Es gibt eine zweite apodiktische, sehr kompromisslose Forderung: Überschwemmungsgebiete müssen mindestens nach einem HQ 100 festgesetzt werden, also nach 100-jährlichem Hochwasserschutz. Jede Bebauung wird abgelehnt.
In unserem Land brauchen wir aber gerade Flexibilität und Ermessensentscheidungen, um zum Beispiel Kommunen an der Mosel nicht sagen zu müssen, dass keine Entwicklung mehr möglich sei. Das würde es aber bedeuten, wenn wir diesen Antrag 1 zu 1 umsetzen würden.
Noch einmal zum Thema „Ackerbau“: Es mag sinnvoll sein, und wir sind mit den Landwirten im Gespräch, aber ein generelles Verbot von Ackerbau auf diesen überschwemmbaren Flächen bei einem HQ 100 ist eine Konfrontationspolitik gegenüber der Landwirtschaft, wobei wir Kooperation brauchen, und zwar dringend.
Das Beispiel aus Neupotz, das Frau SchleicherRothmund angesprochen hat, ist ein klassisches Beispiel dafür, dass wir in Kooperation, im Dialog und mit einem Zielabweichungsverfahren durch den Innenminister viel mehr konkret in der Umsetzung erreichen, weil wir die Fläche brauchen, wenn es um Hochwasserschutz geht.
Genau an diesen Beispielen wird exemplarisch gezeigt, dass wir dabei sind. Wir werden uns auch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens äußern und uns einbringen. Manches ist aber überflüssig und zu dicht und zu konsequent geregelt. Ich plädiere dafür, mehr Flexibilität zuzulassen.
Meine Damen und Herren, im Antrag der Fraktion der CDU wird so getan, als wären wir nur an den großen Flüssen, an Rhein und Mosel und vielleicht noch an der Nahe, tätig. Sie fordern dezentrale Rückhaltemaßnahmen. Genau das machen wir aber bereits. Die Nahe ist ein klassisches Beispiel dafür. Erst vor wenigen Wochen habe ich in der Verbandsgemeinde Landau-Land in Böchingen eine Hochwasserschutzanlage, eine große Retentionsmaßnahme vor Ort an einem kleinen Bach, am Hainbach, eingeweiht, die natürlich eine große Wirkung vor Ort hat und in der Summe mit anderen eine Rückhaltung gegenüber dem großen Fluß Rhein bedeutet.
Wir tun also etwas und legen dabei Prioritäten fest, indem wir sagen, dass das, was am wirksamsten ist, bei begrenzten Finanzmitteln als erstes gemacht werden muss. Das ist eine Optimierung, die wir den Menschen schuldig sind.
Unsere länderübergreifenden Konzepte habe ich bereits angesprochen und will dazu nur ein paar Stichworte geben.
Die Forderung in Ihrem Antrag nach einem Hochwasserkataster ist nicht neu; denn es gibt bereits ein Hochwasserkataster. Der Rheinatlas 2001 von der IKSR ist ein Hochwasserkataster. Ich habe vor wenigen Monaten mit dem luxemburgischen Kollegen den „Gefahrenatlas Mosel“ grenzüberschreitend vorgestellt. Auch das ist ein Hochwasserkataster. Dieses Kataster werden wir an den Gewässern zweiter Ordnung fortsetzen, um weiter konkrete Angaben über Überschwemmungsgebiete und über Risiken für Gemeinden, die sich entwickeln wollen, zu machen.
Ich möchte die Fondslösung ansprechen, die in Ihrem Antrag enthalten ist. Diese Forderung haben Sie bereits früher in einem ganz anderen Zusammenhang gestellt. Wir sind aber schon viel weiter. Wir sind momentan dabei, uns konkret in Bund-Länder-Arbeitsgruppen mit einer Elementarschadenversicherung auseinander zu setzen. Es war der Ministerpräsident von RheinlandPfalz, der dies im vergangenen November auf die Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz gesetzt hat. Ich weiß aus den Protokollen, dass man sich mit diesen Fragen ständig auseinander setzt und demnächst weitere Berichte hinzugezogen werden. Das ist nicht einfach; denn in diesem Zusammenhang sind viele Probleme zu lösen. Das Thema befindet sich aber auf dem Weg. Deshalb brauchen wir uns nicht mehr über Fondslösungen zu unterhalten.
Abschließend möchte ich noch etwas zu den Anträgen der Opposition sagen. Im Gegensatz zu den Koalitionsfraktion haben Sie sich sehr stark auf die Minderung von Hochwasserständen konzentriert. Es ist richtig, dass das notwendig ist. Ein umfassender Hochwasserschutz bedeutet aber auch, dass wir viel mehr auf Hochwasserschadenrisiken eingehen und die Schadenrisiken minimieren. Deshalb habe ich im August 2002 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit dem Thema „Hochwasserangepasstes Bauen und Planen in Rheinland-Pfalz“ beschäftigt. Im Herbst wird sie Ergebnisse vorlegen.
Meine Damen und Herren, ich meine, dass wir in Rheinland-Pfalz parteiübergreifend stolz darauf sein sollten, was getan wurde und was trotz begrenzter Mittel, aber ohne Einsparungen – auch in der jetzigen Haushaltslage –, an Hochwasserschutz geleistet wird. Unsere Hochwasseraktionspläne sind ein Muster für andere Flüsse und Regionen. Deswegen können sie nicht falsch sein.
Meine Damen und Herren, wir befinden uns in der Phase der Umsetzung. Wir sind heute nicht mehr dabei, Papiere zu schreiben. Wir arbeiten nicht mehr grundsätzlich an Konzepten, sondern wir befinden uns ganz konkret in der Phase der Umsetzung. Ich will einmal kurz darauf hinweisen, was alles passiert ist: Der Polder „Daxlander Au“ ist einsatzbereit. Der Planfeststellungsbeschluss „Wörth-Jockgrim-Neupotz“ ist gefasst, und das Klageverfahren in diesem Zusammenhang steht kurz vor dem Abschluss. Für den Standort „Mechtersheim“ werden die Planfeststellungsunterlagen erarbeitet. Die Polder „Flotzgrün“ und „Kollerinsel“ sind seit zwei
Jahren einsatzbereit. Für „Waldsee/Altrip/Neuhofen haben wir den Erörterungstermin bereits hinter uns.
Die Deichrückverlegung „Petersau“ ist geplant und hängt momentan an dem Grundstückserwerb. Sie sehen, dass wir dort Auen und Deichrückverlegungen machen, wo das notwendig ist. Die Klage gegen „Worms Mittlerer Busch“ ist abgelehnt. Die Bauarbeiten beginnen dort in Kürze. Das Planfeststellungsverfahren für den Polder „Bodenheim-Laubenheim“ ist eröffnet. Das Planfeststellungsverfahren für den Polder „Ingelheim“ ist ebenfalls eröffnet. Dadurch erkennen Sie, wie weit wir uns ganz konkret in der Phase der Umsetzung befinden, sodass ich als Umweltministerin Angst habe, dass wir demnächst sehr viele Baustellen im Land haben.
Ich habe die herzliche Bitte, dieses Konzept durch Ihr Engagement vor Ort zu unterstützen; denn das größte Problem ist es, das Verständnis der Bevölkerung für all diese Maßnahmen zu finden. Wir versuchen, nach Möglichkeit alles im Konsens mit den Menschen vor Ort umzusetzen.
Meine Damen und Herren, wir befinden uns nicht mehr im Stadium des Papiereschreibens, wir sind keine Papiertiger, sondern wir befinden uns konkret in der Umsetzung und Realisierung. Vieles ist schon gemacht worden. Das ist meiner Meinung nach auch der richtige Weg.
Den Fraktionen steht noch eine Redezeit von zwei Minuten zur Verfügung, die aber nicht ausgenutzt werden muss. – Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.
(Mertes, SPD: Wir fluten den Dr. Braun einmal! – Ministerpräsident Beck: Er fragt, wo der Spaten steht, mit dem er mithelfen kann!)
Ja, genau nach dem Spaten wollte ich jetzt fragen, Herr Ministerpräsident. Sie haben so rührend geschildert, wie Sie mit dem Spaten in der Hand durch das Land reisen. Ich kann das beobachten. Das ist zum Teil wirklich so.
Es ist aber nicht so, dass die Bevölkerung vor Ort nicht wüsste, wo es problematische Gebiete und wo es un
problematische Gebiete gibt. Bei manchen Gebieten hätte man nicht nur die Chance gehabt, sondern hat sie auch heute noch, beispielsweise die ungesteuerten Polder zu erweitern und andere Konzeptionen durchzusetzen. Darüber muss man auch in den Verfahren mit der Bevölkerung reden.
Wenn man so kategorisch auftritt, wie Sie das machen, vergibt man sich eben die Chance, verhandeln zu können. Dann kann es an der einen oder anderen Stelle zu Klagen kommen. Eine Hochwasserschutzmaßnahme kann dann eben nicht umgesetzt werden. Wir haben leider im Land auch Hochwasserschutzmaßnahmen wie in Erpolzheim. Das war eine relativ große Maßnahme an einem kleinen Nebenfluss, die nicht umgesetzt werden konnte, weil die Bevölkerung dagegen war.
Ich sage auch, dass das eine sinnvolle Maßnahme war. Weshalb ist sie aber nicht umgesetzt worden? Weil die Kommunikation nicht geklappt hat und weil nicht richtig vorbereitet worden ist, wie diese Maßnahme dort umgesetzt werden sollte.
Uns ist wichtig, dass dann, wenn wir solche Renaturierungen betreiben – es wird auf die Dauer darauf hinauslaufen müssen, dass wir mehr Renaturierungen betreiben und weniger Polder bauen –,die Bevölkerung für diese Renaturierungsmaßnahmen mitgenommen werden muss. Das ist doch genau das, was Sie auch sagen, nämlich bei Deichertüchtigungen sollte man gleichzeitig versuchen, den Deich zurückzuverlegen. Wir haben jetzt die 2 Millionen Kubikmeter bei der Bürgerweide. Das ist wenig im Vergleich zu den notwendigen 44 Millionen Kubikmetern. Ich sehe an der einen oder anderen Stelle die Möglichkeit – wir können uns gerne darüber unterhalten, wo das ist – der Deichrückverlegung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, die Enquete-Kommission hat damals kein Standortkonzept beschlossen. So haben Sie das aber dargestellt. Wir haben damals debattiert und darüber diskutiert, dass man in die Planungen die Hördter Rheinaue noch einmal mit einbeziehen sollte. Das war beispielsweise ein sehr, sehr konkreter Punkt.
Herr Kollege Dr. Braun hat angeführt, dass man dann, wenn man im Laufe eines Verfahrens bei den einzelnen Schritten erkennt, dass man die Variante A nicht umsetzen kann, man auch über die Variante B diskutieren muss.
Ich habe eben deutlich gemacht, dass es Unterschiede gibt, auch quer durch die Fraktionen. Herr Ministerpräs ident, Sie kennen die Probleme vor Ort besser als ich, weil Sie in der Nähe wohnen. Es ist nichts Neues, dass es die Debatten dort quer durch die Fraktionen gibt.
Das ist korrekt. Wenn ich aber frühzeitig die Betroffenen in einen großen Konsens einbeziehe oder vielleicht auf andere Standorte ausweichen kann, kann das nicht falsch sein.
Frau Ministerin, ich habe mich aber eigentlich deshalb gemeldet, weil Sie noch einmal gesagt haben, dass man sich bei der Frage der Schadenregulierung – also Versicherung – auf einem ganz guten Weg befinde. Ich bin überzeugt davon, dass man in einem halben Jahr fes tstellen wird, dass diese Versicherungslösung so nicht gehen wird. Davon bin ich fest überzeugt. Ich hoffe, ich werde eines anderen belehrt. Das wäre umso besser für die Betroffenen.
Nach den Diskussionen, die ich gehört habe und die wir auch in der Enquete-Kommission geführt haben, bin ich davon überzeugt, dass wir in diese Richtung größte Probleme haben werden, weil die Europäische Union nun einmal etwas ganz anderes plant. Meine Damen und Herren, hoffentlich werden Sie nicht an diesem Pult