Verehrte Frau Kollegin, an die Stelle der bisherigen Detailsteuerung tritt nun die Globalsteuerung unserer Hochschulen.
Das restriktive Haushaltsrecht wurde durch globale Haushalte für die Hochschulen erheblich gelockert. Die Hochschulen erhalten nun eine größere Eigenverantwortung und können damit flexibler auf Herausforderungen, zum Beispiel bei Schwerpunktsetzungen und Innovationen, reagieren. Eingespartes Geld verfällt nicht mehr zum Jahresende, und die Übergabe der Bewirtschaftung von Liegenschaften und Gebäuden wird mit diesem Gesetz auch angestrebt.
Die Mittelzuweisung erfolgt nach den hier bereits vielfach erörterten und vereinbarten Parametern. In Zukunft können die Hochschulhaushalte auch aus dem Landeshaushalt ausgegliedert werden. Damit der Landtag die erforderliche Kontrolle der öffentlichen Gelder gewährleisten kann, werden die Hochschulen auf kaufmännische Buchführung umstellen und transparente Inform ations- und Steuerungsinstrumente anwenden. Eigenbetriebe, zum Beispiel für das Flächenmanagement, können gebildet werden.
Ein zweiter Schwerpunkt ist, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen wird gestärkt. Noch vor zehn Jahren unterlagen viele von uns der Fiktion, alle Hochschulen würden gleiche Qualität bei der Lehre bieten. Lediglich in der Forschung wurden qualitative Unterschiede eingeräumt. Seit etwa zehn Jahren haben wir verschie
dene Hochschulrankings, die durchaus Unterschiede herausstellen. Man kann darüber diskutieren, ob die methodischen Voraussetzungen immer in Ordnung sind, aber ich denke, keiner von uns kann darüber hinwegs ehen, dass es durchaus in den Fachbereichen in den Hochschulen gravierende Unterschiede gibt.
Wir haben nun eine leistungsorientierte Mittelzuweisung. Wir haben die Drittmitteleinwerbung und die damit einhergehende Profilbildung sowie die zunehmenden internationalen und virtuellen Studienangebote, die den Wettbewerb insgesamt forcieren. Das vorliegende Hochschulgesetz räumt auch hier den Hochschulen mehr Gestaltungsspielraum ein. Die staatliche Finanzierung wird unter anderem gekoppelt an die in Forschung und Lehre sowie bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses erbrachten Leistungen und Belastungen.
Die Attraktivität einer Hochschule – auch das gehört zu ihrer Wettbewerbsfähigkeit – wird zukünftig noch stärker an dem Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung festgemacht werden. Aber auch die Studienkonten – verehrter Herr Minister, Sie haben es angeführt – mit ihren Weiterbildungsimpulsen sind ein durchaus interessanter Aspekt, der mit dazu beiträgt.
Ich komme zu einem dritten und meines Erachtens auch sehr wesentlichen Punkt: Die Hochschulen sollen kundenorientierter werden; die Studierenden stehen im Mittelpunkt. – Gestatten sie mir, dass ich das etwas weiter ausführe. Die Zahl der Studierenden – das ist den Studierenden oft gar nicht so bewusst – ist ein wesentliches Kriterium der Mittelzuweisungen. Für die Studierenden attraktive Studienangebote zu bieten, ist für die Hochschulen eine interessante Angelegenheit und auch eine lohnenswerte. Ich will den Studierenden sagen, dass gerade dieser Aspekt ihnen völlig neue Positionen in der Hochschule eröffnet.
Weiterhin stärkt die Einführung dualer Studiengänge an den Fachhochschulen nicht nur deren besonders anwendungsorientiertes Profil, sondern berücksichtigt vor allem die besondere Lebenssituation einer bestimmten Gruppe studierwilliger junger Menschen, die ansonsten nur schwierig den Zugang zu unseren Hochschulen hätten. In diesen Studiengängen erwerben deren Absolventen gleichzeitig eine berufliche und eine akademische Ausbildung. Dazu wird eine Landeskommission eingerichtet. Der Herr Minister hat dies bereits ausgeführt.
Die Nachfrageposition der Studierenden wird aber auch durch die gesetzliche Einführung der Studienkonten ab dem Wintersemester 2004, die in Rheinland-Pfalz jedem Studierenden ein gebührenfreies Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss gewährleistet, noch erheblich verstärkt.
Verehrte Frau Kollegin, es ist eben ein intelligenteres System, als die Studierenden ausschließlich dafür zu bestrafen, dass sie zu lange studieren, – –
weil man mit diesem Studienkontenmodell durchaus auch ein Steuerungsinstrument für die Hochschulen insgesamt hat, das auch den Studierenden erhebliche Vorteile bringt.
Verehrte Frau Kollegin, bei der Abbuchung werden natürlich besonders soziale Belange – auch die Mitgliedschaft in Gremien der Hochschulen oder auch geschlechtsspezifische Nachteile – besonders berücksichtigt. Dies ist im Gesetz festgeschrieben und wird nicht erst in der Rechtsverordnung ihren Niederschlag finden.
Das neue Gesetz verschärft aber auch den Druck auf die Hochschulen, ihre Studienangebote zu modernisieren und zu entschlacken, damit die vorgegebenen Regelstudienzeiten auch eingehalten werden können. Die Beratungspflicht und die Durchführung von orientierenden Gesprächen nach dem Abschluss des ersten Studienjahres sind neue Serviceleistungen für unsere Studierenden. Die Professoren müssen gar dem Dekan nachweisen, dass sie ihr Lehrdeputat erfüllt haben. Sie werden mit dem neuen Gesetz auch zur Präsenz verpflichtet.
Ja, mehr Freiheit. Meine Damen und Herren, wenn in diesem Gesetz steht, dass die Professoren zukünftig regelmäßig persönliche Sprechstunden abhalten müssen, dann grenzt das möglicherweise die Freiheit des einen oder anderen Professoren ein, aber es ist wichtig, um dieses System auch funktionsfähig zu halten.
Hochbegabte Schülerinnen und Schüler werden schon während ihrer Schulzeit Studiermöglichkeiten an einer Hochschule eingeräumt, die später als Studienleistung voll angerechnet werden. Das Mitspracherecht im Senat wird durch eine Schutzklausel für die Studierenden sichergestellt. Im Bereich von Studium und Lehre haben die Studierenden gar bei den Entscheidungen ein Vetorecht mit aufschiebender Wirkung.
Ich denke, da sind schon Neuerungen drin, die unseren Studierenden vielfältige Möglichkeiten bieten, ihr Studium sinnvoll und auch qualitativ entsprechend zu gestalten und auch im Prozess der Hochschule mitzuwirken.
Zu den effizienteren und entscheidungsfähigeren Selbstverwaltungs- und Leitungsstrukturen hat der Minister das Wesentliche ausgeführt. Ich erinnere noch einmal an die Hochschulräte. Ich denke, das ist ein wichtiges neues Instrumentarium, das vor allen Dingen darauf hinwirkt, dass Partikularinteressen ein Stück zurückgedrängt werden und externer Sachverstand mit eingebunden wird und wir mit diesem Hochschulrat auch ein Bindeglied zwischen der Hochschule und der Gesellschaft haben. Ich denke, dass wir durch diese Hochschulräte auch exponierte Persönlichkeiten finden, die
Die Hochschulleitungen selbst erhalten ebenfalls zusätzliche Kompetenzen – auch das ist ausgeführt worden – mit interessanten Aspekten, dass auch über Leistungsbezüge an den Hochschulen selbst zu entscheiden sein wird. Das Ganze wird herunterzubrechen sein auch bei den Dekanen, die in ihrem Bereich dann für Mittelverteilung, für Berufung, für Bezahlung und für flexiblen Einsatz von Professoren originäre Zuständigkeiten bekommen.
Wichtig – damit komme ich zum Schluss meiner fünf Schwerpunkte – ist die Qualitätssicherung und die wissenschaftliche Exzellenz unserer Hochschulen, der eigentliche Schwerpunkt dieser Bemühungen. Wir Sozialdemokraten wollen, dass sich unsere Hochschulen verstärkt auf Fragen der wissenschaftlichen Exzellenz und auf besondere Kompetenzen konzentrieren. Die Instrumente dafür werden erweitert. Neben der sorgfältigen Durchführung von Berufungsverfahren für Professoren dienen vor allem die flächendeckenden regelmäßigen Evaluationen der Qualitätskontrolle und der zielgerichteten Weiterbildung.
Der größte Umbruch – da vertreten wir Sozialdemokraten eine völlig andere Auffassung als die hier von Frau Kollegin Kohnle-Gros vorgetragene Position – erfolgt unseres Erachtens durch die Einführung der gestuften Bachelor- und Master-Studiengänge, die mit der Einführung der Akkreditierung verknüpft sind und dadurch auch einen Qualitätsstandard ermöglichen. Fragen nach Zielen, nach Zweck, nach Leistung und Qualität von Studiengängen werden zum Alltag an unseren Hochschulen. Zahlreiche international profilierte Studiengänge, auch im Bereich von Fernstudiengängen, haben sich in den letzten Monaten und Jahren in Rheinland-Pfalz etabliert. Die steigende Nachfrage von Studierenden außerhalb unseres Bundeslands bestätigt diese positive Entwicklung.
Mit der Einführung von Juniorprofessuren erhalten sehr junge Wissenschaftler die Möglichkeit für eine ordentliche Professur zur Qualifikation. Habilitation ist weiter möglich. Die Promotionsstudenten erhalten auch eine besondere Förderung. Sie sollen stärker auch in Lehre und Forschung eingebunden werden.
Fazit ist: Das neue rheinland-pfälzische Hochschulgesetz dokumentiert eindrucksvoll auch in finanziell schwierigen Zeiten den Reformprozess an unseren Universitäten und Fachhochschulen. Es nimmt bisherige Reformen und Neuerungen des Hochschulrahmengesetzes auf und öffnet sie stärker zur Gesellschaft hin.
Trotz des Einwands, den die Abgeordnete Frau KohnleGros geltend gemacht hat, werden wir noch interessante Beratungen haben, und zwar auch mit den Betroffenen, die in diesem System sehr erfolgreich und konstruktiv tätig sind.
Verehrter Herr Minister, in diesem Sinn können wir heute mit Stolz feststellen, dass wir unsere Hochschulen auf
Wir haben weitere Gäste im Landtag, und zwar Schülerinnen und Schüler des Lycée International Victor Hugo in Colomiers, einer Partnerschule des Gymnasiums Bad Bergzabern. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Dr. Schmidt, ich habe Sie bisher immer als einen sehr viel bescheideneren Menschen kennen gelernt. Ausführungen nach dem Duktus, wir sind die Besten und vorneweg, habe ich bisher immer von Herrn Zöllner und nicht von Ihnen gehört.
Ich glaube, Sie haben das jetzt übernommen. Etwas mehr Bescheidenheit würde es auch tun, wenn wir Gesetze und die Avantgardestellung oder -position in Rheinland-Pfalz beurteilen.
Sie wissen und haben es in Ihren Ausführungen auch nachher dargestellt, dass es sich bei sehr vielen Neuregelungen um notwendige Anpassungen an die Änderungen des Hochschulrahmengesetzes der rotgrünen Bundesregierung handelt. Darüber hinaus stellen Veränderungen, die in dem Hochschulgesetz vorgenommen werden, nicht die Avantgarde dar, sondern das Land zieht zum Teil bei Veränderungen nach, die in anderen Bundesländern schon festgeschrieben wurden, ob es die Gremienstruktur, Organe der Hochschule und anderes anbelangt.
Nichtsdestotrotz will ich an den Beginn meiner Ausführungen das grundsätzliche Bekenntnis stellen, dass wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN davon überzeugt sind, dass sich die Hochschulen weiterhin verändern müssen, und zwar zum einen als Antwort auf die Globalisierung der Wissenschaft, auf das, was an internationalem Austausch, an internationalem Wettbewerb vorhanden ist, und zum anderen, welche Anforderungen von der Gesellschaft an die Hochschulen gestellt werden.
Wir sind der Meinung, dass es der richtige Weg ist, Hochschulen in die Selbstständigkeit zu entlassen. Das ist auch keine neue Einsicht. Wir haben in vielen verschiedenen Diskussionen der vergangenen Jahre immer eher auf das Tempo gedrückt, als bremsend gewirkt. Wir brauchen andere Hochschulen, die selbstständig organisiert sind, eigenverantwortlich ihre Schwerpunkte setzen und effektiv mit ihren Ressourcen umgehen. Ich nenne
das Stichwort „Globalhaushalte“. Auch die Zusammenführung von Fach- und Finanz- oder Ressourcenverantwortung spielt bei der Reform, der Veränderung der Hochschulen bzw. der Hochschullandschaft, für uns eine bedeutende Rolle.
Wir brauchen aber auch demokratische Hochschulen. Die Demokratisierung von Entscheidungsstrukturen muss immer mit der stärkeren Autonomie einhergehen. Das betrifft zum einen die Legitimation hin zum Gesetzgeber, zum Parlament, zum anderen aber auch die Entscheidungsfindung innerhalb der Hochschulen; denn Hochschulen müssen sich als Ort des öffentlichen Nachdenkens sowie als Impulsgeber für die Wissensgesellschaft verstehen. Hier stehen sie in einer besonderen Pflicht gegenüber der Gesellschaft, aber auch dem Parlament.
Wir brauchen nicht zuletzt eine gute und bessere Hochschule, weil wir einen steigenden Anteil junger Menschen wissenschaftlich ausbilden wollen und müssen. Wir brauchen – ich habe dies bereits im Zusammenhang mit der Globalisierung der Wissenschaft angeführt – auch eine weltoffene Hochschule, die international denkt, sich international einbettet und den europäischen Hochschulraum voranbringt. Die rotgrüne Bundesregierung hat mit dem, was sie in die Hochschulrahmengesetzgebung eingeführt und vorgegeben hat, Entscheidendes vorangebracht. Es gilt, das in Rheinland-Pfalz mit umzusetzen.