Protocol of the Session on October 9, 2003

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe anfangs etwas zur Strukturveränderung gesagt. Ich sage in aller Klarheit, wir brauchen Kürzungen der Finanzhilfen und Subventionen. Das ist gar keine Frage. Da ist das Koch/Steinbrück-Papier eine gute Grundlage. Nur eines muss man wissen: Man muss am Schluss den Mut haben, es umzusetzen. Den Mut sehe ich in diesem Hause nicht in jeder Ecke. Beim Koch/Steinbrück-Papier ist auch eins richtig, nämlich dass man bestimmte Bereiche herausgelassen hat, die wir im Finanzhilfebericht haben, zum Beispiel Kindergartenförderung, Ganztagsschulen usw. Das ist richtig.

Übrigens eines ist auch richtig, dass man interessanterweise die Wirtschaftsförderung aus gutem Grund weitestgehend herausgelassen hat; denn wir stehen auch im internationalen Wettbewerb der Standorte. Deshalb sind die Schritte richtige Schritte, also ein Ja zu Strukturveränderungen.

Meine Damen und Herren, wir brauchen in diesem Jahr diese vorgezogene Stufe der Steuerreform. Sie ist schon einmal verschoben worden. Man muss ehrlich sein. Vorziehen ist der falsche Ausdruck. Eigentlich wird nur das Verschieben wieder aufgehoben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen dies deshalb, weil die Wirtschaft ein klares Signal braucht, dass sich in diesem Staat noch etwas bewegt. Deshalb bin ich dezidiert dafür, dass die Stufe der Steuerreform jetzt in 2004 umgesetzt wird. Es sind insgesamt zwei Stufen mit einem Entlastungsvolumen von weit jenseits der 20 Milliarden Euro. Das muss man auch wissen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich sage, wir brauchen das Vorziehen dieser Steuerreform und eine Strukturveränderung, dann müssen wir allerdings auch weiter über unser Steuersystem nachdenken dürfen und verständlicherweise das Steuersystem weiterentwickeln. Das ist gar keine Frage. Da gib es eine Menge Vorschläge, die derzeit auf dem Tisch liegen.

Ich will jetzt die Gemeindefinanzreform nicht mehr zum Thema machen, weil das jeden Rahmen sprengen würde.

Eines muss man nämlich wissen: Gute Rahmenbedingungen sind ein Garant für wirtschaftlichen Erfolg und Wachstum. Wir haben eine Wachstumsschwäche, die wir beheben müssen. Die Wachstumsschwäche kann man nur beheben, indem wir die Rahmenbedingungen verändern. Da müssen alle mitwirken, um zu einem guten Ziel zu kommen. Das tut manchmal weh. Jedenfalls ist die Landesregierung in der Lage, Strukturen zu verändern.

Ich könnte noch lang über die Verwaltungsreformen reden. Der LSV war ein Stück Verwaltungsreform. Wer war denn dafür? LSV bedeutet nicht nur eine „Mobilitätsmilliarde“, sondern bedeutet damit einhergehend auch eine Verwaltungsreform.

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer war denn gegen die LBB und dagegen, diese in betriebswirtschaftliche Strukturen zu überführen?

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Sie waren für den Landesbetrieb, weil Sie die betriebswirtschaftlichen Strukturen, das Offenlegen aller Fakten scheuten. Deshalb waren Sie für den Landesbetrieb.

Meine Damen und Herren, das war der Hintergrund.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD – Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Ich habe Sie bei der Polizeireform nicht gesehen.

(Mertes, SPD: Doch, aber auf der falschen Seite!)

Ja, auf der falschen Seite.

Ich habe Sie bei der Verwaltungsreform der Bezirksregierung nicht gesehen. Die kritisieren Sie heute noch.

Man kann lange streiten. Aber es macht einen Unterschied, ob ich drei Behörden oder vier Behörden habe, und zwar vier Behörden, die viermal das Gleiche machen. Das ist nämlich auch ein Erfolg dieser Reform. Die Agrarverwaltungsreform – das muss man ehrlicherweise sagen – haben Sie begleitet. Das muss man offen sagen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Schweitzer, SPD)

Bei der Forstreform ist es schwierig. Wenn man lokale Zeitungen und Landeszeitungen liest, dann stellt man immer einen großen Spagat fest, den Sie machen müssen.

Meine Damen und Herren, hier gilt es bei der Endabstimmung des Haushalts, ob Sie bereit sind, Strukturen mit zu verändern und dieses Sparprogramm zu tragen, oder Sie müssen Alternativen auf den Tisch legen. Sie legen keine Alternativen auf den Tisch. Das garantiere ich. Das tun Sie einfach deshalb nicht, weil man dann nämlich die Politik „jedem Wohl und keinem Weh“ nicht weiterverfolgen kann. Das ist derzeit Ihre Art, Politik zu machen. Das ist kein Politikentwurf. Das ist eigentlich ein Verabschieden aus der Politik.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und der SPD)

Für eine Kurzintervention erteile ich Frau Abgeordneter Kiltz das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich gemeldet, als Herr Bauckhage voller Stolz die erfolgreiche Konversion in Zweibrücken gelobt hat.

(Zuruf des Staatsministers Bauckhage)

Ja. Zweibrücken wurde als positives Beispiel genannt.

(Zuruf des Staatsministers Bauckhage)

Herr Minister, ich bin noch nicht schwerhörig.

(Staatsminister Zuber: Offensichtlich doch!)

Herr Minister Zuber, das gilt auch unbestritten unter uns: Konversion ist eine ganz schwierige Herausforderung für uns alle im Land.

(Staatsminister Zuber: Richtig!)

Aber es hilft uns doch nichts, wenn wir Sachen schönreden, die nicht schönzureden sind.

Wir hatten ein Vier-Säulen-Konzept in Zweibrücken. Eine Säule läuft ganz gut, eine schwächelt vor sich hin, die dritte ist überhaupt noch nicht richtig entwickelt und die vierte, der Flugbetrieb, kostet uns ziemlich viel Geld, das wir eigentlich nicht haben. In den kommenden fünf Jahren ist damit zu rechnen, dass er 7,5 Millionen Euro Defizitausgleich braucht.

Herr Bauckhage, wo nehmen wir das denn her? Haben wir für so etwas Geld übrig, wenn wir den ganzen Tag vom Sparen reden? Ich finde das höchst ärgerlich. Ich denke, man muss ehrlich und wahrhaftig bleiben und sagen, es ist schwer, und in Zweibrücken müssen wir vielleicht nach etwas anderem suchen, als an diesem Flugbetrieb weiter festzuhalten; denn es klappt auch nicht mit der Kooperation mit Saarbrücken.

(Lelle, CDU: Machen Sie einmal einen vernünftigen Vorschlag!)

Das kommt ewig nicht in die „Puschen“, und wenn, soll dann nachher wieder der Nachtflug und der Güterverkehr an Rheinland-Pfalz hängenbleiben, und den Rest vom Kuchen soll das Saarland bekommen?

(Ministerpräsident Beck: Vielleicht kann man da mit Hühnern etwas machen!)

Leute, so geht es nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Bauckhage, ich muss sagen, Sie haben mit großer Vehemenz, wie Sie das immer tun und ich das seit sieben Jahren von Ihnen kenne, gesagt, – –

(Mertes, SPD: Was ich an ihm schätze!)

Herr Mertes, das Wort „schätzen“ haben Sie gesagt.

wie wichtig die Mobilität und die Investitionen in die Straßen usw. für unser Flächenland sind.

Ich will Ihnen jetzt einmal etwas zitieren: Wenn die Investitionen in das Humankapital bei insgesamt eng begrenztem Budget noch zunehmen sollen – darüber sind wir uns einig –, müssen die Investitionen in Steine und Beton zurückgehen. Ein Rückgang der haushaltsrechtlich definierten Investitionsquote, die die Investitionen in das Humankapital nur zu einem geringen Teil erfasst, ist auch wegen der zwischenzeitlich erreichten weitgehenden Bedarfssättigung in bestimmten Investitionsbereichen bzw. auch im Hinblick auf den künftig demographisch begründeten Bedarfsrückgang möglich, wenn nicht geboten. –

Meine Damen und Herren, das ist kein Zitat aus einer GRÜNEN-Haushaltspresseerklärung der vergangenen sieben Jahre. Wir haben das, zumindest seit ich dabei bin, jedes Jahr wieder aufs Neue verkündet. Wir haben es etwas kürzer gefasst und gesagt, nicht in Beton, sondern in Köpfe investieren.

Herr Mittler, dieses Zitat, das ich Ihnen gerade vorgelesen habe, steht auf Seite 18 Ihres Finanzplans. Ich finde das wunderbar. Wir haben uns jahrelang, also sieben Jahre lang habe ich mich jedes Jahr für diese Aussage prügeln lassen.

(Mertes, SPD: Wir tragen Sie doch übers Wasser!)

Jedes Jahr kam die FDP, auch ein bisschen die SPD und sagten: Sie vernichten Arbeitsplätze, Sie koppeln ganze Regionen vom Wirtschaftsgeschehen ab, Sie sind eine Zumutung für die Bevölkerung und, und, und.

(Glocke der Präsidentin)