige Wirtschaftswachstumsraten zu verzeichnen haben – im letzten Jahr und auch in diesem Jahr Wachstumsraten gegen Null –, kann uns nicht davon entbinden, dennoch diese Reformschritte zu gehen, die sich derzeit auf der Agenda befinden.
Dass wir in Rheinland-Pfalz von solchen Beeinträchtigungen nicht losgelöst sind, ist zu Recht deutlich gemacht worden. Ich will an dieser Stelle überhaupt nicht den Versuch unternehmen, Dinge schönzureden. Das hat überhaupt keinen Sinn. Wir sollten sie allerdings auch nicht schlechtreden. Das hat genauso wenig Sinn. Im Gegenteil. Schlechterzureden als es ist, hat seine Auswirkungen, weil alle wissen, dass Wirtschaftspolitik zu einem nicht unerheblichen Maß auch mit Vertrauen und Erwartungen zu tun hat und damit neben objektiven viele subjektive Gesichtspunkte eine Rolle spielen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will nicht verkennen, dass ich heute Morgen – Herr Böhr ist darauf eingegangen –, als ich die Zahlen über die Umfrage des rheinhessischen und des pfälzischen Handwerks gelesen habe, das Gefühl hatte, wir müssen genauer hinschauen; denn es sind sehr unterschiedliche Entwicklungen dafür ursächlich, dass wir eine gemischte Er
wartungslage haben. Die Dienstleistungsbereiche im Handwerk sind von der Kaufzurückhaltung offensichtlich stärker betroffen, als dies für andere Bereiche des Handwerks gilt.
Unsere Politik kann immer nur ausschnittsweise und partiell einen Beitrag zum Ganzen leisten, aber immerhin einen Beitrag. Wenn nicht jeder seinen Beitrag leistet, wird überhaupt nichts getan. Aber dieser partielle Beitrag sollte zumindest so orientiert sein, dass wir uns gegenüber dieser problematischen Entwicklung für einen Teil des Handwerks nicht kontraproduktiv verhalten. Wenn ich den Bereich der Schneider, der Goldschmiede und andere sehe, dann ist damit ein gewisser Bereich, ein gewisses Segment des Handwerks, auf das man diese Verhaltensweise, die nicht zusätzlich restriktives Verhalten von uns abverlangt, aktuell angesprochen.
Dass wir im Bereich des Baugewerbes insgesamt – das gilt für Industrie und Handwerk gleichermaßen – ein Problem haben, von dem ich fürchte, dass es nicht nur temporär ist, sondern auch etwas mit Anpassung von Kapazitäten zu tun hat, ist auch richtig. Aber wir müssen uns gegenüber den Kommunen, was Dorferneuerungstitel, Städtebausanierungstitel und auch den Investitionsstock – Herr Kollege Zuber – angeht, so verhalten, dass nicht zusätzlich nach unten ziehende Impulse gegeben werden. Das zumindest kann man herausfiltern und miteinander im Rahmen der Spielräume, die wir zur Verfügung haben, in einen solchen Haushalt einzubauen versuchen.
Das haben wir versucht. Wir sind natürlich gern bereit, im Rahmen der realistischen Möglichkeiten auf solche Entwicklungen einzugehen und entsprechende Schwerpunkte herauszuarbeiten und zu unterstreichen.
Ich verkenne nicht, dass es Herausforderungen und Probleme gibt. Es ist uns aber offensichtlich mit den Anstrengungen, die in Rheinland-Pfalz unternommen worden sind, gelungen – ich sage nicht der Politik oder Landespolitik, damit nicht wieder der Vorwurf erhoben wird, dass wir uns irgendwelche Orden an die Brust heften wollen –, in den schwierigen vergangenen beiden Jahren Zeichen zu setzen, die spürbar sind. Das will ich an einigen Beispielen illustrieren und – bitte erlauben Sie, dass ich das so formuliere, Herr Kollege Böhr – dieser zu düsteren Betrachtung, die Sie angestellt haben, hinzufügen, ohne damit alle Linien infrage zu stellen, die Sie angesprochen haben.
Ich halte es für beachtlich, dass wir im Jahr 2002 ein Wirtschaftswachstum von 1 % zu verzeichnen hatten, während es im Bundesdurchschnitt 0,2 % waren. Natürlich ist 1 % zu wenig in dem Sinne, dass uns das Wirtschaftswachstum den Weg in die Zukunft weist und finanziell vernünftig untermauert und erleichtert.
Es reicht natürlich nicht, wenn es nur einmalig ist. Ich habe aber bereits hinlänglich deutlich gemacht, dass ich nicht von Tagesaktualitäten rede, sondern von einer Tendenz.
Diese einprozentige Steigerung ist wichtiger und wertvoller geworden, weil wir zumindest im ersten Halbjahr 2003 das höchste Wirtschaftswachstum aller westlichen Flächenländer verzeichnen können. Ich hoffe, dass sich diese Entwicklung über das ganze Jahr verstetigt. Wir hoffen alle, dass die Entwicklung schrittweise anzieht und wir im kommenden Jahr eine verbesserte Situation vorfinden. Das ist aber ein Faktum, das man nennen darf; denn es ist nicht frei erfunden, sondern es ist ein Faktum, das Mut machen soll, Hoffnungen gibt und uns ein Stück weit in unseren Bemühungen bestätigt.