Protocol of the Session on February 20, 2003

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Quatsch!)

Wenn die Eltern ins Spiel kommen, kann die Schulsozialarbeit nicht mehr greifen. Das haben Sie alles gesagt, dass wir das damit verhindern.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch völliger Blödsinn!)

Wir haben es in diesem Bereich mit etwas ganz anderem zu tun. Es geht um Extremsituationen, bei denen der Schulpsychologische Dienst schon längst eingeschaltet werden sollte, bevor es so weit ist, dass jemand möglicherweise von der Schule fliegt. Es geht darum, in Extremsituationen ein zusätzliches Hilfssystem aufzumachen. Ich sage Ihnen noch einmal, wir differenzieren in anderen Bereichen auch nach dem Alter. Wir sagen im Strafrecht auch nicht, es ist jemand von 17 auf 18 Jahre gleich komplett strafmündig, weil wir sehen, dass in der Entwicklung Unterschiede bestehen. Wir wissen alle, dass gerade Jugendliche sich in solchen Problemsituationen gern zurückziehen. Es ist wichtig, dass der Schule zumindest die Möglichkeit eröffnet wird, mit den Eltern in einen konstruktiven Dialog zu treten, wenn sie das wollen.

Ich glaube, Schülerinnen und Schüler, die ein vernünftiges Verhältnis zu ihren Eltern haben, haben in der Regel kein Problem damit.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die brauchen es auch nicht, weil Sie sowieso mit den Eltern kommunizieren!)

Es gibt aber auch Schülerinnen und Schüler, bei denen es nicht nur an den Eltern liegt, sondern die sich zurückziehen, wo es vielleicht gut wäre, wenn die Eltern die Chance bekämen, von dem Problem zu erfahren, um eingreifen zu können. Mehr als diese Tür aufzumachen, wollen wir nicht. Ich halte das für angemessen.

Ich komme zum Herrn Kollegen Schreiner. Ich weiß gar nicht, wo er im Augenblick ist.

(Zuruf von der CDU: Hier!)

Herr Kollege Schreiner, Sie haben natürlich zu Recht gefragt, wie künftig der Schulpsychologische Dienst strukturiert werden soll und wie die Schulsozialarbeit aussehen soll. Bei den Fällen, über die wir sprechen, muss man auch sehen, dass es Fälle sind, bei denen auch andere Hilfssysteme greifen können. In jeder Kommune gibt es viele externe Beratungsangebote. Es gibt die Möglichkeit einer Therapie. Gerade bei solchen Fällen wie in Erfurt hilft es nicht, nur den Schulpsychologen zu Rate zu ziehen. Bei solchen Fällen muss man die ergänzenden Beratungssysteme in Betracht ziehen. Es macht Sinn, wenn Schule, Eltern und ein entsprechendes Beratungssystem eng zusammenarbeiten.

(Glocke der Präsidentin)

Als FDP-Fraktion werden wir dieser Gesetzesänderung zustimmen. Ich denke, man muss nicht viel Allgemeines noch dazu sagen. Wir haben das hinreichend ausdiskutiert. Ihre Argumentation verstehe ich nach wie vor nicht; denn hier geht es um einen weiteren sinnvollen Baustein bei der Bewältigung von extremen Konflikten bei Jugendlichen und nicht darum, Eltern und Schülerinnen und Schülern gegeneinander auszuspielen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Frau Ministerin Ahnen.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als erstes will ich mich in zweierlei Hinsicht bedanken. Als erstes bedanke ich mich, dass wir schon heute abschließend im Plenum über diesen Gesetzentwurf beraten können. Mein besonderer Dank gilt neben den Koalitionsfraktionen von SPD und FDP auch der Fraktion der CDU, die in den Beratungen sehr konstruktiv mitdiskutiert hat. Herr Kollege Schreiner hat es eben geschildert. Wir konnten eine gemeinsame Lösung finden.

Herr Abgeordneter Wiechmann, wenn ich Ihrer Argumentation folge, habe ich immer den Eindruck, der Kern der Regelungen wird nicht erfasst.

Es geht nicht darum, die Rechte von Schülerinnen und Schülern, die sich aus ihrem Status der Volljährigkeit ergeben, zu berühren. Die Entscheidungen werden nach wie vor von den Schülerinnen und Schülern getroffen. Dazu gehört auch die Entscheidung über ihre schulische Laufbahn. Es geht einzig und allein um den Punkt, dass in bestimmten Fällen Informationen auch zwischen Schule und Eltern volljähriger Schülerinnen und Schüler ermöglicht werden. Das allein ist das Bestreben dieser Gesetzesänderung. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, wir tun dies, um jede Chance zu nutzen, um Schülerinnen und Schülern in Problemsituationen Hilfe anbieten zu können.

Ich sage an dieser Stelle noch einmal, psychische Extremsituationen können bei Jugendlichen auftreten, und sie können bei Erwachsenen auftreten. Wir haben hier eine spezifische Situation. Schule ist eine staatliche Veranstaltung. Die Grundzüge der Schule regeln wir im Schulgesetz. Deswegen haben wir uns entschieden, diese Regelung, so wie sie jetzt vorgesehen ist, im Schulgesetz in Verantwortung für den einzelnen Schüler und für die einzelne Schülerin und in Verantwortung für die Schulgemeinschaft so vorzusehen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Wenn Sie sagen, dass Sie sich unseren Argumenten nicht anschließen können, dann muss ich das selbstverständlich respektieren. Ich will noch einmal darauf hinweisen, an einem solchen Punkt auch vor diesem Hintergrund von Aktionismus zu sprechen, halte ich zumindest für problematisch. Wir greifen an dieser Stelle auch auf die Eltern zurück. Es ist übrigens auch in unserer Verfassung angelegt, dass der staatliche Erziehungsauftrag und der Erziehungsauftrag der Eltern nebeneinander stehen. Gerade auf die Schule bezogen ist sogar noch formuliert, dass der staatliche Erziehungsauftrag die vertrauensvolle Kooperation mit dem Elternhaus voraussetzt. Die ist über Jahre hin gewachsen und soll hier für besondere Konfliktfälle auch dann die Information ermöglichen, wenn die Schülerinnen und Schüler volljährig sind, spätestens bis zum 21. Lebensjahr.

Ich sage noch einmal, es geht nur um die Gruppe der Schülerinnen und Schüler, die mit der Volljährigkeit bereits in diesem Bildungsgang war.

Ich halte das für eine sehr begrenzte, aber für diese Gruppe sehr sinnvolle Regelung. Ich bin genauso, wie es hier deutlich geworden ist, nicht der Meinung, dass es die einzige ist. Ich halte sie aber sozusagen als eine Voraussetzung für unverzichtbar. Selbstverständlich muss dies durch weitere Angebote begleitet werden. Wir haben schon konkrete Angebote auf den Weg gebracht, zum Beispiel die Krisenintervention bei drohendem Schulausschluss, die bessere Vernetzung von Angeboten auf der schulischen Seite, mit Angeboten im Bereich der Jugendhilfe, mit Angeboten im Bereich der Erziehungsberatungsstellen und mit Angeboten im Bereich der Familienberatungsstellen.

Wir wollen, dass ein Netz entsteht, das in Krisensituationen Schülerinnen und Schüler mit auffangen kann. Um nicht mehr und nicht weniger geht es. Ich freue mich,

dass dieser Gesetzentwurf zumindest die überwiegende Zustimmung in diesem Haus findet.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, damit kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Landesgesetzes zur Änderung des Schulgesetzes – Drucksache 14/1622 –.

Wir stimmen zunächst über die Beschlussempfehlung – Drucksache 14/1916 – ab. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Danke schön. Diese Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen worden.

Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/1622 – in zweiter Beratung ab. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Wir kommen nun zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung zustimmen möchte, den bitte ich, sich von seinem Platz zu erheben! – Danke schön. Die Gegenprobe! – Der Gesetzentwurf ist in der Schlussabstimmung mit den Stimmen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Ausführung des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (AGGSiG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/1719 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Sozialpolitischen Ausschusses – Drucksache 14/1917 –

Die Grundsicherung – der falsche Weg Antrag der Fraktion der CDU – Entschließung – – Drucksache 14/1897 –

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von fünf Minuten verständigt.

Ich erteile Frau Abgeordneter Thelen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist die zweite Lesung. Die grundsätzlichen Pos itionen wurden ausgetauscht. Für die CDU-Fraktion kann

ich erklären, dass sich an unserer grundsätzlichen Pos ition durch die Beratung in den Ausschüssen nichts geändert hat.

(Schweitzer, SPD: Schade! – Staatsminister Zuber: Das wundert uns sehr!)

Das dem Landesausführungsgesetz zugrunde liegende Grundsicherungsgesetz geht nach unserer Auffassung nach wie vor in die falsche Richtung.

(Pörksen, SPD: Dann sagen Sie uns einmal die richtige Richtung!)

Ich denke, auch Sie haben Meldungen vernommen wie diese hier „Der größte Flop aller Zeiten“. Das ist das, was das nicht gerade kleine Grundsicherungsamt der Stadt Trier in der bisherigen Bearbeitung zu diesem Gesetz festgestellt hat. Das bestätigt auch unsere grundsätzliche Kritik. Wir halten es für falsch, eine Art Rente einzuführen, die man mit einem anderen Begriff versieht, für die keine Beiträge im Laufe der Erwerbsarbeit gezahlt werden müssen.

(Pörksen, SPD: Ihr seid für Altersarmut, jawohl!)

Wir halten es für falsch, den Menschen eine Grundsicherung zu versprechen. Das hat Herr Riester getan, Herr Pörksen. Mit dem Versprechen hat er hohe Erwartungen bei den Menschen geweckt.

(Pörksen, SPD: Das waren die Versicherungen!)

Die, die jetzt mit hohen Erwartungen zu den Versicherungsämtern gehen, werden durch die Bank – zumindest sehr viele – enttäuscht. Das alles hätte man sich sparen können.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben gesagt, es gibt einen Personenkreis, für den es wichtig ist, eine solche Leistung, die eben nicht Sozialhilfe ist, einzuführen. Das ist insbesondere der Personenkreis der Menschen, die wegen ihrer Behinderung nicht arbeiten können, die nicht erwerbsfähig sind. Das hätte man aber durch ein eigenes Leistungsrecht, was auch angedacht war, in dem man alle Leistungen für Behinderte zusammenführt, regeln können. Es hätte einer solchen zusätzlichen Belastung auch der Verwaltung der Kommunen nicht bedurft.

(Pörksen, SPD: Maßlos überzogen!)

Die Einrichtung neuer Ämter mit zusätzlichen Schildchen dran wäre nicht erforderlich gewesen. Deshalb war es uns ein Anliegen, durch unseren Entschließungsantrag unsere Position noch einmal deutlich zu machen. Wir wollen damit dokumentieren, weshalb wir auch diesem Landesausführungsgesetz nicht zustimmen. Wenn das zugrunde liegende Gesetz nach unserer festen Überzeugung unsinnig ist, macht es auch keinen Sinn, ein Landesausführungsgesetz zu etablieren. Wir formulieren unsere Erwartungen an die Landesregierung, dazu bei

zutragen, dass dieses Gesetz nicht auf Dauer Bestand hat. Es wäre nicht dramatisch für die Betroffenen.